J-eiSrennach, 2. Inn. Der Nobergang vom alten ins neue Jahr ist hier sehr ruhig vor sich gegangen. Aus den Straßen Nie in den Wirtsctmften war nur wenig Betrieb, auch hörte man nur ganz vereinzelt Schüsse. Die wirtschaftliche Not hat sich auch hier überall bemerkbar gemacht. Punkt 12 Uhr brachte der MusikvereinHarmonie" zwei ChöreAch wieder­um ein Jahr verschwunden" undNun danket alle Gott" in stimmungsvoller Weise zum Bortrag.

Die standesamtliche Statistik zeigt für das abgelaufene Jahr folgende Zahlen: 22 Geburten, 21 Eheschließungen (7 Paare wurden außerdem auswärts getraut) und3 Sterbefälle, darunter:l Totgeburten.

Herrcnalb, :>. Jan. Wieder ein schroffer Witterungswech­sel, der vielfach ungünstig aus körperliches Befinden einwirkt und die Freuden der Schi- und Rodelleute jäh zerstört hat. Schon in der Silvesternacht machte sich das Heraunaheu des Wettersturzes bemerkbar, und die mitternächtliche, kometen­artige Erscheinung am Himmel konnte von verschiedenen Sei­ten aus beobachtet werden. Der Männergesangverein Lieder­kranz hat mit dem stimmungsvollen Bortrag seiner drei hier schon genannten Chöre den zahlreichen Zuhörern eine viel willkommene Herzensstärkung bereitet, die alle Anerkennung verdient. Sonst ist die Neujahrsnacht ohne wesentliche Stö­rung verlausen. Ter S-ilvestergottesdieust in der Ev. Kirche war sehr stark besucht und hiuterlies; tiefste Eindrücke. Die Feiertage gaben in erfreulicher Weise Beranlassung, der Be­dürftigkeit und Slot in mancher Familie hilfeleistend zu ge­denken und in betrübte Herzen Lichtstrahlen der Nächstenliebe zu senken. Je unaunälliger dies geschah, desto höher ist's zu schätzen.

Württemberg

Ludwigsburg, 3. Jan. (Bnkehrsunsall glücklick abgelaufen.) Wie durch ein Wunder ist ein Fabrikantenehepaar aus Gemmrighelm dem Tode entronnen, das mit einem neuen Adlerwagen am Samstag abend gegen 3 Uhr durch Ludwigsburg fuhr. An der Kornwestheimer Allee kam das Auto infolge des Glatteises ins Schleudern und rannte mit dem Kühler auf die Mauer einer Dohlenunterführung, sodaß sich der Wagen überschlug und die Karosserie mit den Rädern nach oben glücklicherweise aus die beiden Brückenpfeiler zu liegen kam. Vorüber­gehende mußten nack Einschlagen des Daches die Insassen von der Dohle aus kopsabwärts ziehen, wobei sich herausstellte, daß trotz Zertrümmerung des Wagens keiner der beiden Insassen irgend eine Verletzung erlitten hatte.

Ludwigsburg, 2. Jan. (Auch ein Neujahrswunsch.) Ein hiesiger Geschäftsmann übergab derLudwigsburger Zeitung" einen kleinen Zettel, der folgenden Neujahrswunsch eines Lieferanten enthält:Nach­dem wir unsere Umsatz-, Einkommen-, Körperschasts-, Vermögen-, Gewerbekapttal-, Gewsrbeertrogs-, Bürger-, Krisen-, Lohn-, Lohn- fummen-, Kops-, Getränke-, Tabak- und Stempelsteuer nebst Kran- kenkassenbeiträgen, Angestellten-Versicherungen, Invaltdendaflen- und Arbeitslosen-Bersicherungen bezahlt haben, blieb uns nur noch dieses Zetlelchen übrig, um Ihnen herzlichst ein besseres, frohes, neues Jahr zu wünschen."

Kornwestheim, 2. Jan. (Noch nicht bestätigt.) Gegen die am 22. November vorqenommene Bürgermcisterwahl ist von einer Gruppe privater Bürger Einsprache erhoben unb diese mit einer Rrihe von Unterschriften an das Ministerium weitergeleitet worden. Dieser Ein­spruch ist vor einigen Tagen als unbegründet abgewiesen worden. Nach dem Gefttz konnte während dieser Zeit die Bestätigunassrage nicht entschieden werden. Das ist auch in den nächsten vier Wochen nicht möglich, da nach der Ablehnung des Einspruchs wiederum eine Rechissiist für die Unterlegenen über diese Zeitdauer besteht. Unter diesen Umständen darf die Entscheidung der maßgebenden Regierungs­behörde nicht vor Anfang Februar erwartet werden.

Stuttgart, 3. Jan. (Generalversammlung des Württ. Obstbau­vereins.) Am Sonntag, 17. Februar, findet vormittags im Bürger­museum eine Zusammenkunft des Ausschusses mit den Vertrauens­männern und Freunden des Obstbaues zur gemeinschaftlichen Be­ratung wichtiger Fragen und zur Vorbereitung der Generalversamm­lung, die am gleichen Tag nachmittags abgehalten wird, statt. Pro­fessor Dr. Korfs-München wird dabei überDie Schädlingsbekämp­fungsmittel, ihre Wertung und Wirkung" sprechen.

Stuttgart, 3. Jan. (Bon neuem Feuer im Alten Schloß.) Am Samstag nachmittag 3 Uhr zeigte sich von neuem eine sehr starke Rauchentwicklung unter den Trümmern des Ostflügels des Alten Schlaffes. Die Brandwache löschte mehrere Stunden lang von der mittleren Steintreppe aus. Offene Flammen waren nicht zu sehen. Das Feuer glastet tief unter den Trümmern weiter. An der Einsturz­stelle gegenüber der Markthalle ist jetzt in größerem Umkreis abge- sperrt worden, da bei dem Tauwetier ein Nachstiirzrn der Trümmer befürchtet wird. Rings um das Alte Schloß haben sich zahlreiche Postkartenverkäuser postiert, die mit ihrenschönsten Brandkarten, 12 Stück zu 80 Pf p" offenbar ein gutes G sckätt macken.

Stuttgart, 31. Jan. (Spielplan der Württ. Landestheater.) Größe- Haus: Sonntag, 3. Januar: Die Fledermaus (710): Montag:: Dienstag: Undine (810°ft): Mittwoch : Die Meistersinger von Nürn­berg (310); Donnerstag: Hänsel und Grslel Der Zaubecgeiger (7H»10'/»): Freitag: Norma (810'/°): Samstag: Die Fledermaus <710): Sonntag, 10. Januar: Die Zuubeiflöte (7IO'/»): Montag : Dünstag: Gastspiel der Hindu-Tanzgruppe Uvay Svan Kar (8 bis IGF); Mittwoch: Norma (810'/»). Kleines Haus: Sonnlao, 3. Ianuur: Das tapfere Schneiderletn (3H»5^) Cacamba (7H» bis 111): Montag: Der grüne Kakadu Komtesse Mizzi (8lO'/U: Dlenrtaa: Caramba (7h210) Mittwoch: Das tapfere Schneiderlein (3Hz5H») Der Kaufmann von Venedig (?'/»10): Donnerstag: Mademoiselle Dvcteur (8Wh«): Freitag: Der Haupmwnn von Köpenick (7H»lO'^): Samstag: Caramba (7Hz10): Sonntag, 10. Januar: Der Hauplmann von Köpenick (3'/»6'/-) Caramba (7H»10): Montag: Der Kaufmann von Beneotg (8W'/M Diens­tag: Die Hochzeit des Fiqaro (7H»IOH 4 ): Mittwoch: Caramba (8 bis IOH 2 ) Uhr, Liederhalle: Sonntag, 10. Januar: Hauptprobe g. Symphonie-Konzert Hermann Abendroth (II1): Montag, 11. Ja­nuar: 6. Sympkonie-Konzert (810) Uhr. In Tübingen am Dtenr- rag, 12 Januar: Kyrig-Pyritz (7Hz10) Uhr.

Schwenningen, 3. Jan. (Auswanderung einer Uhrenfabrik nach Englanv.) Wie dieNeckarquelle" hört, hat eine hiesige kleinere Uhrenfabrik, die in letzter Zeit immer voll beschäftigt war und nament­lich große Austräge nach England hatte, sich entschlossen, nach England überzusiedeln. Eine giößere Anzahl der Arbeiterschaft wird ebenfalls mit nach England gehen, um dort die Fabrikation sortzusetzen. Die Maschinen sollen schon in den nächsten Tagen abgesandt werden. Die Veranlassung zu diesem Schritt gab wohl die Psundentwertung und die Befürchtung von Zollerhöhungen. Daß aber eine solche Abwande­rung ins Ausland für unsere keimische Industrie von großem Schaden ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden.

Tübingen, 2. Jan. (Das Neujahrsschießen und seine Folgen.) In Oeschingen wurde beim Neujahrsschießen der 80jährige Fritz Mauser durch einen Schuß In den Schädel erheblich verletzt. In Steinenbronn wurde dem 19 Jahre alten Karl Hertzog der Daumen und der Zeigest ger der rech'en Hand abgerissen. Und in Holzingen (bei Ktrchhetm) wurde der 20jäkrige Alfons Ellwanger an der linken Hand sehr schwer verletzt. Alle Verletzten wurden tn die Chirurgische Klinik hier elngeliesert.

Unterböbingen, OA. Gmünd, 2. Jan. (Schwerer Rodelunsall.) Ein schlimmes Ende nahm für eine hiesige kinderreiche Familie das alte Jahr. Drei Geschwister im Alter von 4, 6 und 12 Jahren ver­gnügten sich aus einer Rodelbahn, die in die verkehrsreiche Staats­straße GmündAalen einmündet. Als alle drei Geschwister in die Staatsstraße aus einem Schlitten einfuhren, kam ein Göppinger Per- sonenauto dahergefahren. Dem Chauffeur gelang es nicht mehr, ein Unglück zu verhindern, trotzdem er nach rechts ausbog. Alle drei Kinder kamen unter das Auto und mußten schwer verletzt hervor- gezogen werden. Ein Kind mußte mit mehreren Knochenbrüchen ins Spital nach Gmünd eingeltesect werden, ein anderes liegt noch bewußt- los zu Hause.

Tettnang, 2. Januar. (Die Bluttat In Hemigkofen.) Zu der Bluttat in ver Gemeinde Hemigkofen ist noch zu berichten, daß die gertchtsärztltche Untersuchunq der Leiche von Frau Wetzler am Silocstertage stattgefunden hat. Der Körper war übel zugerichtet, denn er wies über 39 Verletzungen auf, wovon allein auf den Kops 28 entfielen. Als Iuftrumenl diente ein Maurerhammer. Daß ein Sitilichkeltsoerbcechen verübt worben ist, dafür haben sich bestimn te Anhaltspunkte nicht ergeben. Die Auslieferung des Berbreckers dürfte erst nach mehreren Tagen erfolgen. Es hat sich bei diesem Falle auch das Fehlen eines Polizeihundes am Bodenseeufec bemerkbar gemocht.

Furchtbares Vrauduuglück

Ravensburg, 1. Jan. Einem gräßlichen Unglücksfall fiel die 16 Jahre alte Schwägerin des Hausmeisters Ullrich im hiesigen Waaghaus, Emilie Stiegler, zum Opfer. Sie war mit dem Bohnern des Fußbodens beschäftigt und stellte, um das Bohnerwachs flüssiger zu machen, das Gefäß mit dem Wachs auf den Gasherd. Dabei fing die Masse Feuer und bespritzte, als das Mädchen die Flammen mit Wasser löschen wollte, die Kleidungsstücke der Unglücklichen. Lichterloh brennend lief sie die Treppe hinunter in den Vorraum der im Waag­haus unterpebrachten Oberamtssparkafle, deren Angestellte die Flam­men durch Ueberwerscn von Teppichen und Mänteln erstickten. Am Oberkörper und am Kopf erlitt die Unglückliche schwere Brand­wunden. B°er Stunden später erlag sie im Krankenhaus bei vollem Bewußtsein den erlittenen Brandwunden.

Setten

Pforzheim, 2. Jan. Beim Neujahrsschießen hatten in Ersingen junge Burschen, darunter der 17 Jahre alte Fafferlehrling David Reitina, ein Stück Wasserrohr mit Pulver geladen und wollten es «um Zerknall bringen. Die Zündschnur erlosch und Reilina zündete sie erneut an. Ec hielt das Rohr zu lange in der Hand. Beim Zer- Knall wurde ihm der rechte Zeigefinger abgerissen. Die übrigen

Burschen kamen mit dem Schrecken davon. Dem an der Spielerei unbeteiligten und etwa 10 Meter entfernt stehenden 21 Jahre allen erwerbslosen Goldschmied Fr. Gindcle drang ein Splitter des Rohres in di« linke Schulter. Reiling und Gindele wurden nach Pforzheim ins Städt. Krankenhaus gebracht.

Mannheim, 2. Jan. Wie die kommunistischeArbeiterzeitung" melde», ist die tn Ludwigshasen g-plant gewesene kommunistische Ver­sammlung, in der Eckert sprechen sollte, von der Polizeibehörde unter­sagt worden. Die Polizri Hab« darüber hinaus mitgeleilt, daß für die gesamte Pfalz Redeverbot für Eckert bestehe.

Konstanz, 3 Januar. Bei der Ende November im Konstanzer Slädt. K-ankenyaus abgehobenen Versammlung deutsch-schweizerischer Aerzte konnte Chefarzt der chirurgischen Abteilung, Dr. Hermann, eine 66jährige Frau aus dem Bezirk Uebcrlingen vorstellen, bri der vor zirka 6 Wochen wegen einer ziemlich hoch sitzenden Geschwulst der Magen ganz entfernt und eine direkte Verbindung der Speise­röhre mit dem Darm hergestellt worden war. Der Frau geht es bis heule gut, sie befindet sich bei ihrer Familie. Sie mutz nur Diät ein- halten und möglichst nur solche Speisen zu sich nehmen, die speziell im Darm verdaut werden.

Lörrach,3. Jan. DerBerband süddeutscher Dxlilarbeitgebcr, Landes» gruppe Baden, beschloß, vom 18 Januar ab die Lohnsätze des am 1. Januar 1932 abgelaufenen Tartses für die badische Textilindustrie um 15 Prozent zu senken. In der Begründung heißt es, daß die Betriebe wieder arbeitsfähig gemacht werden müßten, um weitere Entlassungen zu vermelden, die Kurzarbeit zu vermindern und um nach Möglichkeit wieder Neueinstellungen vornehmen zu können. Von der Neuregelung werden etwa 40 000 Arbeiter und Arbeiterinnen betroffen.

l-elrle Dßaebrieblen

Stuttgart, 3. Jan. Der Abg. König (Zentr.) hat folgende Kleine Anfrage gestellt: In der letzten Zelt sind mir Fälle bekannt geworden, in denen Landwirten ihre Forderungen aus lausender Milcklteserung in vollem Umfange und aus Monate hinaus auf dem Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet worden sind. Da im Allgäu der Er­lös aus Milchlteserung säst ausnahmslos die einzige Einkommens- Möglichkeit der Landwirte bildet, ist durch derartige Pfändungen den Betroffenen die Möglichkeit genommen, die laufenden Betriebsaus­gaben und den Lebensunterhalt sür sich und ihre Familie zu bestreiten. 2st«as Staatsministerium bereit, durch geeignete Maßnahmen dahin zu wirken, daß bei Psänduna solcher laufenden Forderungen den Betroffenen mindestens die Einkünfte belassen werden, die zur Be­streitung des Lebensunterhaltes und der Weilerführung des Betriebes notwendig sind?

Paris, 3. Jan. Bet den planmäßig von den Franzosen im ehemaligen Kampfgebiet oorgenommcnen Ausgrabungen sind im Laufe des Dezember in der Nähe von Nolrc Dame de Loretts zwi­schen Anas und Lens 162 deutschen Soldaten ausgesunven worden. Nur 26 von ihnen konnten identifiziert werden.

New Pork, 3. Jan. Wie aus Glendora am Mississippi ge­meldet wiro, fft eia großer Teil des Misiiffipvitales von gewaltigen Waffermassen überschwemmt. Etwa 5000 Personen, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, sind von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten und befinden sich in schwerer Gefahr. Man befürchtet tn den nächsten Stunden zahlreiche Dammdrüche, was un­übersehbare Katastrophen nach sich ziehen würde. Die Behörden haben sämtliche verfügbaren Boote beschlagnahmt, um die Bevölke­rung der gesährdcten Ortschaft zu retten.

Stickstoffsyudikat senkt die Preise

Berlin, 3. Januar. Das Etickstofssyndikat gibt die aufgrund der Notverordnung um durchschnittlich 10 Prozent gesenkten Preise für stickstoffhaltige Düngemittel bekannt, mit Ausnahme der Preise für Kalkstickstoff, deren Festsetzung noch nicht erfolgen konnte; die Frist dafür ist bis zum 10. Januar verlängert worden, jedoch wird eine Rückwirkung sür alle Bezüge ab 1. Januar 1932 erfolgen. Die bereits im August 1931 erfolgte Preisermäßigung von durchschnittlich etwa 5 Prozent ist tn die neuen Preise eingerechnet worden.

Reichskanzler Brüning wieder in Berlin

Berlin, 3. Jan. Reichskanzler Dr. Brüning ist im Lause des heutigen Abends von seinem kurzen Weihnachtsurlaub wieder nach Berlin zurückgekchrt.

Riesige Mehrheit sür Abschaffung der Prohibition in Finnland

Helfingfors, 3. Jan. Die Volksabstimmung über die Abschaf­fung der Trockenlegung Finnlands hat eine riesige Mehrheit hierfür erbracht. Für vollständige Aushebung der Prohibition wurden 520800, für Zulassung leichter Weine 10300 und sür Beibehaltung 206800 Stimmen abgegeben. Es fehlen nur noch einige tausend Stimmen, die das Gesamtergebnis nicht mehr berinträchligen.

SsMlsrium Dr. Brauser.

Der Roman eines deutschen Detektivs. Von Kurt Martin.

Copyright by Verlag Neues Leben, Bayr. Gmain.

56

Wieder glitt der Wagen in die Nacht hinein. Wieder lehnte Frau Lotte an des Mannes Schulter und schlummerte wohlgeborgen.

Als die Sonne lachend über dem neuen Tag stand, hielt das Auto vor dem Kapellmeisterhnus. Es gab ein stillfrohes Wiedersehen.

Stein trat nicht mit ins Haus.

Erst noch einen Weg;"

Durch den warmen Frühlingstag wunderte er lang­samen Schrittes, all die Schönheiten der Natur genießend, hinaus, hinauf zu den Mauern, die Richard Neuländer bargen.

Herr Kommissar?"

Herr Neuländer, Ihr früherer Chef hat eingestanden, gemeinsam mit Professor Bräuser die Ermordung. Otro Roebers damals beschlossen zu haben. Man wollte Sie um die Früchte Ihrer Erfindung bringen. Das war der trei­bende Gedanke bei dem Mord. Und Sie waren, ohne daß Sie es wußten, das willenlose Werkzeug! Auch den ersten Vertrag habe ich vorgefunden. Ich habe heute früh das Material der Staatsanwaltschaft ausgehündigt. . Sie sind frei."

Richard Neuländer preßte die Hände vor die Augen und stammelte:

Sie! Sie sind mein Netter!"

Paul Stein wehrte.

Ich bin nur der, der dem blind gegen Sie wütenden Schicksal in die Arme griff. Danken Sie Ihrem Gott und danken Sie Pfarrer Jäger! Ich hätte mich nie für Sie interessiert, wenn ich nicht durch den unumstößlichen Glau­ben Ihres Freundes an Ihre Unschuld dazu getrieben wor­den wäre. Kommen Sie, wir wollen zu Ihrem Freunde Lehen!"

Bald nachher schritt Paul Stein an der Seite eines Menschen, der begraben war und nun wieder zu den Leben-

kam, in die Sonne, in die blühende Welt hinein,

>7 . «-E n.d e.

Wße LNZrDKZmKs eNKÄML.

Skizze von Heinrich Wieg mann.

Kein Geklimper, Gefiedel, Gedudel von bänderumwehten Mandolinen und Guitarren, von Geigen, von Harmonikas fuhr in die Luft, als die beiden Menschen auf mir wanderten. Nein, zur Last der schneckenträgen Füße und schiefen Rücken gesellte sich Murren und Schimpfen über michöde, lana- weilige Straße", daß der Zorn mich schütteln wollte. Aber wer fünfmal so alt geworden ist, wie zwei windige, wander- lahme Gesellen zusammen sind, soll die Weisheit seiner zweihundert Jahre zu Besserem nutzen.

Ihr Menschen seid so leichtfertig in euren Behaup­tungen.

Ich wäre öde? Seht die Obstbäume an meinen Seiten.

In wieviel Säcke schütten sie nicht ihre prallen Früchte, wieviel einsam düstere Keller staffieren sie freundlich aus, wieviel blanken Zähnen schaffen sie ersehnte Arbeit. Ja, auch ein Apfel ist ein Ding. Er strahlt am terzenhellen Weih- nachtsbaum, brät so duftig zart am eisverhängten Winter­tag, wird flugs zu Mus, füllt die ^bräunte Gans und kitzelt euren Gaumen.

Bedankt euch bei mir!

Dann seht das Leben um mich herum. Im Graben Herr Konzertmeister Frosch, die behäbige Muhme Kuhblume, die l feine zarte Dame Glockenblume, über mir der rundliche, lang­same Onkel Mistkäfer und Hans Leichtfuß, der Laufkäfer, die spielenden Falter und ziehenden Wolken. Schaut das nach einem Kirchhof aus und nach Asche, he?; Und vergeht nicht den Griesgram Wind mit seinem Pusterohr und das rieselnde, warme Goldhaar der Frau Sonne.

Glaubt doch, ihr Menschen, in euch ist Dürre oder Wachstum, Langeweile oder Lust.

Wenn ihr aus euren engen Häusern zu mir kommt, aus rußigen Fabriken, von Schreibmaschinen und Tintenglüsern weg, wenn die Stricke des Nechenalltags von euch fallen, dann zeigt es sich, was in euch ruht. " Das Saatkorn, das ich finde, kann ich treiben lassen. Das wür nicht viel, meine ihr? Bedenkt bloß: an körnerreichen Feldern führe ich vor­bei, darin der Mohn aufloht und blaue Blumen grüßen, an

rotem, schwerem Klee, an stillen Wäldern, Dörfern und an Aeckern, an murmelnden Gewässer!:, an Schwalbenjudc! und an Nachtigaileiischluchzen und spann eurer Seele Flügel, wenn sie noch eines Aufschwunges fähig ist.

Ihr Menschen seid ein Glas. Kling, klopfe ich daran und hör' am Klang, ob es zersprungen ist. Ihr seid ein Kochtopf, der verschlossen ist. Ich nehme rasch den Deckel ab und sehe hin, ob er mit Köstlichem gefülli ist.

Rümpft ihr noch eure Nasen über mich?!

Gestern kamen die Buben und Müde! einer Klaffe daher­marschiert.

Allen Schulstaub hatte ich von ihnen geblasen, Lachen, Singen, Flöten schwirrte in der Lust, daß ststbst ein mürri­scher, gebückter Müher, den ich um diese Zeit wohl vierzig Jahr an der Arbeit sah, auf einen Augenblick die Sense zur Seite legte.

Auf eine Gruppe Glockenblumen deutend, sprach der Lehrer:Seht Kinder, wie so schön die Blümchen hier die Straße schmücken. Die denken sicher, was wir lauten Men­schen hier bei ihnen suchen, und fürchten schon, wir wollten ihnen Böses tun. Die liebe Landstraße aber freut sich, wenn ihr sie wachsen laßt. Dann sagt sie der Biene, sie möchte rasch zum Glockenblümchen fliegen, um für die Kinder, die es stehen ließen, den Honig abzuholen."

Singt noch ein schönes Lied," sagte der Lehrer zu den stillgcwordenen Kindern. Und glückerfüllt schwang sich's empor:

Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt, dem will er seine Wunder weisen in Berg und Tal und Wald und Feld.

So, Menschen, müßt ihr mich aufnehmen.

Ich führe euch durch Tal und Feld, da bin ich Gottes Finger.

Folgt ihr ihm, so seid ihr auf dem Weg zu eurem Her», zen, und eilends springt das Tor dann auf, wenn ihr oas- Schloß nicht habt einrosten lassen. vjj