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Neuenbürg. (Stadtratssitzung am 26. April.) In nichtöffentlicher Sitzung der Ortsfürsorgebehörde kamen verschic- Seiw Fürsorge fälle zur Beratung. Wegen der Unterstützung des früheren Kameralamtsdieners Rittmann ist vom .Ortsfürsorgeverband Ludwigsburg Klage gegen den hiesigen Ortsfürsorgeverband erhoben; die Klageschrift wird heute beantwortet und dem Vorsitzenden bzw. Ortsfürsorgercchner Schäfer Vollmacht zur Durchführung der Streitsache erteilt. Der Haushaltplan der Ortsfürsorgebchörde für 1932 wurde heute beraten und nach dem Entwurf der Verwaltung genehmigt. Es ergeben sich Ausgaben 17 409 RM., Einnahmen (Ersatzposten) 10 575 RM. und damit ein Ab- inanqel von 36 834 RM.; der Abmangel in Höhe von rund .N 000 RM. ist als Zuschuß der Stadtkasse in deren Haus- haltvorauschlag einzustellen. Der große Äbmangel rührt von der Steigerung der Aufwendungen für Wohlfahrtserwerbs- losc und dem Gemeindeanteil an der Krisenfürsorge her. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr beträgt etwa 20 000 RM. M dem überhandnehmendeu Hausbettel von Durchreisenden etwas zu steuern, soll ein Versuch mit Wohlfahrtsmarken gemacht werden. Die Einrichtung ist so gedacht, -aß die Einwohner Heftchen mit solchen Marken auf dem Rathaus lösen und die Marken einzeln an die Bettler ab- oebcn. Die Marken werden dann von hiesigen Lebensmittelgeschäften in Zahlung genommen und bei der Ortsfürsorge- lasse zur Einlösung gebracht.
Die R e ch n u n g s s a ch e n waren durch den Rechnungs- ansschuß vorgeprüft und wurden nach dessen Anträgen genehmigt. Die Stadtpflegerechnung vom Rechnungsjahr 1929 kam ;ur Abhör, nachdem die restlichen Anstände erledigt sind.
Die Vorverhandlungen über den Verkauf von ca. ZOO Festmeter Stammholz aus verschiedenen Abteilungen des Stadtwalds an die Firma Krauth L Co. werden wm Gemeinderat genehmigt, ebenso der mit zwei Holzhauer- Partien wegen der Fällung dieses Holzes abgeschlossene Akkord. Genehmigt wird ferner der Br e n n ho l z v e r k a u f vom U. ds. Mts.; das noch übrig verbliebene Holz wird auf ein nachträglich eingegangenes Gebot zugcschlagen.
Die Lieferung der für die Neünummerierung erforderlichen H a u s n u m m e r t a f el n wird den Flaschnermcistern Mvmmer und Schöll nach Muster und zu Angebotspreisen zugeschlagen. Es wird vom Gemeinderat für zweckmäßig gehalten, zur Erzielung von Gleichmäßigkeit die Tafeln sämtliche durch die Stadt zu beschaffen gegen Ersatz der Kosten durch die Hausbesitzer.
Eine Eingabe von Grundstücksbesitzern vom Hinteren Berg beantragt beim Gemeinderat die Beteiligung der Stadtgemeinde an der Wiederherstellung der Wcg- stützmauer, zu welcher sie nach den Grundbucheinträgen ver- Pfliebtet sind. Vom Vorsitzenden wird sein ablehnender Standpunkt damit begründet, daß es in heutiger Zeit nicht angehe, privatrechtliche Lasten auf die Stadt zu übertragen und damit die Steuerzahler allgemein zu belasten und daß es auch nicht tunlich sei, den Straßenwart zu Maurerarbeiten wegen der dabei gegebenen Konkurrenz für die ansässigen Maurer von der Stadt aus zur Verfügung zu stellen. Nach längerer Beratung, in welcher die verschiedenen Meinungen zum Ausdruck kamen, wird vom Gemeinderat beschlossen, den Straßen- wnrt Titelius zwei Tage den zur Wiederherstellung der Mauer verpflichteten Grundstücksbesitzern auf städtische Kosten zur Verfügung zu stellen.
Einige weitere Gesuche wurden vom Gemeinderat abgelehnt.
Nachdem noch eine Anzahl kleinerer Verwaltungsangelegenheiten erledigt war, wurde die Sitzung um 10^ Uhr geschlossen. K.
(Wetterbericht.) Schwacher Hochdruck zeigt sich über dem Festland. Depressionsgebicte befinden sich im Norden und Nordwcsten. Für Freitag und Samstag ist zwar zeitweilig bedecktes, aber vorwiegend trockenes Wetter zu erwarten.
BrrkenfelS. (Aus dem Gemeinderat.) Der Stammholzverkauf mit der Firma Kling in Pfinzweiler wurde genehmigt. — Für die durch die anderweitige Verwendung des Otto Vollmer freigewordene Stelle wurde Albert Hüll'im Kirch- weg gewählt, mit einer Belohnung von wöchentlich 23 RM. brutto. — Das Walzen der verschiedenen Siedlungsstraßen wurde dem billigsten Angebot entsprechend der Firma Wolfer <L Göbel in Eßlingen übertragen. — Der durch den 1. freiwilligen Arbeitsdienst unter Betreuung der Gemeinde erbaute F.A.-Weg wird diese Woche fertig und dieser Arbeitsdienst ist damit zu Ende, da seine Höchstdauer von 20 Wochen erreicht ist. Zum Abschluß dieses Arbeitsdienstes wird am nächsten Montag im Hotel „Schwarzwaldrand" eine kleine «chlußfeier stattfinden. Dabei werden von den Arbeitsdienstwilligen selbst einige Theaterstücke aufgeführt. Der zweite Teil des Abends wird der Erinnerung Büschs gewidmet sein unter Vorzeigung von Buschlichtbildern. — Der von der Gemeindeverwaltung ausgestellte Voranschlag für 1932 wurde durchbe- Wrochen und es werden nun bis zur nächsten Sitzung die einzelnen Fraktionen zu dem Voranschlag Stellung nehmen. Die Deckung des Voranschlags wird sich dieses Jahr außerordentlich schwierig gestalten, da die Holzgeldeinnahmen gegenüber dem Vorjahr 16000 RM. und die Steuerwenigereinnah- wen infolge Rückgang des Gewerbckatasters ebenfalls gegenüber dem Vorjahr 15 000 RM. betragen. Auf der Ausgabcn- Ee dagegen müssen Mittel eingestellt werden zur Linderung der Not der hundert Wohlfahrtscrwerbslosen und vielen Erwerbslosen. Das Landesarbeitsamt Südwestdeutschland hat durch einen Erlaß mitgeteilt, daß die verstärkte Förderung wr die cingereichte Notstandsarbeit erst dann gewährt werden könne, wenn hiefür Mittel im Reichshaushalt vorgesehen inen Da ohne verstärkte Förderung diese Notstandsarbeit Überhaupt nicht durchgeführt Werden kann, ist die Gemeinde Azwungeu, diesen Bescheid abzuwarten. — Einige Fürsorge- lachen bildeten den Schluß der Sitzung.
Vom Waldmeister
„Wenn sich in den Frühlingstagen die Buche mit frischem Grün bedeckt hat, dann streckt zu ihren Füßen der Wald
meister seine zarten Glieder heraus. Er kann als echtes Waldkind den Sci-atten, den ihm die Bäume spenden, nicht entbehren. Es gelingt daher schwer, das Kraut von dem schattigen Heimatboden in den Garten zu verpflanzen. Der angenehme Duft, den die Pflanze ausströmt, ist den größeren Tieren des Waldes widerwärtig. Die Menschen sammeln hingegen den Waldmeister, ehe er Blumen hervorbringt, zur Bereitung von Maitrank. Schon vor vielen Jahrhunderten würzte man den Wein mit dem lenzduftigen Stengel, lind im Jahre 1354 wird der Maitrank von dem Bruder Waldar Bertus aus der berühmten Benediktinerabtei Brüm in der Eifel zum ersten- male erwähnt. Andere schreiben dem Leibarzt des Kaisers Maximilian II., Semportus Dodomädus, das Verdienst zu, den Waldmeister auf die bei uns jetzt gebräuchliche Art verwendet zu haben. Man muß mit dem Waldmeister vorsichtig umgehen. Er darf weder zu kurze, noch zu lange Zeit im Wein „ziehen". Der Waldmeister enthält nämlich eine giftige Substanz, das Kumarin, und wer nach dem Genuß von Maitrank heftige Kopfschmerzen bekommt, muß diese auf das zu lange „Ziehen" des Waldmeisters im Wein und auf das Kumarin zurückführcn.
Eine staatliche Krregserinnerungsme0aille
am rot-weiß-grünen Ordensband ist seitens der ungarischen Regierung, desgleichen am rot-weißen Ordensband seitens der Landesregierung von Tirol, gestiftet worden. Gemäß den Bcrlcihungsücdingungen können diese beiden Ehrenzeichen jedem deutschen Kriegsteilnehmer verliehen werden, weil Deutschland mit genannten Staaten im Krieg verbündet war. Es bleibt ohne Belang, an welcher Front betr. Kriegsteilnehmer gekämpft hat. Antragsbogen und Auskunft wird unter Bezugnahme auf diese Notiz und Beifügung von 50 Pfennig für Antrag und Porto durch das „Deutsche Feld-Ehrenzeichen, Arbeitsgemeinschaft Baden-Württemberg" in Freiburg i. B., Guntramstraße 10, erteilt.
Freudenstadt, 27. April. (Submissionsblüte.) Die Stadt hatte den zweimaligen Anstrich von 34 Anlagebänken, zu vergeben. Auf Aufforderung zur Offertabgabe an die betreffenden Handwerker gingen van zehn Malermeistern folgende Offerten ein: 108, 78.20, 72.41, 66.30, 54.40, 49.75, 49.30 40.80, 35.02, 3145. Also ein Unterschied von über 300 Prozent zwischen dem teuersten und billigsten Angebot. Wer hat hier richtig oder nicht richtig kalkuliert?
Stuttgart, 27. April. (Auf der Suche nach dem Welzheimer Mörder.) In der Welzheimer Raubmordsache gehen der Polizei von allen Seiten Nachrichten zu, mit deren Sichtung und Bearbeitung man zurzeit beschäftigt ist. Der Verdacht der Täterschaft konzentriert ich jedoch immer mehr aus eine ganz bestimmte Person, auf deren Ermittlung sich augenblicklich die Nachforschungen in besonderem Matze lenken.
Stuttgart, 26. April. (Maifeiern.) Das Innenministerium hat für den 1. Mai ds. Is. eine Ausnahme von seiner Verordnung über Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel vom 30. März ds. Is. insofern zugelassen, als außer Versammlungen in Waldheimen auch Versammlungen in fonstigen abgegrenzten Plätzen einschließlich der Wirtschaftsgärten allgemein stattfinden dürfen. Die Anmeldepflicht nach tz 1 der Ersten Verordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931 bleibt unberührt. Weitere Ausnahmen sind hinsichtlich der politischen Veranstaltungen nicht gestattet, insbesondere dürfen keine politischen Umzüge abgehalten werden.
Heilbronn, 27. April. (8. Süddeutsches Berbandsmusikfest.) Die Entschließung über die Abhaltung des 8. Süddeutschen Verbandsmusikfestes hat sich die Verbandsleitung Vorbehalten, sie wird erst erfolgen, wenn die bis 1. Mai ds. Is. verlängerte Anmeldefrist abge- lausen ist.
Mittelstadt, OA. Urach, 26. April. (Ein Opfer der wirtschaftlichen Not.) Montag früh wurde der in den 30er Jahren stehende Willy Rolloph von Reutlingen im Wald bei Mittelstadt, Dörnacher Markung, in bewußtlosem Zustand aufgefunden. Wie cs sich herausstellte, hat sich der Unglückliche, der in größter Notlage zu sein schien, mit einem Terzerol eine Kugel in die rechte Brustseite beigeöracht. Rolloph, ein früherer Kaufmann, der sich mit dem Verkauf von Scherenschnitten seit vielen Monaten kümmerlich ernährt haben dürfte, hat zweifellos in letzter Zeit auch nicht mehr hinreichend Absatz hiefür gefunden. Der Bedauernswerte wurde ins Reutlinger Krankenhaus eingeliefert.
Balingen, 27. April. (Eingegangene Zeitung.) Das vor 14 Tagen gegründete „Balinger Neue Tagblatt" hat sein Erscheinen bereits wieder eingestellt. Es hat sich ergeben, daß neben dem im 84. Jahrgang erscheinenden Heimatblatt „Der Volkssreund" ein Bedürfnis nach einer weiteren Zeitung nicht vorhanden ist.
Ulm, 27. April. (Angenehme Ueberraschung.) In der nächsten Umgebung Ulms fand der Verkauf des Nachlasses eines Handwerksmeisters statt. Es fand sich auch ein Interessent für alte Schränke, Altpapier und ähnliches ein. Er steigerte Verschiedenes, darunter mehrere Säcke Altpapiere, die man dem Käufer auf seinen Wagen lud. Als daheim die Papiersäcke geöffnet wurden, war das Erstaunen groß. Ein Sack enthielt Anzüge, Stiefel, Wäschestücke, Uhr mit Kette Brieftasche, Geldbeutel des Verstorbenen. Wie das alles unter das Altpapier kam, blieb unaufgeklärt. Im Geldbeutel war nicht mehr viel, aber der massive goldene Ring und die Kleidungsstücke wogen das Steigerungsangebot mehr als reich auf.
Deißlingen OA. Rottweil, 27. April. (Batermord.) Der 25 Jahre alte, seit längerer Zeit geistesgestörte Karl Dannecker erschlug gestern nachmittag vor dev elterlichen Wohnung seinen Vater, den 73 Jahre alte früheren Löwenmut Franz Dannccker. Der Mörder versetzte seinem Vater, nachdem er zuvor schon mit einem Stück Holz auf ihn eingeschlagen hatte, mit der Bohrschelle einer Dachrinne einen Schlag auf den Hinterkops, der sofort tödlich wirkte. Die Tat rie^ im ganzen Ort große Aufregung hervor. Der Täter wurde sofort fcstgenommen. Es zeigte sich aber bei seiner Vernehmung, daß er völlig unzurechnungsfähig ist.
Tettnang, 26. April. (Todessturz eines Nachtwandlers.) Am Samstag abend waren in der Wirtschaft von Junker zum Engel in Hiltensweiler zwei jüngere Männer eingekehrt und hatten sich zeitig zur Ruhe begeben. Gegen 10 Uhr abends wurden die in der Wirtsstube sitzenden anderen Gäste durch einen dumpfen Fall aufmerksam. In der Annahme, daß ein Radler oder ein anderer Fahrer wieder
einmal an das Hauseck angefahren sei, begaben sich einige Personen um das Haus herum und zu ihrem Erstaunen sahen sie einen Mann regungslos am Hause liegen. Es stellte sich heraus, daß der Mann, der kein Lebenszeichen mehr von sich gab, einer der beiden Fremden war, die im Oberstock übernachteten. In dem Verunglückten wurde der 31 Jahre alte led. Metzger Ernst Förster aus Scheidegg festgestellt. Der Schlafqeselle des Metzgers hat von dem ganzen Vorfall nichts wahrgenommen und konnte keine Angaben machen, wie sich das Unglück ereignet hat. Förster soll Nachtwandler gewesen sein und es ist wahrscheinlich, das er in einem Drang zum Nachtwandeln aus dem Fenster gefallen ist.
Friedrichshafen, 26. April. („Graf Zeppelin" zurück.) Das Luft- chiff, das um 2.35 Uhr Basel überflogen hatte, erschien um 3.55 Uhr zum erstenmal über dem Landungsplatz. Es war ein herrlicher Anblick, als das Lustschiff mit dem Scheinwerfer den Platz und den See beleuchtete. Die Landung vollzog sich glatt um 5 Uhr. Die Fahrzeit betrug 96 Stunden 50 Minuten. An Bord befanden sich 14 Passagiere und 130 Kilogramm Post.
Evangelische Kirche und Politik
Stuttgart, 27. April. Im Evang. Landeskirchentag gab es in den letzten Tagen eine rege Aussprache über das Thema „Kirche und Politik", wobei gegen die politische Betätigung der Pfarrer mehrfach Stellung genommen wurde. Heute nun erklärte zum Abschluß dieser Aussprache Kirchenpräsident v- Wurm, daß er die Aussprache als eine Aufforderung an die Kirchenleitung betrachte, an den von ihr gegebenen Richtlinien festzuhalten und sie nötigenfalls einzelnen Dienern der Kirche gegenüber mit Energie geltend zu machen. Dabei soll aber nicht eine bestimmte politische Richtung verfemt werden, sondern nur eine Beanstanduirg erfolgen vom Gesichtspunkt der Pflicht gegen Amt und Gemeinde. Zur Frage „Kirche und Nation" erklärte der Kirchenpräsident, daß der Ausspruch des früheren englischen Botschafters in Berlin, Lord d'Abernon, wonach Deutschland nur noch die Ausgabe habe, für die anderen Nationen die Lasten des Krieges zu tragen, entschieden abzulehnen sei, denn die infame Niedcr- drückung und Ausräubung eines Volkes sei ein Frevel gegen Gottes Schöpfcrwillen. Wenn Deutschland als Kulturvolk so mißhandelt werde, dann sei es kein Wunder, daß sich nachgerade auch in der geduldigen deutschen Nation ein elementarer Widerwille rege gegen Versailles und alles, was Versailles zu verewigen drohe. Der Kirchenpräsident betonte dann noch die Notwendigkeit, daß sich die Kirche angesichts der großen Not unermüdlich in den Dienst der Liebe stelle.
Schwere Unterschleife bei einer Wiirtt. Ministerialabteilung
Stuttgart, 26. April. Bei der Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau kamen vom Mai 1924 bis Mai 1926 schwere Verfehlungen vor, die jetzt Gegenstand einer Verhandlung vor dem- Erweiterten Schöffengericht waren. In nur zwei Jahren konnte der jetzt 57 Jahre alte Rechnungsrat a. D- Karl Wille von Stuttgart aus der von ihm geführten Kasse 123 000 Mark für seine Privatzwecke entnehmen, ohne daß von der Rechnungskammer eine Beanstandung bei den Revisionen erfolgte. Der Angeklagte bediente sich zur Verschleierung seiner verbotenen Kasseneingriffe teilweise besonders raffinierter Falschbuchungen und sonstiger Fälschungen, darunter auch der Unterschrift des Präsidenten Euting. Trotzdem wird man aber sagen können, daß bei gründlicher Nachprüfung eine Aufdeckung hätte erfolgen müssen, da die Fälschungen teilweise sehr plump waren, sodaß der Vorsitzende des Gerichts von einem Wunder sprach, daß die Fälschungen nicht entdeckt wurden. Die Unterschleife kamen aber erst durch die vor etwa einem Jahr eingeführte neue Staatskassenordnung auf. Der im Jahre 1927 pensionierte Angeklagte war nach seiner Zuruhesetzung auch einige Zeit Geschäftsführer der kathol. Sicdlungsgemeinschaft „Familienheim". Seine frühere moralische Atmosphäre beherrschte ihn auch in seiner neuen Stellung, nur hatten seine Veruntreuungen diesmal nicht hiesen ungeheuren Umfang angenommen wie bei seiner Tätigkeit auf der Ministerialabteilung. Sie beliefen sich auf etwa 25 000 Mark und wurden im Oktober 1930 mit 1)4 Jahren Gefängnis geahndet, die der Angeklagte zur Zeit verbüßt. Den Anlaß zu den Verfehlungen gab der Wunsch des Angeklagten nach einem Eigenheim für seine 12köpfige Familie. Sehr schnell gewöhnte er sich aber an ein reichlich gutes Leben. Zuletzt wurden geradezu Unsummen zum Fenster hinausgeworfen. Unter Anrechnung der bereits gegen ihn ausgesprochenen Gefängnisstrafe wurde der in vollem Umfang geständige Angeklagte nunmehr zu der Gesamtzuchthausstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie zu fünf Jahren Ehrverlust und zu der Geldstrafe von 200 Mark verurteilt.
Die Flucht aus dem Lebe»
Zuffenhausen, 27. April. Zu den Selbstmorden in den letzten Tagen schreibt die „Allgemeine Rundschau": Zur Zeit greift wieder die krankhafte Sucht, das Leben wegzuwerfen, um sich. Viele Fälle davon kann man sich ohne weiteres erklären, man kann sie verständlich finden im Hinblick auf die überall herrschende Not, auf die oft für junge Leute verschlossene Möglichkeit des Fortkommens im Beruf, weil Arbeitskräfte im Uebermaß überall vorhanden sind und sonstige widrige Umstände, wie Krankheit usw. Andererseits gibt cs Fälle, bei denen man fast vor einem Rätsel steht, wenn man nach den Gründen sucht. So haben dieser Tage hier zwei junge Männer, die das Leben in geordneter und manches versprechender Weise vor sich hätten sehen können, sich daraus geflüchtet, ohne äußerlich erkennbare, tiefgreifende Veranlassung. Ein 20jähriger Theologiestudent von hier, der hoffnungsvolle, sehr begabte Sohn überaus achtbarer Eltern, wurde bei Geislingen vom Zuge überfahren und ein nach Abdienung seiner 12jährigcn Militärzeit vor kaum Monatsfrist mit einer hiesigen Bürgerstochter in den Ehestand getretener, gewandter, tüchtiger junger Mann mit gesicherter Stellung bei der Feldschutzpolizci erschoß sich vorgestern mittag bei der Knecht'schen Ziegelei. Sein Hund, das treue Tier, bewachte ihn und es kostete große Mühe, ihn von der Leiche wegzubringen, da er allen Annäherungsversuchen Unbekannter gegenüber sich stellte. In beiden Fällen steht man ohne näheren Einblick in die seelischen Nöte, die die Betreffenden
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