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Amtsblatt für den GberamtsbezirkNeuenbürg
Kr. S4 Samstag den 23. April 1932
Notverordnung über 4g-Ltundenwoche?
Vorverhandlungen mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Berlin, 22. April. Das Reichsarbeitsministerium beabsichtigt, dem Reichskabinett den Erlass einer Verordnung zur Verkürzung der Arbeitszeit auf Grund der Notverordnung vom 5. Juni 1931 vorzuschlagen. Entsprechend der Bestimmungen der Notverordnung soll versucht werden, für Mehrarbeit eine Genehmigungspflicht einzuführen und die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit auf 40 Stunden wöchentlich herabzusetzen. Dabei würde der Reichsarbcitsminister cs sich Vorbehalten, für einzelne Arte« von Betrieben oder Gruppen von Arbeitern Ausnahmen zuzulaffen.
Bevor die Verordnung dlw Reichskabinett beschäftigen wird, sollen in Besprechungen mit den Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehme» die Einzelheiten geklärt werden. Die Vertreter des Bergbaues sind bereits für Freitag, den 29. April, in das Rcichsarbeitsministerium geladen.
Am 9. Mai wieder Reichstag
Berlin, 22. April. Innerhalb des Reichskabinetts haben mit Rücksicht darauf, daß der Reichstag am 26. April Zusammentritt, um den Arbeitsplan des Parlaments auszustellen, Verhandlungen über die Parlamentarischen Möglichkeiten der nächsten Zeit stattgesunden. Es war ursprünglich daran gedacht worden, daß der Reichstag am 6. Mai zusammentreten könnte. Dieser Termin kann aber aus technischen Gründen nicht eingehalten werden, wobei es eine Rolle spielt, daß an
diesem Tag die Einweihung der neuen Bibliothek in München stattfindet, an der viele Parlamentarier teilnehmen.
Die Reichsregierung wird unter diesen Umständen dem Aeltestenrat Vorschlägen, den Reichstag auf den 9. Mai einzuberufen, und zwar zu einer kurzen Beratung, die vier oder fünf Tage in Anspruch nehmen würde. Man will dem Reichstag dann sofort den Entwurf des Haushaltsplanes zuleiten und das normale Verfahren, daß zunächst der Reichsrat und dann der Reichstag den Haushaltsplan berät, würde in diesem Falle ausgeschaltet werden. Die beiden gesetzgeberischen Instanzen würden gleichzeitig ihre Haushaltsberatungen abhalten, und zwar in der Form, daß der Reichstag den Entwurf lediglich dem Hauptausschuß überweist und sich wieder vertagt.
In der ersten Sitzung des Reichstags würde dann eine allgemeine große Aussprache über die Innen- und Außenpolitik beginnen, die ebenfalls den Charakter einer ersten Lesung des Haushaltsplanes bekommen könnte. Gegen Ende der zweiten Maiwoche würde sich der Reichstag wieder vertagen und es dem Haushaltsausschuß überlassen, in den nächsten 14 Tagen die Einzelberatungen des Haushaltsplanes in Angriff zu nehmen.
Gröners Aussprache»
Berlin, 22. April. Reichsinnenminister Gröner wird nach seiner Rückkehr aus Sigmaringen, wo er am Samstag eine Aussprache mit dem Reichskanzler haben wird, dem Reichspräsidenten und dann den in Berlin verbliebenen Ministern Bericht erstatten. Das Reichskabinett dürfte sich daher voraussichtlich am Montag zu einer Sitzung versammeln.
Ein Kompromiß über die AagriffSwaffen
Frankreich aus der Isolierung befreit
Genf, 22. April. Der Hauptausschuß der Abrüstungskonferenz hat heute vormittag dem englischen Entschließungsentwurf über den Grundsatz der qualitativen Abrüstung angenommen.
Zu Beginn der mit großer Spannung erwarteten Aussprache schlug der englische Außenminister Sir John Simon einen Kompromiß zwischen der französischen Auffassung und derjenigen der Konferenzmehrheit in Form eines Abände- rungsantragcs seines eigenen Entschließungsentwurfes vor. Dieses Kompromiß besteht darin, daß als mögliche Methode der qualitativen Abrüstung nicht nur das Verbot, sondern auch die Jnternationalisierung bestimmter, näher zu bezeichnender Waffen erwähnt wird. In der Entschließung heißt es u. a.: Unbeschadet anderer Vorschläge erklärt die Konferenz ihr Einverständnis mit dem Grundsatz der qualitativen Abrüstung, d. h. der Herausgreisung gewisser Arten oder Typen von Waffen zu dem Zweck, durch ein allgemeines Abkommen ihren Besitz oder Gebrauch allen Staaten zu verbieten oder sie zu internationalisieren.
Der rumänische Delegierte Titulescu zog seinen gestrigen Obstruktionsantrag mit dem Ausdruck der Befriedigung über die jetzt erfolgte Klarstellung zurück. Auch Tardieu sprach seine Genugtuung aus. Der ungarische Graf Apponhi stellte fest, daß zwischen dem ursprünglichen u. dem jetzigen Entwurf kein sachlicher Widerspruch bestehe.
Darnach ergriff der deutsche Delegierte, Botschafter Na- dolnh, das Wort. Der deutsche Vertreter erklärte, daß er sich mit dem englischen Antrag einverstanden erklären könne.
Nadolny hob aber nochmals und zwar diesmal noch schärfer als in seiner vorgestrigen Rede hervor, daß nach deutscher Auffassung die Abschaffung der schweren Angriffswasfen nicht durch eine Jnternationalisierung zu erfolgen habe, sondern durch Zerstörung dieser Waffen.
Er halte es für seine Pflicht, sagte Nadolny, keinen Zweifel über die Auffassung der deutschen Delegation aufkommen zu lassen. Die qualitative Abrüstung könne nicht durch die Jnternationalisierung, sondern nur durch die Zerstörung der Angriffswasfen erreicht werden und durch absolutes Verbot der Herstellung und der Anschaffung solcher Waffen. Was die Frage angehe, welche Waffengattungen unter die Begriffsbestimmung „schwere Angriffswaffen" fallen, so sei diese Frage bereits vorentschieden worden durch die einseitige Entwaffnungsbestimmung des Versailler Vertrages. Die hier vorgenommene, einzelnen Staaten auferlegte Abschaffung der schweren Angriffswaffen habe sich als praktisch durchführbar erwiesen. Die deutsche Delegation sei bereit, über weitergehende Verbote zu verhandeln.
Litwinow stimmte gleichfalls der Entschließung zu mit der Begründung, daß sie die ursprüngliche Entschließung in keiner Weise abändere.
Darauf wurde, wie bereits gemeldet, die Entschließung von dem Hauptausschuß einstimmig angenommen.
Vertagung der Abrüstungskonferenz wegen der Wahlen in Frankreich?
Paris, 22. April. „Paris Soir" läßt sich ans Gens melden: Gerüchtweise verlautet, daß das Büro der Abrüstungskonferenz morgen vormittag zusammentreten werde, um über die Vertagung der Verhandlungen bis nach den französischen Wahlen, d- h. bis zum 9. Mai, zu beraten. Anscheinend verhandele man darüber hinter den Kulissen; man habe heute vormittag erklärt, daß sich eine große Mehrheit für eine entsprechende Vertagung finden werde.
Neue Unterredung zwischen dem Reichskanzler und Tardieu
Genf, 22. April. Reichskanzler Brüning hatte heute nachmittag eine fast zweistündige Unterredung mit Tardieu, bei der auch der Staatssekretär v. Bülow anwesend war. In dieser Unterredung sind alle großen aktuellen Fragen berührt worden. Die Besprechungen werden Anfang nächster Woche nach Rückkehr Tardieus ihre Fortsetzung finden.
Heute mittag hatte ein Frühstück den Reichskanzler mit Tardieu und Macdonald zusammengeführt.
Als die Photographen Tardieu und Macdonald beim Verlassen des Hotels Metropole nebeneinander photographieren wollten, sagte Tardieu: „Nein, das geht doch nicht, da muß auch Brüning dazu" So wurde Dr. Brüning geholt, in die Mitte genommen und alle drei reichten sich die Hände. Die englisch-deutsch-französische Entente wird also derart in die Blätter kommen. Ob sie schon so fest besiegelt ist, scheint im Augenblick trotz der Acußerung Tardieus zu einigen französischen Journalisten über „eine gewisse Beruhigung" noch nicht sicher. Tatsache ist, daß alle hier schwebenden Fragen, die ja im Grunde ein einziges Problem darstellen, in den Besprechungen erörtert worden sind.
7« Millionen Menschen arbeitslos
Genf, 22. April. Ter Direktor des Internationalen Arbeitsamtes, Albert Thomas, weist in seinem Hauptbericht für die am 12. April zusammengetretenc Internationale Arbeitskonferenz an Hand eingehenden statistischen Materials aus die außerordentliche Verschärfung der Weltwirtschaftskrise in den letzten Monaten hin. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen wird für Ende 1931 mit 26 bis 25 Mill. geschätzt; insgesamt seien gegenwärtig 60 bis 70 Mill. Menschen ohne Beschäftigung.
Ein Beweis für die Verschärfung der Wirtschaftskrise sei die Entwicklung der Großhandelspreise in den Hauptindustriestaaten. Der Rückgang des internationalen Handels wird in dem Bericht für 48 Staaten auf 63 Milliarden Goldfranken gegenüber 1929 berechnet. Ferner wird auf den außerordentlichen Rückgang des nationalen Einkommens in einzelnen Ländern hingewiesen. In den Vereinigten Staaten sei danach das nationale Einkommen im Jahre 1931 nur 32 v. H. gegenüber 1929 zurückgegangen. Das nationale Einkommen des deutschen Volkes wird auf 50 bis 60 Milliarden RM. im Jahre 1931 gegenüber 76 Milliarden RM, im Jahre 1929 geschätzt.
Lausanne am 18. Juni?
Paris, 22. April. In der Reparationssrage soll, wie die Pariser Presse meldet, eine neue Einigung zustande gekommen sein. Tie Reparationskonferenz von Lausanne sei endgültig auf den 16. Juni festgesetzt worden. Tor; ehemalige belgische Ministerpräsident und Finanzminister Theunis soll aufgefordert werden, den Vorsitz zu übernehmen. Die Dauer der Konferenz ist auf einen Monat berechnet. Dazu bestätigen die Pariser Blätter, daß zwischen Deutschland, England und Italien eine merkliche Annäherung hinsichtlich einer Endregelung der Reparationsfrage erreicht worden sei.
Was die Donaupolitik angeht, so soll auf Antrag des Reichskanzlers Brüning nächste Woche in Genf die Konferenz der Großmächte England, Frankreich, Deutschland und Italien wieder zusammenbernfen werden. In allen genannten Fragen soll die nächste Woche die Entscheidung bringen.
SV. Ialiraang
Völkische Kraftproben
Weltpolitische Wochenschau
(Nachdruck verboten!)
j8- Die Landtagswahlcn sind für die derzeitige Reichsregierung nicht gleichgültig. Bekanntlich unterstützte der Reichsrat die Regierung Brüning, dem unter seiner Kanzlerschaft immer größere Bedeutung zufiet. Nun aber werden die Mächtgruppierungn in einer Reihe von Ländern verschoben, was sich ja auch im Reichsrat bemerkbar macht. So verfügt Preußen über 26 Reichsratstimmen, Bayern über 11. Württemberg über 4, Hamburg über 2 und Anhalt über 1 Stimme. Im ganzen sind im Reichsrat 66 Stimmer der Länder vertreten. Es ist daher die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß nun Zweidrittel des Reichsrats den Kanzler ablehnen. Der Reichstag kann aber über eine solche Haltung des Reichsrates nur dann zur Tagesordnung übergehen, wenn er selbst mit Zweidrittelmehrheit für den Kanzler stimmt, was aber ausgeschlossen ist.
Während also im eigenen Lande entscheidende Dinge Vorgehen, arbeitet der Reichskanzler in aller Stimme in Genf. Mögen die Genfer Verhandlungen ausgehen wie sie wollen, sie werden jedenfalls eine deutliche Trennungslinie zwischen den Staaten ziehen: Hie Frankreich mit Versailles und seinen teuer erkauften Bundesgenossen, dort Deutschland, England, Italien und Amerika. Schon die Abrüstungsdebatte hatte diese Fronten klar gegliedert. Der amerikanische Vorschlags man solle die schweren Angriffswaffen abschaffen, wurde von Frankreich abgelehnt. Etappenweise soll nun abgerüstet werden. Frankreich schlug vor, die schweren Angrissswasfen zu internationalisieren und dem Völkerbund zur Verfügung zu stellen. Damit wäre der Gleichberechtigung zwischen Deutschland und den übrigen Staaten ein Riegel vorgeschoben und Frankreichs Macht bliebe unangetastet, die wirkliche Abrüstung wäre somit sabotiert. Auch der tschechische Vorschlag zielte mit seiner Sicherheitsthese aus die Zerschlagung der Abrüstung ab.
Aehnlich wie bei der Abrüstung so steht Frankreich auch bei der Donaufrage ziemlich allein. Seine Bundesgenossen halten nur so lange zu ihm, als es ihnen Geld gibt. Die Goldkräfte von Paris sind aber nicht unerschöpflich. Die Innsbrucker Donautagung zeigte wieder einmal, daß Tardieus Plan einer Donauunion an den verschiedenen Interessen scheitern muß. Nur der deutsche Weg von Einzelverhandlungen ist eben gangbar. Auch die englische Vertretung entschied sich in Innsbruck gege den französischen Plan, da er hauptsächlich politisch sei.
Während Frankreich die Abrüstung in Genf zerschlug, marschieren in Frankreich die Parteien zur Wahl auf. Die Rechte hat mit Tardieu auf ihr Banner den rücksichtslosen Kampf gegen Deutschland geschrieben. Man weiß ja, daß Tardieu sogenannten „Sanktionen", also dem Einmarsch ins Ruhrgebiet nicht abgeneigt ist.
Ueber England liegen schwere Schatten. Sein Staatshaushalt brachte eine große Enttäuschung; denn statt einer Steuersenkung gab es noch eine Steuererhohung. In England sieht es also nicht besser aus als in anderen Staaten. Dazu kommt noch, daß Macdonald ein kranker Mann ist. So kann er in Genf nicht mit seiner ganzen Arbeitskraft die englischen Interessen vertreten. Da gerade in der Frage der Reparationen und der Abrüstung England weitgehend mit Deutschland gleich gesinnt ist, so ist die Erkrankung Macdonalds für uns sehr zu bedauern.
Während man in Europa von Frieden und Abrüstung redet und der russische Vertreter zeitweilig in Gens sogar gegen die übertriebene Sicherheitsformel der Franzosen auftrat, ziehen sich im Fernen Osten neue Kriegswolken zusammen. Der Zankapfel ist die Mandschurei. Japan ließ keinen Zweifel, daß es jederzeit bereit sei, die neue mandschurische Regierung gegen Rußland zu „schützen". Vielleicht ist aber dieser „Schutz" nichts anderes als ein — Angriff.
Molotow über den Fernen Osten
Eine Reve vor den sowjetrussischen Gewerkschaften
Moskau, 22. April. In der Eröffnungssitzung des 9. Gewerkschaftskongresses der Rätcunion hielt Molotow eine längere Rede, in der er zunächst auf die Rolle des ersten Füuf- jahrcsplanes und die Aufgabe der Gewerkschaften im zweiten Fünfjahresplan einging.
Darnach erklärte Molotow über die außenpolitische Lage, Laß die Imperialisten im Fernen Osten die Vorbereitungen für den Angriff auf den Rätebund bereits so gut wie abgeschlossen hätten. Es bestehe heute kein Zweifel mehr, daß zwischen dem japanischen Generalstab und verschiedenen Genc- ralstäbcn in Europa engste Verbindung bestehe. Die japanischen Imperialisten hätten keine Bedenken gehabt, die Mandschurei zu besetzen und dadurch einen schweren Konflikt herauszubeschwören. Die Räteunion verfolge nach wie vor eine Friedenspolitik. Sie könne sich jedoch Herausforderungen nur bis zu einer gewissen Grenze gefallen lassen.
Molotow betonte sodann, daß die Interventionen vor 12 Jahren unter günstigeren Umständen für die Imperialisten durchgeführt worden seien. Heute seien die Umstände für die Imperialisten wesentlich ungünstiger. Die Ereignisse der letzten Jahre hätten gezeigt, daß die Sowjetunion über werktätige Massen verfüge, die ihrer Aufgabe voll gewachsen seien. Die Rote Armee stehe an den Grenzen und werde sämtliche Angriffe abzuwehren wissen. Sie stütze sich auf die unbedingt zuverlässige Hilfe aller Werktätigen des Rätebundcs, die die Sache des Proletariats bis zum Ende verteidigen würden.