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Amtsblatt für den GberamtsbezirkNeuenbürg

Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei (Inhaber Fr. Biesinger). Für die Schristleitung verantwortlich Fr. Biesinger in Neuenbtzrg.

Kr. 2

Montag den 4. Januar 1932

9V. Jahrgang

Berichiirsliim de«

London, 3. Jan. Die gesamte Presse berichtet eingehend voll der immer bedrohlicher werdenden Lage in Indien. Ueber- schristen wie:Bruch mit dem Kongreß wird erwartet", Gandhi kann unverzüglich verhaftet werden",Indien am Borabend großer Entscheidungen" kennzeichnen die Stimmung der Blätter.

Reuter berichtet aus Bombay, Gandhis Verhaftung stehe unmittelbar bevor und man erwartet, daß der Kongreß jeden Augenblick sür ungesetzlich erklärt werde. Man glaube auch, daß jede finanzielle Unterstützung des Kongresses verboten werde. Gandhi erklärte dem Reutcrkorrespondeuten heute früh um 2 Uhr, er erwarte jede Minute, verhaftet zu werden, und er sei sehr traurig darüber, daß er das Telegramm des Vize- königs erhalten habe. Gandhi widmete sich heute um X5 dlhr früh seinen täglichen Gebeten, worauf die Lichter ausgelöfcht wurden. Dann erklärte er sehr bewegt:Vielleicht ist dieser unser letzter Morgen des Gebets.

Gandhi verhaftet

Bombay, 3. Jan. Gandhi ist verhaftet worden, ebenso der Präsident des Kongresses, Vallabhai Patel. Gandhi »uv Patcl wurden in das Mrwada-Gesiingnis in Puna gebracht.

Das Pfund und die Reparationen

London, 2. Jan. Sir Walter Layton, der englische Ver­treter im Baseler Sachverständigenausschuß, sprach gestern in London zum ersten Male nach seiner Rückkehr von Basel vor englischen und französischen Studenten. Sir Walter Layton betonte in seinen Ausführungen über das Freihandelsproblem:

Wir müssen zu einer Lösung der Zollfrage gelangen. Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, daß die Zollpolitik der einzelnen Länder einen hervorragenden Anteil an der Ver­schärfung der Weltwirtschaftskrise hat und in engstem Zu­sammenhang mit dem Kriegsschulden- und Reparationspro-

Mvokttwrräeer VergarbesterMeik im NirhLgediet

Recklinghausen, Jan. Den Samstag benutzten die Kom­munisten in verstärktem Maße, um zum Streik aufzufordcrn. Dabei wurde die Taktik verfolgt, geschlossene Bclegschaftsver- sammlungeu bei der Polizei anzumelden, die in Wirklichkeit öffentliche Versammlungen waren, an denen Nichtberglcute reilnahmen. Eine solche Versammlung fand in Gelsenkirchen statt. Die Versammlung wurde polizeilich aufgelöst. Vier lei­tende Teilnehmer, darunter der kommunistische Reichstagsäbgc- ordnete Walter Frank aus Berlin, wurden festgenommen. In Marl wurden in der Sonntagnacht in der Brassert-Kolonic von kommunistischen Elementen die Lichtleitungen zerstört, so daß dieser Ortsteil eine zeitlang in Dunkel gehüllt lag. Auch wurden mehrere Straßenlaternen zertrümmert. Zu gleicher Zeit bewegte:: sich in den Straßen kommunistische Spreckfchöre, die zum Streik auffordertcn. Die Polizei war rasch zur Stelle und konnte die Menge zerstreuen.

Die Streiklage im Dortmunder Bezirk

Dortmund, 3. Jan. Während an: Samstag aus allen Schachtanlagen in Groß-Dortmund die Frühschicht eingefah- rcn ist und keinerlei Störungsversuche zu verzeichnen waren, kam es am Sonntag morgen vor dem Eingang des Eilen­werkes Dortmunder Union zu kleinere!: Zwischenfällen. Hier hatten sich etwa -10 Kommunisten eingcfunden, die die vom Eisenwerk kommenden Arbeiter belästigten und veschimpften Entschreitende Polizeibeamtc wurden ebenfalls beschimpft und bedroht. Als die Beamten mit dem Gummiknüppel vorgingen, stob die Menge auseinander. Weitere Störungsversuche sind im Dortmunder Bezirk am Sonntag nicht zu verzeichne:: gewesen.

Am Samstag wurden von der Polizei vier Flugblattver- teilcr gestellt, von denen einer eine Pistole mit sechs scharfen Patronen bei sich trug. Zwei Arbeiter wurden feffgenommen, gegen die beiden anderen ist Strafanzeige erstattet.

Die Störung der Hmdeuburgrede

Berlin, 2. Jan. Wie man jetzt erfährt, handelt es sich bei den von der politischen Polizei im Zusammenhang mit der Rundfunkstörung am Silvesterabend fcftgenommenen Personen um einen noch im Dienst befindlichen sowie um einen früheren Tclegraphenarbeiter, die auf Grund ihrer Ausbildung in der Lage waren, das geheime Mikrophon in die Kabelleitung ein- zuststalten.

Die Polizei prüft das Alibi der beiden Fcstgenommencn. Ferner sucht die politische Polizei diejenige Person zu er­mitteln, die die kommunistischen Parolen in die Rede Hinüen- burgs hineingesprochen hat und die aller Wahrscheinlichkeit nach mit den festgenommenen Telegraphenarbcilcrn nicht iden­tisch ist.

Lage in Indien

bleu: steht. Der Goldstandard kann nicht eher wieder her- gestellt werden, als bis die Reparatronsfragc gelüst ist. Auf

dem Kontinent werde allgemein die Ansicht vertreten, daß England nicht ein Jahr mehr so weiter wirtschaften könne, ohne in eine Inflation hineinzusteuern.

Schwenkung der französischen Presse in der Frage der Reparationszahlungen

Paris, 3. Jan. Bekanntlich hat die französische Presse noch vor kurzem täglich und immer wieder erklärt, die Verhand­lungen über die eingefrorenen Kredite hätten nichts zu tun mit den Verhandlungen über die Reparationszahlungen. Auch Ministerpräsident Laval hat ähnliche Erklärungen abgegeben. Es überraschte daher einigermaßen, daß man gestern lesen konnte, die französische Regierung könnte sich über den Zeit­punkt der Konferenz in Lausanne erst dann besprechen, wenn die in Berlin tagenden Bankiers einig geworden wären, dem­nach erkennt die französische Presse also doch eine Beziehung zwischen Len kurzfristigen deutschen Verpflichtungen und den Reparationszahlungen an und muß, wenn auch stillschweigend, zugeben, daß sie bei der Behandlung des Reparationsproblems einen Standpunkt vertreten hat, den sie jetzt aufgeben muß.

Einschaltung der Neutralen in die Reparationsverhandluugen

Amsterdam, 2. Jan. Wie in Kreisen der Hochfinanz ver­lautet, wurde von interessierter neutralen Seite angeregt, bei den Reparationsverhandlungen einen Vorschlag zur Feststel­lung der deutschen Zahlungsfähigkeit durch eine Sachverstän­digenkommission unter Vorsitz einer neutralen Autorität gedacht ist hierin erster Linie an den Niederländer Colijn zur Diskussion zu stellen. Derselben Kommission, die eventuell auch in einen permanenten Ausschuß umgewandelt werden soll, sei auch die Aufgabe zugedacht, ein Schema zur Amorti­sation der deutschen Auslandsschulden auszuarbeiten. Wie verlautet, soll der Vorschlag in der Londoner City sowie in Wallstreetkreisen unbedingte Zustimmung finden.

Die Rcichsrundfunkgesellschaft gibt eine ausführliche Dar­stellung der Störung, in der sie hervorhebt, Laß gegen Ein­griffe in den Lcitungswcg auf offener Strecke ein technischer Schutz nicht möglich ist, denn es sei ausgeschlossen, den viele Kilometer langen Lcitungswcg im Freien unter wirksame Be­wachung zu stellen. Dagegen hätten die vorgenommenen Un­tersuchungen ergeben, daß alle notwendigen Maßnahmen in vollem Umfange getroffen waren, indem sämtliche Kabelend­verschlüsse und Verteilungsstellen während der Rede des Reichspräsidenten durch zuverlässiges Personal besetzt gehalten wurden.

Die »Deutschen Geschütze i» Hollaud-

Wie bekannt, wird in Paris eine für die Genfer Konferenz bestimmte Denkschrift über die deutschen Geheimrüstungen vor­bereitet, die aufs neue die Mär auftischt, Deutschland lasse in Holland schwere Geschütze Herstellen und beabsichtige, diese zu Beginn des neuen Jahres heimlich nach Deutschland zu bringen.

Die Legende von heimlicher Herstellung deutscher Ge­schütze in Holland tauchte zuerst im vergangenen August auf, gab damals den holländischen Sozialisten Veranlassung zu einer Interpellation in der Zweiten Kammer und wurde von: Kriegsminister in seiner Antwort als haltloses Gerücht ab­getan. Darüber hinaus veranlaßt der Minister nun eine ausführliche Darstellung der Angelegenheit in der holländi­schen Presse, aus der folgendes hervorgeht: Vor Abschluß des Waffenstillstands wurde eine große Menge deutschen Kriegs­materials nach Holland über die Grenze geschafft und hier unter freiem Himmel bei Martenshocck und Krimpen an der Dssel aufgestapelt. Das Material ging 1924 zum Teil in den Besitz der Firma Messing u. Co. über. Als die Firma insol­vent wurde, errichtete man die holländische Industrie- und Handelsgesellschaft Siderius, deren Kapital in Höhe von 1 530 VOtt Fl. zu ungefähr IX Millionen Gnlden in hollän­dischen Händen ist und die in den Besitz des ehemaligen deut­schen Kriegsgeräts eintrat. Aus diesem Materialvorrat, dessen Stücke, übrigens meist nur zu 50 Prozent technisch fertiggestellt sind, entnmnnt die Firma, die sich mit Geschützfabrikation be­schäftigt, Einzelteile für die Herstellung ihrer eigenen Geschütze. Diese Herstellung steht unter ständiger Kontrolle der hollän­dischen Militärbehörden und geschieht ausschließlich im Dienste der holländischen Rüstungsbedürfnisse.

Eine Inventarliste des gesamten Vorrats ist auf dem holländischen Kriegsministerium hinterlegt. Die für Holland nicht verwendbaren Maschinenuntcrteile sind seit Jahren öf­fentlich, zum Teil als Alteisen, zun: Verkauf gestellt.

Der angekündigten Pariser Denkschrift sieht man in Hol­land mit ruhigem Gewissen entgegen. Ihre Vorlage in Genf würde man geradezu begrüßen, da man alsdann Gelegenheit gewänne, mit dem immer wieder ausgewärmten Märchen an weithin sichtbarer Stelle aufzuräumen.

Völker wehren sich gegen Technik

Der Wclt-Zolt-Zettel

Ter amerikanische Historiker Hendrik Willem van Loon schreibt in seiner wöchentlichen Plauderei in der Ncwyorker ZeitschriftNation":

^Soeben trifft die Post aus Europa ein. Hier eine kleine Speisekarte der internationalen Delikatessen, die uns zu Ende des Jahres im Herrn 1931 beschert werden:

Das Radio jodelt seine Botschaft vom guten Willen und Prophezeiungen über bessere Zeiten in die Welt hinaus. Im fernen Washington packt derGroße Weiße Vater" seinen letzten Reklametrommelstab in Abschriften des Kellogg-PakteS (schließlich kann man das unnütze Papier nicht ewig im Kriegs- minifterium herumliegen lassen besser, man verwendet es für praktische Zwecke). Im fernen Berlin trinkt das deutsche Volk Kaffee aus geröstetem Korn, weil es zu arm ist, um richtigen Kaffee zu kaufen. Im fernen Brasilien schütten die Leute ihre Kaffeebohnen ins Meer oder gebraucksen sie als Lokomotivfeuerung, weil sie das Zeug nicht verkaufen können. Indessen halten die Vertreter von einem halben Dutzend souveränen Nationen ein halbes Dutzend feierliche Versammlungen ab, worin sich ihre Bemühungen, Friede und Harmonie für unseren glücklichen, kleinen Planeten, herbei­zuführen, erschöpfen.

Bei uns in Amerika brennen diefünfhunüertprozen- tigen" Zollenthusiasten (diehundertprozentigen" der Kriegs­zeit waren im Vergleich zu unseren heutigen Zollfanatikern Waisenknäblein) im Parlament noch um Mitternacht elektri­sches Licht, um die ruchlosen Pläne des perfiden Albion zu zerstören, da dies tatsächlich gewagt hat, bestimmte amerika­nische Jndustrieartikel zu besteuern. Indessen rauchen im fer­nen London bei den Freihändlern von ehedem die Talg­kerzen um Mitternacht, um Mittel und Wege zu erdenken, wie man die Falle des amerikanischen Zollgefctzes umschiffen und doch für sich ein Extrapfündckfen Speck abschneiden könne. Mitt­lerweile hören im fernen Angora (wo die Ziegen Herkom­men, und wo das Herz der Türkei so schlägt, wie es nie vorher geschlagen hat), d:e Untertanen Kemal Paschas einer Aus­sprache zu, die mit der Einführung von türkischen Import­zöllen endete, welche so hoch sind, daß eine Einfuhr praktisch unmöglich wird. Zur selben Zeit fassen die Faschisten der appeninischen Halbinsel, um sich nicht von den Faschisten Klein­asiens überholen zu lassen, ihre Gefühle in eine Entschließung des Italienischen Nationalen Korporativrats zusammen, die eine sofortige Zolltarif-Revision fordert, auf daß Italien an der Spitze aller Hochschutzzoll-Länder stehe (wobei dreiHeils" ausgebracht und ein Zusatz gefordert wurde, der alle Natio­nen zur Anerkennung des italienischen Ursprungs des Wortes Zolltarif" zwingt).

Wenn Italien solche Schritte unternimmt, kann Frank- reich da Zurückbleiben? Natürlich nicht. Ein staatliches Kom­munique wird ausgegeben, welches alle loyalen französischen Bürger davon unterrichtet, daß die Einfuhr von ausländischen Agrarprodukten, ausländischen Arbeitern, ausländischen Wei­nen und Schuhen bald zum völligen Stillstand kommen wird, da die bestehenden Zoll- und Paßvorschristen demnächst Aende- rungen erfahren, wie sie die augenblickliche Notlage erzwingt.

Wenn Frankreich solche Schritte unternimmt/kann Bel­gien da fernblciben? Natürlich nicht. Das Innenministerium ruft einen Wirtschaftsrat zusammen. Dieser rät, die Einfuhr­zölle auf Gefrierfleisch und Margarine um 500 v. H. zu er­höhen und diejenigen für frisches Fleisch und Butter um 700 v. H. Endlich noch ein schwaches Stimmchen aus einem andern Lande: auch Holland, das sturste und älteste Freihandels­land der Welt, wird Protcktionist. Zwei zu eins stimmt das holländische Parlament zugunsten einer Erhöhung der bisher bestehenden ganz geringfügigen Zollbclastungen."

Van Loon rät zum Schluß unternehmungslustigen Schrift­stellern Albrecht Dürers berühmtes Reisetage- üuch von Nürnberg bis Antwerpen, das alle zwei Stunden eine Grenzübcrschreitung, und alle drei Stunden einen fal­schen Geldwechsler erwähnt, für moderne Reisende von 1520 auf 1932 umzuschrciben.

Italien erläßt Einfuhrverbot?

Rom, 2. Jam Zum Schutze seiner Handelsbilanz und hauptsächlich seines Ausfuhrhandels bereitet Italien neue Be­schränkungen und gänzlickw Unterbindungen der Einfuhr vor, zu denen der Finanzminister durch Dekret ermächtigt wurde. Tie neuen Einfuhrverbote tollen hauptsächlich gegen Länder erlassen werden, die ähnliche Maßnahmen gegen den italieni­schen Export ergreifen, während Italien jenen Ländern Aus­nahmen von dem Einfuhrverbot bewilligt, die die Einfuhr italienischer Erzeugnisse nicht cinschränken.

Der japanisch-chinesische Konflikt

Paris, 3. Jan. Wie die Agentur Judo Pazifique aus Pe­king berichtet, hat sich die Regierung von Tfchintschan mit den: Generalstavschef Lantsckieu innerhalb der großen Mauer zurückgezogen. Japanische Marineartillerie habe die Eisenbahn­zone zwischen Peking und Mulden beschossen und den Verkehr auf dieser Strecke an verschiedenen Punkten unmöglich ge­macht. - Wie die Agentur Rengo aus Tokio meldet, besagt ein beim KriegSministerinm eingegangeues Telegramm, daß nie japanischen Truppen ihren offiziellen Einzug in die Stadt Kintschnu mit General Muro gehalten habe. Die Bevölkerung der Stadt soll nach dieser Meldung sogar den einrückendeu japanischen Truppen begeisterte Kundgebungen bereitet haben.