Das luxuriöseste Gefängnis der Welt
In Deutschland beschwert man sich mit Recht über die Tribute, über die Krise. Wir sind anerkannterweise verschuldet. Wir klagen über den Kapitalmangel der deutschen Industrie, über die fortgesetzte Bedrohung der deutschen Währung, über die kurzfristige Verschuldung an das Ausland. Unseren Gläubigern, die das Stillhalteabkommen mit uns geschlossen habengeht es selbst schlecht, England und Amerika kämpsen hart um ihre finanzielle Gesundung. Was werden Engländer und Amerikaner, aus deren freundschaftliche Gefühle zu Deutschland wir besonderen Wert legen, bei der Lektüre folgender Zeilen der „Chicago Tribüne" sagen:
Ein Gefängnis, das 2 Millionen Dollar kostet
Berlin, Mai. 1932. Das Volk, die Staaten und Kommunen stecken bis an den Hals in Schulden, die auf Jahre gewissenloser Verschwendung zurückzuführen sind. Während die Schulden der Kommunen in Deutschland 200 000000 Dollar betragen, stellt der preußische Staat gerade den neuesten Gefängnisbau mit ungewöhnlicher Luxusentfaltung in Brandenburg auf einem Villengelände fertig. Er kostet dem preußischen Steuerzahler die nette Summe von 2 Millionen Dollar. Das neue Gebäude ist der letzte Schrei der Gefängnisarchitektur, inspiriert von den humanitärsten Ideen. Der Bau wird von den Berlinern spöttisch als Sanatorium von Brandenburg bezeichnet. Eine herrliche Lindenallee führt nach dem Bau. Er sieht aus wie ein repräsentatives Staatsgebäude, aber nicht wie ein Gefängnis. Die Architekten haben mit solchem Eifer alles vermieden, was nach einem Gefängnis aussehcn könnte, daß sie selbst die Eisengitter von den Fenstern gelassen haben. Und schon am ersten Tage der Inbetriebnahme machten sich zwei erfahrene Spitzbuben durch das schöne Portal davon; sie bestiegen einen auf sie wartenden Kraftwagen, fuhren die schöne Lindenallee zurück und verschwanden auf Nimmerwiedersehen.
Der Gefängnisbau ist größer als der große Berliner Königspalast. Die Berliner Zeitungen schreiben, daß jede Zelle 529 Kubikfuß mißt. Alle Schlafzellen liegen nach Norden, während die zahlreichen Gesellschaftsräume (?), Rauchsalons (?) und Werkstätten nach Süden und Osten gelegt sind. Im Hof des Gebäudes befinden sich große Rasenflächen. Kirche mit Orgel und Lichtspielbühne sind nicht vergessen. Ebenso weist der Gefängnisbau zahlreiche Douchezellen und Baderäumc auf, die durch Gummivorhänge in frischen, leuchtenden Farben voneinander getrennt sind. Einige Zeitungen in Berlin führen mit Stolz aus, daß der Staat Preußen nunmehr das feinste, teuerste und menschlichste Gefängnis der Welt hat. Die Mehrzahl der Zeitungen fügt hinzu, daß bei allem Respekt vor den Ideen der Menschlichkeit zwei Millionen Dollar eine reichlich hohe Summe ist für den ausschließlichen Gebrauch von Spitzbuben. And das in Krisenzeiten! Mancher arme und ehrliche Kerl möchte in Deutschland in einem gesunden Raum wohnen, aber die harte Zeit zwingt ihn, in einem dunklen Keller oder in einem zur Verfügung stehenden Loch Zuflucht zu nehmen — aus Kosten der Gesundheit des Volkes."
Ein altes deutsches Handorakel, schreibt die „Südd. Ztg.", sagt: „Dumm ist nicht, wer etwas Dummes begeht, sondern wer seine Dummheit nachher nicht zu bedecken versteht". Aber vielleicht ist die Regie in Preußen doch nicht so dumm. Wer weiß! Es gibt in Preußen soviel Spitzbuben von Marke, daß die preußische Regierung nicht umhin kann, nunmehr auch für standesgemäße und komfortable Gefängnisse zu sorgen.
Berlin, l. Juni. Im Baugewerbe ist die tarifvertragliche Neuregelung der Löhne durchgeführt. Bon den für 33 Bertragsgebiete gefällten einzelnen Schiedsprücken sind 27 von den Tarifparteien angenommen und 6 durch den Reichsarbeitsmimster für verbindlich erklärt worden. Die letzteren betreffen die Bezirke Westdeutschland, Westfalen-Ost und -Mitte, Braunschweig, Rheinland, Siegerland und Görlitz.
Keine Regierungsbeteiligung der franz. Sozialisten
Paris, i. Juni. In der Vormittagssitzung des sozialistischen Parteitages berichtete Leon Blum über die gestrige Unterredung mit Eduard Herriot, in der dieser darauf hingewiesen habe, daß die Umstände nicht mehr die gleichen seien wie 1924, als die Unterstützung durch die Sozialisten für die übrigen Linksparteien erforderlich war. Leon Blum erklärte, wenn auch eine Verständigung über einige wichtige Punkte des sozialistischen Programms möglich scheine, mache sich doch hinsichtlich der meisten anderen, namentlich wegen der Herabsetzung der Militärkredite, eine tiefgehende Meinungsverschiedenheit geltend. Er legte dem Kongreß eine Entschließung vor, in der festgestellt wird, daß mit der gestrigen Entschließung der Radikalen die Besprechungen über die Regierungsbeteiligung der Sozialisten beendet sind. Der Parteitag hat sich einstimmig die von Leon Blum vorgelegte Entschließung zu eigen gemacht.
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Die Goldespforten sind verrammelt.
Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt.
Und unsere Kassen stehen leer. Goethe.
Neuenbürg, 1 . Juni. Aus Anlaß der 16jährigen Wiederkehr der Skagerrakschlacht, der größten Seeschlacht, welche die Welt je erlebte, hielt am letzten Montag abend im Sonnen- saal Kapitänleutnant d. R. a. D. Mumm einen interessanten Filmvortrag, der Wohl noch einen besseren Besuch verdient hätte. Der' erste Teil führte uns in verschiedene nordischen Gebiete, während der zweite Teil uns die Skagerrakschlacht vor Augen führte. Kapitänleutnant Mumm gab in klarer und verständlicher Weise den erläuternden Text hiezu. Es ist unmöglich, auch nur in kurzen Zügen den Gang des Films zu schildern, man müßte sonst all die spannenden und packenden Szenen dem geistigen Auge näherbringen, das Klarmachen zum Gefecht, das Tauchen und Wiederauftauchen von Unterseebooten, das Räderwerk der schwimmenden Festungen, das Feuern der schweren Schiffsgeschütze, das Explodieren der Granaten, die bis zu hundert Meter Hohen Wasserfontänen und viele andere Bilder. Es erscheint uns auch zwecklos, den genauen Verlaus der Kämpfe im einzelnen darzulegen. Nur allgemein soll gesagt sein, daß Admiral Scheer es war, der den Engländer Jellicoe herausgesordert hat, ihm auch unter oft sehr schwierigen, ernsten Situationen durch überlegene Taktik, gestützt auf ein ausgezeichnetes Material bei seinen Unterführern, immer wieder das Gesetz des Handelns vorschrieb. Bewunderung und Stolz erregte es, wie er unter dem Eisenhagel der gesamten Feindflotte durch das für alle Zeiten berühmt gewordene Kehrtmachen seiner langen Schlachtflotte sich eine bessere 'Kampfstellung schuf und den Gegner von neuem packte, bis schließlich die Dunkelheit der Nacht groß- angelegte Kampfhandlungen unmöglich machte. Die beiden Flotten lagen sich gegenüber, dicht nebeneinander, aber sie sahen sich nicht. Da entbrannten die für beide Teile verlustreichen Nachtkämpfe einzelner Schiffe und Flottillen, wobei die deutsche Flotte die „Wiesbaden" und „Pommern" verlor. Jedoch — als am Morgen Scheer sich zu einem erneuten Waffengang stellte, nachdem er bei „Horns Riff" den Tag erwartet hatte, da war der Engländer abgedreht, er befand sich auf dem Heimweg. Die deutsche Flotte beherrschte als Siegerin das Schlachtfeld und kehrte im stolzen Bewußtsein der Ueber- legenheit in die Heimathäfen zurück. Die Bilder des Films waren allesamt klar und übersichtlich, und die Vortragsweise des Redners wirkte sympathisch.
(Wetterbericht.) Ueber dem Festland liegt Tiefdruck, im Norden und Süden zeigen sich Hochdruckgebiete. Für Freitag und Samstag ist mehrfach aufheiterndes, aber nicht beständiges Wetter zu erwarten.
x Brrkenseld, 1. Juni. Gestern erhielt August Höll hier den ersten Bienenschwarm. In sonstigen Jahren galt der Mai als eigentlicher Schwarmmonat, Heuer wirds der Juni werden, ein Beweis, daß die Bienen infolge der lang anhaltenden naßkalten Witterung im April und Mai in der Entwicklung noch weit zurück waren.
Höfen a. Enz, 1 . Juni. Wie in andern Gemeinden beschloß auch hier der Gemeinderat, den freiwilligen Arbeitsdienst ein- zuführen. In Betracht kommen Verbesserungen der Holzabfuhrwege in den Gemeindewaldungen am Hengstberg. Etwa 20 Krisenunterstützte wollen die Arbeiten in 20 Wochen bei sechsstündiger Arbeitszeit täglich vornehmen.
Wili>Lad, i. Juni. (27. Mnlerbundestag in Wildbad am 28. und 29. Mai.) Mehr als andere Plätze sind Kurorte vom Wetter abhängig und wenn schon der Besuch dieser Tagung beruflichen Zwecken dienen sollte, so freut sich doch jeder auf den Genuß, bei herrlichem Frühlingssonnenschein ein Stückchen Schwarzwald zu sehen. Die in Aussicht gestellten Darbietungen sowohl als auch Wildbad selbst waren anziehend genug, aber das Wetter ließ viel zu wünschen übrig und die trostlose Lage im allgemeinen hielt viele Malermeister vom Besuch dieser Tagung ab. Die Delegiertensitzung am Samstag und die Hauptversammlung am Sonntag standen, wie nicht anders zu erwarten, im Zeichen wirtschaftlicher Not. Ueber- rascht waren die fremden Gäste von dem Eindruck des gut besetzten Kurhaussaals, und in jeder Beziehung voll befriedigten die Darbietungen des staatlichen Kurorchesters sowohl, als auch die Gesangsvorträge des Liederkranzes, gut geschulte Vorführungen Wildbader Turnerinnen und nicht zuletzt das humorvolle Auftreten zweier Wildbader Größen. Von der Fachausstellung in der städtischen Turn- und Festhalle kann gesagt werden,' daß dieselbe solch ähnliche Veranstaltungen bei Tagungen weit übertrofsen hat an Reichhaltigkeit der zur Schau gebotenen Arbeiten. Die Räume sind wie geschaffen für eine derartige Schau und selbst verwöhnteste Besucher waren befriedigt und konnten neue Anregungen mit nach
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29. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Verteufelte Situation!" dachte er.
Noch war es Zeit, die Flucht zu ergreifen. Aber, verflixt nochmal, nein! Es war genug, daß er in Flinsberg vor der kleinen Liesel Werkmeister ausgerissen war. Hier tat er's nicht! Mochte jetzt kommen, was da wollte! Er hatte A gesagt, er mußte nun auch B sagen. Seinen braven Lederer würde er schon zu verständigen wissen!
So kniff er das Mädchen in die roten Wangen und nickte. Sie schlug ihm aber auf die Hand und fauchte: „Sie, unterlassen Se die Schpäße! So was gibts hier nich, ver- schstehen Se?!"
„Die Männerfeindschaft der Herrin scheint auf das Personal abzufärben," dachte er, um dann aber höchst sittsam hinter dem weiblichen dienstbaren Geist her zu schreiten — mitten hinein in die Höhle der Löwin!
VII.
Als die Brendnitzer Schloßuhr die erste Nachmittagsstunde verkündete, fuhr die gräfliche Limousine an der Freitreppe vor.
In der Halle stand Franz, sein faltiges Gesicht drückte höchste Besorgnis aus. Als Susi mit einem Arm voll Waldblumen an ihm oorüberschritt, zögerte er nicht, sie von der plötzlichen Abreise ihres Vaters wie auch über den Anmut Tante Elisas zu unterrichten.
Wirklich kam es auch noch in der gleichen Stunde zu einem Zusammenstoß.
Aber sonderbar: Susi verteidigte sich nicht in der sonst von ihr bevorzugten Art, sondern ließ alle Vorwürfe, Androhungen und Spitzfindigkeiten ruhig über sich ergehen. Ein Streit an diesem Tage, an dem ihr ein so großes, nahezu märchenhaft klingendes Geheimnis aus dem Munde des Chauffeurs offenbart wurde, wäre ihr als Entweihung erschienen.
Die Mahlzeiten verliefen unter einem von allen Beteiligten empfundenen schwülen Druck.
Der junge Graf, der heute zum erstenmal Susis Antlitz unverhüllt erblickte, war von einer Verlegenheit, die einfach unverständlich wirkte. Tauchten seine Augen einmal in die der Cousine, so lächelte er gezwungen, zupfte an seiner Krawatte und sprach unnützes Zeug.
Mehr als einmal kräuselten sich Susis Lippen verächtlich. Wie fade doch dieser Mensch war. Und den sollte sie heiraten? Den? Weil es das Testament eines Toten so verlangte. Brrr —
Nach Tisch schlug er ihr einen Spaziergang durch den Park vor.
„Danke!" antwortete sie brüsk, drehte ihm den Rücken zu und verließ den Raum.
Er lächelte nervös, riß das goldene Etui aus der Westentasche und zündete sich eine Zigarette an.
Tante Elisa bedachte ihn darauf mit einem flammenden Blick. „Wir befinden uns hier zufällig in keinem Raucherabteil!" fuhr sie ihn an. „Es dürfte wohl dem Anstand entsprechen, die anwesende Dame stets vorher um Raucherlaubnis zu bitten!"
Statt aller Antwort zerdrückte er das duftende Kraut wütend im Becher. Als er sich mit knapper Verneigung entfernen wollte, hielt sie ihn mit den Worten: „Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen, Johann!" vom Verlassen des Zimmers ab, so daß ihm nichts anderes blieb, als mit einem Seufzer in den Sessel zurückzugleiten.
„Wie alt sind Eie eigentlich?" fädelte sie die Konversation ein.
„Sechsundzwanzig."
„Hm — sechsundzwanzig Jährchen! Also kaum der Schulbank entwachsen. Meinen Sie nicht auch, daß ein solches Alter viel, viel zu früh zum Heiraten ist?"
„Zum — Heiraten — ?"
Tante Elisa schürzte die Lippen.
„Tun Sie doch nicht so, junger Mann! Mein Bruder hat mich genau unterrichtet. Ich sage es Ihnen hiermit ganz rückhaltslos, daß ich von meinem Standpunkt aus die
Hause nehmen. Es würde zu weit führen, hier uuf Einzelheiten einzugehen, man kann feststellen und muß zügelten, daß in diesen führenden Schulen zielbewußt und Planmäßig gearbeitet wird, daß noch jugendlicher ungebrochener deutscher Arbeitswille vorherrscht und der Glaube an bessere Zeiten das Schaffen solch neuer Ideen beseelt. Auch die reichhaltige Ausstellung von neuzeitlichen Werkzeugen, Spritzen und Materialien für das Malerhandwerk war von Interesse und wenn auch größere Abschlüsse gewöhnlich nicht getätigt werden, so wurden doch kleinere Bestellungen gemacht oder werden später solche nachgeholt werden. Wenn auch der Besuch auswärtiger Kollegen viel zu wünschen übrig ließ, so kann doch die Maler- Zwangs-Jnnung Neuenbürg mit dem Abschluß dieser Veranstaltung zufrieden sein.
Rechtzeitige Bekämpfung der Gartenschädlinge
Wem sind nicht schon die Stachelbeersträucher von den Raupen kahlgefressen worden? Wer dies bejahen kann, wird sich auch des Aergers über die verlorengegangenen Früchte erinnern. Ein einfaches Mittel, derartige Schäden zu verhindern, ist die vorbeugende Spritzung der Stachelbeer- und Johannisbeersträucher bald nach der Laubentfaltung mit einprozentiger Solbar-Lösung, die auch den amerikanischen Stachelbeermehltau, die Blattfallkrankheit der Johannisbeeren und Schildläuse wirksam bekämpft. Im Laufe des Sommers ist mit einer zweiten und eventuell mit einer dritten Raupengeneration zu rechnen. Bemerkt man daher im Juni oder Juli wieder Blattfraß, so ist sofort erneut mit Solbar zu spritzen, da bei Unterlassung die Sträucher in wenigen Tagen kahlgefressen sind.
Sehr gefürchtet sind sodann die Blattläuse, besonders die schwarzen Läuse an Bohnen, die fast regelmäßig jedes Jahr erscheinen und den bctr. Pflanzen die lebenswichtigen Säfte entziehen. Hiergegen hilft eine Spritzung mit 1- bis 1)4Pro- zentiger Venetan-Lösung, die sich schnellstens mit geringen Kosten durchführen läßt.
Unkraut auf Gartenwegen, Höfen, Plätzen entfernt man mühelos durch Bekämpfung mit Hedit in 1—2prozentiger Lösung. Erforderlich sind Pro Quadratmeter Fläche 1—1)4 Liter von genannter Flüssigkeit. M.
Darf der Erwerbslose heiraten?
Ein rheinisches Amtsgericht hatte sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitsloser, der zur Verbesserung seiner materiellen Lage heirate, Anspruch auf die erhöhte Familien-Unterstützung hat. Das Gericht machte dabei die einseitige Feststellung, daß ein Mensch, der ohne eine nahe geordnete Zukunft heirate, nicht das nötige Verantwortungsgefühl gegenüber Familie und Staat besitze und darüber hinaus zu Unrecht durch seine Heirat die öffentliche Fürsorge belaste. Der Erwerbslose wurde mit seinem Anspruch auf erhöhte Familien-Unterstützung abgewiesen.
Der Fall hat Schule gemacht. In einer ganzen Reihe von Städten und Gemeinden hat es zwischen heiratslustigen Erwerbslosen und den städtischen und gemeindlichen Fürsorge-Instanzen in neuerer Zeit Prozesse dieser Art gegeben. Neuerdings gibt es sogar Gemeinden, die das Heiraten indirekt verbieten wollen. In einer rheinischen Stadt schreibt das Bürgermeisteramt dem Bräutigam wie folgt: „Wie aus den Aufgebotsverhandlungen ersichtlich, haben Sie die Absicht, sich zu verehelichen. Zur Gründung einer Familie gehört auch eine Existenz, die Sie leider nicht haben. Ich mache Sie jetzt schon auf die einer Verehelichung folgenden Pflichten aufmerksam mit dem Hinweis, daß Sie durch eine Heirat keinerlei Rechte auf Unterstützung oder Zuweisung von Arbeit ableiten können. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, ist die finanzielle Lage der Gemeinde sehr schlecht. Es muß sich daher jeder, derben entscheidenden Schritt einer Verehelichung zu machen gedenkt, die Frage vorlegen, wie kann ich, ohne Inanspruchnahme der Gemeinden, die Familie ernähren?".
Russische Holzhäuser für Deutschland?
Der starke deutsche Hvlzbedarfsrückgang läßt es den Russen notwendig erscheinen, nach anderen Möglichkeiten zu suchen, russisches Holz auf den deutschen Markt zu werfen. Die deutschen Siedluugsbestrebungen lassen einen großen Bedarf an Holzhäusern erwarten; hier bietet sich die Gelegenheit, solche in Rußland mit billigen Arbeitskräften serienweise so herzustellen, daß sie in Deutschland jederzeit innerhalb einiger Stunden aufgestellt werden können. Daneben werden gleichzeitig zwecks weiterer Förderung des russischen Holzexports die Möbeleinrichtungen für die Häuser in Serien hergestellt. Von seiten der Regierung ist immer wieder betont worden, daß für die Errichtung von Siedlungsbauten nur deutsches Holz Verwendung finden soll. Die deutsche Wirtschaft verlangt jetzt die Einlösung dieses Wortes. -Es wäre eine Schande für alle Zeiten, wenn man später sagen müßte, die Siedlungsvauten aus der Zeit der großen deutschen Not sind mit russischem Holz und russischen Arbeitskräften trotz 6 Millionen deutscher Arbeitsloser erstellt worden!
geplante Ehe als ein Verbrechen bezeichne! Ich werde jedenfalls nichts unversucht lassen, um Susanne vor einem solch' törichten Schritt zu bewahren!"
Totunglücklich rutschte Johann im Sessel hin und her Er schien sich in seiner Haut ganz und gar nicht wohl zu fühlen. Seine etwas verlegen gegebene Antwort, es sei ja auch noch gar nicht so weit, entfachte erst recht ihren, Mißmut. Das Lorgnon vor den Augen, musterte sie ihn derart provozierend, daß ihm von Augenblick zu Augenblick unbehaglicher zumute wurde. Als ihre Blicke an seinen seidenbestrumpften Füßen angelangt waren, meinte sie spöttisch: „Natürlich! Wenn man ein Vermögen an seiner Toilette verschwendet, muß man sich ja mit der Zeit in ewigen Geldnöten befinden!"
Er sprang empört auf. „Wie meinen Sie das, bitte?"
„Wie ich das meine? Eine merkwürdige Frage. O, Sn sind längst durchschaut. Die Million ist es, die Sie herge trieben hat. Oder —" Tante Elisa legte ihr Antlitz in honigsüße Falten — „oder wollen Sie etwa behaupten, das Sie aus rein verwandschaftlichen Motiven heraus den
Weg auf diese-hm-auf diese „gottverlassen^
Klitsche" gefunden haben?"
„Ihretwegen ganz bestimmt nicht!" fauchte er grimmi schleuderte ihr eine Serie vernichtender Blicke zu und ocr ließ dröhnenden Schrittes das Zimmer.
„Flegel!" rief sie ihm nach, aber er hörte es nicht mein Dennoch bedauerte sie es nicht, Hugos Abwesenheit benu5 zu haben, dem Schnösel deutlich zu zeigen, wie sie über iw dachte und weiter, ihm auch ihre Position hier deutlich oer anschaulicht zu haben. Er sollte wissen, daß sie als Schw' ster des Schloßherrn auch noch ein Wörtchen bei der Ver heiratung Susannes mitzureden hatte!
Daß Tante Elisa gewillt war, den abwesenden Hern des Hauses auch ansonsten voll und ganz zu „vertreten" mußte übrigens auch noch das gesamte Personal erfahren
Die alte Dame verstand es nämlich meisterhaft, sich un beliebt zu machen.
(Fortsetzung folgt.)