Zollabkommen Holland-Belgien

Lausanne, 20. Juni. Heute nachmittag i^m 3 Uhr Unter­zeichneten die Außenmminister Hollands, Belgiens und Luxem­burgs in Lausanne einen Vertrag über wechselseitige und fortschreitende Senkung der Zollsätze. Sie teilten allen euro­päischen Mächten mit, das; sie beschlossen haben, gemeinsam zur Neubelebung der Wirtschaft in ihren Ländern eine Senkung der Zollsätze um 10 Prozent durchzuführen und alle Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen, die bisher in Kraft waren, sukzessiv aufzuheben. Die beteiligten drei Regierungen bieten allen anderen europäischen Staaten an, sich an diesen Ab­machungen, die geeignet wären, die europäische Wirtschafts­und Handelskrise allmählich zu beseitigen, zu beteiligen.

Günstige Beurteilung in Amerika

Washington, 20. Juni. Das heute in Genf paraphierte Uebereinkommen zwischen Belgien, Holland und Luxemburg über eine Zollunion, der möglicherweise auch die skandinavi­schen Staaten beitreten, findet trotz seiner verschiedenen anti- amerikanischen Tendenzen in Washington eine günstige Auf­nahme, da die amerikanische Regierung stets die Ansicht ver­treten hat, daß die Zollmauern um die kleinen Länder ein Haupthindernis für die Erholung der Weltwirtschaft darstellen. Die amerikanische Regierung würde statt dessen die Zusammen­fassung natürlicher Wirtschaftsgebiete in Zollunionen bevor­zugen und sehe diese nordische Zollunion mit gleichen Augen an wie den Donau-Zollunionsplan.

Adolf Hitler spricht in Weimar

Weimar, 20. Juni. (Eigene Meldung.) Auf einer von etwa 2000 Teilnehmern besuchten Amiswaltertagung des Gaues Thüringen der NSDAP, führte Adolf Hitler, der auf der Reise von Hessen nach Berlin hier abgestiegen war, in einer kurzen Ansprache u. a. aus: Er hoffe nicht, daß die kommenden Reichstagswahlen das letzte sein werde. Er hoffe, daß niemals der Zeitpunkt eintreten werde, wo auch die Führer sagen: 3kun wollen wir zur Ruhe gehen. Er hoffe, daß die Bewegung dauernd scharf bleibe. Der 31. Juli sei für die NSDAP, wiederum ein Meßtag, um zu sehen, wie stark sie seien. Er werde in eine Koalition Hineingehen, unter der Voraussetzung, daß sie nicht die Politik des überwun­denen Deutschland, sondern die des kommenden Deutschland betreiben wird. Wenn das nicht möglich sei, dann würden die Nationalsozialisten lieber mit 200 Mann in Opposition gehen als 30 Ministerposten besetzen.

Einkommen über 1200V Mark sollen weggesteuert

werden

Ein Beschluß des Hauptausschuffes des preußischen Landtags

Berlin, 20. Juni. (VdZ.) Der Hauptausschuß des Preu­ßischen Landtags hat am Montag abend einen kommunistischen Antrag angenommen, wonach bas Staatsministertum ersucht wird, alle Einkommen, soweit sie 12 00 Mark im Jahr über­steigen, restlos wegzusteuern. Dieden Großkapitalisten, den Direktoren, der oberen Bürokratie, den Großfunktionären und anderen überflüssigen Einkommensbeziehern weggesteuerten Einkommensteile" sollen zur höheren Unterstützung aller Un­terstützungsempfänger und zur Arbeitsbeschaffung verwandt werden. Für den Antrag stimmten außer den Kommunisten die Sozialdemokraten, dagegen die Deutschnationalen; Natio­nalsozialisten und Zentrum enthielten sich der Stimme.

Deutscher Mariuebefuch tu Danzig

Warschau, 20. Juni. In Verbindung mit dem Besuch deutscher Kriegsschiffe in Danzig, der für die nächste Woche geplant ist, hat Polen der deutschen Reichsregierung die An­regung zugehen lassen, mit Rücksicht auf die augenblickliche Lage einen Besuch zu verschieben. Die deutsche Regierung hat darauf geantwortet, daß die Danziger Behörden die deutsche Marine eingeladen hätten. Die polnische Regierung ist der Ansicht, daß Danzig nicht das Recht habe, die deutsche Marine einzuladen. Man sei daher in Warschau entschlossen, Danzig eine Aufhebung der Einladung nahezulegen.

An Berliner zuständiger Stelle wird erklärt, man würde es nicht verstehen können, wenn die polnische Regierung das Recht Danzigs auf Einladung der deutschen Marine in Zweifel ziehen würde.

Zaleski verhandelt mit Drummorr»

Lausanne, 21. Juni. Zwischen dem Polnischen Außen­minister Zaleski und dem Generalsekretär des Völkerbundes, Sir Eric Drummond, fand heute nachmittag eine lange Aussprache über Danziger Fragen statt. Vor allem bildete den Gegen­stand der Aussprache das zu erwartende Erscheinen eines deut­schen Kriegsschiffes im Danziger Hasen und der gleichfalls projektierte Zeppelinflug über dem Korridor.

Polnischer Uebergriff auf der Westerplatte

vv. Danzig, 20. Juni. Wie amtlich mitgeteilt wird, ist der südliche Teil der blauen Zone auf der Westerplatte heute nachmittag um 11.30 Uhr von den polnischen Soldaten, die am Samstag das Verladen der Munition auf den Dampfer Cieszyn" zu überwachen hatten, geräumt worden. Zur gleichen Zeit sind auch die Scheinwerfer, mit denen in der Nacht vom Samstag und Sonntag die ein- und ausfahrenden Schiffe beleuchtet wurden, entfernt worden.

Bekanntlich ist der polnische Munitionsumschlag auf der Westerplatte durch das provisorische Abkommen vom 1. August 1928 geregelt. Während bisher die polnischen Soldaten kurz nach Beendigung der Munitionsverladung wieder zurückgezo­gen wurden, sind sie in diesem Falle über 50 Stunden länger in der blauen Zone stationiert gewesen. Dieses und der Ein­bau von Scheinwerfern in den oberen Teil des Schutzpolizei­pavillons an der Hafeneinfahrt stellen einen ganz ungewöhn­lichen Vorgang dar.

Tibet und China im Krieg?

Erste blutige Kämpfe Geheimabkommen zwischen Tibet und England?

Nanking, 19. Juni. Amtlich wird mitgeteilt, daß tibeta­nische Truppen ganz plötzlich die chinesische Grenze über­schritten und die chinesischen Truppen in der Provinz Sin- tschan angegriffen haben. Es ist zu blutigen Kämpfen gekom­men, wobei die Chinesen Verluste erlitten haben und zurück­weichen mußten. Der Dalai-Lama soll die Mobilisierung der tibetanischen Truppen angeordnet haben.

Wie in Moskau verlautet, haben tibetanische Truppen den östlichen Teil der chinesischen Provinz Sintschan besetzt. Zwi­schen Tibet und England soll ein Geheimabkommen beschlossen worden sein, wonach England 10 Geschütze, 2000 Maschinen­gewehre und 2 Millionen Schuß Munition liefert. Dafür sollen die britischen Rechte in Tibet in wirtschaftlicher Beziehung weiter verstärkt werden.

vv- Memel, 20. Juni. Die sterbliche Hülle des Heimgegan­genen früheren Direktoriumspräsidenten Böttcher wurde heute nachmittag unter starker Beteiligung der Bevölkerung zu Grabe getragen. Eine Unmenge von Kränzen wurde dem Sarge nachgefahren. Im Trauerhause und am Sarg sprach Superintendent v- Gregor. Aus allen Kreisen des Memel­gebietes und von allen Behörden nähmen Trauergäste teil.

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Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurde u. a. versetzt: Regierungsrat Müller, Vorsteher des Fi­nanzamts Rot a. See, an das Finanzamt Neuenbürg.

(Wetterbericht.) lieber Europa befindet sich ein von Skandinavien bis nach Spanien sich erstreckendes Tiefdruck­gebiet. Für Mittwoch und Donnerstag ist wechselnd bewölk­tes, auch zu leichteren Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.

Arnbach, 21. Juni. Am vergangenen Sonntag feierte der Männergesangverein Forst bei Bruchsal sein bOjähriges Jubi­läum, verbunden mit einem Gesangswettstreit, woran sich der Sängerbund Arnbach beteiligte. Er errang unter Leitung seines tüchtigen, altbewährten Dirigenten, Herrn Ernst Holl, mit dem LiedIn den Alpen" von Hegar bei sehr starker Kon­kurrenz bekannter badischer Vereine einen In- nebst Geld- und Dirigenten-Preis und nahm somit einen der ersten Plätze des .Tages ein. Wir gratulieren zu diesem schönen Erfolg.

Sommer 1032!

Wenn' die Sonne am 21. Juni um 16.23 Uhr über dem Wendekreis des Krebses steht, dann zieht der Sommer bei uns ein. Der Frühling mit seiner Blütenpracht liegt dann hinter uns und unser Auge freut sich jetzt an dem reifenden Getreide, an den sich färbenden Früchten. Das Leben scheint einen be­sonderen Höhepunkt erklommen zu haben. Luft, Licht und Sonne erquicken die unter den Alltagslasten schwer seufzende Menschheit. Der Sommer ist die Hochzeit des Jahres. Je son­nenspendender er ist, desto größer sind unsere Ernteerwartun­gen und desto hochgestimmter sind die Menschen. Es ist eine alte Erfahrung, daß zwischen der seelischen Grundstimmung der Menschen und der Sonne tiefe Beziehungen bestehen, von denen sichastrologische Weisheit" nichts träumen läßt. Sonnenschein ist die Voraussetzung für eine optimistische Grundstimmung der Menschen. Wenn der Mensch im Sommersonnenschein morgens erwacht, dann vergißt er die Schwierigkeiten, die ihm am Abend noch unüberwindlich schienen, und schöpft neuen Mut und neue Kraft zu ihrer Ueberwindung. Es läßt sich nicht mit mathematischer Sicherheit Nachweisen, wie die Be­ziehung zwischen Wetter und Mensch ist. Aber wenn wir uns einen schönen Sommertag vergegenwärtigen und ihn mit einem naßkalten, verregneten Tag des Vorjahres beispielsweise in Beziehung setzen, so glauben wir es auch ohne diesen ma­thematischen' Nachweis, daß z. B. die Zahl der Selbstmorde in sonnenarmer Zeit viel größer ist, als in schönen Sammel­tagen. Der Sonnensommer ist der beste Freund der Men­schen und gerade wir, die wir ein schweres Schicksal erleben, sollten für einen Sonnensommer, wie der diesjährige zu wer­den verspricht, besonders dankbar sein. Gibt uns doch seine Sonne neuen Lebensmut und neue Lebensenergien, die wir bit­ter nötig haben, denn die Zeiten werden noch lang ernst und schwer bleiben. Deshalb laßt uns in diesem Sommer gesund an Leib und Seele baden, laßt uns die körperlichen und gei­stigen Kräfte stählen, laßt uns Energien aufspeichern.

Praktische Winke für de« Gartenfreund

Wenn der Flor der Frühblüher Mter den Ziersträuchern beendet ist, also etwa Anfang Juni, so hat der Gartenfreund die Pflicht, für das nächste Jahr vorzusorgen, damit ihn auch im kommenden Jahre seine Sträucher durch ihre Blütenpracht erfreuen. Es geschieht dies durch einen kräftigen geeigneten Rückschnitt unmittelbar nach der Blüte. Es ist also durchaus kein Baumfrevehwenn man von den Blütensträuchern während der Blüte Zweige abschneidet und seine Vasen füllt, allerdings wird hierbei ein mehr wilder Schnitt ausgeübt, der auf die Form des betr. Zierstrauches wenig Rücksicht nimmt. Am besten ist es daher, man schneidet die Sträucher erst nach der Blüte auf Form, d. h. alle zu dicht stehenden Zweige werden ganz entfernt, selbstverständlich auch alle trockenen Aeste, die übrigen abgeblühten Triebe werden kurz zurückgenommen, da­mit recht kräftige Austriebe als nächstjährige Blütenträger sich bilden. Unterläßt man aber diesen Schnitt, so bleibenna­mentlich bei Flieder die abgeblüten Dolden als Samenträger stehen, die für den Gartenbesitzer völlig nutzlos sind und dem Strauch die Kraft für neuen Austrieb nehmen. Die meisten übrigen Ziersträucher werden durch einen geeigneten Winter­schnitt behandelt.

Welche Samenmengen die Unkräuter erzeugen, ist noch

Knut UamsiLi»

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Nachdruck verboten. Copyright by Langon-Dlliller, München.

(3. Fortsetzung.)

Tage kamen und gingen, milde, liebe Tage, merkwür­dige Stunden der Einsamkeit, mit zarten Erinnerungen aus : den Kinderjahren, ein Zurückgerufenwerden zu Himmel und Lrde, zur Luft und zu den Bergen.

Er ging den Weg zum Schloß hinüber. Am Morgen oar er von einer Wespe gestochen worden, und seine Ober­lippe war geschwollen; wenn er jetzt jemand treffen würde, wollte er grüßen und sofort weitergehen. Er traf niemand. Zm Schloßgarten sah er eine Dame, als er näher kam, arüßte er tief und ging vorbei. Es war die Schloßherrin. Lr fühlte noch wie in alten Tagen das Herz klopfen, wenn er am Schloß vorbeiging. Die Achtung vor dem großen. Hans, vor den vielen Fensterrk, vor der strengen, feinen Persönlichkeit des Schloßherrn saß ihm noch im Blut.

Er nahm den Weg zur Landungsbrücke.

Da begegnete er plötzlich Ditlef und Victoria. Das war ihm unangenehm, sie konnten ja glauben, er sei ihnen aachgegangen. Außerdem hatte er eine geschwollene Ober­lippe. Er verlangsamte seinen Schritt, ungewiß, ob er weitergehen sollte, aber er ging doch weiter. Schon von weitem grüßte er und behielt die Mütze in der Hand, wäh­rend er vorbeiging. Stumm beantworteten die beiden leinen Gruß und schritten langsam vorüber. Victoria sah ihn ganz offen an; ihr Gesichtsausdruck veränderte sich ein wenig.

Johannes ging weiter, zum Kai hinunter; eine Unruhe hatte ihn ergriffen, sein Gang wurde ner­vös. Nein, wie groß Victoria geworden war! Vollkommen erwachsen, herrlicher als je zuvor. Ihre Augenbrauen liefen über der Nase beinahe msammen, sie waren wie zwei feine samtene Linien. Tsie »lugen waren dunkler geworden, sehr dunkelblau.

Als er nach Hause ging, schlug er einen Weg ein, der seit außerhalb des Schloßgartens durch den Wald führte. Niemand sollte von ihm sagen können, daß er den Schloß­kindern nachliefe. Er kam auf eine Anhöhe, suchte sich einen stein und setzte sich. Die Vögel musizierten wild und leiden­

schaftlich, lockten, suchten einander, flogen mit Zweigen im Schnabel umher. Ein süßlicher Geruch von Erde, sprießen­dem Laub und verfaulenden Baumstämmen lag in der Luft.

Er war auf Victorias Weg geraten, sie kam ihm von der entgegengesetzten Seite gerade entgegen.

Ein hilfloser Zorn packte ihn, er wünschte sich weit, weit fort; diesmal mußte sie ja selbstverständlich glauben, Laß er ihr nachgegangen sei. Sollte er nun wieder grüßen? Vielleicht konnte er nach einer anderen Seite sehen, und dann hatte er auch noch diesen Wespenstich.

Aber als sie nahe genug herangekommen war, erhob er sich und zog die Mütze. Sie lächelte und nickte

Guten Abend. Willkommen daheim", sagte sie.

Wieder schienen ihre Lippen ein wenig zu beben; aber rasch gewann sie ihre Ruhe wieder zurück.

Er sagte:

Das sieht nun ein wenig sonderbar aus, aber ich wußte nicht, daß ich dich hier treffen würde.

Nein, das wußten Eie nicht", antwortete sie.Es war ein Einfall von mir, es kam mir so der Gedanke, hierher zu gehen."

Au! er hatte du gesagt.

Wie lange bleiben Sie nun zu Haufe?" fragte sie.

Bis zum Ende der Ferien."

Nur mit Mühe konnte er ihr antworten, sie war plötzlich so weit fort. Weshalb hatte sie ihn dann angesprochen?

Ditlef sagt, Sie seien so tüchtig, Johannes. Sie machten so gute Prüfungen. Und dann sagt er, daß Sie Ge­dichte schreiben; ist das wahr?

Er antwortete kurz und wand sich dabei k

»Ja, selbstverständlich. Das tun alle.

Nun würde sie wohl bald gehen, denn sie sagte nichts mehr.

Hat man so etwas schon gesehen, mich hat heute eine Wespe gestochen", sagte er und zeigte ihr seinen Mund. Deshalb sehe ich so aus."

Sie sind eben zu lange fort gewesen, die Wespen hier kennen Sie nicht mehr."

Es war ihr gleichgültig, ob er von einer Wespe entstellt worden war oder nicht. Jawohl. Da stand sie und drehte auf ihrer Schulter einen roten Sonnenschirm mit goldenem Knopf am Stock, und nichts ging ihr nahe. Er hatte doch mehr als einmal das gnädige Fräulein auf seinen Armen getragen.

Ich kenne die Wespen auch nicht wieder", antwortete er-früher find sie meine Freundinnen gewesen/

Sie aber verstand den tiefen Sinn dieser Worte nicht, sie antwortete nicht. Oh, und es lag ein so tiefer Sinn darin.

Ich kenne nichts mehr wieder. Sogar, der Wald ist ausgeholzt."

Ein leises Zucken lief über ihr Gesicht.

Dann können Sie hier vielleicht nicht dichten", sagte sie. Stellen Sie sich vor, wenn Sie einmal ein Gedicht an mich machen würden! Nein, was sage ich da! Da können Sie hören, wie wenig ich davon verstehe."

Er sah zur Erde, erregt und stumm. Sie machte sich in freundlicher Weise über ihn lustig, sprach überlegen und beobachtete, welche Wirkung das hatte. Verzeihung, er hatte seine Zeit nicht nur mit Schreiben vergeudet, er hatte mehr gelernt, als die meisten . . .

»Ja, ja, wir treffen uns wohl noch. Leben Sie wohl einstweilen/'

Er zog die Mütze und ging, ohne etwas zu antworten.

Wenn sie wüßte, daß er die Gedichte alle miteinander, sogar das an die Nacht, sogar das an den Moorgeist, an sie und an keine andere gerichtet hatte! Das sollte sie nie­mals erfahren.

Am Sonntag kam Ditlef und wollte ihn mit hinüber zur Insel haben. Ich soll wieder den Ruderknecht machen, dachte er. Er kam mit. An der Landungsbrücke waren einige sonntagsmüßige Menschen, sonst war alles so ruhrK und die Sonne schien warm vom Himmel herab. Plötzlich erklangen Töne weit draußen, sie kamen über das Wasser, von den Inseln; in großem Bogen schwang das Postschm herein bis an die Brücke, es hatte Musik an Bord.

Johannes machte das Boot los und setzte sich an die Ruder. Er war in einer weichen und wogenden Stimmung, dieser Helle Tag und die Musik auf dem Schifl webten einen Schleier aus Blumen und goldenen Nehren vor seinen Augen. ,.

Warum kam Ditlef nicht? Er stand an Land und sah die Menschen und das Schiff an, als habe er nichts anderes mehr vor. Johannes dachte: länger sitze ich jetzt nicht mehr an den Rudern, ich gehe an Land. Er schickte sich an, das Boot zu wenden. .

Da sieht er plötzlich er.i"« weißen Schimmer vor oen Augen und hört ein Klatschen uvr dem Wasser; ein ver- zweifelter, vielstimmiger Schrei erhob sich vom Schiff un von den Leuten an Land, und eine Menge Hände un Augen deuteten nach der Stelle, wo das Weiße verschwu - den war. Die Musik brach sofort ab.

(Fortsetzung folgt.)