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Amtsblatt für den OberamtsbezirkNeuenbüvg

Kr. 2«

Dienstag den 2. Februar 1832

98. Jahrgang

Geld- u. Sreditreform als Ausweg aus der Krise

Wagemarin erläutert seinen Vorschlag

Berlin, 1. Febr. Auf Einladung der Stuidiengcsellschaft für Geld- und Kreditwirtschaft sprach heute abend im voll­besetzten Saal des ehemaligen Herrenhauses Professor Wage­mann über seinen bereits veröffentlichten Plan einer Geld- und Krcditreform als Ausweg aus der Krise.

Um jedem möglichen Zweifel und jedem Mißverständnis von vornherein vorzubeugen, erklärte er vor Beginn seines Nortrages, daß sein Plan eine privatwissenschastliche Arbeit sei und daß die Reichsregierung und die Reichsbank dem Plan völlig fern stünden. Er werde infolgedessen nur seine eigene wissenschaftliche Ueberzeugung Zu dem gestellten Thema dar­legen.

Wagemann betonte zunächst, daß der Plan mit einer In­flation nicht das Geringste zu tun habe, sondern im Gegenteil die Gefahr einer Markentwertung vielleicht werde bannen können. Er fuße auf sicheren Erkenntnissen der Wissenschaft und wolle nichts weiter sein, als eine organische vorsichtige Fortbildung der Dinge, die wir jetzt schon hätten. Es sei notwendig, ein System des Geld- und Kreditwesens zu schaffen, wobei dafür Sorge getragen werden müsse, daß das Bank­wesen den Währungseinrichtungen entspreche. Die Reform wolle keine Valutaverschlcchterung, keine Binnenwährung für kleine Leute und Außenwährung für die Reichen, also keine Doppel- oder Parallelwährung, keine Noten- oder sonstige Inflation, zumal sie nicht einmal eine Notenvermehrung var­sehe, aber auch keine Deflation. Was der Reformplan erstrebe, sei die Zurückholung der inländischen Gelder in i»en Bank- apparat und damit Steigerung i>rx Liquidität der Kredit­institute und der Wirtschaft, ferner Hemmung der Kapital­flucht und Zurücklenkung des ins Ausland gegangenen Geld­kapitals, Anstauung der eingefrorenen Kredite.

Der Giralverkehr müsse mit besonderen Sicherheiten um­geben werden, genau so wie der Gesetzgeber die Banknote ats Zahlungsmittel schütze. Die Reform des Giralshstems erfor­dere sein Stellung unter ein besonderes Recht, und für die Giroreserven sei Deckung mit besonders liquiden Aktiven not­wendig. Eine solche Maßnahme setze allerdings ein Liquida­tionsverfahren für die sestgelegten verlorenen Aktivposten vor­aus, um beste und sicherste Anlagen für das Giralgeschäft zu schaffen.

Schließlich behandelte er noch seine bekannten Gedanken­gänge über eure Aenderung des .Notensystems, wobei er davon ausging, daß die Möglichkeiten des Notenumlaufes auf die Erfordernisse des Giralverkehrs eingestellt sein müßten. Im Interesse des Ausgleichs der Zahlungsbilanz lege auch er den größten Wert auf eine ausreichende Golddeckung. Es sei aber verfehlt, die Goldreserve in Verbindung mit den Zahlungs­mitteln zu bringen, die lediglich der Verbrauchswirtschast dienten. Gegenüber dem Einwand des Jnflationsgehalts bzw. inflationistischer Tendenzen, der an den Vorschlag der Deckung desKonsumgeldes" bis zur Höhe von 5 Milliarden RM. durch eine Staatsschuld oder durch Wertpapiere geknüpft sei, stellte er klar, daß Noten in dieser Höhe zusätzlich gar nicht ansgegcben werden sollten.

Auch der vorgesehene Dreimtlliarden-Reichsmark-Kredit an das Reich sei kein zusätzlicher, sondern nur als eine Kredit- umformnng im Sinne einer Fundierung von Kurzkrediten in Langkredite gedacht, indem die kurzfristigen Schulden von Reich, Ländern und Gemeinden bei Sparkassen und Noten­banken in echte Äangkredite nmgewandelt werden sollen. Durch diese Entlastung schaffe man Möglichkeiten besserer und billi­gerer Kreditversorgnng für die Prodnktionswirtschast.

Ausruf

zue Bottswahl Siudeubuegs

Der Hindenburg-Ausschuß erläßt folgenden Aufruf:

Das Volk will Hindenburg! Deutsche! In wenigen Wochen soll das deutsche Volk den neuen Reichspräsidenten wählen. Millionen sind der Ueberzeugung, daß für die höchste Würde des Reiches nur ein Mann in Betracht kommt: Hindenburg! Gegenüber der geschichtlichen Persönlichkeit des gegenwärtigen Reichspräsidenten treten alle anderen Namen zurück, die in den Erörterungen der letzten Wochen von der Parteipolitik genannt worden sind.

Hindenburg! Um diesen Namen leuchtet der Ruhm von Tannenberg und die lebendige Erinnerung an das deutsche Heer des Weltkrieges, das vier Jahre lang den Heimatboden schützte und die deutschen Waffen siegreich in ferne Länder trug.

Hindenburg! Das ist ein Leben deutscher Pflichterfül­lung im Dienste des Vaterlandes von der Kaiserproklamation voir 1871 bis zur Präsidentschaft der Republik-

Hindenburg! Das ist die Ueberwindung des Parteigeistes, das Sinnbild der Volksgemeinschaft, die Führung in die Freiheit.

Hindenburg! Das ist für Deutschland und die Welt die vornehmste Verkörperung der deutschen Nation: Der Erste im Kriege, der Erste im Frieden und der Erste im Herzen seiner Mitbüger.

Deutsche! Seid in dieser Stunde ein Volk, dankbar, einig und groß.

Eine spontane Kundgebung soll Hindenburg bitten, sich als Volkskandidat für die Wiederwahl zum Reichspräsidenten zur Verfügung zu stellen. Keiner Lars beiseitestehen, wenn cs gilt, sich zu Hindenburg und zur nationalen Einheit zu be­kennen.

Deutscher! Dein Name gehört Hindenburg!

Berlin, den 1. Februar. Der Hindenburg-AnssckMtz."

Die Unterzeichner des Aufrufs

Der Aufruf ist unterzeichnet von folgenden Persönlich­keiten, die diesen Aufruf einstimmig beschlossen haben:

Die Liste Wird noch vervollständigt werden.

Oberbürgermeister Dr. Sahm, Reichsgerichtspräsident a. D. Dr. Simons, Oberpräsident von Batocki, Frau Ministerialrat Bäumcr, Verbandsvorsteher Hans Bechly, Oberbürgermeister Bclian, Staatsminister a. D. Dominicus, Gcheimrat Duis- berg, Postbaurat Echternach, Rechtsanwalt Herrn. Fischer, Wil­helm Flügel, Landesbaurat Fritz-München, Rcichsministcr a. D. Dr. Geßlcr, Frau Anna von Gierke, Präsident Dr. Grund, Heinrich Grünseld, Gerhard Hauptmann, Geh. Regierungsrat Dr. Georg Heim-Regensburg, Frau Geheimrat Heßberger, Oberbürgermeister Jarres-Duisburg, Professor Junkers-Des­sau, Präsident Dr. v- Kapplcr, Generalsuperintendent O- Ka­row-Berlin, Staatssekretär z. D. Dr. Kempner, Dr. Kleemann,

Prälat Kreuz, Kommerzienrat Krumbhaar-Liegnitz, Freiherr von Landsberg-Steinfnrth, Ernst Lemmer, Geheimrat Dr. Le- wald, Prof. Liebermann, Arthur Mahrau, Gcheimrat Oskar von Miller-München, Präsident Dr. Mulert, Oberpräsiüent Gustav Noske, Geheimrat Prof. Oncken, Verbandsvorsitzender Bernhard Otte, Geheimrat Prof. Planck, Präsident Stadtrat Pflugmacher-Magdcburg, Staatsminister Schmidt-Ott; Bi­schof Schreiber-Berlin, Bankdirektor Dr. Solmssen, Professor Philipp Stein, Professor Tillmann- Bonn, Frau Dr. Doro­thea Velsen, Generalkonsul Wanner-Stuttgart, Frau Ministe­rialrat Helene Weber, Generalmajor a. D. von Winterseldt, Frau Dr. Zahn-Harnack.

Auflegung der Listen

Zur Ausführung des Aufrufs teilt der Hindenburg-Aus- sch- mit:

Ein von Len Parteien unabhängiger Wahlvorschlag muß die Unterschrift von 20 000 Wählern tragen. Es gilt, diese Zahl möglichst schnell znsammenznbringen. Deshalb ist die deutsche Presse gebeten worden, Listen zur Eintragung für den WahlvorschlagHindenburg" auszulegen. Dadurch soll die gesetzliche Vorschrift erfüllt und zugleich eine spontane Vertranensknndgebnng für den Reichspräsidenten von Hinden­burg ermöglicht werden. Diese Kundgebung bedeutet die Bitte an den Reichspräsidenten, sich als Volkskandidat für die Wiederwahl zur Verfügung zu stellen. Die Einzeichnungslisten werden von den Zeitungen, die sich hierzu Lereitfinden, vom Mittwoch, den 3. Februar, bis einschließlich Samstag, den 6. Februar, ausgelegt.

Im Aufträge des Hindenburg-Ausschusses. gez. Sahm."

»

Eintragungslisten für die Wicderausstellung Hindenburgs liegen in der Geschäftsstelle desEnztäler" von morgens 8 Uhr bis abends 7 Uhr zur Einzeichnung aus.

Deutsche Bobmannschaft in Amerika verunglückt

Bei einer Trainingsfahrt der deutschen Bobmannschaft auf der Olympischen Bobbahn zu Lake Pacid ereignete sich ein schwerer Unglttcksfall. Der unter Führung von Hanptmann Zahn-Braun- schweig stehende BobDeutschland" sprang in der Kurve aus der Bahn. Hanptmann Zahn erlitt einen komplizierten linken Armbruch und außerdem innere Verletzungen. Der Deutsche Mehlhorn wurde am linken Auge schwer verletzt. Der Deutsche Roßner kam mit leichten Rückenverletzungen davon, während der mitfa! rende Ameri­kaner unverletzt blieb. Hauptmann Znhn mußte sofort ins Kranken­haus geschafft werden.

Petit Parisien" über das Ende der Weltwirtschaftskrise

Paris, 1. Jan.Petit Parisien" beantwortet die Frage, ob in absehbarer Zeit mit einem Rückgang der Weltwirtschaftskrise zu rechnen sei. zuversichtlich, warnt jedoch davor, Wunder zu erwarten. Noch vor dem 3l. März würde eine feste Grundlage für die Ligui- dicrung der Wirtschaftskrise gefunden werden. Allmählich werde das allgemeine Gefühl des Mißtrauens und die Zurückhaltung in der Ge­schäftstätigkeit verschwinden. Die Preisdeflation der Privatwirtschaft scheine in Amerika, Deutschland und Italien schon zum Stillstand gekommen zu sein. England habe sich dieser Deflation durch Ent­wertung seiner Währung angepaßt. Auch Frankreich passe sich diesem Niveau mit Mühe an und so erkläre sich die Verschärfung der Not, die man in Frankreich gegenwärtig spüre.

Erbitterte Kämpfe um Nanking

London, l. Febr. (Reuter.) Ucber oje japanische Landungsaktion bei Nanking wird in einem Telegramm mit- geterit, daß die japanischen Kriegsschiffe «m 23.15 (Ortszeit) begonnen haben, Nanking mit Geschützfeuer zu belegen. Die japanischen Marinesoldaten wurden im Schutze heftigsten Sperrfeuers an Land gebracht. Erbitterte Kämpfe sind im Gange.

Vor Nanking liegen Pier japanische Kreuzer und drei Zerstörer, während die Chinesen dort drei Kanonenboote, die Vereinigten Staaten und Großbritannien je ein Kanonenboot dort haben.

Das Bombardement von Nanking kam nicht ganz uner­wartet. Verschiedene Anzeichen deuteten bereits in der letzten Woche darauf hin, daß man ein Vorgehen der Japaner gegen die chinesische Hauptstadt erwartete. Schon am letzten Sams­tag zog sich die chinesische Zentralregierung nach Loyang in der Provinz Honan zurück, jedoch war vorher der schweren Artillerie Anweisung gegeben worden, an der Stadtgrenze Aufstellung zu nehmen. Die japanischen Staatsangehörigen in Nanking sind während der letzten Wochen abtransportiert und aus Flußschiffe gebracht worden, die von japanisck)en Ma- rinetruppen beschützt werden.

Ruhe in Nanking

Nanking, 1 . Febr. Seit 1 Uhr nachts (Ortszeit) herrscht Ruhe in der Stadt. Gleich nach Beginn der Beschießung be­gannen die ausländischen Konsulate in größter Eite Maßnah­men zuni Abtransport ihrer Staatsangehörigen zu treffen; ein Abrcisebesehl wurde indes noch nicht erteilt.

Chinesische Augenzeugen der Zusammenstöße berichten, daß japanische Matrosen ans eine chinesische Patrouille gefeuert hätten und gleich danach japanische Kriegsschiffe die Forts auf dem Löwenhügel mit Granaten belegten. Offiziell wird erklärt, daß die Forts das Feuer nicht erwidert hätten und die in der Stadt befindlichen Truppen Befehl erhalten haben, nicht zurückzuschießen. Insgesamt seien 20 Granaten von den japanischen Kriegsschiffen abgeseuert worden. Auf Anord­nung der Behörden liegt nach Geschäftsschluß die ganze Stadt in Dunkel gehüllt.

Japanische Division nach Schanghai

Tokio, i. Febr. Im Verlaus einer Beratung zwischen dem Kriegsministcr, dem Marineminister und dem Außenminister ist beschlossen worden, eine Division des Landheeres nach Schanghai zu entsenden. Dieser Beschluß bedarf noch der Zu­stimmung des Kabinetts, das morgen zusammentreten wird.

Hinrichtung chinesischer Gefangener durch die Japaner?

Schanghai, i. Febr. Chinesische Blätter behaupten, daß etwa 150 gefangene Chinesen von den Japanern erschossen worden seien. Bei den meisten der Hingerichteten soll es sich um Freischärler handeln.

Die Dölkerbundskommiffion fliegt «ach der Mandschurei?

Amsterdam, 1. Febr. Das Völkerbundssekretariat hat sich an die holländische Flugverkehrs-Gesellschaft, die den Luftpost­verkehr HollandNiederländisch Indien unterhält, mit der Anfrage gewandt, ob sie ein Flugzeug für die schleunige Ueberführung der Nntersuchungskommission des Völkerbundes nach der Mandschurei zur Verfügung stellen kann. Die Flug­verkehrsgesellschaft hat hierauf eine positive Antwort erteilt. Ein besonderes Flugzeug wird bereitgehalten. Jedoch ist bis­her noch keine neue DÜtteilnng des Völkerbundsfekretariats eingegangen.

Die auslündischen Truppe« in Schanghai

Schanghai, 1 . Febr. Der eben eingetroffene britische Kreu­zerSuffolk" hat Marineinfanterie gelandet, die die Truppen äblösen soll, die seit Beginn der Krise die Wasserwerke der Stadt bewachen. Der französische Generalkonsul teilt mit, daß ein französisches Bataillon aus Tientsin entsandt worden sei. Dann wird sich die ausländische Besatzung der internatio­nalen und der französischen Konzession auf 12 000 Mann (aus­schließlich der Polizei und Marineabteilungen) belaufen.

Die italienische Regierung hat der amerikanischen mit- gcteilt, daß sie sich den Bemühungen der Westmächte anschlicße, die darauf gerichtet seien, eine Verschärfung der Krise in Schanghai zu verhindern. Das Staatsdepartement erklärte, die Vereinigten Staaten verfolgten mit der Entsendung von Kriegsschiffen und Truppen nach Schanghai ausschließlich den Zweck. Leben und Eigentum amerikanischer Staatsangehöriger zu schützen.

Wie die Agentur Indo Pacifique aus Schanghai berichtet, soll in der französischen Konzcssionszone Befehl cricilt worden sein, auf jede fremde Truppe, die das Gebiet betrete, zu schießen.

Berlin, 1. Februar. In Anbetracht der sich häufenden Verur­teilungen wegen Verstoßes gegen die Devisen-Borschriften wird von zuständiger Stelle noch einmal darauf hingemiescn, daß alle Zahlun­gen an Ausländer, auch Barzahlungen im Inlande, soweit sie über die Freigrenze von 200 Mark in einem Monat hinausgchen, geneh­migungspflichtig sind.