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Amtsblatt für den Ob eramts b ezirk Neuenbürg
Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei (Inhaber Fr. Biesmger). Für die Schriftlcitung verantwortlich Fr. Biesmger tu Neuenbyrg. _
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Donnerstag de« Sl. Dezember ISN
8S. Jahrgang
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„'Der Enztäler"
ZUM Beginn des so. Jahrgangs
spricht:
Kunde bringend erreich' ich auf steilen unct ebenen wegen sechsmal im Wochenverlauf jeglichen Grt im Bezirk, weit darüber hinaus besitz ich nicht wenige Freunde, welche dem Heimatorgan Treue bewährten bisher, wähnet nur ja nicht, ich sei nun alt und gebrechlich geworden, da ich das neunzigste fahr heut zu beginnen vermag.
Tapferen Dienstes an Kunden begrüß ich mit kräftigem Handschlag jeden, der irgend dem Werk Vorteil und Fördcung gewährt.
leim der „Enztäler" am 1. Januar 1932 auf 90 Jahre mühevoller, kreugeleisteter Arbeit zurückblickeu kann, so treten neben die Gefühle freudiger Genugtuung überaus ernste Empfindungen, die in einer schicksalschweren Gegenwart und im Angesicht einer ungewissen, gewitterdrohenden Zukunft von selbst sich aufdrängen. So ist der Blick rückwärts erfreulicher, als die Borausschau.
Am 1. Januar 1843 erschien die erste Nummer des Amts- und Intelligenz-Blattes für den Oberamtsbezirk Neuenbürg mit dem Versprechen,
„das liebe Publikum in unfern Spalren mit aechter Hausmannskost zu unterhalten."
Quartformat, 4 Seiten stark, am Mittwoch und Samstag, 2 Gulden im Jahr. Freilich bestand die „Hausmannskost" zum großen Teil aus Bekanntmachungen des Oberamts, vom Jahr 1844 ab auch des Oberamts Calw. Gründer war Buchbindermeister Christian Friedrich Meeh, in dessen Familie durch drei Generationen das Geschäft verblieb: die Firma wahrt heute noch pietätvoll seinen Namen. Unter den ersten Beamten der Stadt finden wir Oberamtmann Ley- pold, Oberförster v. Moltke, Stadtschultheitz Fischer, Dekan Eisenbach und Oberamtsrichter Lindauer. Regelmäßig veröffentlicht wurden die Lebensmittel- und Holzpreise, der Goldmünzen- kurs und die Badelisten von Wildbad, Liebenzell, Teinach und Baden-Baden (letztere französisch abgefaßt): in den 60er Jahren trat noch Herrenalb hinzu. Die Anzeigenzeile kostete 2 Kreuzer.
Die Zeitung wurde durch besondere Privatbote», die regelmäßig nach Neuenbürg kamen, in die einzelnen Orte gebracht und dort ausgeteilt: vom 1. Juli 1844 ab konnte sie gegen 6 Kreuzer im Halbjahr auch durch die Post bezogen werden, und von 1847 ab half ein Omnibus.
Unter den poetischen Beiträgen aus jenen Iugendjahren seien hervorgehoben die zahlreichen Gedichte von Dekan Eisenbach, der hie und da auch gereimte Predigten hielt (ein Abraham a Santa Clara von der ernsten Seite), Gerichtsaktuar Ganzhorn („Im schönsten Wiesengrunde") und der Sohn des Herausgebers, IakobMeeh (später Stadtschultheiß von Neuenbürg). Viel Spaß bereiteten die poetischen „Disputationen" des örtlichen Dreigestirns, die oft Schlag auf Schlag mit manchem glücklichen Treffer erfolgten. Aus der Chronik des Blattes erwähnen wir die Eröffnung der Realschule am 15. Mai 1844, die Wahl des Stadt- schultheißcn Fischer zum Landtagsabgeordneten des Bezirks 1846, die Hungersnot, die politische Gärung und die Aufhebung der Zensur für die Presse 1848, im gleichen Jahre am 22. März die Umwandlung des Zeitungskopses „Der Enzthäler. Anzeige- und Unterhaltungsblatt für das ganze Enzthal und dessen Umgebung", am 7. April die Gründung der Bllrgerwehr unter v. Moltkes Kommando, wofür die Sensenfabrik ISO Stück aufrechte, zum Kamps gerichtete Sensen und 200 Stück Lanzenspitzen unentgeltlich stiftete (— mir hoffen, daß kein einziges dieser Mordwerkzeuge mit Menschenblut sich befleckt hat —). „Das Kleid, welches das Jahr 1848 dem „Enztäler" gegeben, hat er so ziemlich bis auf den heutigen Tag (1893) bewahrt" — nur das „h" hat die neue Rechtschreibung herausgezwickt. Weitere wichtige Daten: I. Aug. 1851 Wassersnot im Enztal durch Wolkenbruch, 17. September 1851 Tod des Gründers, 10. November 1859 Schülerfeier, 19. Juli 1862 Besuch König Wilhelms I. mit Besichtigung der Sensenfabrik und der Sagemühle von Krauth L Co., 18. Okt. 1863 Wiederkehr des Tages der Leipziger Völkerschlacht mit dem Anpflanzen der drei Linden vor dem Münster, 1. Januar 1868 das 25jührige Jubiläum des „Enzthäler", der vom 1. Okt. 1867 ab dreimal, am Dienstag, Donnerstag und Samstag erschien, 26. Februar 1868 der erste Dampfwagen „Prinz Weimar" in Neuenbürg, 8. Juni Eröffnung der Bahn. Die deutschen Einigungskriege 1864, 1866 und 1870/71 begleitete der „Enzthäler" mit zahllosen treffenden prosaischen und poetischen Zeitbildern, die im ganzen Bezirk und darüber hinaus lebhafteste Beachtung fanden. Bon Januar 1882 ab kamen wöchentlich vier Nummern heraus am Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; acht Jahre später, am 30. Januar 1890, fiel der verdiente zweite Schriftleiter, Jakob Meeh, einer tückischen Grippe zum Opfer. Am 1. Juli begann dessen Sohn, Christian Meeh, seine Tätigkeit. Der Beginn des 50. Jahrgangs brachte vergrößertes Format und neues Gewand für das Blatt. In seiner Gattin Berta (ch 28. Jan. 1918), die heute noch der älteren Einwohnerschaft treu im Gedächtnis steht, besaß der Schriftleiter eine arbeitsfreudige und verständnisvolle Gehilfin. Als am 15. Juni 1893 für Neuenbürg der Fernsprechanschlüß zustande kam, mar das Enztälergeschäft Nr. 1; ebenso befand es sich unter den ersten Betrieben, die vom Städtischen Elektrizitätswerk mit motorischer Kraft versehen wurden. Vom 6. auf 7. Mürz 1896 wurde Neuenbürg durch Hochwasser heimgesucht. Mit wertvollen Ausführungen begrüßte der „Enztäler" 1903 das 100jährige Bestehen der Sensenfabrik Haueisen L Sohn. 1909 erfolgte die Erstellung des Bezirkskrankenhauses, im gleichen Jahr die Eröffnung des Bahnhofs Stadt an der Wildbader Straße. 1914 brachte die Eingemeindung eines Teils der Gemarkung Gräfenhauseu mit dem Gelände des Bahnhofs, der mittleren Scnsenfabrik und dem Abschnitt der Wilhclmshöhe einschließlich des Bezirkskrankenhauses. Im Weltkrieg waren in unserem Blatte alle Tagesberichte auch an Sonn- und Feiertagen zu lesen: Extrablätter erschienen an solchen Tagen, an welchen kein Hauptblatt herauskam. Stets als ein vielnüllkoinmener Heimatgrnß gelangte das Blatt an alle Fronten, in die Schützengraben und Lazarette. Dankbare Zeugnisse hievon erhielt die Schriftleitung zu ungezählten Hunderten. Bon Neujahr 1916 ab erschien der „Enztäler" täglich.
C. Meeh (ch 31. Mürz 1926) übergab am 1. Oktober 1918 Haus und Geschäft an D. Strom von Ulm a. D. Während seither der Text mit Handsatz hergestcüt wurde, trat am 1. April 1919 die moderne Setzmaschine in Tätigkeit; zugleich erschien das Blatt in vergrößertem Format. Nebenausgaben traten ins Leben, 1923 als „Calmbacher Tagblatt", 1925 als „Birkenfelder Tagblatt", 1927 als „Herrcnalber Tagblatt". Die Erneuerung des gesamten Maschinenparks fällt in die Jahre 1925—29. Die zwölf Jahre 1918—30 der Wirksamkeit D. Stroms erfordern ein besonderes Wort des Treugedenkens.
Dank den vollendeten. Dank auch den rüstig schassenden Kräften, wirkend am Webstuhl der Zeit, Mehrer des Guten zu sein!
Mögen in besseren Jahren die „hundert" sich glücklich vollenden!
Strebend vermögen wir dann weiter die kreise zu ziehn. klber in Einem wollen wir völlig gleichen den klhnen, schätzen den bleibenden wert rein überkommenen Guts:
Heimattreue Gesinnung zu pflegen mit liebender Sorgfalt, bleibe so gestern wie heut, morgen und immer bewahrt!
«uclolf Müller, herrenalb
Wenn man die tragischen Momente des äußeren Geschehens ins Auge faßt — Kriegsende, Zusammenbruch der europäischen Mittelstaaten, Hungerzeit, Friedensschluß, Umsturz, Inflationsjahre — so ist ohne weiteres klar, daß es nur einem so tatkräftigen, energischen Geschäftsmann wie D. Strom gelingen konnte, das Unternehmen durch so viele Klippen hin- durchzufllhren. Er selbst war ein unermüdlich eifriger, umsichtiger Lokalberichterstatter, dessen stenographische Gewandtheit ebenso hoch stand, wie seine durchaus rechtliche Haltung in kom- munälpolitischen Fragen. Er war ein begeisterter Turner, bei allen Gauturnfesten der erste und der letzte, verdient um die Turnsache, em Förderer des deutschen Liedes. Sein Wirken hat denr Verlag und der Firma mächtigen Aufschwung gegeben.
Seit 1. Oktober 1930 ist Fr. Biesinger, der Schwiegersohn des Vorbesitzcrs, Firmeninhaber und Schriftleiter. Der Zeituugskopf und die Gesamteinteilung fanden bei vergrößertem Format moderne Ausgestaltung, um das Gesamtbild den fortschrittlichen deutschen Zeitungen der Nachkriegszeit anzupassen. (Der Weltkrieg hatte nachhaltigen Einfluß auf die Formung des Gesichtes der deutschen Presse). Aus Fachkreisen und aus Kreisen der Leserschast sind uns hierüber zahlreiche Anerkennungen zugekommcn. Teilweise noch in gemeinsamer Arbeit entstanden folgende wichtigeren Schriften: Der Druck: zahlreicher moderner Prospekte und Führer der meisten Bezirksorte mit Fremdenverkehr, das Badeblatt für Herrenalb seit 1922, das erste Heft des Ncuenbllrger tzeimatbuches, herausgegeben von Schulrat Keck: Die Sagen der Heimat, gesammelt und bearbeitet von Fr. Fick-Hösen, 1925 das Adreßbuch des Bezirks, eine Fundgrube für ortsgeschichtliche Forschungen und zugleich eine unendlich mühevolle Redaktionsarbeit, ferner die Neuausgabe dieses Buches 1930. Nicht unvergessen soll sein der im „Enztäler" erfolgte Abdruck der Humor- und gemütvollen Gedichte des als Volksdichter reich- begabten ch Schloffermeisters Ludwig Schwarz in Höfen.
Die traditionell guten Beziehungen zwischen Chef und Gehilfenschaft sollen — so hoffen wir — auch in Zukunft erhalten bleiben.
Die Rllckerinnernng an jene treuen Männer (und gewiß auch Frauen), die vor uns gearbeitet, gekämpft, gelitten, geglaubt haben, kann und soll uns, die Lebenden, zu stärkender Gemeinschaft zusammenschließen. Wir erzählten so viel von Arbeit, die Erfolg hatte. Gibt es denn so etwas überhaupt noch? Dürfen wir bei der ständig zunehmenden Arbeitslosigkeit darüber noch ein Wort verlieren? Ja! Wir dürfen nicht nur — wir müssen! Gerade in unser» trüben Zeiten soll erfolgreich geleistete Arbeit wieder neu ins Gedächtnis zurückgerufen sein. So erfordert es die Achtung dessen, was vor uns groß und gut war, und wenn wir den langen, mühsamen Weg des Aufstiegs hinter uns wissen, so wird uns auch klar, was die Zukunft fordert: Offene Herzen und Sinne für das werdende Neue! Wiederspiegelung der neuen Zeit, der eigentliche Berus der Presse.
Bleiben wir ein Blatt für den Hausbrauch mit stets fühlbarer Betonung des Lokalen. Heimatlichen, friedfertig, billig, ohne politische und konfessionelle Abstempelung, aber mit lebendiger Wechselbeziehung mit dem Leserkreis, der längst die Grenzen des Bezirks herzhaft überschritten hat, da manche fernwohnende Familie den „Enztäler" als ein Band schätzt, welches oft die einzige Verbindung mit der alten Heimat darWIt. Eine Fülle von Mitteilung, Anregung, Belehrung, Unterhaltung konnte neuerdings den Kreis des Dargebotenen erweitern. Wir erinnern an den Ausbau der Berichterstattung, wobei Gewissenhaftigkeit, Sachkenntnis und Schnelligkeit zu erfordern sind, die Sport- und Rundfunkmitteilungen, die Pforz- heimer Briefe, die weltpolitische Wochenschau, die wirtschaftlichen Wochenberichte, Kritiken über Aufführungen im Psorzheimer Schauspielhaus und Besprechungen der großen Sinfoniekonzerte, die Leitartikel politischen und wirtschaftlichen Inhalts, die packenden Zeitberichte ganzseitigen Umfangs, poetische Einsendungen aus Dichterhand, Rätsel, Bilderzugaben.
Damit sind die textlichen Leistungen der Schriflleitung, verglichen mit denjenigen der Vorkriegszeit, nach Umfang und Inhalt, weit überboten worden. Stellt man in den Geschäftsräumen den wohlerhaltenen ersten Jahrgang 1843 — er besitzt etwa die Größe unseres Adreßbuches — »eben den Band von 1930, so fällt der „Aufstieg" drastisch in die Augen. —
Dienst Du der Zeitung, so dienst Du mittelbar der Zeit und hast lebendigen Anteil an der Formung, in der sich öffentliches und privates Leben dauernd befindet. Du hast mitgeholfen, die Heimat zu bauen und ihre Kräfte frei zu machen. Dann wirst Du es weit von Dir weisen, die Zeitung einen Fetzen Papier zu nennen, sie, die doch ein Spiegel des Weltgeschehens ist. Und — so Du Leser bist, beherzige das tiefe Wort Lord Byrons: „Lies nicht, um zu widersprechen und zu widerlegen, auch nicht, um zu glauben und als gewiß hinzunehmen, oder gar, als ob es sich um bloßes Geschwätz und Zerstreuung handelte, sondern lies, um nachzudcnken und zu erwägen."
Wir stehen an der Wende einer Zeit, vor Umwälzungen und Umwertungen größten Ausmaßes. Nicht nur die Wirtschaft ist unser Schicksal; hart neben sie tritt die Politik mit ihren Leidenschaften, Stolz, Haß, Ehrgeiz, Wille zur Macht, und diese treibenden Kräfte sind stärker als aller Sinn für eine zweckmäßige Lebenshaltung in gegebenen Schranken. Bei all diesem Chaos darf nur Eines nicht verlaren gehen: Der Glaube an eine bessere Zukunft unseres heiß geliebten Vaterlandes. Am Schluffe der Tagebuchblüttcr (1893) von C. Meeh lesen wir den beherzigenswerten Satz: „Wenn unsere Nachfolger weiterbauen ans dem Grund, den wir vom Vater übernommen und an sie wieder übergeben werden, dann werden sie einst die Geschichte unseres Blattes fortsctzen und hoffentlich bestätigen können, daß es gewachsen ist an Kraft und an Ansehen." Völlig davon überzeugt, daß dieses Wort in treffender Art den Weg ins Zukunftsland beleuchtet, wollen wir aufrechten Mutes unsere Arbeit weiterführen.
Was auch kommen mag: Hindurch mit Freude»!
Schriftleitung uncl Verlag.
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