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Amtsblatt für den GberamtsbezirkNeuenbürg

Ke. 126

Donnerstag den 2. Juni 1S32

SV. Jahrgang

SaS Kabinett von Pape»

Die «och ausstehenden Ministerien Reichstagsanflöfnng anfang nächster Woche zu erwarten

Berlin, i. Juni. Der Reichspräsident von Hinbenburg hat Herrn Franz von Pape« zum Reichskanzler ernannt.

Gleichzeitig wurden folgende Mitglieder des neue« Kabi­netts ernannt:

Freiherr von Gahl zvm Innenminister,

General von Schleicher z«m Reichswehrminister.

Dr. Warmbold z«m Retchswirtschaftsminifter,

Freiherr von Braun, Regierungspräsident a. D., z«m Minister für Ernährung und Landwirtschaft «nd gleichzeitig z«m Ostkommrsiar El- von Rübe nach z«m Reichspost- und Berkehrs­minister.

Die Besetzung der noch ausstehende« Reichsministerien wird nach Eintreffen der in Aussicht genommenen Herren in Berlin im Laufe des morgigen Tages erfolgen.

*

Die Ncichsminister Freiherr d. Braun und Freiherr Eltz von Rübenach

Der neue Reichsernährungsminister Freiherr von Braun

wurde am 7. 2. 1878 in Ncucken geboren. Nach Abschluß seiner juristischen Studien wandte er sich zunächst der Verwaltungs­kaufbahn zu. Im Jahre 1915 berief ihn Minister v. Delbrück in das Reichsamt des Innern, wo er zunächst unter Helfferich als Pressechef tätig war. 1917 wurde er Ministerialdirektor und Pressechef in der Reichskanzlei, war sodann als Haupt­mann der Reserve in Rußland Leiter der politischen Abtei­lung der Militärverwaltung in Wilna und kam als Geh. Re­gierungsrat und Vortragender Rat in das Ministerium des Innern. Später wurde er zum Regierungspräsidenten in Gumbinnen ernannt. Seit dem 12. 1. 1926 ist er General­sekretär der Deutsche Raiffeisengenossenschaft.

Reichsmtnister Freiherr Eltz von Rübenach, der bis jetzt das Reichsbahndirektionspräsidium in Karlsruhe inne hatte, wurde am 9. 2. 1875 geboren. Nach dem Besuch des Gymna­siums studierte er Maschinenbau und arbeitete dann ein Jahr praktisch in den Eisenbahnwerkstätten des Eisenbahndirektions­bezirks Köln. Voi: 19111914 war er als technischer Sachver­ständiger beim Generalkonsulat irr Newhork tätig, arbeitete 19141916 bei den Eisenbahnformationen des westlichen Kriegsschauplatzes und hielt sich dann 1916/17 auf dem Balkan zwecks Reorganisation der bulgarischen Eisenbahnen auf. Spä­ter wurde er dem Feldeisenbahnchef im Großen Hauptquar­tier zugeteilt. Nach dem Kriege war er zunächst im Reichs­verkehrsministerium tätig, bis er im Juni 1924 zum Präsi­denten der Reichsbahndirektion Karlsruhe ernannt wurde.

Neuraths Abreise in London

London, 1. Juni. Das Foreign Office hat am Mittwoch vormittag von der deutschen Botschaft die Mitteilung erhalten, daß Baron Neurath zudienstlichen Besprechungen nach Ber­lin" berufen sei und durch Botschaftsrat Graf Bernstorff ver­treten wird. Dienstag abend erhielt der deutsche Botschafter ein Telegramm, in dem er aufgefordert wurde, sofort zu einer persönlichen Besprechung mit dem Reichspräsidenten nach Berlin zu kommen. Der Reichspräsident wünscht, daß Baron Neurath das Außenministerium übernimmt und die deutsche Sache in Lausanne vertritt. Die Persönliche Freundschaft, die den Botschafter mit dem Präsidenten verbindet, dürfte es Baron Neurath sehr schwer machen, den angebotenen Auftrag abzulehnen, zumal Hindenburg nicht verfehlen wird, den Bot­schafter beim Offiziersportepee zu fassen. Baron Neurath ist Mittwoch morgen nach Berlin abgereist.

Berlin, 1 . Juni. Das neue Reichskabinett ist durch die heute abend vollzogenen Ernennungen bis auf folgende Mini­sterien komplett: Zunächst konnte das Auswärtige Amt heute aus einem sehr einfachen Grunde nicht besetzt werden. Obgleich die grundsätzliche Zusage des Freiherrn von Neurath aus London bereits vorliegt, muß man natürlich seine Ankunft erst abwarten, ehe die Ernennung bekanntgegeben werden kann. Aus den letzten Sätzen der amtlichen Mitteilung schließt man in politischen Kreisen, daß Dr. Gocrdeler und Dr. Joel für die Mitarbeit im neuen Kabinett nicht mehr in Frage kommen. Für das Justizministerium wird auch bereits der gegenwärtige bayerische Justizminister Dr. Gürtner genannt, der der Deutschnationalen Volkspartei angehört. Wie weit diese Gerüchte richtig sind, läßt sich im Augenblick noch nicht nachprüfen. Soweit sie sich auf Dr. Goerdeler beziehen, kann man mit Bestimmtheit nur sagen, daß morgen noch weiter mit ihm verhandelt werden soll, namentlich im Zusammen­hang mit anderen Kombinationen. Weiter ist die Besetzung des Finanzministeriums noch offen. Da die Entscheidung über diese vier Ministerien bereits morgen fallen wird, ist die ganze Kabinettsbildung sogar schneller vonstatten gegangen, als man in maßgebenden Kreisen noch vorgestern selbst erwartet hatte, als die Beendigung der Kabinettskrise für Ende der Woche angekündigt wurde.'

In gut unterrichtete« Kreisen hört man, daß auch Dr. Luther von der Leitung der Reichsbank zurückzutreten beab­sichtige. Die Frage seiner Nachfolgerschaft ist aber bis zur Stunde noch völlig ungewiß. Man vermutet, daß Dr. Schacht die Leitung der Rrichsbank wieder übernimmt.

Der heutige Mittwoch hat auch bereits Klarheit über die

Einstellung des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei zur neuen Regierung gebracht. Die Erklärung, die das Zentrum abends veröffentlichte und die Versagung des Rcichspostmini- sters Schätze! bestätigen die Auffassung, daß beide Parteien in strikte Opposition zum Kabinett von Papen treten werden. Daraus ergibt sich ein parlamentarisches Bild, in dem die Reichsregierung keine Mehrheit des gegenwärtigen Reichstages hat. Die Fraktionsarithmetiker haben denn auch bereits er­rechnet, daß rund 250 Abgeordnete die Rechte für die Regierung seien und 320 Abgeordnete einem Mißtrauensan­trag ihre Zustimmung geben würden.

Unter diesen Umständen erscheint es mehr als zweifelhaft, ob das neue Kabinett es überhaupt noch zur Abstimmung kommen lassen wird. Es wäre denkbar, daß der Kanzler gleich nach der Regierungserklärung das Auflösungsdekret verliest. Aber ebenso möglich ist es auch, daß der Reichstag überhaupt nicht mehr Zusammentritt, sondern bereits vorher aufgelöst wird. Wie die Auflösung erfolgt, darüber wird dl? Entschei­dung Wohl schon in den nächsten Tagen getroffen werden, so- datz also in der ersten Hälfte der nächsten Woche auch in dieser Beziehung vollkommene Klarheit geschaffen wird.

Das Zentrum znm Kabinett von Pape«

Berlin, 1. Juni. Von der Reichsparteileitung des Zen­trums wird mitgeteilt: Ohne den persönlichen, wenn auch sachlich nicht vertretbaren Motiven nahezutreten, aus denen heraus Herr von Papen sich subjektiv veranlaßt fühlte, den bekannten Schritt zu tun, stellt die Zentrumspartei fest, daß sein Entschluß' in bewußtem Gegensatz zur Parteileitung er­folgt ist. Die sich daraus ergebenden Folgerungen liegen ohne weiteres klar.

Schärfstes Mißtrauen der SPD.

Berlin, 1. Juni. Als Ergebnis der heutigen Fraktionssitzung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion wird folgende Ver­lautbarung ausgegeben:Der Sturz der Regierung Brüning, der außerhalb des Parlaments durch unverantwortliche Rat­geber des Reichspräsidenten herbeigeführt worden ist, eröffnet eine außerordentlich schwere innen- und außenpolitische Krise. Die Art der Bildung und der Zusammensetzung der Reichs- regierung ist gegen das Volksinteresse und gibt keine Gewähr für die Aufrechterhaltung der Sozialpolitik, insbesondere der Rechte der Arbeitslosen. Zugleich ist die Führung einer Außen­politik gefährdet, die zu einer Wiederherstellung des Ver­trauens und der notwendigen internationalen Zusammenarbeit führt. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion, entschlossen, gegen alle sozialreaktionären Anschläge, gegen alle inflatio­nistischen Experimente und gegen alle Angriffe auf die Ver­fassung und die Demokratie den Kampf zu führen, steht der sich bildenden Regierung mit schärfstem Mißtrauen gegenüber und wird daraus alle parlamentarischen Konsequenzen ziehen!"

Protest der Staatspartei

Berlin, 1. Juni. Die staatsparteilichen Abgeordneten Dr. Meyer und Dr. Weber haben an den Reichspräsidenten ein Schreiben gerichtet, in dem sie darauf hinwiesen, daß ihnen bei ihrem Empfang beim Reichspräsidenten am Dienstag die Absicht, ein überparteiliches Kabinett zu bilden, bekanntge­geben worden sei. In dem Schreiben heißt es dann u. a. weiter, fast unmittelbar nach dem Empfang sei amtlich be­kannt gegeben worden, daß Herr von Papen den Auftrag zur Bildung eines Kabinetts der nationalen Konzentration er­halten habe. Nach den weiteren Nachrichten scheine es keinem Zweifel zu unterliegen, daß die Mitarbeiter des Herrn von Papen wie er selbst einem engeren politischen Kreis ange­hören, der gegen die Parteien, die seither die Regierung ge­bildet Haben, scharf abgegrenzt sei.

Offenbar sei also in letzter Stunde, die Absicht, ein über­parteiliches Kabinett zu berufen, aufgegeben worden. Daher betrachteten es die beiden Herren, ohne der Stellungnahme der Fraktion zu dem neuen Kabinett vorzugreifen, als eine Pflicht, dem Reichspräsidenten die dringende Bitte zu unter­breiten, zu verhindern, daß ein solches Kabinett von amtlicher Seite als Regierung der nationalen Konzentration bezeichnet werde, da durch diese amtliche Bezeichnung einem Teil des deutschen Volkes die nationale Gesinnung unmittelbar ab­gesprochen und eine Erbitterung hervorgerusen wird, durch die im gegenwärtigen Augenblick die schwersten Gefahren für Reich und Volk drohen müßten.

Hintergründe der Brüning-Krise

Berlin, 1. Juni. Ueber Meinungsverschiedenheiten in der Agrar- und Siedlungssrage zwischen dem Reichspräsidenten und dem Kabinett Brüning, die dem Sturz der bisherigen Reichsregierung vorausgingen, teilt die Agrarkorrespondenz Landwirtschaftshilfe" folgende interessante Einzelheiten mit: Bereits am Donnerstag, den 26. Mai, hat Minister Schlange- Schöningen in einem Schreiben den Reichspräsidenten um seinen Rücktritt gebeten und zur Verteidigung seiner Politik u. a. erklärt, von Enteignung sei im Entwurf nicht die Rede.

Der neue Reichskanzler von Papen

Es handle sich nur um die Möglichkeit zur Zwangsversteige­rung, dieunter Vermeidung aller Härten den Notwendig­keiten" entspreche, denen eine verantwortungsbewußte Regie­rung in Ansehung der Sachlage gerecht zu werden verpflichtet ist". Paragraph 1 sehe nur Zwangsbewirtschaftung vor bei Gütern, diebeim besten Willen nicht gehalten werden kön­nen". Neu sei überhaupt nur gegenüber dem bisherigen Sicherungsversahren die Verkürzung der Fristen. Siedlungs­tätigkeit in erhöhtem Tempo sei nicht nur grenzpolitisch not­wendig, sie entspreche demnationalen Drang zur Selbsthilfe und Gesundung". Der Entwurf bewege sich auf der Bahn der Gedanken des Freihern vom Stein, dernach dem Nieder­bruch von 1806 ebenfalls von manchen wie mit Blindheit ge­schlagenen Kreisen als revolutionär bekämpft" worden sei. Teile des Großgrundbesitzes, die die Zeichen der Zeit wieder nicht verständen, seien im Begriff, sich ihr Grab zu graben. Der Brief schloß mir der Bitte um Enthebung von seinem Amt als Reichskommissar für die Osthilfe. Seit Donners­tag hat dann, wie bekannt, das Reichskabinett nicht mehr über die Notverordnung beraten und die Rückkehr des Reichspräsi­denten nach Berlin abgewartet.

Giornale d'Ztalia über die politische Lage in Deutschland

Rom, 1. Juni. Ueber die gegenwärtige politische Lage in Deutschland schreib:Giornale d'Jtalia": Vom italienischen und vom europäischen Gesichtspunkt betrachtet, erscheinen uns die neuen Ereignisse in Deutschland beruhigend und klärend. Wir möchten sagen, daß sie fast notwendig waren. Es steht nun fest, daß man in Deutschland einem Hitlerregime ent­gegengeht. Wenn ein Politisch befriedetes und wirtschaftlich ge­ordnetes Deutschland eine erhebliche Konkurrenz auf dem inter­nationalen Markt sein kann, so stellt es auch selbst einen neuen großen Markt dar, der der Produktion aller vorgeschrittenen Länder offen ist, und damit auch einen wertvollen Beitrag für den landwirtschaftlichen Wiederaufbau in Europa erbringen kann. In dieser neuen Regierung Deutschlands erblickt Ita­lien den Weg zu innerer Ordnung und eine klarere Regelung in Europa.

Die franz.L'Znsormatibn* über Herrn v. Papen

Paris, 1. Juni. In derL'Jnsormation" schreibt Fer­nand de Brinon, es wäre eine neue Illusion, etwa schon jetzt zu behaupten, daß die Regierung von Papen keine Autorität haben werde, um Deutschland auf den großen wirtschaftlichen Konferenzen zu vertreten, von Papen sei der Typ eines deut­schen Konservativen; er sei von Anfang an Mitglied des deutsch-französischen Studienausschusses gewesen und keines­wegs ein Gegner Frankreichs, als den schlecht unterrichtete und infolgedessen übelwollende Leute ihn hinstellen wollten. Seine Haltung bezüglich der deutsch-französischen Beziehungen werde sich von der Brünings nicht unterscheiden. Er werde im Interesse beider Nationen eine Verständigung wünschen, na­türlich zunächst zugunsten Deutschlands, das der hauptsächlich fordernde Teil sei. Er werde die völlige endgültige Streichung der Reparationszahlungen verlangen. Bisher habe von Papen hinsichtlich aller dieser Punkte nicht wie ein Kriegshetzer Stellung genommen.

Deutsche Absage tm Genfer Lnftfahrtausfchuß

Genf, 1. Juni. Der Unterausschuß des Luftsahrtausschus­ses trat Mittwoch nachmittag zur Beratung eines französi­schen Entschließungsentwurfes, in dem der Angriffscharakter der Flugzeuge auf Grund ihrer Wirksamkeit gegen die natio­nalen Festungen beurteilt werden soll, zusammen. Nach diesem Kriterium würden fast sämtliche Militärflugzeuge überhaupt keinen Offensivcharakter haben. Da der französische Vertreter es mehrfach ablehnte, in seinem Entschlietzungsentwurf die Vorbehalte der deutschen Delegation aufzunehmen, die vom Standpunkt der abgerüsteten Länder gestellt werden, verzich­tete der deutsche Delegierte an der weiteren Mitarbeit in diesem Untersuchungsausschuß und behielt sich einen General­vorbehalt zu der französischen Resolution vor.

Paris, l. Juni. Der Präsidentenmörder Gorguloff ist für sein Verbrechen verantwortlich. Er ist in der Tat vollkommen zurech­nungsfähig, so lautet das heute bekanntgegebene Gutachten der mit der Untersuchung betrauten Psychiater. Damit dürste das Schicksal Gorguloffs entschieden sei. Das im Juli zusammentreiende Schwur­gericht wird zweifellos das Todesurteil aussprechen.