Der luxuriöse Kreuger
Stockholm, 18. Mai. Im Zusammenhang mit dem von der Kriminalpolizei wiederholt vorgenommenen Untersuchungen der Stockholmer Privatwohnung Jvar Kreugers bringen die Zeitungen Schilderungen über die auszerordentlick) luxuriöse Einrichtung. Ein Zimmer mit Glasdecke hat Kreuger als Wintergarten mit blühenden Rosen und Weinstöcken einrichten lassen. Die Schublade eines Tisches machte «den Eindruck eines Juwelierlagers. Es wurden Unmassen von kleinen goldenen Notizbüchern, Bleistiften und Brillantnadeln in feinster Goldschmiedearbeit gefunden. Kreuger hat diese Kostbarkeiten dutzendweis eingekauft, um sie stets als Geschenk an der Hand zu haben. Die billigste Nadel war 4000 Kronen wert, die kostbarste 16 MO-
Ferner fand man in der Wohnung eine Schale aus purem Gold, die Kreuger von seinen Freunden zum 50. Geburtstag geschenkt erhalten hatte und die 96 000 Kronen gekostet hatte. In die Schale sind die Namen der Freunde eingraviert, die jetzt jedoch verlangen, daß die Gravierung entfernt werde, ehe die Schale zum öffentlichen Verkauf gelangt.
Um de« Liudhberg-Srrmpf
Vor der Newyorker Kriminalpolizei hat, wie der Lokalanzeiger in seiner zweiten Ausgabe aus Newyork meldet, ein Äjahriger Rumschmuggler Franz Parzysch das Geständnis abgelegt, Las Kind Lindberghs in Gemeinschaft mit sechs Komplizen entführt zu haben. Er erklärte, das Baby sei nicht ermordet worden, sondern bei dem Versuch, es über die Leiter zu entführen, aus dem Fenster gestürzt. Hierbei habe es die furchtbare Kopfwunde erhalten, die den Tod herbeiführte. Die Polizei überprüft noch die Richtigkeit der Angaben Parzyschs und fahndet nach den sechs anderen Alkoholschmugglern, deren Adressen er ihr mitgeteilt hat.
Nach bisher unbestätigten Meldungen aus Monterrey in Mexiko soll dort ein gewisser Harry Fleisck-er verhaftet worden fein, der gestanden haben soll, an der Entführung des Lind- bergh-Kindes teilgenommen zu haben.
Der Reeder Curtis, der wichtige Aussagen über die angeblichen Entführer des Lindbergh-Babys in Aussicht gestellt hatte, legte das Geständnis ab, daß alle seine Angaben über wochenlange Verhandlungen mit den Entführern auf seiner Facht erfunden seien. Zwei Zeitungen und eine Filmgesellschaft hätten ihm für seine Phantastereien hohe Preise bezahlt. Hundert Suchboote, die aus Grund der Angaben des Reeders Curtis auf die Suche nach dem geheimnisvoÜen Schoner ausgeschickt waren, wurden aus Grund des Geständnisses sofort zurückgerufen.
Trenton (New Fersey), 18. Mai. Der frühere Vertrauensmann Lindberghs, John Curtis, ist heute in Haft genommen worden. Er wird sich wegen Irreführung der Behörden durch erfundene Mitteilungen über die Räuber des Lindbergh- Kin-des zu verantworten haben. Die Kaution für eine eventuelle Haftentlassung ist mit 10 000 Dollar festgesetzt worden.
Hifsuug der deutsche» Flagge am Gefalleueu- Ehreuattar in Hoboken
Newyork, 17. Mai. An dem Ehrenaltar für die Toten des Weltkrieges in der St. Pauls-Episcopalkirche in Hoboken wurde gestern in Gegenwart von Vertretern englischer, französischer, italienischer, belgischer und aller hiesigen deutschen Deteranenorganisationen die deutsche Flagge neben den Fahnen der Alliierten Mächte angebracht. Generalkonsul Kiep, der dem amerikanischen Admiral Contz die Flagge überreichte, wies daraufhin, daß diese Kundgebung das gleiche Ziel verfolge, wie die vorjährige Verbrüderung der amerikanischen Legion mit den deutschen Veteranen in Newyork, wobei eine Entschließung gegen die Behauptung von der deutschen Kriegsschuld gefaßt worden war.
Die deutsche Flagge wurde von General James Harbord, dem Stabschef der amerikanischen Truppen im Weltkriege, mit einer Ansprache entgegengenommen. Der General erklärte, es sei Zeit, die Dinge zu vergessen, die die traditionellen Bande zwischen Deutschen und den Vereinigten Staaten brachen, und sich statt dessen daran zu erinnern, wieviele gemeinsame Bande Amerikaner und Deutsche verknüpften. Kürzlich begrüßten wir, so führte er u. a. aus, die Wahl eines Präsidenten in Deutschland, der durch den Nebel der europäischen Ilnsta- bilität und des politischen Chaos als das verkörperte Bollwerk gegen den Fortschritt des Radikalismus emporragte.
Die deutsche Flagge wurde durch den Newarker Bischof Starley eingesegnet. Während der Feier kreuzte der Do X über der Kirche.
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Aussagen der Mörder Iuukais
Tokio, 18. Mai. Die Mörder des japanischen Ministerpräsidenten Jnukai habeir Dienstag vor der japanischen Polizei über ihre Tat ausgesagt. Der Mord auf den Ministerpräsidenten sei schon mehrere Monate vorbereitet worden. Sie bereuten ihre Tat nicht und erklärteil, sie wüßten, daß sie der Tod erwartet. Sie würden ihrer Strafe in Ruhe entgegensetzen. Die Verhafteten betonten, sie hätten den Schritt aus vaterländischen Interessen getan.
Die japanische politische Polizei gibt bekannt, daß sie einige neue Verhaftungen unter den Mitgliedern der Drachenorganisation vorgenommen hat. Es wurden acht Personen verhaftet, die angeblich mit dem Anschlag auf den japanischen Ministerpräsidenten Jnukai in Verbindung stehen.
Das japanische Kabinett hat beschlossen, ein Staatsbegräbnis für den verstorbenen Ministerpräsidenten Jnukai zu gewähren. Der Kaiser hat eine Woche Hoftrauer angeordnet.
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Neuenbürg, 18. Mai. Bei der heute abgehaltenen staatlichen Bezirksrindviehschau mit Prämiierung sind 9 Farren und 8 Kühe und zur Bewertung außerhalb der staatl. Schau 7 ailgekörte Kühe vorgeführt worden. Anwesend waren als Vertreter des Bezirks Landrat Lempp und als Vertreter der Stadt Bürgermeister Knodehder Vorstand des landw. Bezirksvereins Erich Weiß-Ottenhausen, der Vorstand der Landwirtschaftsschule Calw Landwirtschaftslehrer Pfetsch, der Vorstand des Viehzuchtvereins Neuenbürg Veterinärrat Dr. Sachs und außerdem noch eine stattliche Anzahl von Landwirten und Freunde der Landwirtschaft. Als Preisrichter waren tätig: Landesükonomierat Dr. Dobler-Herrenberg, Oberamtstierarzt Dr. Fraas von Vaihingen-Enz und Gutsbesitzer Wanner-Leon- bcrg. Es erhielten Staatspreise:
I. Farren: Jugendklasse: 1 Farren von Wilhelm Pfronr- mer, Dennach 1. Staatspreis; 1 Farren desselben Besitzers
2. Staatspreis; 1 Farren von Adam Rapp, Höfen 3. Staats- Preis; 1 Farren von Georg Weber, llnterkollbach 3. Staatspreis; 1 Farren von Friedrich Bertsch, Jgelsloch 3. Staats- Preis. Altersklasse: 1 Farren der Gemeinde Birkenfeld
2. Staatspreis und ein Farren von Gottlieb Stahl, Bieselsberg 3. Staatspreis.
II. Kühe : Jugendklasse: 1 Kuh von Wilhelm Pfrommer, Dennach 2. Staatspreis; 1 Kuh von Ludwig Fichtler, Niebelsbach 3. Staatspreis; 1 Kuh von Erich Weiß, Ottenhausen
3. Staatspreis; 1 Kuh von Friedrich Keller, Kapfenhardt 3. Staatspreis. Altersklasse: 1 Kuh von Wilhelm Bott, Dobel 1. Staatspreis; 1 Kuh von Wilhelm Neuweiler, Dennach 3. Staatspreis, 1 Kuh von dems. Besitzer 3. Staatspreis.
An Vereinsanerkcnnungen vom Viehzuchtverein und dem landw. Bezirksverein erhielten noch für angekörte Kühe, die nicht zur Staatsprämiierung zugelassen waren: 1 Kuh von' Gottlieb Maisenbacher, Schömberg 2. Preis, 1 Kuh von Wilhelm Pfrommer, Dennach 3. Preis, 1 Kuh von Gustav Härter, Dennach 3. Preis, und 1 Kuh von .Hermann Glauner, Niebelsbach 3. Preis. Außerdem wurden noch einige Weggelder ver- willigt.
Tie Preisträger bei Staatspreisen erhalten eine von der Zentralstelle für die Landwirtschaft ausgestellte Preisurkunde mit Plakette nach den geltenden Bestimmungen. Die mit Staatspreisen bedachten Tiere wurden mit einem Hornbrand versehen.
Im Anschluß an die Schau mit Prämiierung fand unter Leitung des Vorsitzenden des Viehzuchtvereins in der „Eintracht" in Neuenbürg eine gut besuchte Versammlung statt, in welcher der Vorsitzende des Preisgerichts, Landesökonomierat Dr. Dobler, Herrenberg, über das Ergebnis der Schau sprach. Er betonte, daß gegenüber der vor 2 Jahren abgehaltenen Schau ein erheblicher Fortschritt zu verzeichnen sei, der für den jungen Viehzuchtverein gerade in der heutigen Notzeit besonders erfreulich sei. Er kritisierte sodann die einzelnen vorgeführten Tiere und gab dabei wertvolle Winke für die Abstellung und Vermeidung einiger Mängel. Im allgemeinen legte er Wert auf bessere Fütterung vor allem der Jungtiere, damit sie sich anders entwickeln und empfahl die mit Staatspreisen bedachten Kühe nur den erstklassigen Karren zuzuführen. Er beglückwünschte sodann die Preisträger namens der Zentralstelle für die Landwirtschaft. Auch die längere Aussprache, an der sich neben Erich Weiß, Wilhelm Bott, Dobel und Lutz, Arnbach auch Landrat Lempp beteiligte, wobei Letzterer eine kräftige Aufforderung, dem Wiesenbau und der Futtergewinnung mehr Beachtung zu schenken und sich in Fütterung und Haltung der Tiere immer noch mehr anzustrengen (im Interesse der Viehbesitzer selbst) ergehen ließ, war lehrreich. Nachdem der Vorsitzende noch die Möglichkeit der Abhaltung einer Jungviehprämiierung im kommenden Frühjahr in Aussicht gestellt und dem Preisgericht sowie allen Teil
nehmern den Dank ausgesprochen hatte, konnte er die Versammlung mit dem Wunsche schließen, daß auch die heutige Veranstaltung dazu beitragen möge, die Rindviehzucht in unserem Bezirk zu fördern.
(Wettervorhersage.) lieber dem Festland liegt ein schwacher Hochdruck, von Westen rückt gegen Großbritannien eine starke Depression vor. Für Freitag und Samstag ist wieder zu Gewitterstörungen geneigtes Wetter zu erwarten.
Auch Heuer Ferkeu-Souderzüge
Neben den Sommerurlaubskarten, die bei dem erholungs- reisenden Publikum sich großen Interesses erfreuen, bleiben die Feriensonderzugskarten bestehen. Die letzteren gelten ans der Hinfahrt nach wie vor nur für Feriensonderzüge, die im allgemeinen nur noch zu Ferienbeginn verkehren. Sie werden in Kürze allgemein bekanntgegeben werden. Zu Beginn der Ferien setzt in dicht besiedelten Feriengebieten ein außerordentlich starker Abreiscverkehr ein. Viele Reisende, namentlich zusammengehörende Kreise (Familien) werden sich gern der Vorteile, die die Ferieusonderzüge bieten, bedienen. Auf Grund der Feriensonderzugkarle wird Len Reisenden im Feriensonder- zug ein Platz gesichert, zusammengehörende Reisende können im allgemeinen damit rechnen, zusammen in einem Abteil untergebracht zu werden. Auf Fahrten über weite Strecken wird dem Reisenden das lästige llmstcigen und Warten auf Anschlüsse erspart. Die Reisenden werden im Sonderzug mit der Reisedauer von Schnellzügen befördert und sind von der Zahlung von Eil- oder Schnellzugzuschlägen befreit.
Kirnbach (bei Wolfach), 18. Mai. Heute morgen gegen 6 lihr wurde die Gemeinde durch ein Brandunglück heimgesucht. Auf dem Kreuzbauernhof des A. Schneider brach aus bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer aus, dem das stattliche Anwesen vollständig zum Opfer fiel. Lediglich das Leib- gedinghaus und Holzschuppen konnten gerettet werden. Auch die Holzvorräte und die Inneneinrichtung verbrannten vollständig. Die bedauernswerten Leute vermochten anher dem Großvieh nur das zu retten, was sie auf dem Leibe trugen. Eine Hilfe war nicht möglich, da Wasser zum Löschen nichl vorhanden war. Der Gebäudeschaüen beträgt ungefähr 4000V Mark. Die Fahrnisversicherung konnte infolge Verarmung schon seit Jahren nicht mehr bezahlt werden.
Stuttgart, 18. Mai. (Er wollte sich aus dem Zuge stürzen.) Aus der Fahrt von München nach Augsburg wollte sich am Pfingstmontag früh ein Reisender von hier aus dem Fenster eines fahrenden V-Zuges stürzen. Mitreisende konnten ihn an seinem Vorhaben hindern. Her Mann, der offenbar einen Selbstmord begehen wollte, wurde aber durch einen in Gegenrichtung fahrenden Zug lebensgefährlich verletzt. Er wurde ins Krankenhaus noch Augsburg eingeliefert.
Nerkarsulm, 18. Mai. (Flugzeug notgelandet. — Fn Brand geratene Radioapparate.) Am Pfingstmontag ist bei hofgut Willenbach unweit bei Oedheim ein Flugzeug aus Essen, das die Orientierung verloren hatte, notgelandet. Es setzte später seine Fahrt fort. — Bei dem am Pfingstmontag über unserer Gegend niedergegangenen Gewitter schlug der Blitz in Oedheim in einen Radioapparat. Es entstand ein Brand, der aber vom Besitzer sofort gelöscht werden konnte. Ebenfalls in die Radioleitung schlug der Blitz in höchstberg, wo der Apparat zerstört und sonstiger Schaden angerichtet wurde.
Ravensburg, 18. Mai. (Gewerbsmäßige Abtreibung.) Das Schwurgericht hat in einem Abtreibungsprozeß die 41 Jahre alte Kraftwogen- führersehefrau Anna, Schmidbauer von Saulgsu zu 1 Lahr 6 Monaten und die Friseursehefrau Babette Gillar von Saulgau zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt.
Neufra (Hohenz ), 18. Mai. (Zwei Schwerverletzte.) Zwischen Gauselfingen und Neufra, bei der Mühle, hat sich am Abend des Pfingstmontages ein Motorradunglück ereignet. Willi Flick von Tübingen und Eugen Mauz von harthausen a. Sch. haben Schädelbrüche und sonstige Verletzungen erlitten. Die Verunglückten sind vom hechinger Sanitätsauto in die Klinik nach Tübingen verbracht morden.
Bon der bayerischen Grenze, 18. Mai. (Vergiftung mit Todesfolge. — Explosion.) Dem Landwirt Josef Schwegler in Unterwiesenbach entlief ein Stallhase, den er dann totschoß, aber erst nach einigen Tagen auffand. Die Familie bereitete sich eine Hasenmahlzeit. Nach dem Genuß des Fleisches traten bei vier Kindern schwere Pergiftungs- erscheinungen auf, denen das 8jährige Eöhnchen erlag, während ein 21jähriger Sohn in Lebensgefahr schwebt und zwei Töchter mit dem Leben davonkommen dürften. — In der Kartoffeldampfanlage des Gutsbesitzers Schmelcher in Rain entstand infolge eines fehlerhaften Pentils eine verheerende Explosion. Die Decke wurde eingeschlagen, sämtliche Fenster zertrümmert und der Kartoffeldämpfer vollständig demoliert. Die Detonation war weithin hörbar. Zum Glück befand sich während der Zeit der Explosion niemand in dem Raum.
15. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
»M? /As--/
So war eine Zeit herangekommen, in der er nur reiste. Freilich trieb es ihn bald zurück. Nochmals nahm er seine Tätigkeit als Herrenreiter auf, um dann aber doch endgültig anderen Sinnes zu werden. Eine Sehnsucht war über ihn gekommen — eine unbegreifliche Sehnsucht nach etwas, das er selbst noch nicht ergründet hatte.
Er betrachtete plötzlich die Frauen mit anderen Blicken. Dachte ernsthaft daran, auszuschauen nach der einen, die er heimführen konnte auf sein stilles, schönes Gut —.
Aber siehe da: Leo von Heigel war wählerisch geworden. Dazu gesellte sich die peinigende Furcht, durch einen Mißgriff für den Rest feines Lebens in die unerträglichen Fesseln einer unglücklichen Ehe zu geraten.
Diese Sorge hatte es vermocht, in ihm die Gestalt eines weiblichen Ideals zu formen. So oft beschäftigte er sich mit dieser Traumfigur feiner Seele, daß er sie, die Unbekannte, die Erträumte, schier handgreiflich vor Augen erschaute.
Kein schlichtes, bescheidenes Gleichen durfte es sein, nein, zu ihm gehörte ein anderes Wesen, ein Rasseweib, ein — ja, ein Weib, das er, der Bändiger edler, vollblütiger Pferde, auch erst besiegen mußte, wenn es ihn lieben sollte — ein weibliches Wesen, das sich ihm nicht sang- und klanglos hingab, sondern eines, das erst erkämpft und bezwungen sein wollte —.
Und nun erfuhr er hier in der Heimat, nachdem er um ein Haar und kurz zuvor beinahe jenem kleinen Fräulein Werkmeister in Flinsberg seinen Namen angetragen hatte, daß es eine Frau gab, wie er sie sich erträumte, und daß sie gar in seiner allernächsten Nähe wohnte!
War das — Schicksal?
Baron Heigel lachte gewungen auf: Da machte er sich nun ununterbrochen um eine Frau Gedanken, von deren
Existenz er vor achtundvierzig Stunden noch nichts gewußt hatte! Und nur darum, weil Paulsen jenes Bild von ihr entworfen hatte! Pah, vielleicht sah Paulsen Gespenster? Vielleicht erschien sie ihm nur so amazonenhaft!
Mit den widerstrebendsten Gefühlen ritt Leo die Allee entlang, bis endlich Schloß Brendnitz vor ihm auftauchte.
Graf Hugo empfing ihn mit gewohnter Herzlichkeit.
„Bleiben Sie denn nun wirklich?" fragte er ein wenig ungläubig, als sie sich im gemütlichen Rauchsalon gegenübersaßen. „Offen gestanden, ich kann es mir gar nicht vorstellen!"
„Ich bleibe?*' nickte Leo — und tausend Kindheitserinnerungen wurden wach in ihm. „Ich bleibe für immer," fügte er ernst hinzu. „Heimatscholle bleibt Heimatscholle.'
„Na," meinte Graf Brendnitz und lachte, „da behält also die „tolle Miß" faktisch recht! Ich habe an Ihre Rückkehr nicht geglaubt!"
Leo vergaß vor Staunen, den Mund zu schließen.
„Die — — tolle-Miß?" murmelte er endlich.
„Die — tolle — Miß —?"
„Ach so!" Graf Hugo fuhr sich lächelnd durch das graue Haar. „Freilich. Sie kennen Ihre neue Nachbarschaft noch nicht. Da ist nämlich eine kleine Veränderung vor sich gegangen. Der eigentliche Besitzer des Gutes Holdenbach ist gestorben und nun regiert dessen Tochter auf dem Anwesen. Man nennt sie die tolle Miß. Eigentlich heißt sie —
Leo hatte sich gefaßt.
„Ich weiß — doch, ich weiß — Doktor Paulsen erzählte mir flüchtig — ja, ja — aber was sagten Sie soeben? Die junge Dame hätte recht behalten? Wieso? In welcher Weise soll sie rechtbehalten haben?"
„Daß Sie auf Ihr Gut zurückgekehrt sind!"
„Daß - ich -?"
„Wundert Sie das so?"
„Allerdings," rief Leo entgeistert, „die neue Gutsherrin kennt mich doch noch gar nicht!"
„Nun, ja, da mögen Sie recht haben, aber ste hat über Sie schon soviel gehört, daß Sie ihr eigentlich seit zwei, drei Jahren kein Unbekannter mehr sind."
„Wahrhaftig?"
„Gewiß, gewiß! Erst gestern sprach ich mit ihr. lein Keßler ist nämlich meiner kleinen Susi freundschaftlich zugetan. Wenn sie nun zufällig einmal vorbeikommt, läßt sie sich immer ein paar Minuten sehen-"
„Und da hat sie über mich gesprochen?"
„Ja. Von meinem Iustizrat hatte ich gehört, daß Sie wieder in der Heimat sind. Diese Neuigkeit teilte ich Fräulein Keßler natürlich brühwarm mit. Na, und da machte sich ja alles übrige von selbst."
Ein heißes, unbegreifliches Elücksgefühl stieg in Leo auf. Er griff nach Graf Hugos Hand und rief: „Wie sonderbar das alles ist — fast erscheint es mir, als habe mich eine gütige Vorsehung in die Heimat zurückgeführt, wo ich das finden soll, was mir draußen in der Welt versagt blieb!" Er brach plötzlich ab und errötete, als habe er zuviel gesagt. Dann fügte er aber doch hinzu: „Das ist mehr als ich erhofft habe. Sie kennt mich! Sie kennt mich seit langer Zeit! Das ist ja großartig — einfach unbezahlbar!"
In Brendnitz schien eine Ahnung aufzudämmern. Ehe er jedoch dazu kam, eine Erwiderung zu tun, sprudelte der Besucher schon heraus, daß er nun doch schon heute nach Holdenbach reiten werde. „Paulsen warnte mich zwar, der jungen Dame meine Aufwartung zu machen." fügte er erregt hinzu, „aber nun, da ich höre, daß ich der „tolle« Miß" ja gar kein Unbekannter mehr bin, werde ich keine« Augenblick länger zögern —"
Auf Graf Hugos hoher Stirn erschienen zwei tiefe, stelle Falten. .
„Hm," sagte er zögernd, „hm — wenn ich Ihnen, lieber Freund, einen guten Rat erteilen darf — also gut — er lautet: Reiten Sie nicht nach Gut Holdenbach?"
„Aber ich begreife nicht —"
„Warten Sie wenigstens noch ein paar Wochen oder Monate. Es ist besser. Ja, ja, Ihren entgeisterten Miene« entnehme ich eigentlich alles! Sie haben, scheint es mir, er« Bild der jungen Gutsherrin erwischt und sich sogleich ««' sterblich in sie verliebt. Ist es so?" ,
(Fortsetzung folgt-I