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Neuenbürg, 1. Febr. Der Turnve r e i n hielt Sonntag nachmittag im Lokat z. „Eintracht" seine Hauptversa m m- lung all. Bor Eintritt in die Tagesordnung gedachte Borstand Finkveiner in üblicher Weise der Berstorbenen des letzten Jahres. Nach Verlesen des Protokolls durch den Schriftführer gab der Vorstand den Jahresbericht, aus welchem hervorging, dass in. sechs Versammlungen und sieben Ausschutzsitzungen die Verwaltungsallgelegenheiten erledigt wurden. Die Mitgliederliste weist einen Luatus von 202 aktiven uiid passiven Mitgliedern und 22 Schülern auf, 33 Austritten steht die gleiche Zahl an Eintritten gegenüber. Infolge der zunehmenden Arbeitstosenzahl und der damit verbundenen Geschäflsstauheit ist ein unerfreuliches Bild der Kasse zu verzeichnen, da einesteils die Beiträge erlassen und andernteils gestundet werden mußten, wodurch naturgemäß eilte Abnahme des Kassenbestandes eintrat. Immerhin beträgt das Vermögen noch 552 NM. Erfreulicherweise erfuhr die Kasse durch verschiedene Spenden eine kleine Stärkung, wofür den Stiftern herzlicher Dank zum Ausdruck gebracht wurde, ebenso dem erkrankten Kassier Schäfer für seine Mühewaltung. Sehr erfreulich ist die stete Zunahme der Männer- riegenturncr, bedauerlich dagegen der Abgang aus den Neihen der Aktiven. Vorstand Finkbeiner brachte zum Ausdruck, Laß der Turnverein die Notzeit ganz gewaltig zu spüren bekomme und daß den Begleiterscheinungen auch Rechnung getragen werden solle und müsse durch Einsparungen, wo irgend angängig. Einsparungen im Turnen dürften jedoch unter keinen Umständen gemacht werden, im Gegenteil, man müsse auf höchste Aktivität hinarbeiten. „Ist die Not auch groß, so darf doch unter keinen Umständen Verzweiflungsstimmung aufkom- men; nur die Hoffnung festgehalten, es muß doch wieder besser werden!" Diese erfrischenden Worte taten der auf Atoll gestimmten Versammlung sichtlich Wohl und im weiteren Verlauf griff eine bei Turnern gewohnte Stimmung Platz. Die Berichte der einzelnen Riegenführer gewährten einen erfreulichen Einblick in die Praktische Arbeit des Vereins. Da und dort wird im Laufe dieses Jahres nachzuhclfen sein, im großen Ganzen jedoch gewann man den Eindruck, daß aus allen Posten verantwortungsvolle Männer stehen, die auch in schwerer Zeit die Flinte nicht ins Korn werfen. Ihnen allen ist der Verein zu Dank verpflichtet. Die Wahlen verliefen einmütig und harmonisch, zumal es sich lediglich um die Neubestätigung einzelner Funktionäre handelte. Neuwahlen im eigentlichen Sinne sollen laut neuen Satzungen erst nach Ablauf dieses Jahres stattfinden. Die Beitragsfragc wurde nach eingehender Beratung dahin geregelt, daß von den Mitgliedern künftighin anstatt vierteljährlich 1,50 RM- nur noch 1,30 RM. erhoben werden, von den Zöglingen und Damen wie bisher die Hälfte des festgesetzten Beitrags, also 65 Psg. Eine Herabsetzung des Beitrags wurde dadurch ermöglicht, daß in diesem Jahr keine Veranstaltungen in entfernt gelegenen Orten besucht werden müssen. — Wenn in diesem Jahr der Beitragscinzieher seines Amtes waltet, so hat er einiges Anrecht, besonders freundlich aufgenonrmen zu werden, denn es sind Heuer 25 Jahre, daß er diesen Posten versieht. In Würdigung dieser Tatsache wurde unter dem Beifall aller Anwesenden Unterkassier Karl Jörg er zum Ehrenmitglied ernannt. Auch der Gau zeichnete ihn mit dem Gauehrenürief aus. Gaupressewart Schönthaler hielt zum Schluß noch einen sehr gut aufgebauten Vortrag über „Zweck und Ziel der deutschen Turncrschaft", woraus mit einem frischen Turnerlied die harmonisch verlaufene Tagung beendet werden konnte.
(Wetterbericht.) Süddeutschland liegt immer noch im Bereich eines Hochdruckgebiets. Die skandinavische Depression gewinnt aber allmählich an Einfluß. Für Mittwoch und Donnerstag ist deshalb zwar noch vorwiegend trockenes, aber mehrfach bedecktes Wetter zu erwarten.
Calmbach, 1. Febr. Letzten Sonntag veranstaltete der Musikverein unter Leitung seines Dirigenten Paul Rei- man n-Pforzheim im gutbesetzten Bahnhofsaal ein großes Wohltätigkeitskonzert mit Theateraufführung zu Gunsten der hiesigen Winternothilse. Dasselbe darf in allen seinen Teilen als Glanzleistung bezeichnet werden. Der erste Teil wurde in bekannter, schneidiger Weise vom Musikverein bestritten mit 2 Märschen von Urbach und Thiele, einer Ouvertüre von Mozart, einem Walzer von Strauß, sowie einer Phantasie über Themen aus Richard Wagners Werken. Stürmische, aber wohlverdiente Ovationen brachten die begeisterten Zuhörer dem Streichmusikkorps des „Harmonie-Orchesters" Pforzheim, das musterhaft und diszipliniert mit einer Ouvertüre von Weber, der viersatzigen „Bauern-Suite" von Ail-
bout, zwei „Ungarischen Tänzen" von Brahms und einem Marsch von Blon den zweiten Teil des Abends bestritt. Herzlichen Widerhall fand auch die Pforzheimer Theatergruppe mit ihrem beliebten Singspiel „Singvögelchen", denn sowohl das herzige „Nettcheu", wie das Unschuldslamm „Fridolin", der originelle „Mylord" und das Unikum „Box", samt der unermüdlichen Frau Köhler am Klavier gaben ihr Bestes. Leider hat der reiche Mylord im Drang seiner wechselnden Gefühle vergessen, der Winternothilse auch einen seiner gespickten Pfundbeutel zu überlassen. Der Appell der beiden Bezirks- Vorsitzenden Köhler und Musikdirigent Reimann an die gesamte Einwohnerschaft, dem Musikvcrein auch fernerhin Treue und Unterstützung zu bewahren, wie auch Las Gelöbnis, daß der Verein sein Möglichstes im Dienst der Gemeinde, aucr, im Blick auf die Kurgäste, tun wolle, fand warme Unterstützung. Der Musikverein darf in diesem Jahr auf fein lOjährigcs erfolgreiches Bestehen zurückblicken. Ob cs allerdings die Zeitumstände gestatten, dasselbe festlich zu begehen, bleibe dahingestellt. Möge der Jubilar auch die kritische Zeit überdauern, ja wachsen und gedeihen. Den selbstlosen Musikfreunden der „Harmonie" Pforzheim aber ein frohes Wiedersehen in Calmbach!
Calmbach, 1. Febr. Unsere Jungturner, Turnerinnen und Turner, zusammen 26 Teilnehmer, haben am Sonntag den 31. Januar, die übliche W in t e r t u r n f a h r t gemacht. Zwei wogkundige Turner waren eine halbe Stunde vor den andern abmarschiert, um die Spur zu einer Schnitzeljagd zu legen. Den Eiberg hinauf über die Kriegswaldebene zur Schirm- Hütte, mit prächtigem Blick auf das gegenüberliegende Dobel, dann über Soldatenbrunnett, Alexanderschanz-e, Wendenstein zum Löwenbrückle. Die Spurleger hatten sich vergeblich bemüht, ihre Fußtritte im übernacht gefallenen Schnee dadurch zu verbergen, daß sie durch dick und dünn, über Stock und Stein durch den Wald liefen. Der Verfolger waren zuviele, zu geübte Augen und Spürnasen, so daß die Spurleger gerade beim Anmachen eines Fcuerchens schon eine Viertelstunde nach ihrem Eintreffen am nicht bekanntgewcsenen Rastplatz überrascht wurden. Bodenverhältnisse und Kalte erlaubten kein längeres Sitzen, zwei Spielbälle sorgten, daß es niemand gefroren hat. Auf 12 Uhr war der Abmarsch eingesetzt, gegen 1 Uhr der Wildste erreicht. Im Sommer Tummelplatz für Badende, trotz Moor und Sumpf, aber nur für sichere Schwimmer, heute war er von einem Dutzend Schlittschuhläufer belebt. Welch große spiegelglatte Fläche! Wer das Hochmoor einmal gesehen hat, den ziehts immer und immer wieder hinauf, jede Jahreszeit hat ihre besonderen Reize und heute ist es überall so hart gefroren, daß man ohne jede Gefahr den See und Umgebung betreten kann. Auch der Nichtschwimmer kann heute auf das Jnselchen hinüber und sich das Moor von der Mitte des Sees aus ansehen. Ein Handballspiel war sofort im Gang und alle möglichen und unmöglichen Stellungen, auf Händen und Füßen oder edlem Teil, gab Veranlassung zum Lachen und Sichaustollen. Um 2 Uhr Abmarsch dem Abfluß des Wildsees folgend hinunter durch die Brotenau zum Eyachtalsträßchen. Hier wird Marschkolonne formiert, voraus Trommler und Pfeifer, ein Hornmarsch erklang von der Bergwand herrlich zurück, dann wurde ein Schiffcrklavier ausgiebig benützt, auch Mundharmonika und Gesang ließen keine Müdigkeit aufkommen und aucy die Aussicht auf gemütliche Rast in der Ehachmühle hat dazu beigetragen, daß flott marschiert wurde. Die einbrechende Nacht mahnte zum Wciterziehen, im Sturmschritt wurde der Eiberg erstiegen und mit zweistündiger Verspätung wieder in Calmbach eingezogen. Gesamtmarschzeit 8 Stunden. dt.
Feldrennach, i. Febr. Im Gasthaus zum „Adler" fand gestern zu Gunsten der Winternothilse ein Gemeinde- abend statt, der gut besucht war und einen überaus harmonischen und befriedigenden Verlauf nahm. Die Veranstaltung stand unter Leitung von Pfarrer Losch, der den Abend mit einer längeren, humoristischen Ansprache einleitete. Musikverein, Gesangverein und Turnverein stellten sich in dankenswerter Weise zur Verfügung und trugen zur Verschönerung des Abends ihren guten Teil bei. Der Musikverein eröffnest den Reigen der musikalischen Darbietungen und spielte unter Leitung seines Dirigenten, Herrn Becht von Birkenfeld mit ausgezeichnetem Rhythmus, Gewandtheit und Reinheit Märsche, Liederpotpourris und Ouvertüren, die dem Abend das richtige Gevräge gäben und großen Beifall fanden. Der Gesangverein gab wiederum köstliche Proben seines Könnens und sang unter Leitung von Chormeister Moritz- Karlsruhe Lieder von Kreutzer, Kranig und Jacobs. Es war ein beglückendes Gefühl, den Weisen des Musikvereins sowohl, wie des Gesangvereins, zu folgen; beide ließen in ihren Vor
trägen eine Klangfülle und innere Harmonie zu tage treten, die hervorragend war und die an Reinheit und Schönheit nichts zu wünschen übrig ließ. Nicht minder gut zeigte sich der Turnverein bei Vorführung einiger turnerischen Hebungen, Dieser hat sich außerdem noch für zwei Theaterstücke „Am Ort, wo meine Wiege stand" und einem „lustigen Stu- dentenstück", sowie für Len Losverkauf, bei dem er vom Mili- lärverein unterstützt wurde, zur Verfügung gestellt. Beide Stücke wurden gut gespielt, die Spieler gaben durchweg ihr Bestes. Nach der Begrüßungsallsprache von Pfarrer Losch hielt Bürgermeister Schleeh eine längere Ansprache, der er die gegenwärtige allgemeine Notlage des deutschen Volkes als Gedanke zu Grunde legst. Er erblickte zum Schluß seiner Rede ein „Aufwärts" des deutschen Volkes nur darin, daß wir allen Neid und Haß ablegen, daß wir lernen, auch die Not des Andern zu verstehen und nicht hart und ungerecht über diejenigen urteilen, die ohne Arbeit und Brot sind und daß wir uns zusammenscyließen in deutscher Tatgemetnschaft im Kleinen wie im Großen für unser Volk, für Heimat und Vaterland. Kaufmann Genthner brachte in kurzen, aber kernigen und mannhaften Worten ebenfalls zum Ausdruck, daß Deutschlands Zukunft in seiner Einigkeit liege. In Bezug auf die mitwirkenden: Vereine freute ihn besonders das „Tempo" der Feldrennacher, wegen dessen man sie überall brauchen könne und das in der heutigen Zeit so dringend notwendig sei. Zum Schluß der Veranstaltung sprach Pfarrer Losch allen, die zum Gelingen des Abends beigetragen haben, den herzlichsten Dank aus und kam, nachdem er die Berechtignug derartiger Feiern bejaht und den kameradschaftlichen Geist der Zusammengehörigkeit am heutigen Abend besonders hervorgehoben hatte, auf die Notlage zu sprechen, in der sich unser deutsches Volk zurzeit befindet. Das Schicksal Deutschlands hänge nicht ab von einer Masse, wenn nur Wenige an dessen Zukunft glauben, dann werde es nicht unter- gehen. Einige Schnaderhüpfel, von Hauptlehrer Franz auf dem Klavier begleitet, die von einem gelungenen markierten Handwerksburschen, der von weit herkam — von der Pfinz — und der auch etwas von der Winternothilse abkriegen wollte, gesungen wurden, lösen allgemeine Heiterkeit aus. Jeder, der irgendwie ein Aemtchen in der Gemeinde innchat, bekam dabei etwas ab, auch wurde aus die Bedürfnisse der Gemeinde, die noch der Erledigung harren, in schonender Weise — etwa wie nachstehend — hingewiesen.
Auf em Rennicher Bahnhof da ziegts Londerschlechtich,
dafür ist im Wartsaal die Aussicht halt prächtig.
Herrenalb, i. Febr. („Deutscher Abend".) Ein Zeichen, wie tief die Hitler-Bewegung ins Herz des Volkes gedrungen ist, war der Verlauf des gestrigen „Deutschen Abends" der NSDAP. Ortsgruppe Herrenalb im Hotel z. „Sonne". Die Räumlichkeiten hätten doppelt so groß sein können — kein Platz wäre leer geblieben; viele kehrten enttäuscht wieder um. Man saß tatsächlich in drangvoll fürchterlicher Enge. Die meisten Darbietungen fanden stürmischen Beifall, vor allem die beiden Ansprachen von Forstmeister Böpple, die Vorträge der Nagolder Standartenkapellc, die beiden lustigen Stücke „Der tapfere Soldat" und „Die verrückte Braut". Tiefsten Eindruck hinterlietz der vaterländische Einakter „Schla-ge- ters Heldentod", auf dessen Vorführung impulsiv das Deutschlandlied erklang und zwar unter kräftiger Teilnahme der „'Franzosen". Auch die Gedichtvorträge fanden dankbarste Aufnahme, wie das Couplet „Heimkehr des Landwehrmanns". Die Stimmung war außerordentlich angeregt. Neben der Gediegenheit der Leitung verdienen die Leistungen der Mitglieder (auch aus den umliegenden Ortschaften) rückhaltslose Anerkennung. Gastgeber Hauber bestand eine scharfe Probe umsichtiger Fürsorge.
Das 3ahr geht aufwärts
Nun ist vom neuen Jahr das erste Zwölftel abgelaufen. Das Jahr geht aufwärts. Die Tage sind bereits merklich länger geworden und namentlich an den Abenden merken wir, daß die Zunahme der Tageshelle schon etwas ausmacht. Der Januar ist herum, der Februar ist da und mit mächtigen Schritten geht cs in das Jahr hinein. Der Februar bedeutet, daß die Herrschaft des Winters, der uns diesmal den gewohnten Schnee stark vermissen ließ, vorbei ist. Nach den Bauernregeln darf der Februar noch nicht vielen warmen Sonnenschein haben, weil sonst der März umso kälter wird. Trotzdem berechtigt der Februar zu Frühlingshoffnungen und Frühlingsstimmungen. In seinen Tagen stellen sich die ersten gefiederten Sänger der Vogelwelt ein und langsam regt sich's auch im Leben der Natur.
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LopxriZkt 1931 liomLnäienst OLgo, Lsrlin VV 38.
26 Fortsetzung
„Da darf ich Ihm nicht antworten. Graf Seydlitz hat's verboten. Aber Er wird sie bestimmt finden. So was macht Loch einem Köckeritz keine Mühe. Und wenn es soweit ist, werd' ich beim L-eydlitz ein gutes Wort für Ihn einlegen. Das muß Ihm vorerst genügen."
„Ich danke Euer Majestät."
„Zuvörderst aber geht Kriegsdienst über Liebesdienst. Herr ffauvtmann!"
.rücksritz riß sicb zusammen.
„Mein Blut für den König von Preußen!"
Und im stillen fügte er hinzu: „Und für Ilsabe!"
Dann war er entlassen. —
Er hatte keine Zeit mehr, lange Nachforschungen nach Ilsabe anzust.llen. Die Ereignisse überstürzten sich. Der König yatte recht gehabt: Zuvörderst kam der Kriegsdienst! Getreu ;einem Grundsatz, daß die Attacke die beste Verteidigung war, stand sein Heer zum Einfall in Sachsen bereit, bevor der Gegner, wie er wußte, noch vollständig gerüstet war. Er kam ihm zuvor.
Krieg! flammte es in glühender Schrift über den Himmel Europas! Krieg, gellten die Trompeten wie Fanfarenschrsie durch das Land! Krieg, Krieg! triumphierten die friderizia- nischen Grenadiere und konnten kaum den Tag des Ausmarsches erwarten!
Vorbei der Gamaschendienst in den Garnisonen.
Krieg! Krieg! —
Unter den Klängen des Hohenfriedberger Marsches waren die Truppen aus Potsdam ausgerückt. Tag und Nacht, Nacht und Tag hatte es in den Straßen gedröhnt von den Soldatenstiefeln, hatten rauhe Grenadierkehlen ihre Abschiedslieder durch die Gassen gesungen, hatten die Trompeten die braven Bürger aus dem Schlaf gerissen.
Ahnte kein Mensch, daß es ein Krieg auf Tod und Leben werden würde, daß Preußen, daß Deutschland sieben lange Jahre von den Hufen der Pferde, den Stiefeln der Soldaten zerstampft werden sollte! Sieben lange Jahre! —
Schon kamen die ersten Siegesnachrichten aus Sachsen, das von dem Einfall Friedrichs gänzlich überrascht war.
Bei Lobositz war es, wo der erste Sieg erfochten wurde über Sachsen und Oesterreicher, die Hals über Kopf den Verbündeten zu Hilfe kamen, ohne es verhindern zu können, daß die sächsische Armee im Oktober sich ergeben mußte. Aber inzwischen griffen Rußland und Frankreich ein, und der König begann zu ahnen: Dieser Feldzug war kein Spaziergang, dieser Krieg nahm kein schnelles Ende.
Er hatte recht.
Das Jahr 17S7 kam. Ein Frühling, ein Sommer, ein Herbst — längst waren die Monturen der Soldaten grau und braun geworden vom Staub und Dreck der Landstraßen. Längst war man an Krieg gewöhnt.
Und irgendwo an einem Biwackfeuer saß der Hauptmann von Köckeritz und starrte in den Sternenhimmel hinauf mit Augen, die viel Blut und Mord gesehen hatten und in denen dennoch ein alter, süßer Traum heimlich glomm.
Wo war das Märchen von Sanssouci? Wo waren die Träume eines verliebten Frühlings, dis Glut eines reifen, liebetrnnkenen Sommers von einst? Wo war Ilsabe?
Er seufzte leise.
Das mochte Gotl im Himmel allein wissen!
Vierzehntes Kapitel.
Gwendolyn Fröhlich war gewiß ansonsten kein ängstliches Weiblein, aber in diesen Wintertagen Anno 1757 hatte sie doch eine Ziemliche Bangigkeit im Herzen.
Laß der Krieg auch kein Ende nahm! Bei Rohbach hatte es eine Schlacht gegeben, und glücklicherweise hatte der König von Preußen wieder die Oberhand behalten. Aber was tat das schon!
Nun standen schon wieder bei Leuthen französische und österreichische Regimenter, seit Wochen waren hier Truppen zusammengezogen worden, und nachts knallte es hier und da schreckhaft in die winterliche Stille hinein.
Das Haus der Gwendolyn Fröhlich stand etwas abseits, ein einsames Gehöft. Man konnte sich ordentlich fürchten. Es gab so wilde Kerle unter den fremden Soldateska.
Es hieß, daß die Preußen schon im Anrücken seien, daß der König eine neue Schlacht annehmen würde und müsse, um sich Luft zu schaffen. Und alle Umstünde sahen danach aus, daß es gerade hier zum Treffen kommen würde.
„Ach, Ilsabe", seufzte Gwendolyn Fröhlich, „ich werde sterben, wenn sie hier so furchtbar schießen."
Ilsabe lachte belustigt.
„Muhme, du bist doch sonst nicht so. Schießen gehört zum Krieg! Was soll ich denn sagen, wo ich so ewig lange nichts von meinem Liebsten gehört habe und nur weiß, daß er seit Jahr und Tag im Feuer steht?"
„Ja, du! Wenn man jung ist, hat man's leichter, tapfer zu sein."
Ilsabe lächelte ernst. Eine stille Hoffnung brannte in ihr, daß vielleicht Köckeritz ganz in ihrer Nähe war. Wenn die Preußen wirklich im Anmarsch waren, mußte er doch mit dabei sein! Wenn er nicht schon längst — aber nein, daran wollte sie nicht denken. So ungerecht konnte der Himmel nicht sein!
Nein, nein, man mußte hoffen, immer nur hoffen! Muhte immer daran denken, daß alles gut werden würde.
Ein paar Tage vergingen. Die Leute wagten sich nicht mehr aus den Häusern. Trüb und nebelhaft brach der Morgen des fünften Dezember an. Jedermann wußte, daß die Preußen unweit Leuthen lagerten, den Verbündeten gegenüber. Aber ein seltsames und böses Schweigen lag über dem Lande.
Unruhig wanderte Ilsabe durch die Zimmer des Hauses. Man mußte etwas tun, um dieser Unruhe, dieses furchtbaren Schweigens da draußen Herr zu werden. Angst? Ach, wovor? Sie versuchte zu lachen. Setzte sich entschlossen an das Spinett, das im Wohnzimmer stand.
„Muhme, du siehst so kreuzunglücklich aus, daß man dich wirklich aufheitern muß. Paß auf, ich spiele dir das Lied vor aus Sanssouci, das bringt auf andere Gedanken. Und ich singe sogar."
Sie hatte selbst eine brennende Lust, gerade jetzt des Köckeritz galantes Liebeslied, das sie der Muhme schon öfter vorgesungen, wieder zu spielen. Gehörte es doch mit zu dem schönen Liebesfrühling, den sie erlebt hatte.
(Fortsetzung solgth