Weltkonjunktur uud deutsche Konjunktur Ende Mai 1932
Berlin, 2. Juni. Das Institut für Konjunkturforschung in Berlin hat auf Grund seiner Untersuchungen sein Urteil über die Weltkonjunktur Ende Mai 1932 folgendermaßen zu- sammengefatzt:
Die internationale Vertrauenskrise dauert im allgemeinen an. Produktion, Preise und Umsätze gehen weiter zurück. Besonders heftig waren die Rückschläge im Welthandel namentlich infolge der noch verstärkt sortgeführten Abschnürungspolitik der Volkswirtschaften. Durch die Erschwerungen des zwischenstaatlichen Güteraustausches bei anhaltender Lähmung des Weltkrcditverkehrs haben sich die Währungsschwierigkeiten in einer Reihe von Staaten weiter erhöht. Neue Störungen drohen von den äußerst zugespitzten staatsfinanziellen Schwierigkeiten vieler Ländr. Ansätze zu einer gewissen Krisenentspannung zeigten sich jedoch im Kreditgefüge einiger Länder. Ob die Ansätze zur Entspannung sich weiter entfalten können, hängt weitgehend von den bevorstehenden weltpolitischen Entscheidungen ab. Fürs erste kann mit einer Auflcbung der Produktion und Beschäftigung nicht gerechnet werden.
lieber die Konjunktur in Deutschland wird ausgeführt: In Deutschland sind keine Anzeichen einer allgemeinen Konsolidierung sestzustellen. Zwar ist die Vertrauenskrisis etwas abgeflaut, auch verzeichnen einige Banken eine gewisse saisonmäßige Entlastung. Im ganzen aber hat sich die Wirtschaftslage erneut verschlechtert. Die Arbeitslosigkeit ist konjunkturell in weiterem Anstieg begriffen, Produktion, Preise und Umsätze sind abwärts gesichtet. Tie sinkende Konsumkraft treibt die Verkaufserlöse von Außenhandel, Verbrauchsgüter- iudustrien und Landwirtschaft zu weiteren Rückgängen. Die restruktive Höhe der Zinssätze am Kapitalmarkt hält die Investitionstätigkeit und nicht nur den Absatz an Investitionsgütern nieder. Dix Abkapselung der einzelnen Volkswirtschaften vom Weltmarkt in Verbindung mit der erhöhten Exportkonkurrenz Großbritanniens entzieht der deutschen Industrie mehr und mehr die wichtige Stütze des Auslandsabsatzes. Vielleicht, daß die politischen Entscheidungen der kommenden Wochen den verhängnisvollen Deflationsdrnck etwas mildern. Viel hängt vor allem von der Finanzgebarung der öffentlichen Körperschaften ab. Die Steuereinnahmen nehmen unentwegt ab und der finanzielle Erfolg von Steuererhöhungen wird umso fraglicher, je stärker das Wirtschaftsvolumen abnimmt.
Amerika lehnt Lausanne ab
Washington, 2. Juni. Trotz der vielen Bemühungen der europäischen Nationen werden die Vereinigten Stateü an der Lausanner Konferenz nicht teilnehmcn. Tie Verhandlungen über den Haushaltsausgleich im Kongreß und die allgemeine Haltung des Kongresses laßen eine Teilnahme an der Tribut- konserenz nicht für ratsam erscheinen. Deswegen bevorzugt die Regierung der Vereinigten Staaten die „Depressionskonse- renz" (die auf Grund englisch-amerikanischer Verhandlungen angeregte Weltwirtschastskonfcrcnz), die möglichst Ende des Jahres stattfinden soll, damit sie nicht als Schlagwort für die Präsidentschaftswahlkämpfe benützt werden und dadurch im voraus in Mißkredit geraten kann. Außerdem wünscht die Regierung der Vereinigten Staaten die Hinzuziehung verschiedener in Lausanne nicht vertetener Länder, insbesondere Argentiniens und Spaniens.
Das amerikanische Schatzamt sieht die Aussichten für die diesjährigen Kriegsschuldenzahlungen als gering an.
Kanzler und Reichsminister in Pension
Brüning erließ bekanntlich ein Gesetz, wonach Reichskanzler und Reichsminister keine Pension mehr erhalten sollen. Heute scheint es sehr interessant, was die sieben ehemaligen Reichskanzler und 19 Reichsminister a. D. (das Kabinett Brüning nicht eingerechnet) treiben. Scheidemann sitzt im Reichstag. Reichskanzler a. D. Bauer leitet eine gemeinnützige Baugesellschaft. Wirth ist schüchterner Reichstagsabgeordneter. Cuno steht an der Spitze der Hapag. Von den 19 Reichsministern a. D. sitzen 18 im Reichstag. Ihre alte Praxis als Rechtsanwalt üben Bell, Curtius und Landsberg aus. Curtius soll Generaldirektor des Gläubigerausschusses der Fürstlich Pleßschen llntersiehmungcn werden. Moldenhauer verfaßt hochbezahlte Gutachten für Versicherungsgesellschaften und Reinhold soll die meisten Aufsichtsratsposten (z. B. beim Ullstein-Verlag) innehaben. Noske ist Oberpräsident in Hannover. Herr Hamm, Reichswirtschaftsminister a. D., verzichtete solange auf seine Reichsministerpension, solange er die gute Besoldung als geschäftsführendes Mitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages erhält. Fünf frühere Reichsminister sind im Wirtschaftsleben tätig (Aufsichtsratsvorsitzende usw.).
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Neuenbürg, 3. Juni. Am 10. Mai ist in Clevelaud in den Vereinigten Staaten Nordamerikas der älteste Neuenbürger im hundertsten Lebensjahr in die Ewigkeit eingegangen: Gottfried Gaiser, Senseuschmied. Und zwar, wie in einem Nachruf für den wackeren deutschen Pionier die deutsch' Zeitung Elevelands besonders betont, „bei geistiger Frische und körperlicher Rüstigkeit bis in seine letzten Lebenstage". Er wurde am 12. Januar 1833 hier geboren als Sohn eines in jungen Jahren als Sensenschmied von Baiersbrvnn hier zugewanderten Sensenschmiedcs, und 1858 heiratete er Emilie Genßle von hier. 1882 wanderte die Familie Gaiser nach Cleveland auS. Die älteste Tochter Emilie wurde damals,noch einzeln konfirmiert kurz vor der Ausreise. Frau Gaiser starb 1918, und auch der älteste Sohn Christian weilt nicht mehr- unter den Lebendigen. Gottfried, Ernst und Robert und auch die jüngere Tochter, Frau C. P. Gaiser, die alle hier zur Welt kamen, sind noch am Leben und unterhalten herzliche Beziehungen zu ihren hiesigen Verwandten. Die Stiefschwester des Verstorbenen, Frau Christiane Röck Witwe, geb. Gaiser, hat bereits seit Jahren die Schwelle der Achtziger überschritten. Wenn Dr. Greeff in Höfen, jetzt in Stuttgart, der sich besonders mit den „Langlebigen" beschäftigt, von dem ältesten Neuenbürger Kenntnis gehabt hätte, so hätte er sich bei ihm gewiß über seine Lebensweise eingehend erkundigt. Mit langem Leben gesättigt zu werden, ist eine Gottesgnade.
(Wetterbericht.) Schwacher Hochdruck beeinflußt die Wetterlage: ein starkes Hoch rückt von Norden gegen das Festland vor. Für Samstag und Sonntag ist mehrfach heiteres, aber bei zunehmender Erwärmung zu vereinzelten Gewitterstörungen geneigtes Wetter zu erwarten.
Calmbach, 2. Juni. Im Blick auf die vielen, namentlich jüngeren Arbeitslosen wird auch in Calmbach der Gründung eines freiwilligen Arbeitsdienstes näher getreten. Vorgesehen ist zunächst ein Wegbäu im Gemeindewald Kälbling, wodurch etwa 25—30 Teilnehmern für 1—5 Monate Arbeit verschafft würde. Während der Dauer des freiwilligen Arbeitsdienstes werden die Teilnehmer nicht ausgesteuert. — Die hiesige Mesnerstelle wurde Oskar Schmid, Schlosser, übertragen. Um dieselbe hatten sich 25 Personen aus den verschiedensten Ständen ernstlich beworben. Ein Zeichen dafür, daß die Not der Zeit ihre Kreise immer weiter zieht, waren es doch vor vier Jahren, trotz bedeutend besserer Bezahlung, nur drei Bewerber.
Calmbach, 1. Juni. August Seyfried junior hat in Reutlingen die Prüfung im Hufbcschlag mit sehr gutem Erfolg bestanden.
Zum Wochenende Enzanlagenbeleuchtung in Wildbav im Schwarzwald
Um auch den Wochenendgästen etwas Außerordentliches zu bieten, hat sich die staatl. Badverwaltung Wildbad entschlossen, dis diesjährigen großen Enzanlagenbeleuchtungcn auf einen Samstag und zwar die erste auf morgen, den 1. Juni, festzusetzen und außerdem für den an diesem Abend von X-10 Uhr ab stattfindenden Tanzabend im Kurhaus ausnahmsweise von der Ballanzugsvorschrift abzusehen. Wer schon eine dieser weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannten und berühmten Beleuchtungen gesehen oder von ihr gehört hat, wer die landschaftlichen Reize Wildbads aus eigener Anschauung oder vom Hörensagen kennt, wird diese Gelegenheit zu einem Wochenende besonderer Art mit Freuden ergreifen. Zahlreiche Besitzer von Gesellschaftskraftwagen und sonstige>i Mietautos veranstalten an diesem Tag Sonderfahrten nach Wildbad im Schwarzwald. Die Reichsbahn fährt laut Fahrplan an Tagen der großen Enzanlagenbeleuchtungen einen Verwaltungssonderzug mit Halt auf allen Zwischenstationen Pforzheim ab 19.05, Wildbad an 20.00, Wildbad ab 22.58, Pforzheim an 23.11.
Sonnenbrand
Die Sehnsucht nach der Sonne liegt dem Menschen im Blute. Mit Recht empfindet er die Sonne als ein Heilmittel, aber, wie man eine stark wirkende Medizin nicht auf einmal oder in großen Dosen zu sich nehmen kann, ohne davon krank zu werden, so ist es auch mit der Sonne. Unsere Haut hat während des Winters in ihrer Leistungsfähigkeit gelitten. Man muß sie deshalb erst wieder an ihre normale Tätigkeit gewöhnen. Solist kommt es, wie man nach den sonnigen Pfingsttagen sehen konnte, daß die Menschen nach der feiertäglichen Erholung mit roten Köpfen, mit schmerzenden Gliedern und juckender Haut herumlaufen und den an sich gewiß gesunden Aufenthalt im Freien und in der Sonne mit Schmerzen, Schlaflosigkeit und körperlichem Unbehagen büßen müssen. Darum ist es zweckmäßig, für das Sonnenbad bestimmte Vorschriften innezuhalten, deren Beachtung vor Sonnenbrand in gewissem Maße schützen kann. Ein Sonnenbad nehme man
Graf Hugo schrieb, vag seine Rückkehr eine beträchtliche Verzögerung erfahren würde. Susi seufzte zu dieser Nachricht, weil die Atmosphäre, die Tante Elisa aus eigener Machtvollkommenheit auf Brendnitz um sich verbreitete, mit jedem Tage unerträglicher wurde. Die Tante selbst war dagegen mit dem Stand der Dinge höchst zufrieden. Je länger ihr Bruder fortblieb, um so mehr Zeit und Gelegenheit hatte sie, das Heiratsprojekt zu unterbinden.
Eines nachts kam ihr auch wirklich ein erlösender Gedanke. Ein Gedanke, der so einfach war, daß sie sich wunderte, nicht früher darauf verfallen zu fein.
Es galt doch nur, den jungen Mann vom Schlosse fortzugraulen — und jede Gefahr war beseitigt!
Bereits am nächsten Morgen leitete sie die nötigen Schritte ein.
Beim Frühstück fand sie, daß er schlecht rasiert, dafür aber höchst aufdringlich parfümiert sei. Seine Krawatte bezeichnete sie als einfach geschmacklos und seinen Anzug eines Gecken und Stutzers würdig.
Graf Johann erhob sich, ohne :inen Bissen angerührt zu haben, und meinte: „Mit gnädigster Erlaubnis werde ich mich die nächsten drei Stunden im Pferdestall aufhalten, um das wahrscheinlich Ihrem Geruchssinn mehr entsprechende Odeur herbeizuschaffen. Bezüglich meines Anzuges werde ich versuchen, im Bedienstetenhaus ein paar abgelegte Hosen zu requirieren. Vielleicht kann mir Jochen aus der Verlegenheit helfen!"
Dann knallte er die Tür zu, daß sämtliche Bilder an den Wänden amüsiert zu schaukeln begannen.
„Was für ein unerzogener Mensch!" hauchte Tante Elisa.
„Kann ich nicht finden," antwortete Susi, eifrig ein Ze- leebrötchen verspeisend. „Gerade diesmal war er einfach bezaubernd."
„Schweige!" fuhr ihr Gegenüber zornig empor.
„Was meinst du?"
„Schweigen sollst du, naseweises Ding!"
„Ich sage ja gar nichts."
„Und ich sage dir nochmals, daß du deinen vorlauten Mund halten sollst!"
zunächst nie in den heißesten Stunden des Tages. Anfänglich setze mau nur einzelne Teile des Körpers der Sonne aus. Man beginne mit einem Sonnenbad von höchstens 15 Minuten Tauer und wechsle dabei mehrfach die Körperstellung. Erst allmählich darf man den ganzen Körper für längere Zeit der Sonne aussetzen. Wichtig ist es, den Kopf vor der direkten Bestrahlung durch Aufsetzen eines Hutes und die Augen durch eine Schutzbrille zu schützen. Wer leicht Reizerscheinungen der Haut bekommt, der tut gut, schon vorher seinen Körper mit einer Fettsalbe zu bestreichen. Sind einmal Reizerscheinungen sowie Rötung oder gar Blasenbildung aufgetreten, so meide man die Sonne, pudere die Haut ein oder benutze eine möglichst fetthaltige Salbe. Schließlich sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Bräunung der Haut an sich kein Zeichen besonders guter Gesundheit und der Ehrgeiz rasch braun zu werden, durchaus unberechtigt ist. Die braune Färbung der Haut stellt vielmehr eine Schutzmaßnahme des Körpers gegen die starke Hautbelichtung dar und tritt bei den einzelnen Menschen in verschiedenen Graden und nach verschieden langer Zeit auf. Die Menschen sind gegenüber der Sonne verschieden empfindlich; am leichtesten pflegen die Körperteile zn verbrennen, die von der Kleidung gewöhnlich bedeckt uud an Licht und Sonne darum ani geringsten gewöhnt sind.
Calw, 2. Juni. (Hakenkreuzfahne am Turm der Stadtkirche.) Vergangene Nacht brachten bisher nicht bekannte Täter an der Turmspitze der ev. Stadtkirche eine Hakenkreuzfahne an. Die Polizei ließ um 6 Uhr früh die Fahne durch einen Dachdecker entfernen.
Vaihingen a. E-, 2. Juni. (Von der Oberamtssparkasse.) Neuester Nachricht zufolge hat der frühere Direktor Toberer aus Amt und Pension verzichtet, damit das Dienststrafverfahren gegen ihn eingestellt wird. Die Direktorstelle kann daher sofort wieder besetzt werden und ist bereits zur Bewerbung ausgeschrieben. Anstelle des freiwillig aus dem Leben geschiedenen Sparkassiers Wischuf wurde vom Berwal- tungsrat der bisherige zweite Beamte bei der Oberamtssparkasse Böblingen, Wörner, gewühlt, der die Stelle sofort antritt.
Stuttgart, 2. Juni. (Die Regierung Bolz bleibt). Fn einer Mitgliederversammlung der Stuttgarter Ortsgruppe der Deutschen demokratischen Partei am Montag abend wurde beschlossen, ein Telegramm treuen Gedenkens an Reichsfinanzminister Dietrich zu schicken. Wirtschastsminister Dr. Maier begründete die Bereitschaft der Partei in Württemberg, in Verhandlungen mit den Nationalsozialisten einzutreten. Zugleich glaubte er versichern zu können, daß es bis auf weiteres bei dem bisherigen Kabinett Dr. Bolz bleiben werde.
Stuttgart. 2. Juni. (Das Alte Schloß wird wieder aufgebaut). Seit einigen Tagen sind die Aufräumungsarbeiten im Alten Schloß in Stuttgart beendigt. Von der Trümmerstätte ist jetzt nicht mehr viel zu sehen, da von dem ausgebrannten Ostflügel nur noch die Umfassungsmauern stehen. Inzwischen ist nun auch die Frage über das weitere Schicksal des Alten Schlosses entschieden worden, der abgebrannte Schloßteil soll wieder aufgebaut werden. In weicher Form und nach welchen Gesichtspunkten steht allerdings noch nicht fest. In den nächsten Tagen erfolgt eine Schätzung der Brandruinen durch die Gebäudebrandversicherung, die für das zukünftige Projekt mit ausschlaggebend ist. Soviel ist jedoch jetzt schon als sicher anzunehmen, daß nach dem Wiederaufbau die Räume der Polizei nicht mehr zur Verfügung gestellt werden, sondern der Altertümersammlung, der dieser Schloßteil schon früher zugesagt war.
Stuttgart, 2. Juni. (Die „Freie Presse" Schmutz und Schund). Nach einer Bekanntmachung im „Staatsanzeiger" ist die in Stuttgart erscheinende „Süddeutsche Freie Presse", Verleger Hans Otto Zick in Stuttgart, auf Grund einer Entscheidung der Prüfstelle München auf die Liste Schund- und Schmutzschristen auf die Dauer von 1 Jahr gesetzt worden. Die Frist läuft ab am 26. Mai 1933.
Münsingen, 2. Juni. (Tödlicher Unfall eines Artillerie-Offiziers.) Leutnant Lenne (Werner) von der III. Abteilung A.-R. 5 Ludwigsburg war heute früh auf dem Truppenübungsplatz als Offizier zur Beobachtung am Ziel während des Scharfschießens kommandiert. Aus Dienstinteresse ließ sich der Offizier verleiten, entgegen den Bestimmungen den schußsicheren Unterstand vorübergehend zu verlassen. Unglücklicherweise wurde er von einer in der Nähe einschlagenden Granate getroffen und sofort getötet. Dem allgemein hochgeschätzten jungen Offizier folgt die Teilnahme umso mehr, als er sich erst vor wenigen Monaten verheiratete.
Neckarsulm, 2. Juni. (Falschmünzer auch im Unterland — Geldfabrik in Kochersteinsseld?) Zwei verheiratete Bürger von Kochersteinsfeld, OA. Neckarsulm, haben am Mittwoch in Geisingen, OA. Ludwigsburg, falsche 5 Markstücke ausgegeben. Während der eine mit dem Motorrad die Flucht ergriff, konnte der andere von einem Landjäger gefaßt werden. Er wurde ins Amtsgerichtsgefängnis Ludwigsburg eingeliefert. Auch seinen Komplizen ereilte das Schicksal. Als er mit dem Motorrad in Kochersteinsfeld eintras, wurde er vom dortigen Landjäger verhaftet. Ob sich die Geldfabrik in Kochersteinsfeld befindet, muß die Untersuchung ergeben.
Rottenburg, 2. Juni. (Furchtbares Unglück). Der gestern abend gegen 6 Uhr vom Felde heimkehrende Landwirt Anton Bolz Fried- richs Sohn in der Stadtlanggaffe, mußte eine furchtbare Entdeckung
„Ja doch," nickte Susi, mit einem Schluck aus der Scho koladentasse das Frühstück beschließend. „Aber recht hattz er doch!"
„Susanne!"
Aber Susi verspürte wenig Lust, die Konversation fortzuführen. Sie erhob sich, entledigte sich eines zecemo niellen Hofknixes und ging, um sich schnurstracks in ihre; Pas Arbeitszimmer zu begeben, wo Franz mit dem Staub wedel hantierte.
Der Alte bot einen bemitleidenswerten Anblick.
Susi nickte verständnisvoll. „Sie haben wohl heute auch schon wieder mal Ihr Fett weg, Franz, was?"
„Ach, gnädigste Komteß," seufzte er. „So lange stehe ich nun schon im Dienste des Herrn Grafen und immer habe ich alles zu feiner vollsten Zufriedenheit erledigt, aber während der vielen, vielen Jahre — —"
„-hat hier noch kein solcher Drache gehaust!"
Bedrückt schaute der Alte zu Boden. „Das habe ich eigentlich nicht sagen wollen gnädigste Komteß!"
Aber Susi wehrte ab. „Ich weiß Bescheid," nickte sie und ließ sich am Schreibtisch nieder „Aber lassen Sie man. Noch acht Tage höchstens, dann ist Pa wieder da. Ueber eine Woche ist er ja schon fori. Na also. Dann wird's wieder anders werden!"
Die nächste Viertelstunde verbrachte sie mit der Lektüre verschiedener Zeitungen. Als sie in den Inseratenteil geriet, federte sie plötzlich hoch „Donnerwetter!"
Bestürzt wandte sich Franz um. „Wie meinten gnädigste Komteß?"
Aber gnädigste Komteß meinten gar nichts, sondern stürmten, die Zeitung wie eine Siegestrophäe schwingend, hinaus, die Treppe hinab und über die Veranda in den Park. Um diese Zeit war Johann, der Chauffeur, bestimmt in der Garage zu treffen.
Als aber das niedere Gebäude vor ihr auftauchte, hemmte sie jäh den Schritt.
Staunend gewahrte sie vor der doppelflügeligen Garagentür zwei Männer in lebhafter, nahezu erregter Diskussion. Der eine war der Chauffeur, der «ndere ihr Vetter Johann. (Fortsetzung folat >
Franz erhielt diverse Rüffel, weil er die Türen nicht geräuschlos genug schloß. Minna mußte sich eine Unzahl neuer Kochvorschriften aufschreiben, nach denen künftig die Gerichte zubereitet werden sollten. Jochen, der alte Kutscher, wurde von ihr arg angefahren, weil sie an den Fenstern der Pferdeställe Spinngewebe gesunden hatte.
An solchem und ähnlichem Tun fand sie eine besondere Freude. Es war, als sei sie nur den ganzen Tag auf den Beinen, um „Mißstände" aufzudecken. Natürlich blieb auch der Chauffeur nicht ungeschoren. Bei ihm war es feine Frisur, die sie als für einen Lakaien ungeziemend befand.
„Sie melden sich morgen vormittag punkt Zwölf bei mir, verstanden? Bis Lahin werden Sie Ihr Haar anders geordnet haben!"
„Und wie befehlen gnädiges Fräulein?"
„Scheitel!"
Johann fuhr sich über fein langes, glatt zurückgekämmtes Haar.
„Keine Einwände. Ich verlange das. Sie haben meine Weisungen zu befolgen. Ich begreife einfach nicht, wie mein Bruder derartige, ungehörige Dinge übersehen kann."
Aber am allerschlimmsten kamen doch der junge zu Besuch weilende Neffe und Susi davon. Der Graf war ihr ein Dorn im Auge. Noch jetzt trieb ihr die Empörung das Blut in die Wangen, wenn sie an die Bahnfahrt zurückdachte. Und dieser arrogante Schnösel sollte Susannes Gatte werden? Nimmermehr! Den Plan wollte sie ihm schon versalzen! Stundenlang sann sie darüber nach, wie es möglich sei, die in der Luft schwebende Verlobung illusorisch zu machen, aber es wollte ihr absolut nichts einfallen, was eine Aussicht auf durchschlagenden Erfolg versprach.
Das änderte sich auch nicht in den nächsten Tagen. So lebhaft beschäftigte sie sich mit dem Problem, daß sie darüber sogar den Scheitel des Chauffeurs vergaß —