Loffenau, 2 .Febr. Vom 11. bis 15. Januar fand hier ein Lbstbaulehrkurs statt. Leiter desselben war Gartenbaurat Hiller von Stuttgart. Außer den Mitgliedern des hiesigen Obstbauvcreins beteiligten sich noch zahlreiche andere Interessenten. Jeden Nachmittag ging man in die Obstbaum- anlagen der Gemarkung und nahm den Schnitt der Jungbäume vor. Es wurde auch ein Baum sachgemäß gesetzt. Abends waren im Rathaussaal von dem Kursleiter eingehende, aber leicht verständliche Vorträge über Bedeutung des Obstbaus — Pflege der Jungbäume — Düngung — Schädlinge und Krankheiten — Sortenwahl. Von Tag zu Tag- mehrten sich die Teilnehmer sowohl an den praktischen Arbeiten im Gelände als auch an den abendlichen theoretischen Vorträgen. Besonders erwähnt soll werden, daß der Kursleiker bei den praktischen Hebungen die einzelnen Teilnehmer zu eigener Arbeit veranlaßte, und es war erfreulich, zu sehen, mit welchem Ernst und Erwägen die ersten Schnitte gemacht wurden. Dem Kursleiter sei auch an dieser Stelle herzlicher Dank gesagt für seine instruktiven Vorführungen und seine gediegenen und doch populären Vorträge. In dankenswerter Weise hat er uns im Mai einen 2. Besuch zugesagt. Versäume Loch niemand die Gelegenheit, sich an einem solchen Lehrkurs zu beteiligen.
WÜMombSkA
Eozberg. OA. Maulbronn, 2. Febr. (Leichcnländung). Gestern nacht fand der Nachtwächter am Wehr des hiesigen Werkes der Lederfabrik Roser eine weibliche Leiche. Die Tote, die noch nicht lange im Wasser gelegen haben kann, ist eine etwa 42 jährige Frau, deren Name noch nicht ermittelt werden konnte.
Unterriexingen, OA, Vaihingen, 2. Februar. (Bürgermeister im Streit verletzt.) In der Nacht auf Sonntag kam es in der Wirtschaft zum „Ochsen" zwischen dem hiesigen Bürgermeister und einem hiesigen 2tijährigen Bürgersohn nach kurzem Wortwechsel zu Tätlichkeiten, in deren Verlaus der Bürgermeister übel zugerichtet ww de. Er trug schwere Wunden am Kopf, 'Arm und Rücken davon und wurde ins Vietigheimer Krankenhaus verbracht.
Gemmrighcim, OA. Besigheim, 2. Febr. (Betriebsunfall). Am Samstag wurde in der hiesigen Papierfabrik durch den Bruch einer Kranenkette der 25 jährige Mechaniker Eisenmann von einem herunterfallenden Rohr so schwer auf den Fuß getroffen, daß er Brüche davon- jmq, die eine sofortige Ueberführung ins Vietigheimer Krankenhaus nötig machten. Ein weiterer bei der Sache beschäftigter Arbeiter entging mit knapper Not schweren Verletzungen.
Oberheinriet, OA. Heilbronn, 2. Febr. (Hilfe zur rechten Zeit.) Der 17jährige Zigarrenmacher Robert KUbler war mit Kiesgraben beschäftigt, als plötzlich eine größere Kiesmasse einstürzte und den Unglücklichen unter sich begrub. Zufällig waren in der Nähe noch einige Bürger mit der gleichen Arbeit beschäftigt, die den Unflll bemerkten. Fieberhaft wurde mit Schaufeln und Hauen gearbeitet, um den mindestens einen Meter tief Begrabenen zu bergen. Der linke Unterschenkel war ihm abgedrückt.
Marbach a. N., 2. Febr. (Falsche 2 RM.-Stücke im Verkehr.) In den letzten Tagen wurden wiederholt in einigen Ortschaften des Oberamtsbezirks Marbach falsche 2 RM.-Stücke angetroffen. Vermutlich handelt es sich um Falschgeld von dem in letzter Zeit sehr viel erwähnten Dr. Salaban aus Berlin Es ist deshalb größte Vorsicht beim Einkassieren von Silberstücken geboten.
Stuttgart. 2. Febr. (Hochherzige Spende des Reichspräsidenten — 100000 RM. für den Wiederaufbau des Alten Schlosses). Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Wie wir hören, hat der Reichspräsident zum Wiederaufbau des Alten Schlosses in Stuttgart eine einmalige Gabe von 100000 RM. aus seinem Verfügungsbetrag trotz der Knappheit der Mittel dieses Fonds verwilligt. Die reichliche Spende ist erfolgt: da es sich bei dem Asten Schloß um ein Baudenkmal von großer historischer Bedeutung handelt, dessen Zerstörung als ein das ganze deutsche Volk berührender Verlust anzusehen ist, und da sich schon bei den Vorbereitungen für den späteren Wiederaufbau zahlreichen Erwerbslosen Arbeitsmöglichkeit bietet. Der Staatspräsident hat dem Reichspräsidenten in einem persönlichen Sch eiben den Dank der Wllrtt. Staatsregierung und des schwäbischen Volkes für die große Spende ausgesprochen.
Obernheim, OA. Spaichingen, 2. Febr. (Tödlicher Unfall im Walde.) Als am Samstag vormittag die Holzhauer eine Buche fällen wollten, die vom Schneedruck stark gebogen war, krachte diese unerwartet ab und traf den Holzhauer Sabinus Mauthe. Der fallende Baum schlug dem Unglücklichen ein Bein zweimal ab, drückte ihm die Rippen und den Brustkorb ein, sodatz er bewußtlos liegen blieb. Aus dem Heimtransport erlag er seinen schweren Verletzungen.
Rottweil, 2. Febr. (Ueberfall.) Ein hiesiger Wirt wurde Samstag nacht auf dem Heimweg in der Oberen Hochmaiengasse von rückwärts überfallen und so schwer mißhandelt, daß er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Die Täter, zwei hiesige Arbeiter, sind ermittelt und geständig. Der Fall wird ein gerichtliches Nachspiel haben.
Tettnang. 2. Febr. (Zwillingsschwestern feiern 70. Geburtstag.) Zrau Käser Meßmer hier und Frau Landwirt in Gottmannsbühl konnten dieser Tage ihr 70. Lebensjahr vollenden: sie sind Zwillingsschwestern und ihr Vater war Obermüller Bernhard in Hemigkosen.
SaÄsn
Pforzheim, 2. Febr. Fn der Nacht zum 31. Januar, nach zwei Uhr, entstand in der Wirtschaft zum „Saalbau" anläßlich des ersten Maskenballes der großen Karnevals-Gesellschaft unter den Gästen eine Schlägerei, nachdem schon vorher die Polizei dreimal im Saal selbst einschreiten und die Streiterei schlichten mußte. Zwei in Zivil- Kleidung anwesende Polizeibeamte, die abwehren wollten, wurden tätlich angegriffen und mit Stühlen und Biergläsern mißhandelt. Beide Beamte wurden verletzt. Zwei der Haupttäter wurden verhaftet. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.
«snüel un6 Verkehr
Stuttgart, 2. Febr. (Schlachtviehmarkt.) Dem Menstagmarkt am Stadt. Vieh- und Schlachthof wurden zugeführt: 33 Ochsen (unverkauft 8), 40 Bullen (unverkauft 2>, 276 (25) Jungbullen, 309 (15) Kühe, 387 (40) Rinder, 1517 <30) Kälber, 1955 (20) Schweine, zwei Schafe. Erlös aus je 1 Zentner Lebendgewicht: Ochsen s 29-32 (letzter Markt —), d 25-27 (—). c 21—24 (-), Bullen 2 24-25 (unv.i, b 22-23 (21-23), c 20—21 (-), Kühe a 22—26 (-), d 17 dis 20 <—). c 12—15 (—), ci 9—II (-), Rinder s 33-35 (32 bis 35). d 26—30 (25-30), c 21—24 (unv.), Kälber b 34—37 (35—38), c 29—32 (29—34), ci 24—27 (25—28), Schweine d vollfleischige von 210—300 Pfund 42—43 (41), c von 200-240 Pfund 41—43 ,40 bis 41), ci von 160 - 200 Pfund 39-40 (38-39), e fleischige von 120 bis IrO Psund 37-39 (36-37), Sauen 27—33 (28-33) Mark. Marktverlauf: Großvieh mäßig, Ueberstand, Kälber langsam, Schweine mäßig.
Lichtblick in der Wirtschaft
Zwei erfreuliche Nachrichten aus dem Wirtschaftsleben Und kürzlich bekannt geworden: der Abschluß der Stillhalteberhandlungen und das günstige Jahresergebnis des deutschen Außenhandels. In den Stillhalteverhandlungen ist ein Abkommen gelungen, wonach die ausländischen kurzfristigen Kredite grundsätzlich ein weiteres Jahr stehen gelassen werden. In Ar ersten Hälfte des vorigen Jahres hat bekanntlich das Ausland nicht stillgehalten, sondern seine Kredite rücksichtslos zurückgezogen und so die bekannte Zahlungskrise herbei- örführt. Vor einer solchen Krise von der Seite der aus
ländischen Kredite ist Deutschland nun durch die neuen Still- halteabmachungen geschützt. Im Jahre 1961 erbrachte der Ueberschuß der Ausfuhr über die Einfuhr noch die Summe von 3 Milliarden RM. Diese Ziffer ist ein Beweis für den Druck der Not auf die deutsche Wirtschaft- Ob allerdings die Erzielung eines erheblicheren Ausfuhrüberschusses trotz der vielen Hemmnisse (Zölle usw.), die das Ausland den deutschen Waren in den Weg legt, auch künftig möglich sein wird, ist recht zweifelhaft.
Stillhaltung und allmähliche Tilgung der Auslandsschulden durch Exportüberschuß genügen freilich allein nicht. Vielmehr muß die Lücke in der deutschen Kreditversorgung, die durch die notwendige Rückzahlung der Auslandsschulden entsteht, aus dem Inland wieder aufgefüllt werden. Das gelingt, wenn alles im Augenblick nicht unbedingt gebrauchte Geld bce den Geldinstituten (Sparkassen, Banken usw.) eingezahlt bezw. dort belassen wird. Tatsächlich haben bei den Sparkassen in den letzten Wochen die Abhebungen ständig abgenommen und die Einzahlungen wieder zugenommen. Also ein weiterer Lichtblick und Beweis, daß wir trotz der Not der Zeit nicht hoffnungslos in die Zukunft zu sehen brauchen.
Das Handwerk zur Aenderung der Wirtschaftsordnung
Neben den Vorschlägen zur Beseitigung der bestehenden Wirtschaftskrise und im Zusammenhang damit wird die Frage der Wirtschaftsordnung immer lebhafter erörtert. Damit ist die äußere Form gemeint, in der sich das wirtschaftliche Zusammenleben vollzieht. Wir haben heute anerkannterweise überhaupt keine klar zu bestimmende Wirtschaftsordnung, vielmehr sind in ihr Bestandteile aus Privatkapitalismus, Planwirtschaft, Staatssozialismus durcheinander gemischt. Fe nach der vorhandenen Jnteressenlage wollen die großen wirtschaftlichen Kräftegruppen entweder zu einer freien Individualwirtschaft zurückkehren oder eine sozialistische Planwirtschaft errichten. Von jeder Seite wird die Behauptung vorgctragen, daß gerade die von ihr verlangte Wirtschaftsordnung den Bedürfnissen der Wirtschaft am besten angepaßt und in der Lage sei, die bestehenden Schwierigkeiten zu beheben.
In den letzten Jahren haben die Bestrebungen an Boden gewonnen, die Kluft zwischen Unternehmer und Arbeiter durch eine neue Form der Wirtschaftsordnung zu schließen. Mit gewissen Abweichungen zielen diese Bestrebungen auf die Einführung einer Berufsständeverfassung in der Wirtschaft hin. Damit wird ein Gedanke aufgcgriffen, den die Berufs- Vertretungen des Handwerks erstmals im Jahre 1920 in die Oeffentlichkeit hinausgestellt haben. Damals sollte durch eine Reichshandwerkerordnung für den Bereich des Handwerks eine berufsständische Vertretung unter Einschluß der Gesellen und Gehilfen errichtet werden. Das Handwerk hat neuerdings in den eigenen Reihen und in der Oeffentlichkeit wiederum zur Prüfung des berufsständischen Ordnungsgedankens auf feine Verwirklichungsmöglichkeiten im Handwerk und in der Wirtschaft aufgefordert. Zu diesem Zweck hat der Deutsche Handwerks- und Gcwerbekammertag in einer Veröffentlichung „Berufsstandsgedanke und Berufsstandspolitik des Handwerks" das Programm einer berufsständischen Gliederung -entwickelt und begründet.
Zu den Verfechtern der üerufsständischen Idee hat sich jetzt auch der „Stahlhelm", Bund -der Frontsoldaten, gestellt. Er Witt mit einem Aufruf hervor, in dem zum Eintritt in einen von ihm geschaffenen „Bund für organischen Staats- und Wirtschaftsaufbau" aufgefordert ist. Wenn in diesem Aufruf gesagt ist, daß die wirtschaftlichen Berufsverbände es bisher an der Herstellung wegweisender Ziele haben fehlen lassen, so muß diese Feststellung berichtigt werden. Es gibt eine Berufsorganisation, die bereits vor 12 Jahren an die vom Stahlhelm durchaus richtig gesehene Aufgabe herangegangen ist und in der Zwischenzeit immer wieder darauf hingewiesen hat, daß wir den gegenwärtigen Zustand schöpferisch überwinden müssen, indem wir eine neue Ordnung der Wirtschaft in die Wege leiten. Das Handwerk hat damit aber leider noch kaum Gehör gefunden. Auch darin zeigt sich die unzureichende Beachtung des gewerblichen Mittelstandes, die für die zurückliegende Zeit kennzeichnend ist- Es wäre zu wünschen, daß sich hierin alsbald ein Wandel vollzieht.
Weiden, 2. Febr. Das Schwurgericht verurteilte heute den 35 Jahre alten ledigen Dienstknecht Philipp Schieden aus Kühbach unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte dreimal zum Tode. Seine Mutter Anna Schieder wurde von der Anklage der Beihilfe mangels Beweises freigesprochen. — Philipp Schieder hatte in der Nacht zum 19. Juli 1931 seinen jüngsten Bruder, Len Gastwirt Andreas Schieder aus Wendersreuth, dessen Ehefrau und deren 11L Jahre altes Kind durch Beilhiebe ermordet, um in Len Besitz des elterlichen Anwesens zu gelangen.
Das letzte Wort der Angeklagte« im Calmette-Prozetz
Im Montag nahm im Lübecker Calmette-Prozeß der Vertreter der Nebenkläger, Rechtsanwalt Dr. Wittern, nochmals das Wort, um auf Ausführungen der Verteidiger zu antworten. Er stellte zunächst fest, daß gegen die Schwester Anna Schütze keine Anklage erhoben werden konnte, weil schon damals kein ausreichendes Beweismaterial für ihre Schuld Vorgelegen habe. Dr. Wittern stellte sich Sann erneut auf den Standpunkt, daß sich der Angeklagte Dr. Mtstädt der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht habe. Kein Mensch denke daran, einen der Angeklagten zu lynchen. Aber die Eltern wollten eine gerechte Sühne.
Am 75. Verhandlungstag erhielten die Angeklagten das letzte Wort. Dr. Mtstädt erklärte, er habe seinen bisherigen Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen. Prof. Dr. Deycke führte aus: Ich bedauere, daß gerade mich das Schicksal herausgezogen hat, unschuldigen Kindern, denen wir Gutes tun wollten, Tod und Krankheit zu bringen. Nach meiner Ueber- zeugung sind wir gegen das Schicksal machtlos. Aber wenn Sie, meine Herren Richter, in den Vorgängen eine Fahrlässigkeit erblicken sollten, dann trifft mich allein der Vorwurf. Ich bitte Sie, die Sühne, die das Gericht befindet, mir aufzuerlegen. Ich werde die Sühne antreten, aber ich bitte, meine Mitangeklagten fveizusprechen. Sie sind meines Erachtens sicher frei von aller Schuld. Schwester Anna Schütze betonte, daß sie immer die Wahrheit gesagt habe. Professor Dr. Klotz bat das Gericht, sich die Ausführungen seines Verteidigers zu
EinzeithmmgsWeli
für die Volkswahl zur wetteren ReichS- präfidentschatt HindenburgS
sind in der „Enztäler"°Geschäftsstelle aufgelegt bis einschließlich Samstag den 6. Februar.
eigen zu machen, denen er nichts mehr hinzuzufkgcu habe.
Hierauf wurde die Verhandlung auf Samstag nachmittag 18 Uhr vertagt. Aller Voraussicht nach wird dann das Urteil verkündet werden.
GerichtSfaal
Dia Fabrikationsgeheimnisse bei Zoeppritz — „Reine Kaschmir- Decken" aus Kunstseide
Ellwangen, 1. Febr. Ms am Montag die Beweisaufnahme im Prozeß Zoeppritz fortgesetzt wurde, stellte Rechtsanwalt Gollnik den Antrag, den Sachverständigen Prokurist Bauer von der Dresdener Bank Stuttgart wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehneu, da die Dresdener Bank sich kurz vor dem Zusammenbruch mit der Firma des Angeklagten in Geschäftsverbindung befunden und der Firma neoen einem ungedeckten Diskontkredit von mehreren hunderttausend Mark einen gleichfalls ungedeckten Rembours-Kredit von 500 000 Mark gewährt habe. Wenn auch die Anklage einen besonderen Fall Dresdener Bank nicht enthalte, so bestehe doch die Möglichkeit, die Kreditgewährungen dieser Bank in der Hauptver- haudlung mit zum Gegenstand der Urteilsfindung zu machen, aber auch, weil eine Reihe inländischer Banken geschädigt wurden und die Bank des Sachverständigen Bauer dieselben wirtschaftlichen Interessen vertrete wie diese Banken, sich also hier Gegensätze zwischen Bank und Industriekapital einanver gegen- üverstehen würden. Weiter wurde der Antrag damit begründet, daß der Sachverständige durch eine offensichtliche Einflußnahme des Kriminalinspektors Hohloch hinzugezo-gen wurde. Nach dem Antrag der Verteidigung holte Staatsanwalt Kemp- ter zum Gegeuschl-ag aus und lehnte die von der Verteidigung in Vorschlag gebrachten Sachverständigen Professor Rieger Tübingen und Frau Ott-Moellen-Stuttgart aus denselben Gründen ab, da diese beiden Sachverständigen jeden Nachmittag und allabendlich im Hotel „Adler" lange Sitzungen mit -der Verteidigung abhielten, so daß man nicht mehr von Sachverständigen sprechen könne. Das seien -Gehilfen der Verteidigung, denen das Vert-eidigungsvorbringen des Angeklagten geradezu eingehämmert werde. Tatsächlich lehnte das Gericht den Sachverständigen Bauer auch ab, da die von der Verteidigung vorgcbrachten Gründe nicht unbegründet seien, Heber den Antrag der Staatsanwaltschaft behielt sich das Gericht eine spätere Beschlußfassung vor, ebenso die Bestellung eines weiteren Sachverständigen. Prokurist Bauer wirv aber als sachverständiger Zeuge der Sitzung weiter beiwohnen. Ein unerwartetes Ergebnis brachte dann die Vernehmung des früheren Prokuristen und jetzigen Direktors Behringer bei der Zoeppritz A.G., da Lessen Ausführungen wie eine Bombe einschlugen und den Angeklagten Zoeppritz und die damalige Geschäftsführung nicht besser hätten charakterisieren können. Sie deckten sich auch im wesentlichen mit den Aussagen eines Zeugen der vergangenen Woche: „Saumäßig waren die Decken!" Nach Ansicht des Zeugen ist der Zusammenbruch nicht allein in den finanziellen Schwierigkeiten zu suchen, sondern in fabrikatorischen Mängeln, da die Fabrik, die durch Dr. Zoeppritz dillet-antenhaft geleitet wurde, durch Desorganisation stark heruntergekommen sei. Sehr große Verluste seien dadurch -entstanden, daß häufig zweite Wahl geliefert worden sei; mit den Retouren hätte man halbe Lagerhäuser füllen können. Schon lange bevor die finanziellen Schwierigkeiten aufkamen, hätte man gewußt, daß Dr. Zoeppritz kein seriöser Geschäftsmann ist. In den kaufmännischen Gepflogenheiten der Firma sei eine raffinierte Hinterlist enthalten gewesen. Schonungslos deckte der Zeuge alles auf, was ihm seit Jahren auf dem Herzen lag. Von der Firma seien mottensichere Decken angeboten worden, dabei sei man aber gar nicht in der Lage gewesen, solche Decken überhaupt herzustellen. Aus reiner Kunstseide habe man „reine Kaschmirdecken" hergestellt. Bei Zerreißproben seien die Decken wie Zunder auseinandergegangen, und wenn man deshalb bei Dr. Zoeppritz vorsprach und auf solche unlautere Praktiken hinwies, sei er in eine Raserei übelster Art verfallen. Dr. Zoeppritz habe den guten Namen der alten Firma heruntergebracht. — Mit der Behauptung, der Zeuge sei leicht beeinflußbar, wollte der Angeklagte die Aussagen des Zeugen abtun. Die Bezeichnung „Wolle" für knnstseidene Decken erklärte der Angeklagte mit zolltechnischen Gründen.
In der Nachmittag-Sitzung wurde im Zoeppritz-Prozeß der frühere Prokurist Hoppe über seine Wahrnehmungen bei der Firma vernommen. Der Zeuge habe sich steis bemüht, Dr. Zoeppritz zu einem ordentlichen Geschäftsbetrieb zu bewegen und vor allem eine eingehende Kalkulation einzuführen, da es daran ganz besonders gefehlt habe. Aber wenn Dr. Zoeppritz eine Kalkulation vorgelegt worden sei, konnte es sein, daß Dr. Zoeppritz erwiderte, „eigentlich geht Sie das gar nichts an". Auch der Betriebsleiter Wimmer bestätigte wie frühere Zeugen, daß mit Dr. Zoeppritz nicht gut zusammenzuarbeiten war. lieber die Qualität der Fertigfabrikate gefragt, gab der Zeuge an, daß die Qualität der Rohmaterialien entsprechend dem verbilligten Einkaufspreis immer schlechter -geworden sei. Entsprechend habe sich auch die Qualität der Fertigwaren vermindert. Die Zeugin Dill, geb. Clemens, früher Privatsekretärin bei Dr. Zoeppritz, konnte sich auf Einzelheiten nicht mehr besinnen. Nur als sie gefragt wurde, ob die den Banken zur Kreditbeschaffung vorgelegten Bilanzen mit denen in ihrem Geheimbuch gleichlautend waren, gab die Zeugin zur' Antwort: Herr Dr. Zoeppritz hat zuweilen einige Posten zusammengenommen. Die Frage der Staatsanwaltschaft, üb zwischen der Zeugin und Dr. Zoeppritz auch andere als geschäftliche) .Beziehungen bestanden hätten, führte zu einem lebhaften Disput über die Zulässigkeit der Frage. Die Beantwortung unterblieb. Der Angeklagte, wie auch die Zeugin, bestritten, miteinander aüf dem Duz-Futz verkehrt zu haben. Ms der Vorsitzende die Verhandlung bereits auf Dienstag vertagt hatte, kam es noch zu bemerkenswerten Ausführungen der Staatsanwaltschaft in der Frage der Sachverständigen. Staatsanwalt Kempter hatte erneut seine Ablehnungsanträge gegen die beiden Sachverständigen vorgebracht, die der Verteidiger als nicht ernsthaft gemeint abtun wollte. Darauf ergriff Oberstaatsanwalt Bockei das Wort und nahm gegen den Sachverständigen Universitätsprofessor Rieder-Tübingen scharf Stellung, wobei er sich zunächst im Interesse des Sachverständigen eine gewisse Zurückhaltung auferlegen wollte. Da der Verteidiger jedoch die Oeffentlichkeit der Verhandlung gewahrt haben wollte, gab schließlich der Oberstaatsanwalt die Erklärung ad, daß der Sachverständige Professor Rieder nach seiner Ansicht vollständig im Lager der Verteidigung stehe. Er habe sich im Beratungszimmer ausgedvückt: „Selbstverständlich werde ich dem Angeklagten Dr. Zoeppritz helfen." Außerdem habe der Sachverständige schon am ersten Verhandlungstag zu ihm — dem Oberstaatsanwalt — gesagt, er sei überzeugt, daß Dr. Zoeppritz unschuldig sei. Professor Rieder habe diese Erklärung schon zu einer Zeit abgegeben, als der Angeklagte noch nicht einmal vernommen war. Da dem Sachverständigen die Akten nicht zugänglich gewesen seien, liege es auf der Hand, daß er sich sein Urteil auf Gründ sehr einseitiger Informationen der Verteidigung gebildet habe. Das Gericht beendete die Debatte damit, daß die Verhandlung aufgehoben und beschlossen wurde, über die Anträge des Oberstaatsanwalts und des Staatsanwaltes Kempter am Dienstag zu befinden.