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(We t te r v o r s a ge.) Schwacher Hochdruck erstreckt sich über das Festland, während sich von Nordwesten eine De­pression nähert. Für Samstag und Sonntag ist zu Gewitter­störungen geneigtes Wetter zu erwarten.

Calmbach, 20. Mai. Die neuerbaute Turnhalle des Turn­vereins soll am nächsten Sonntag dem Betrieb übergeben wer­den. Tie ist 25 Meter lang und 12,5 Meter breit. Zu ebener Erde mit dem Sportplatz ist ein llntergeschosz eingebaut, Keller, Abort, Heizräume, (Wasch- und Baderäume werden dort spä­ter ausgebaut). Durch den Weg über den Sportplatz und durch einen prächtig angelegten Fußweg von der Hösener Straße aus, werden die Besucher zum Häupteingang geführt. Durch eine Windsangtüre gelangt man in den schonen geräumigen Turnsaal. Gesamtfläche 250 Quadratmeter, Höhe 5,50 Meter. Der Fußboden besteht aus forchenen Riemen, die Wände sind aus zwei Meter Höhe mit naturfarbiger tannener Holzver- täferung versehen, ebenso auch die Decken. Ferner ist ein 50 Quadratmeter großer und 30 Zentimeter vertiefter Loheboden vorhanden, lieber diesem Platz ist eine 1,20 Meter hohe Bühne eingebaut, die bei festlichen Anlässen in sehr kurzer Zeit auf- und abgeschlagen werden kann. An der Decke sind 8 große Lampen, die einzeln eingeschaltet werden. Der ganze Raum ist sehr hell, der Farbenton weich und angenehm. Rechts vom Eingang ist ein gemütliches Vereinszimmer, links der Geräteraum. 'Oben in der Halle befindet sich die Wohnung des Turnhalledieners, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Küche. Es ist vorgesehen, auf dem großen Speicher eine Jugendherberge zu errichten, dies bleibt aber späteren Zeiten überlassen.

Planfertigung: Walter Junge und Weischedel. Eisenbeton­arbeit: Gebrüder Kiefer, sonstige Maurer-Arbeiten: Ehr. Seh­fried. Zimmererarbeiten: Gottl. und Fritz Barth. Schreiner­arbeiten: Erhardt, Ohngemach, Ehr. Proß und M. Steeb. Glaserarbeit: Ohngemach und Zundel. Schlosserarbeiten: Ernst Kröner, H. Sehfried und Oskar Schmied. Flaschnerarbeiten: W. Essig und P. Barth. Malerarbeiten: Karl Bott und Christof Haug.

Ein Teil der Arbeiten ist von den Mitgliedern in über 3000 Stunden freiwillig und unentgeltlich ausgeführt worden. Finanziert ist der Bau durch die BausparkasseVaterhaus" Pforzheim. Zurückbezahlt wird die Schuld von ca. 30000 RM. in Monatsraten. Die Gemeinde bezahlt eine Miete für Be­nützung der Halle und der Geräte durch die Schüler. Es darf die Hoffnung ausgesprochen werden, daß die Turnhalle einen weiteren Aufschwung in der Turnerei bei Jung und Alt brin­gen wird. I.

ErholungsheimGrüner Wald", eine Stätte des Friedens

Herrenalb, 18. Mai. Am Fuße des anmutigen Hügelgelän- ländes, welches die Anstalten der Falkenbuvg trägt, erhebt sich der stattliche Bau des ErholungsheimsGrüner Wald". Die vielbesuchte Stätte dient nicht nur leiblicher Erquickung, be­schaulichem Ausruhen nach aufreibender Arbeit oder sonstigen körperlichen Beschwerden, sondern sie will auch für Seele, Geist und Gemüt diesenigen Gaben und Stärkungsmittel darreichen, die im Worte Gottes ihre nie versiegende Quelle haben in remedium animarum zur Heilung und Wiedergesundung der Seelen, wie es in den alten Gründungsurkunden des ehemaligen Klosters Herrenalb geschrieben steht. Bor kurzem ist in der Verwaltung des Hauses ein Wechsel eiugetreten: Prediger C. Rapp und seine Gattin, die von Anfang an mit sichtbarem Segen die Geschicke des Hauses leiteten, wollen ruhen von ihrer Arbeit, und neue Herzen und Hände sollen mit frischen Kräften das Werk fortführen. Damit ist der Zeit­punkt gekommen, Rückschau zu halten.

Häuser haben ihre Geschichte wie die Menschen und mit den Menschen. Die Familie Franz Pfeiffer unterhielt in frühe­ren JahrenVilla Grüner Wald" als eine der bestüekannten Fremdenpensionen des Kurorts. Die Ev. Gemeinschaft (Süd­deutsche Konferenz) brachte im Februar 1920 das Haus in ihren Besitz zum Zweck der Einrichtung eines christlichen Erholungs­heims verbunden mit der Abhaltung von Bibelkursen. Die Synode berief das Ehepaar C. Rapp zur llebernahme der Verwaltung. Schon im Herbst des folgenden Jahres vereinigte man die zwei Gebäude des Anwesens zu einem Gesamtbau, wobei die beiden Haustüren uird Treppenhäuser in Wegfall kamen. So erhielt das ganze Haus den einheitlichen Eingang mit einem Treppenhaus. Mitten in der tollsten Inflation, im Jahre des Unheils 1923, wurde nach der Rückseite hin ein An­bau angeschlossen, der den geräumigen BetsaalElim" mit darüberliegenden Gastzimmern enthält. Auf demjenigen Teil des Hauses, der als Stammhaus zuerst vorhanden war, errich­tete man ein ganzes Stockwerk mit zwölf sehr schönen Ein- bettsnzimmern, die mit fließendem Wasser und Liegebalkons ausgestattet wurden. Dazu kam ein Hausportal von künstleri­scher Eigenart und dahinter liegend die freundliche Empfangs- diele. So erreichte man eine wuchtig wirkende Hausfront. In

Plan und Ausführung hat sich Architekt C. Kugele das Ver­dienst erworben, im Aeußeren und Innern des Gebäudes ein Wahrzeichen architektonischen Könnens geschaffen zu haben. Kühlanlage mit Speise- und Natureis-Maschine und Motor­betrieb kamen im Winter 1927 zur Ausführung. Im Erdstock erfolgte 192s die Einrichtung einer modernen Badeanstalt mit 5 Badezellen, Massagezimmer, Höhensonne und Kneippianum. Damit dient das Haus auch als Kurstätte für Leidende. Der geistliche Einfluß durch Bibelkurse, Hausandachten und Pre­digtgottesdienste schuf im HauseGrüner Wald" eine kleine, mittragende Gemeinde, deren Einfluß wiederum zur Grün­dung einer lebendigen christlichen Gemeinschaft in Loffenau führte. Dort erstand 1926 auf prächtiger Anhöhe ein Gemein­schaftshaus, zugleich christliches Jugendferienheim mit 60 Bet­ten, Küche, Speisesaal, Waschräumen und Führerzimmern. Un­gezählte Jungscharen haben hier gastliche Aufnahme, reiche Anregung und Freude über Freude gefunden. Das alles konnte mir Gottes Hilfe in zwölfjähriger, überaus mühsamer, manch­mal auch dornenvoller Wirksamkeit von Prediger Rapp und seiner vielseitig tätigen Gattin geschaffen werden. Um so staunenswerter erscheint das Ergebnis, als der rastlos Stre­bende zweimal längere Zeit als Delegierter bei General-Syno­den in Amerika abwesend war. Hatte er doch in seiner Gattin eine Gehilfin, die in liebevoller Hingabe an die übernommene Arbeitslast in stets gleich bleibender Fürsorge für jeden Be­sucher, allzeit freundlich und hilfbereit mit Rat und Tat Marthadienst und Mariasinn harmonisch verband. Was beide geleistet haben, wird in vieler Herzen nie verlöschen.

Als Nachfolger übernahmen Prediger E. Schwenk und Gattin aus Heidelberg die Leitung. Sie stehen in der Voll­kraft des Lebens und sind bereits gut eingeführt. Mit gleichem Eifer werden sie bemüht sein, das Errungene sestzuhalten und weiterzubauen zum Segen vieler Gäste von nah und fern und zum Heil unseres Kurorts.

Maiensonne und Gesundheit

In unserem Klima ist der Mai der Bringer des Früh­lings mit all seinen Freuden für Leib und Seele. Nach dem lichtarmen Winter empfinden wir Licht und Wärme der Maiensonne doppelt wohltuend, allein nicht nur der Schein, auch der Sonnenschein trügt. Solange dieEismänner" noch nicht vorüber sind, also etwa bis Mitte Mai, Pflegen die Tem­peraturen des Morgens und des Abends noch recht kühl zu fein, und wer einen Schnupfen oder eine ernstere Erkältung vermeiden will, der sperre seine Wintersachen nicht vorzeitig in den Kleiderschrank. Ein Spaziergang in der Maieusonne ist gewiß unserem Körper dienlich und erfreut Herz und Auge, aber man lasse sich nicht verleiden, wie es besonders Kinder gern tun, sich schon in diesen Maientagen ins Gras zu legen. Wem: auch die Lust warm ist, so ist es der Boden meist noch nicht, und schmerzhafte rheumatische Erkrankungen, Älafen- katarrhe und Aehnliches sind nicht selten die Folge. Bei manchem Spaziergang in der Maienfonnelächelt der See und ladet zum Bade, aber auch hier ist es falsch, mit dem Baden im Freien zu früh zu beginnen. Erst, wenn im Juni die Temperaturen gleichmäßig geworden sind und das Wasser genügend durchwärmt ist, soll man mit dem Baden anfangen. Nur ganz abgehärtete Menschen werden ein Bad im Freien auch schon früher ohne Schaden vertragen. Unbedenklich und der Gesundheit besonders dienlich ist der Genuß des in der Maiensonne herangereiften frischen Gemüses. Hierher gehören insbesondere Spargel, Spinat, Salate und Radieschen, die auch als Träger der Vitamine unserem Körper besonderen Nutzen bringen. Schließlich sei noch der unter den Strahlen der Maien­sonne hervorsprießenden Blumen und Blüten gedacht, mit de­nen wir gern unsere Wohnräume schmücken. Aeste von blü­henden Obstbäumen abzureißen ist eine Unsitte, die den Obst­ertrag mindert und damit die Allgemeinheit schädigt. Mit Primeln sei man vorsichtig. Unsere heimische gelbe Primel ist ungefährlich; die japanischen hingegen muß man meiden, da schon die bloße Berührung mit den feinen Haaren ihres Stengels nicht selten ernste Hauterkrankungen nach sich zieht. Kindern verbiete man strengstens, Blumen in den Mund zu nehmen; denn unter den Frühlingsblumen sind manche, wie Maiglöckchen, Goldregen und verschiedene andere, die giftig sind.

Vom Roten Kreuz

Der Verein vom Roten Kreuz hatte Ende des vergangenen Jahres im Reiche rund 1,15 Millionen und in Württemberg 20 000 Mitglieder, im Reiche 3000 Kolonnen mit 231000 und in Württemberg 100 Kolonnen mit 3500 Mitgliedern, es wurde allein von den Helferinnen im Reich in 15 000 und im Lande in 300 Fällen erste Hilfe geleistet. Was Württemberg im ein­zelnen betrifft, so wurde bei der Hauptstelle ein reger schrift­licher Verkehr erledigt und in mehr als 2000 Fällen mündlich Rat und Auskunft erteilt. Die Schwesternschaft setzt sich zu­sammen aus 131 Schwestern und 26 Lernschwestern, die in 26 Arbeitsstätten und in Privatpflege tätig waren. Kranken­

pflegerinnenschule mit Schwesternheim in Tübingen waren im­mer vollbesetzt; im Schwesternheim fanden 25 neue Schü­lerinnen für Krankenpflege und 7 für Hauswirtschaft einzelne Pensionäre, Passanten und Tischgäste Aufnahme. Die Zahl der Kolonnen betrug 68, diejenige der Abteilungen 33, zusammen 101, 1 mehr als 1930, die Zahl der Aktiven ist um 249 auf 3191 gestiegen, die Zahl der Helferinnen stieg um 17 auf 96. Auch die Zahl der passiven Mitglieder stieg erfreulich und zwar um 598 auf 10 282. In 85 677 (rd. 20 000 mehr) Füllen wurde erste Hilfe geleistet trotz Einschränkung in den Fabrik- betrieben. Sanitätswachen wurden 1110 gestellt, 605 mehr als im Vorjahr. Es konnten 51 vollständig ausgerüstete Unfall­hilfsstellen in der Stärke von 49 Mann eingerichtet werden. Dem Allgemeineri Deutschen Automobilklub wurden an 21 Sonntagen Sanitätsmannschaften als Straßenhilfsdienft zur Verfügung gestellt. Es verfügen 41 Kolonnen über 47 Sani- tütskraftwagen, mit denen 11228 Krankentransporte ausge­führt wurden. Die Gasschutzgeräte der Kolonnen kamen in 38 Fällen zur Anwendung. Es wurden Unterrichtskurse für Gasschutz abgehalten und die Ausbildung von Betriebshelfern fortgesetzt. Die 1930 in Stuttgart errichtete Diätküche hatte in 9 Monaten 16 400 Gäste. Der 5. Rotkreuztag 1931 hatte einen guten Erfolg, besonders in Ravensburg und Wangen und in anderen acht Orten, mag dies auch am Rotkreuztag 1932 (22. Mai) so sein.

Schlecht efseni>e Kinder

Eine der häufigsten Klagen, derentwegen Kinder dem Arzte vorgeführt werden, ist die Eßunlust, der schlechte Appetit. Gar nicht selten stellt sich heraus, daß die vom Kinde tatsächlich aufgenommenen Nahrungsmengen qua­litativ und quantitativ durchaus seinem Alter und Entwick­lungsstände entsprechen, nur die Eltern sind damit nicht zu­frieden. Tatsächlich ist das scheinbar eßunlustige Kind das gesündeste Kind der Familie. Als scheinbar ist die Eßunlust auch dann zu bezeichnen, wenn die Regelmäßigkeit der Mahl­zeiten nicht beachtet wird. In öffentlichen Verkehrsmitteln oder Parkanlagen kann man zu jeder Tageszeit Kinder am Backwerk knabbern sehen, das ihnen zur Stillung vermeint­lichen Hungers gereicht worden ist. Kein Wunder, daß solche Kinder hernach Zur rechten Mahlzeit keinen Appetit aufbrin­gen können. Es sollte streng darauf geachtet werden, Laß die Kinder nur zu den regelmäßigen Mahlzeiten Speisen erhalten. Keineswegs soll den Kindern der Genuß von Schokolade oder Bonbons untersagt werden; allein sie sollten niemals vor den Mahlzeiten gegeben werden. Wahre Eßlust tritt einmal im Anschluß an Diätfehler und Magenkatarrhe auf und bedarf dann ärztlicher Behandlung. Ein Teil dieser Kinder verweigert nur Las Frühstück am Morgen. Zwingt man sie zur Frühstücks­einnahme, so folgt Erbrechen. Hier handelt es sich um nervös überreizte Kinder, die durch die Erwartung des Schulbesuchs derart in Spannung gesetzt sind, daß sie für das Frühstück keine Zeit" mehr haben. Bei anderen Kindern ist es Angst vor den Ereignissen der Schule, die ihnen schon vorher den Appetit zum Frühstück nimmt. Verständnisvolle Erziehung kann hier Abhilfe schaffen. Es gibt weiter Kinder, die gegen bestimmte Speisen eine lleberempfindlichkeit und darauf beruhende Ab­neigung zeigen. Wenn ein Kind eine angebotene Speise mit Zeichen des Widerwillens ablehnt, soll man nicht darauf ver­harren, daß das Kind die Speise annehmen muß. Man forsche vielmehr nach der Ursache des Widerwillens und schalte sie aus. Manche Kinder bringen zu keiner Mahlzeit Appetit auf, ja sind geradezu eßscheu. Hat der Arzt hier keine organische Krankheit feststellen können, so ist die Eßunlust der Kinder meist seelisch bedingt. Häufig sind es die einzigen Kinder, die in jeder Hinsicht verwöhnt sind. Sie mäkeln an den Speisen herum und sind stets unzufrieden.. Sehr zweckmäßig hilft hier die Methode, demeinzigen" Kinde Gelegenheit zu geben, mit anderen, nicht verwöhnten Kindern gemeinsam die Mahlzeiten einzunehmen. Eine zweite Gruppe der schlechten Esser bilden dieSchwächlinge", das sind meist schmalgebante, zarte Kinder, deren Blutkreislauf vielfache Störungen erkennen läßt; ihr Nervensystem zeigt reizbare Schwäche. Hier läßt sich meist durch Verschickung ein sehr guter Erfolg erzielen.

Milchproduktionsstatistik für das Jahr 1931

Nach der Erhebung für das Jahr 1931 betrug in Würt­temberg lt. Mitteilungen des Württ. Stat. Landesamts die gesamte Brutto-Milcherzeugung 1050278 730 Liter gegen 963 957 720 Liter im Jahr 1928, was eine Mehrerzeuguna von 86 321010 Liter oder um 9 Prozent bedeutet. Diese Milch­erzeugung ist einmal eine Folge der Zunahme des Milchvieh- Lestandes bezw. der Milchkühe um 3,4 Proz., zum arideren eine Folge der Erhöhung des durchschnittlichen Brutto-Milch- ertrages. Bei den unter Leistungskontrolle steheirden Milch­kühen ist nämlich der Brutto-Durchschnittsertrag von 2979 Li­ter im Jahr 1928 auf 3202 Liter im Jahr 1931, bei Lerr nicht unter Leistungskontrolle stehenden Milchkühen von 1977 auf 2053, bei den Ziegen vorr 471 auf 483 Liter gestiegen. Diese

Leo schwieg. Wie versteinert saß er im Klubsessel.

Ich will beileibe nicht den Schleier fortziehen, der Ihre Herzensgeheimnisse verhüllt," fuhr Graf Vrendnitz fort, .aber es sollte mich wundern, wenn ich nicht recht hätte. Die ganze Umgebung schwärmt ja von der schönen Miß. Warum sollten Sie da eine Ausnahme machen?"

Baron Heigel zwang sich zu einem Lächeln.

Ich hörte bereits von Doktor Paulsen, daß sie jeden Besucher, soweit er zu dem maskulinen Geschlecht zählt, abweist," meinte er.Vor einer solchen Abfuhr wollen Sie mich warnen, ja?"

Ganz recht."

Aber wenn sich die junge Dame mit anderen Menschen über meine Person unterhält, jo dürfte das doch nur ein Zeichen sein, daß-"

»-daß Sie erst recht nicht empfangen werden!

Ich sehe schon ich muß deutlicher werden. Also hören Sie zu: Es sind nämlich keine Gefühle freundschaftlicher llatur, die Fräulein Keßler beherrschen, wenn sie das Ge- präch auf Ihre Persönlichkeit lenkt, lieber Freund. Wie :s kommt, daß die Eutsherrin nur mit eisiger Ironie, manchmal sogar voll peinlicher Geringschätzung von Ihnen pricht, ist mir nicht ganz klar. Sie hat sogar einen Bei­namen sür Sie fabriziert, indem Sie nämlich von Ihnen nur als dem Bummelbaron spricht. Ich halte es unter ?en obwaltenden Umständen für meine Pflicht, Ihnen ceinen Wein einzuschenken, ehe Sie sich ahnungslos in eine inangenehme Situation begeben!"

Leos Antlitz hatte sich bei diesen Worten blutrot ge- ärbt. Gleich darauf wich aber die dunkle Glut wieder ;uriick, um einer fahlen Blässe Raum zu geben.

Lassen Sie sich durch eine solche Botschaft nicht die Stimmung verderben," wollte Graf Hugo begütigen, aber des Barons Augen funkelten plötzlich so eigentümlich, daß er verstummte.

Hundert Gedanken auf einmal wirbelten Leo durch den Kopf.

Da Hörle er von einer Frau, deren Beschreibung allein schon genügte, ihm den Schädel heiß zu machen. Die gött­liche Unbekannte zu schauen, sie, falls sie wirklich d i e war, nach der sich seine Seele seit Jahren verzehrte, im Sturm zu attackieren, zu erobern, zu besiegen oder, so sich ihr Herz als schwer einzunehmende Festung erwies, diese zu um­zingeln, zu belagern, um dann doch eines Tages den Schluß­sturm zu wagen, unter dessen Wucht sie sich dann doch ohne weitere Widerwehr ergeben mußte.

Und jetzt?

Jetzt aber mußte er hören, daß er dieser Frau längst kern Unbekannter mehr war, daß sein Name schon oft ihren Lippen entronnen. Und nicht nur das: sie machte sich über ihn lustig, sprach nur abfällig und voller Ironie von ihm und nannte ihn einenBummelbaron"

Bummelbaron!

Das schlug doch dem Faß den Boden aus! Wie kam sie dazu?

Ganz klar ist es mir, wie gesagt, auch nicht," Hub Graf Brendnitz wieder an, Leos zornige Gedanken erratend, aber eine Ahnung habe ich eine Ahnung, die mich vielleicht nicht täuscht. Ich denke da an den Medizinalrat! Doktor Rüttmayer hat ja oft genug auf Gut Holdenbach zu tun. Sein Sohn lebt in Berlin. Sie haben ihn ja dort wohl auch getroffen, nicht wahr?"

Leo nickte und es fiel ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen.

Rüttmayer junior lebte als Zahnarzt in Berlin. Er stand mit Leo im gleichen Alter, was jedoch nichts an dem äußerst formellen Verkehr änderte, den Leo mit ihm pflegte. Der junge Rüttmayer war ein nervöser, reizbarer Mensch, dem aus dem Wege zu gehen auch das beste war, was man

tun konnte, eine Tatsache, nach der sich Leo auch immer gerichtet hatte Dennoch war eines Tages eine offene Feinschaft zwischen den beiden Männern entstanden. Rütt­mayer junior machte in übermütiger Sektlaune einige frivole, ehrenrührige Bemerkungen über Leos Rennsiege und ging schließlich so weit, zu beyaupten, Leos Rennstall sei nur durch üble Schiebungen so bekannt geworden Aeußerungen, die Rüttmayer auch nicht in nüchternem Zustande zurücknahm, als Leo ihn deshalb zur Rede stellte. Die Ohrfeige, die der Herrenreiter dem frechen Beleidiger coram publico verabreicht hatte, bot den Anlaß zu einem Pistolenduell, das aber unblutig verlief.

Ich glaube, der gute Medizinalrat hat da allerlei Ge­schichten erzählt, die am besten unbelichtet geblieben wären," fuhr Graf Vrendnitz fort.Von seinem Sohn hört er über Sie wahrscheinlich nur böse Dinge, die er, fest von ihrer Wahrheit überzeugt, der Eutsherrin auf Holdenbach weiter übermittelt. Dem Medizinalrat ist dabei noch nicht einmal ein Vorwurf zu machen. Er glaubt eben alles, was ihm sein Filius aus Berlin über Sie, den Heimatflüchtigen,

mitteilt. Und-" Brendnitz räusperte sich na, und

daß dieses und jenes Anekdötchen wahr ist, was Rüttmayer über Sie zu berichten weiß daß Sie es, lieber Baron, eine Zeitlang recht übermütig getrieben haben, darüber wollen wir heute, da Sie ein ganzer und willensstarker Mann geworden, hinwegsehen"

Leo blickte verlegen zu Boden.

Ja. es würde wohl so manches stimmen?

Na, lassen Sie sich darum keine grauen Haare wachsen," fuhr Brendnitz lächelnd fort.Wir sind ja alle einmal jung gewesen und haben es hier und da nicht allzu genau genommen. Kurz und gut: so muß, denke ich, Fräulein Keßler von Ihnen gehört und sich daraufhin ihr Urteil über Sie gebildet haben. Die junge Dame ist überdies überzeugte Anhängerin der Frauenbewegung und sieht ein wenig verächtlich auf uns Männer herab. Sie können sich vorstellen, daß des Medizinalrats Indiskretionen über Sie nur Wasser auf ihre Mühle waren."

(Fortsetzung folgt.) i