Soziallasten. Steuern und Ertrag

33 Prozent des Rohertrages für Steuern

is. Die Jahresabschlüsse großer deutscher Unternehmun­gen, die jetzt bekannt werden, zeigen deutlich das große Uebel der Ueberbesteuerung und der Ueberbelastung mit sozialen Ab­gaben. Wenn schon im letzten Jahre diese Abgaben Millionen­summen ausfraßen und nicht zuletzt daran schuld waren, daß die Werke ihren Arbeiterstand verringern mußten, so wird dieses Uebel durch neue Steuererhöhung nur noch vermehrt. Die Folge davon ist, daß der Staat die zum Teil durch seine Lasten zusammenbrechenden Werke durch große Hilfsgelder doch wieder aufrecht erhalten muß.

Sehen wir unS nur einmal den Norddeutschen Lloyd an. Im letzten Geschäftsjahr weist er nach dem vertraglichen Aus­gleich mit der Hamburg-Amerika-Linie ein Gesamterträgnis von 18 Millionen aus. An allgemeinen Unkosten, Steuern, sozialen Aufwendungen und Zinsen mußten jedoch über 27 Millionen abgeführt werden. Leider wurden bei der Gewinn- und Verlustreckmung die Steuern und Soziallasten nicht be­sonders aufgeführt.' Aber dennoch ersieht man, daß sie Wohl dem Gesamterträgnis nahekommen dürften. Das Widersinnige in diesem Falle ist, daß das Reich für die deutsche Schiffahrt eine Kreditgarantie von 70 Millionen übernehmen mußte, während es auf der anderen Seite diese Betriebe durch die. hohen Abgaben wieder schädigt.

Ein erschütterndes Bild bietet der Abschluß der Bergmann- Werke. Sie müssen für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Verlust von rund 20 Millionen ausweisen, während das Ak­tienkapital nur 11 Millionen RM. beträgt. Dabei mußte das Werk rund 1,2 Millionen RM. Steuern und rund eine Mil­lion Soziallasten aufbringen. Rund 21 Millionen RM. des Verlustes entfallen auf Abschreibungen. Der Riesenverlust die­ses Werkes ist also nur aus die allerdings ganz auffallend hohen Abschreibungen (ob diese auch nötig sind?) und auf die Steuern und Soziallasten zurückzuführen. Dabei stürzte der Umsatz Von 78 Millionen im Vorjahre auf 48 Millionen herunter. Von diesen 48 Millionen mußten über 10 Prozent dem Staatssäckel abgeführt werden.

Auch die Mannesmann-Röhren legten nun ihren Ge­schäftsbericht dar. Ihr Umsatz ging um 32 Prozent zurück. Vom Rohertrag, der 22 Millionen betrug, mußten 8 Millionen RM. Steuern, also über 33 Prozent, abgeliefert werden. Die Zahl der Beschäftigten schmolz um nicht ganz 4000 Mann auf rund 15 700 zusammen. Die ausgestellte Belegschaft dürfte kaum irgendwo anders untergekommen sein und wird daher Wohl von der Arbeitslosenhilfe unterhalten. Nimmt man nun für jeden Angestellten eine monatliche Unterstützung von rund 50 Reichsmark, so müßte der Staat monatlich 200 000 RM. für die Ausgestellten bezahlen. In eineM halben Jahr würde dies allein schon eine Summe von 1,2 Millionen RM. ausmachen. Ließe sich da nicht mit dem Staat ein Abkommen treffen, wo­nach das Werk die zusätzlichen Arbeiter, die sonst ausgestellt werden müßten, weiterbeschäftigt, wenn der Staat einfach da­für auf einen angemessenen Steuerbetrug verzichtet. Oder könnte man nicht die Steuer für Unternehmungen ermäßigen, die ihre Arbeiter und Angestelltenzahl vermehren? Das Werk, der Staat und die ganze Volkswirtschaft könnten davon Vor­teile erzielen.

Merkwürdige Altmafchirrengeschichte

Das Reich führte bekanntlich einen hohen Zoll für Alt­maschinen ein, die von Deutschland ins Ausland wandern sollen. Es wollte damit der Abwanderung deutscher Betriebe vor allem nach England einen Riegel vorschieben. Dabei be­absichtigte man gewiß nicht nachstehendes Zollkuriosum, das aus einer Zuschrift an dieF. Z." Hervorgeht:

Ein Maschinenhändler, dessen Absatzgebiet vor allem Deutschland ist, hatte Anfang März gebrauchte Maschinen für das Baugewerbe gekauft; Neuwert rund 5000 RM. Eine Pa­riser Firma hatte sich zum Kauf der Maschinen für rund 3000 RM. entschlossen. Der Abschluß erfolgte am 21. März. Der Preis entsprach dem handelsüblichen Wert, von einer Verschleuderung konnte keine Rede sein Der Verkäufer ver­pflichtete sich, Einfuhrzoll und Transportkosten zu tragen. Nachdem er noch von einer Handelskammer den Bescheid ein­geholt hatte, daß irgendwelche Schwierigkeiten dem Geschäft nicht im Wege stünden, rollte der Waggon mit den Maschinen ab. Die Zollgrenzstation aber teilte mit, daß der Absender für die zu 3000 RM. verkauften Maschinen einen Ausfuhr­zoll in Höhe von 24 560 RM. zu entrichten habe. Seitdem lagern die Maschinen an der Grenze. Das Standgeld 40 Reichsmark Pro Tag geht in viele Hunderte; der erhoffte Verdienst ist nicht nur lange aufgezehrt, sondern darüber hinaus sind dem Kaufmann schon viele Kosten entstanden. Nach den neuen Zollsätzen wäre immer noch ein Zoll von annähernd 2000 RM. zu entrichten. Die Maschinen müssen an der Grenze notgedrungen verschrotet werden, denn niemand in Deutschland hat für sie Bedarf.

Die Wirtschaft im Scheinwerfer

Immer noch hohe Gehälter beziehen laut ,M. I." u. a. der Reichsrundfunkkommissar Dr. Bredow, der jährlich rund 33 980 RM. fest und dazu noch rund -1000 RM. Gewinnanteil einschiebt. Die Herren Knöpfte, Giesccke und Dr. Magnus (ebenfalls vom Rundfunk) erfreuen sich eines Jahresgehaltes von rund 33 980 RM. mit jährlichem Gewinnanteil von rund 2000 RM. Herr Intendant Dr. Flesch (Rundfunk) muß sich mit rund 30 000 RM. im Jahr begnügen. Der Leiter der Deutschen Welle", Herr Schubotz, bekommt sogarnur" 29 000 RM. jährlich. Nebenbei: Wieviele Deutsche habeu noch ein Monatseinkommen von über 100 RM.?

Eine Villa i,n Werte von 500 000 RM. wurde kürzlich in Wannsee (Berlin) niedergerissen, da der Besitzer die auf ihr ruhenden Steuern nicht mehr bezahlen konnte. Durch Zerstö­rung entging er der kalten Enteignung.

80 Prozent i>er ostpreutzischen Ernte ist schon jetzt auf dem Halm verpfändet.

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Waffenlieferung gegen Arbeitslosigkeit. Nach jüngsten Gerüchten sollte Oesterreich Waffen und Munition nach Japan liefern, um so einem Teile der Arbeitslosen wieder Beschäf­tigung zu gewähren. Wie nun der japanische Geschäftsträger in Wien dazu mitteilt, interessiert sich Japan hauptsächlich für neue Erfindungen vor allem kriegstechnischer Art. Es seien jedoch bis jetzt noch keine ernstlichen Verhandlungen über die Lieferung von österreichischem Material geführt worden.

Sinkende kaufmännische Moral. Der Jahresbericht des Verbandes der Vereine Creditreform beklagt sich über die sin­kende kaufmännische Moral. Er betont, daß ein Zustand, in dem die Freiwilligkeit der Vertragserfüllung durch das Rechts- weseu des Staates ersetzt werden soll und in dem die Achtung vor der eingegangenen Schuld nicht mehr besteht, höchst un­gesund ist.

Verschärfte Kontrolle in der Arbeitslofenfürforge

Berlin, 31. Mai. Um den unberechtigten Bezug von Ar­beitslosenunterstützung einzuschränken, hat die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung seit August 1930 im Benehmen mit dem Arbeitsministerium eine ausreichende Kontrolle der Unterstützungsempfänger neu orga­nisiert und verstärkt. Einmal sind die Arbeitsämter angewie­sen, eine ausreichende Zahl von Arbeitslosen für den Außen­dienst freizustellen.

Darüber hinauf, ist den Landesarbeitsämtern zur Pflicht gemacht worden, auch ihrerseits einen besonderen Außendienst einzurichren, der den des Arbeitsamtes in allen Fällen, wo er einer Verstärkung bedarf, unterstützen soll. Diese Verstärkung der Kontrolle hat sich nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen für die Zeit vom 1. Oktober 1930 bis 30. September .1931 gut bewährt. In dieser Zeit hat der Außendienst insgesamt 460 OOO Unterstützungsfälle nachgeprüft und Lei 110 000 oder 24 Pro­zent eine nochmalige Entscheidung über die Unterstützung her­beigeführt. Dies hatte in 65 000 Fällen ( 14 Prozent der geprüften Fälle) eine Aenderung der früheren Entscheidung zur Folge. Als finanzielle Auswirkung ergab sich eine Ersparnis an Unterstützungsmitteln in Höhe von etwa 3^ Millionen RM., zu denen die Kosten des verstärkten Außendienstes in keinem Verhältnis stehen. Neben diesen zahlenmäßig nach­weisbaren Ergebnissen ist natürlich noch die abschreckende Wir­kung einer schärferen Kontrolle in Rechnung zu stellen. Dieser unmittelbare Erfolg ist zwar im einzelnen nicht festgestellt, aber nach den Beobachtungen der Reichsanstalt ebenfalls sehr erheblich.

Das Sterben der Wolgadeutsche«

Berlin, 31. Mai. Rund 5000 Besucher waren gestern abend dem Ruf des Deutschen Bundes zum Schutze der abendländi­schen Kultur zu einer Kundgebung im Clou gefolgt, um die Berichte über das Sterben der Wolgadeutschen im russischen Arbeiterparadies" zu hören. Nach einleitenden Worten des Bundesvorsitzenden von Alvensleben über die Gefahr des Bol­schewismus auch für Deutschland gäben der langjährige Seel­sorger der Wolgadeutschen, Pfarrer Schleuning, und nach ihm ein Wolgadeutscher Bauer erschütternde Schilderungen über die systematische Ausrottung des deutschen Elementes durch die Bolschewiken. Ein früherer kommunistischer Funktionär aus Essen bestätigte diese Schilderung:Mich haben", so erklärte dieser Kronzeuge,die wahren Zustände in Sowsetrußland völlig bekehrt." Zum Schluß mahnte der Vorsitzende in einem eindringlichen Appell, die Deutschstämmigen in Rußland nicht im Stich zu lassen.

Hus Slsrtt un6 I-LNÜ

Neuenbürg, I. Juni. Am kommenden Sonntag hält Pro­fessor Gunser in derEintracht" einen Vortrag über die K r i e g s s ch u l d l ü g e. Die Veranstalter sind auf Wunsch des Vortragenden, welcher selbst die Anregung hiezu gegeben hat, der Krieger- und der Turnverein. Da dieses Thema in unserer deutschen und Außenpolitik eine große Rolle spielt und auch die Grundlage des Versailler SchandvertraD bildet, dürfte ein Zahlreicher Besuch, auch von Nichtmitgliedern, zu erwarten sein, zumal Professor Gunser mit der Geschichte der Jahrtausende gut vertraut ist. Sein Vortrag ist also nicht auf politischer, sondern auf geschichtlicher Grundlage aufgebaut. Einladung hiezu ergeht noch. Sch.

Berichtigung. In dem gestrigen Bericht des Bezirkskrieger­verbandes muß es bei dem Posten Nnterstützungswesen des Bundes nicht 1609.78 M., sondern M. 160 978. heißen.

(Wetterbericht.) Zwei Tiefdruckgebiete befinden sich im Osten und Westen, Hochdruck im Norden. Für Donnerstag und Freitag ist zwar zeitweilig aufheiterndes, aber immer noch veränderliches Wetter zu erwarten.

Felvrennach, 31. Mai. Am Sonntag den 29. Mai d. I., nachmittags 3 Uhr, fand im Gasthos zumOchsen" in Feld- rennach die Altenfeier statt. Leider litt diesmal der Besuch unter dem schlechten Wetter und der Not der Zeit. Pfarrer Losch wies in der Begrüßungsansprache auf die besondere Not der alten Leute in heutiger Zeit hin. Nachdem die In­flation so manchen sauer erarbeiteten und ersparten Zehr­pfennig zerstört hat, ist nun auch noch die bescheidene Alters­rente durch Notverordnung geschmälert und teilweise gestrichen worden. Unsere Alten haben dies keineswegs verdient. Zu dieser äußeren Not tritt auch noch die innere: ausgewachsen in glücklicher Zeit unseres Vaterlandes lastet auf unseren Mten die Not besonders drückend, da in absehbarer Zeit Wohl auf keine Behebung der Not zu hoffen ist. Innere und äußere Gründe rechtfertigen daher doppelt eine Einrichtung wie die Altenfeier, die unfern Mten einige frohe Stunden im Kreis ihrer Altersgenossen bereiten will. Ein Theaterstück D Frankfurtere" von Madcr wurde von Mitgliedern des Mädchenvereins flott und lebendig gespielt; dieser Verein trug vor allem durch seine mehrstimmigen alten Chöre unter der bewährten Leitung von Herrn Hauptlehrer Franz wesentlich zur Verschönerung der Feier bei. Pfarrer Losch trug auf all- ! gemeinen Wunsch wieder Martin Längs ,,D' Feuerwehr d» i Plattahardt" und einige andere mundartliche Stücke vor. Ge- ^ meinsame Gesänge der Alten und des Mädchenvereins wech­selten ab. Herr Kaufmann Gen ihn er trug gleichfalls ein Gedicht vor und brachte in seiner knappen, humorvollen Art den Dank der Alten den Veranstaltern zum Ausdruck. Von dem Hefenkranz und Gugelhupf konnte auch noch einigen Kranken, die nicht gehen konnten, etwas geschickt werden.

Württemberg

Baihingen a. E., 31. Mai. (Von der Oberamtssvarkasse). Der Berwaltungsrat der Oberamtssparkasse hat den zweiten Beamten der Oberamtssparkasse Blaubeuren, Herrn Kachele, zum stellvertretenden Direktor der hiesigen Oberamtssparkasse berufen. Ueber die Vorgänge bei der Kasse erfährt derEnzbote" noch, daß Sparkassendirektor Toberer zur Deckung von Kontoiiberziehungen und zur Einlösung von Wechseln in letzter Zeit in vier Fällen das Depositenkonto irgend eines Unbeteiligten belasten bezw. nicht eröffnen ließ.

Eßlingen, 31. Mai. (Betrügerische Holzverkäufer). In letzter Zeit wird von auswärtigen Händlern in Eßlingen Buchen- und Tan- j nenholz in Säcken verkauft. Nach den Angaben der Händler sollte r ein Sack Buchenholz 1 Zentner und ein Sack Tannenholz 80 Pfund f wiegen. Bei der Gewichtsnachprüfung wurde jedoch festgestellt, daß die Säcke mit Buchenholz nur 80 Pfund und die Säcke mit Tannen­holz nur 49 Pfund enthielten.

Eßlingen, 31. Mai. (Auch eine Wette). Einen bemerkenswerten Appetit entwickelte ein hiesiger Bürger, der in einer Wirtschaft anläß­lich einer Wette ein Pfund rohes Kuhfleisch innerhalb 15 Minuten hinuntcrschlang. Leider genügte diese eßtechnische Glanzleistung noch lange nicht zu dem erhofften Wettsieg, da die zugestandene Zeit von dem rekordgierigen Helden um volle fünf Minuten überschritten wurde.

Mettingen, OA. Eßlingen, 31. Mai. (Freitod.) Am Samstag abend hat sich ein hiesiger Geschäftsmann im Alter von 53 Jahren durch Einatmen von Gas in seiner Küche in Abwesenheit seiner Haushälterin das Leben genommen. Ein unheilbares Leiden und wohl auch mißliche wirtschaftliche Verhältnisse haben ihn in den Tod ge­trieben.

Urach, 31. Mai. (Tagung der wiirttemb. Geflügelzüchter). Am Sonntag war hier der Vertretertag des Landesverbands der Geflügel­zucht- und Vogelschutz-Vereine 'Württembergs und Hohenzollern. Bundespräsident Prof. Schachzabel-Leipzig überbrachte Grüße sämt­licher Verwaltungsmitglieder. Der Geschäfts- und Kassenbericht wies trotz der wirtschaftlichen Notlage ein immer noch sehr günstiges Bild auf. Der nächste Vertretertag wird in Geislingen a. St. und die Lan-

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28. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Meschugge, total meschugge!" murmelte Doktor Paul- sen mit tiefer Sorgenfalte. Dann aber eilte er Hals über Kopf in den Stall zu feinen drei Patienten, während Leo lächelnd über den Hof schritt, dem Herrenhaufe zu, wo d i e auf ihn wartete, die ihn eigentlich vondannen jagen wollte! Hahaha eine einfach großartige Sache!

Aber Leo von Heigel vulgo August Lattermann war zu stegesgewiß. Und das sollte sich rächen!

Als Doktor Paulfen den Kuhstall wieder verließ, er­blickte er die Eutsherrin in allernächster Nähe. Sie trug noch immer das dunkle Reitkostüm, in dem er sie vorhin am Tore gesehen.

Auf ein Wort, Doktor," rief sie, und als er neben ihr stand, sie über das Befinden der kranken Tiere beruhigt hatte, kam sie auf den Hilfsinspektor zu sprechen.

Er macht keinen schlechten Eindruck und hat auch Mut. Ich werde ihn engagieren, zumal Sie ihn ja auch, wie ich hörte, persönlich empfehlen können. Stimmt das?"

Doktor Paulfen nickte.

Natürlich selbstverständlich ein tüchtiger Mensch ein fabelhaft tüchtiger Mensch sogar ja, ja" Der Schweiß trat ihm auf die Stirn.Versteht auch was von Gäulen natürlich und auch überhaupt und so nur" Er brach ab und sah krampfhaft an Evelyns vor­bei. nur nur nur etwas vornehme Allüren!"

preßte er endlich heraus-und etwas eingebildet ist er

auch. Tja. Aber sonst ein Prachtkerl!"

Dann reichte er ihr voller Hast die Hand.Bitte um Vergebung muß aber dringend weiter sogar ganz dringend"

Zwei Minuten später sah ihn Leo von der Veranda des Herrschaftshauses aus, wohin ihn ein dienstbarer Geist geführt, über den Hof und zum Tore hinaus stolpern.

Trotzdem mußte er sich noch eine halbe Stunde in Ge­duld fügen, ehe die Eutsherrin erschien. Sie hielt zwei beschriebene Blätter in der Hand und warf nochmals einen prüfenden Blick über die Gestalt des Mannes, ehe sie sich in einem der Korbsessel niederließ.

Die beschriebenen Blätter erwiesen sich als zwei Ver­träge. Aus ihnen ging hervor, daß ab heutigem Tage der Landwirt August Lattermann als vertretender Inspektor auf vorläufig sechs Wochen in die Dienste Miß Keßlers trat, und zwiR zu einem Gehalt von zweihundert Mark monatlich, Essen, Wohnen usw. frei. Spätere Festanstel­lung nicht ausgeschlossen.

Unterschreiben Sie!" sagte sie und reichte ihm den Federhalter.

Leo nahm die Feder, drehte sie hin und her, um sie dann auf den Tisch zu legen. Und als sie ihn wortlos anblickte, erklärte er:Es tut mir leid, gnädiges pardon Miß Keßler, aber das kann ich nicht unterschreiben."

Und warum nicht?"

Zweihundert Mark monatlich? Nein, August Latter­mann verdingt sich nicht für zweihundert Mark monatlich. Der Baron Heigel hat mir ja das Doppelte gezahlt!"

Ganz still saß sie ihm im Korbsessel gegenüber.

Jetzt wirft sie mich hochkantig hinaus! dachte er.

Aber nichts dergleichen geschah.

In aller Ruhe fragte sie:Also bei dem Baron waren Sie in Stellung? Warum sind Sie denn von ihm fort, wenn er Sie so gut bezahlte?"

Weil ich hatte nein, ich dachte"

Auf die Frage war er nicht vorbereitet. Er hatte sich die Wirkung seiner Namensnennung anders, ganz anders vorgestellt. Das Blut stieg ihm zu Kopf. Da fiel ihm im Augenblick höchster Verlegenheit dasZeugnis" ein, das er sich heute morgen selbst geschrieben. Er zog es ein wenig hastig aus der Tasche und meinte:Der Baron löste seinen Rennstall auf und deshalb"

Sie nahm das Blatt mit spitzen Fingern entgegen und überflog es, wobei ihre Nasenflügel leicht vibrierten.

Jetzt wirft sie mich aber ganz bestimmt hinaus!" fol­gerte er im stillen.

Aber er verspekulierte sich wiederum!

Sie las das Zeugnis, faltete es zusammen und reichte es ihm wieder hin. Dabei sagte sie:Ganz so, wie ich es mir gedacht habe!"

Wie meinen Sie?" stotterte er.

O, ich sage es ja: Ganz wie ich es mir gedach! habe: faul, vehäbig, großspurig, prahlerisch und egoistisch bis au! die Knochen!"

Leo starrte sie verständnislos an

Das sind die hauptsächlichsten Charaktereigenschaften Ihres früheren Herrn, des Barons," ließ sie sich zu einer näheren Erklärung herbei. Klar und deutlich verraten seine Schriftzüge, wes Geistes Kind er ist!" t

Und Leo von Kopf bis Fuß mit wägendem Blick mes- l send, fuhr sie fort:Und bei j o einem Menschen haben Sie > es fünf Janre, wie es in Ihrem Zeugnis heißt, ausgehal- k ten? Na. lassen wir das! llebrigens gefällt es mir, daß i Sie nicht -^t auf mein Angebot eingegangen sind. Nur l Lumpen s / .scheiden. Ich habe zwar einem Inspektor nock i niemals vie^ .ändert Mark monatlich bei freier Station gezahlt, abor da ich mich besonders auf die Empfehlung Doktor Paulsens verlasse, will ich Ihnen vorläufig das­selbe zahlen wie der Baron Heigel."

Warte!" dachte Leo.Dir werde ich beweisen, daß dei Baron nicht faul und behäbig ist!"

Und schon setzte er mit zorniger Hand den Namen August Lattermann" unter die beiden Verträge.

Zwei Sekunden später bereute er es aber schon, sich st gehen gelassen zu haben. Aber Evelyne hatte das ihr zu­kommende Vertragsformular bereits an sich genommen un« damit die Veranda verlassen.

Bald daraus erschien auch schon das Dienstmädchen, dessen Wiege aller Berechnung nach am schönen Ufer der sächsischen Pleiße gestanden hatte, denn sie lächelte iht> freundlich an und sagte:Nu gommen Se man mit, Hen Jnschpekdor. Ich will Ihnen nu gleich mal Ihr Zimmet Zeichen!"

(Fortsetzung folgt.)