sollten. König Alfons XIII- ging, ohne Latz es zwischen Monarchisten und Marxisten zu einem Blutvergießen kam. Wie weit allerdings hier Frankreich im Spiele ist, das angeblich beim Sturze des Königs mithalf, der als Freund Deutschlands und Englands galt, ist ungewitz. Man behauptete seinerzeit oft in der Presse, daß Paris die Wendung gerne sah, da cs durch das rote Spanien leichter nach Gibraltar (englischer Stützpunkt) und nach Marokko gelangen könne als durch daS monarchistische Spanien.
Die Abrüstung wurde im Jahre 1981 sehr stiefmütterlich behandelt. Schon am Anfang des JahrcS ging die „Flotten einig ung" zwischen Frankreich und Italien in die Brüche. Frankreich mag cs dabei vielleicht gar nicht so sehr um die „Vorherrschaft" im Mittelmeere zu tun gewesen sein als vielmehr um seine neue chinesische Kolonie. Im September begann nämlich Japan seinen blutigen Angriff auf die Mandschurei. Der Völkerbund bellte anfangs etwas. Dock bald schlief er wieder ein. Japan nahm die Südmandschurei und bald stellte sich heraus, daß Frankreich in China oder der Mandschurei (einem der reichsten Gebiete der LNlt!) eine Kolonie gründen wolle, zu deren Schutz es natürlich eilte ausgiebige Flottenmacht braucht. Auch in der Mandschurei stehen die letzten Entscheidungen noch auS und es ist nicht ausgeschlossen, daß hier ein gewaltiger Gefahrenherd liegt, da Japan, China, Rußland, Amerika und England sehr stark daran interessiert sind.
England selbst hatte ein schweres Jahr hinter sich. Bekanntlich wurde es im September von der Inflation heim- gesuckt, die noch nicht abgeschlossen ist. Seine Geldentwertung ist aber nur ein Teilgebiet auS dem großen Ringkampf mit seinem französischen Gegner. Die Wahlen, die nach dem Beginn der Inflation angesetzt waren, brachten eine ganz unglaubliche Niederlage der Arbeiterpartei, wie sie in der europäischen Parteiengeschichte einzig dasteht. Macdonald ließ seine Arbeiterpartei im Stich und trat mit einem zweiten nationalen Kabinett auf den Plan.
In der Judienfrage begnügte sich England, die Entscheidung möglichst hinauszuschieben; denn augenblicklich kann sich England keine unnötigen Kraftanstrengungen erlauben. So kam eS, daß die Jndienkonferenz, die vom Frühjahr bis spät in den Herbst hinein in London tagte, ergebnislos auseinanderfiel. Gandhi, Indiens Freiheitsapostel, kündete schließlich auf seiner Heimfahrt neuerdings einen erbitterten Kampf Indiens gegen London an, der 1982 erwartet wird.
Gewaltige Stürme liegen hinter uns. Schwerste Kämpfe stehen noch aus. Sogar der Baseler Ausschußbericht spricht von „Vorboten weiterer Katastrophen", wenn nicht endlich etwas geschieht. Wenn dieser Bericht im übrigen noch feststcllt, daß Deutschland auch nach dem Hooverjahr nicht zahlen kann und daß das deutsche Problem die Hauptursache der Weltkrise ist, dann darf man doch mit einigen Hoffnungen den Tributverhandlungen entgegengehen. Allerdings wurde es im Bericht vermieden, die Reparationen als Grund der Krise anzuführen, sondern mau begnügte sich mit dem „deutschen Problem". Den Kommentar zum Baseler Bericht gab der amerikanisäw Senat, der gegen die Leutsc1>en Zahlungen und die Kriogsschuldlügen anstürmte.
Im Scheinrverferlicht
In zwei Monaten Ende der Finanzkrise? Der Gouverneur der Bank von Griechenland, Tsouderos, berichtete seiner Regierung aus London, Montagu Norman habe ihm gegenüber geäußert, daß die allgenieine Finanzkrise in längstens zwei Monaten liquidiert sei. — Ein großer Optimist. Rechnet Norman mit einem günstigen Verlaus der Reparationsver- handlungen?
Fünf Jahre zahlungsunfähig. Wie allmählich bekannt wird, sollen die Sachverständigen in Basel festgestellt haben, daß Deutschland mindestens 1 bis 5 Jahre zahlungsunfähig sei. Das würde bedeuten, daß mir für diese Zeit mit Ausländsanleihen nicht rechnen können und daß Frankreich über den unliquidcn Schuldner die Zwangsvcrwaltung (Reparationskommission) verhängen möchte!
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Gefährdete Sttllhaltung? In eingeweihten Kreisen beurteilt man die Berliner Verhandlungen mit den Auslandsbanken noch pcssimistisckstr als sonst. Ermutigend jedoch mag der Umstand stimmen, daß amerikanische Finanzkreise die deutsche Wirtschaft günstiger beurteilen, als deutsche Wirt- schaftsführcr selbst. Oder wollen mit dieser Stimmungsmache die Amerikaner, ähnlich wie die Franzosen, den letzten Heller und Pfennig aus uns Herauspressen?
Llsrtt unü L-snci
Neuenbürg, :x>. Dez. Das Tauwetter der letzten Tage ist einem plötzlichen Witterungsumschlag gewichen. Bei mäßiger Kälte setzte im Laufe des gestrigen Tages ein munteres Schneetreiben ein, hielt aber nicht lange an. In der vergangenen Nacht fielen jedoch größere Schneemengen und verwandelten die düstere Natur in eine prachtvolle Winterland- schast. Es wäre zu wünsäxm, daß wir über Neujahr von Tau- wetter verschont bleiben, damit die Anhänger des weißen Sports zu ihrem Rechte kommen.
Der heutigen Ausgabe ist der Wandkalender für daS Jahr 1982 beigelegt.
(Wetterbericht.) Unter dem Einfluß der nördlichen Depression ist für Donnerstag und Freitag wechselnd bewölktes und zu zeitweiligen Niederschlägen geneigtes, etwas kälteres Wetter zu erwarten.
Btrkenfeld, :W, Dez. Das Jahr, welches uns soviel Sorgen und Mühe brachte, nähert sich seinem Ende. Man nimmt gerne Abschied von ihm. Zwar brachte daS Frühjahr eine prächtige Blütenpracht. Und wenn wir über das Feld gingen, wenn wir zur Zeit der Heuernte die saftigen, blumigen Wiesen sahen, wenn die Kartoffeläcker unser Auge erfreute und die wogenden Getreidefelder uns zur Andacht stimmten, dann stieg ein' vollberechtigter Hoffnungsschimmer für ein gutes Jahr in uns auf. Aber wie anders kams! Die im Juli einsetzende und bis Ende September fortdauernde Regenperiode brachte furchtbaren Schaden. Das Einbringen der Ernte, des Oehm- des, der Kartoffeln und Futterrüben gestaltete sich zu einer mühseligen Arbeit, da der Boden derart aufgewcicht war, daß das Betreten und Befahren der Aecker fast unmöglich geworden war. Kaum konnte das Erdinnere das viele Regenwasser noch aufnehmen. An manchen Stellen in tiefer liegenden Aeckern bildeten sich kleine Seen. Die Flüsse führten oft Hochwasser. Der Jahrgang kann sich füglich messen mit den jüngst verflossenen nassen Jahrgängen 1912, -16, -22, -21, -27 und 1930. Auch für die Imker war das Jahr ein recht betrübtes. Ein Vorzug muß ihm aber nachgerühmt werden. Es war ein Obstjahr erster Güte und hat mit seinen reichen Erträgen großen Segen gespendet. Dankbar müssen wir am Jahresende anerkennen, daß weder Hagelschlag noch Feuersnot das Heimatdorf heimgesucht haben. Das zu Ende gehende Jahr hat uns auch vielleicht zu der Neberzeugung gebracht, daß wir die Krise, in der wir leben, überdauern werden. Der Arbeitswille und der Fleiß des deutschen Volkes werden über die schlechten Verhältnisse siegen. Wenn wir bedenken, daß wir ein Jahr der größten Entbehrungen hinter uns haben, daß Millionen arbeitswilliger Menschen gezwungen sind, ohne Arbeit und Verdienst unter den kümmerlichsten Verhältnissen ihr Leben fristen und daß in diesem Lande trotzdem eine musterhafte Ordnung herrscht, und der ganze Apparat, den man Volkswirtschaft nennt, ebenso funktioniert, wie zu normalen Zeiten, können wir für die Zukunft Hoffnung schöpfen, denn „Ordnung" ist der Grundpfeiler jeder Wirtschaft. Drum mutig dem neuen Jahr entgegen!
Calmbach, 2C Dez. So wie cS nicht nur Brauch, sondern Vielen, Vielen ein Herzensbedürfnis ist, seine ganze Familie um den WeihnachtSbaum versammelt zu sehen, so ist es seit Jahrzehnten im Turnverein. Am Stephansfeicrtag war die große Tnrnerfamilie im Bahnhofsaal beisammen, der große Saal gedrückt voll. Als Auftakt für den Abend stand Punkt 6 Uhr die große Bühne voll mit Turnern in langer weißer Hose, in kurzen .Höschen die Bolksturner, die Turnerinnen im blauen Turnanzug oder im blauen Tanzkleid, Schüler und Schülerinnen im Turnanzug, ein sehr malerisches Bild» inmitten unser Vorstand. Da klang frisch aus voller Kehle unser altes Kampflied „Turner auf zum Streite". Vorstand Fritz Rentfchler hießt alle Erschienenen herzlich willkommen und sagte, der Zweck unseres heutigen Abends soll hauptsächlich auch darin liegen, die heutige so traurige Zeit auf ein paar Stunden zu vergessen und sich an unserer Jugend und ihren Darbietungen zu erfreuen. Vor zwei Jahren sei von dieser Stätte aus der Wunsch ausgesprochen worden, bald ein Eigenheim zur Pflege des Turnens zu bekommen. Dank der Opferfreudigkeit unserer Mitglieder sei dieser Wunsch heute zur Tatsache geworden und nun gelte es erst recht „Fest und treu" zusammenzustehen, um erhalten zu können, was in harter Arbeit, in tiefernster Notzeit zu Nutz und Frommen unserer Jugend geschaffen worden sei. Der heutige so zahlreiche Besuch sei das beste Zeugnis für weitere ersprießliche Zusammenarbeit. Diesem wuchtigen Austritt folgte ein Weihnachts-
spiel, von Schülern aufgeführt, das für eine Weihnachtsfeier eigentlich nicht fehlen darf und gern gesehen wurde. Ihm folgte: „Es geht gleich los", ein kurzes Stückchen, das sofort zum turnerischen Teil des Abends überleitete. Unsere Jungturner unter Führung ihres Turnwarts Willi Heydt, begleitet von den Turnerinnen, zogen mit Flöte und Gitarre mit Marschgesang auf die Bühne, die wehende Sturmfahne mit den 1 h sollte zeigen, daß sie auf froher Wanderfahrt seien und hier Rast machen. Sofort entwickelten sie ein frohes Treiben, Gesang, Tanzreigen mit dazu gesungenen Volksliedern: „Auf cm Wase graset d' Hase - „Wenn alle Brünnlein fließen" — „E Baurabüble mag i net" - sollte zeigen, wie es bei unserem Jungvolk auf Wanderfahrt zugeht. Dann rollte ein großer Reifen herein, an dem neun Jungturner sehr gewandte Bewegungen ausführten, die auch Gedächtnis- arbcit erforderten. Mit dem Seeräuberlied zog die ganze Schar weiter, um Len folgenden 16 SckMerinnen Platz z« machen, die in jugendlichem Uebermut uni ihren Turnwart Adolf Heydt herumfprangen. Einem ausgiebigen Lauf in verschiedenen Haltungen und Gangarten folgten Atmungs- bewcgungen und dann Körperschule mit Erläuterung des Turnwarts, auf welche Muskelpartien die einzelnen Bewegungen eingestellt sind. Er wollte damit den Zuschauern un» alten Turner» zeigen. Laß heute der Arzt unsere Freiübungen macht, d. h. die llebung muß dem Körperbau angepaßt sein. In früheren Jahren war man auf exakte straffe Ausführung eingestellt, es durfte der Arm nicht ein bißchen zu hoch oder zu schräg gehoben werden, die Fußstellung beileibe nicht zu eng oder zu weit gestellt sein, Rumpf gerade. Brust heraus usw., alles auf Ruck-Zuck eingestellt. Heute sollen die Formen abgerundet sein, der Schwung muß auslaufen, soweit es sein kann, wenn man die entsprechende Muskclpartic erfassen will, veim Mädchenturnen soll viel Rhythmus mitklingen, die Gedächtnisarüeit nicht zu erschwerend wirken. Das schafft Freude und fördert die Ernährung- der Muskeln ln viel ausgiebigerer Weise als es mit den früheren Freiübungen der Fall war. lind weil die Jugend ja viel Freude am Spiel, hat, durften die Schülerinnen noch einen Reigen mit Klavierbegleitung machen und dann noch einen mit einem dazu gesungenen Maienliedchen. Dann drängten die Buben die Mädchen hinaus, die Schülerturnwarte Paul König und Eugen Jauch zeigten mit je 16 Schülern ebenfalls Freiübungen, welche gegen die früher gezeigten sehr angenehm auffielen. Manches Elternauge erglänzte angesichts des Eifers, mit dem die Buben ihr Bestes gaben. Nachdem der Vorhan-s erstmals niedergegangen war, lohnte starker Beifall die Darbietungen. Jetzt traten die Turnerinnen mit Stabübungeu hervor, die neben Gedächtnisarbeit große Anforderungen au Bewegung und schöne Haltung stellten, neben Rhythmus, weil Klavierbegleitung dabei war, die Frl. Johanna Gr einer in dankenswerter Weise übernommen hatte. Ihne» folgten vier Volksturner, die unter Leitung ihres Turnwarts Albert Locher teilweise sehr schwierige gymnastische Ueb- ungsgruppen nusführten. Herrlich anzusehen war da das Spiel der Muskeln an den entblößten Armen und Beineu und wohlverdienter Beifall erntete auch diese Nummer. Jetzt kam das Geräteturnen, das hier stets seine dankbaren Zuschauer findet. Am hock- und nieder-gestellten Barren zeigten die Turnerinnen, daß sic sich auch ans Gerät wagen wollen, und wenn die llebungen teilweise noch eckig und Haltung noch mangelhaft war, ist immerhin der Anfang fürs Geräteturnen gemacht. Dann kamen die Turner mit je zwei Kürübungen, von den einfachen Hebungen der Jüngeren steigerten sich dieselben bis zum Kunstturnen einiger Aelterer. Nach fünf Minuten war das Hochreck aufgeschlagcn, als erste Riege führte Männerturnwart Jakob Kapplcr seine Männer-..-., ricge vor und turnte als Mjähriger seiner Riege die Pflicht- Übungen vor. Wer mit nahezu 60 Jahren noch seine Kippe am Reck macht, muß sich jugendlich fühlen, es sind diese alten Herren immer das Vorbild für die Jungen und wo das ist, ist es gut in einem Verein. Dann kamen die aktiven Turner und hier sei vorweg gesagt, die Erwartungen wurden übertroffen. Sah man seither vereinzelt einen Riesenschwung, s» sind es heute ein halbes Dutzend, die ihn beherrschen, mancher kühne Abgang vom Reck verblüffte die Zuschauer. Ein öfter und hier gern gesehener Turnbruder aus Pforzheim stand mit in der Riege und einstimmig war man der Meinung, daß unsere Aktiven sich sehen lassen können und ihrem Turnwart Wilhelm Proß nicht nur Stolz und Freude, sondern auch Belohnung einbrachten und aufbringcn werden für die aufgcwandte Mühe. Ist erst die Turnhalle im Betrieb, soll's noch besser kommen. Nachdem der Vorhang wieder aufgegangen war, stand unser Ebrenvorstand Christian Kubier auf der Bühne, umgeben vom Turnrat, Turnwarten und Turnern;
Sanatorium Dr. Lriiuler.
Der Roma» eines deutschen Detektivs. Von Kurt Martin.
Copyright by Verlag Neues Leben, Bayr. Gmain.
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„Nun, Herr Professor?"
Kortmann lehnte am offenen Fenster. Sein Antlitz war bleich. Mit vorgestreckten Händen näherte er sich Paul Stein.
„Lieber Herr Stein! Vorhin ging alles so überraschend vor sich und ich dachte zunächst nur an Ihre Gattin."
„Wofür ich Ihnen aufrichtig dankbar bin, Herr Professor!"
„Nicht doch! — Aber jetzt, in den Minuten meines Alleinseins hier, kam mir erst das Furchtbare des vorhin Erlebten so recht zum Bewußtsein. — Um ein Kleines, und die Mordkugel hätte mich getroffen."
Er ließ Steins Hände nicht los.
„Ich stand nahe am Tode. Ihre Umsicht rettete mich. Und wie leicht hätten Sie dem verbrecherischen Plan überhaupt nicht auf die Spur kommen können! Nichts ahnend hätte ich dann dies Haus des Todes betreten. — Herr Stein, ich danke Ihnen!"
„Aber, Herr Professor! Das war eine Tat der Pflicht, weiter nichts. Ich freue mich nur, daß ich das Unglück verhüten konnte; denn diese letzte Teufelei hatte auch ich nicht vorausgesehen. Ich hätte es sonst gar nicht so weit kommen lassen."
„Wie geschah nun eigentlich alles?"
„Nachdem ich meine Frau hereingesührt hatte, eilte ich in den zweiten Stock. Ich hatte mir dort eine Strickleiter zurechtgelegt. Die holte ich. Ich begab mich in das Zimmer, das über dem Sprechzimmer liegt und befestigte die Stricke am Fenster. Dann stieg ich außen an der Mauer abwärts. Daß das Fenster im Sprechzimmer offen stand und offen bleiben würde, wußte ich ja. Ich hielt mich etwas seitlich, damit mich vom Zimmer aus niemand bemerken konnte. Der — Herr Professor Brauser war außerdem viel zu sehr mit der Kranken beschäftigt, als daß er für andere Dinge Zeit gefunden hätte. Es handelte sich für ihn ja darum, daß dieser langvorbereitete Plan nun glatt zur Ausführung kam! — Ich hörte Sie mit der Kranken sprechen, beugte mich vor, sah meine Frau zur Waffe tasten und den Revolver heben, sah den Professor plötzlich »ach hinten in seine Tasche tasten.
Da wuchs in mir ein furchtbarer Verdacht. Es ging nun alles sehr rasch. Meine Frau zielte auf Ihre Brust. Ich sah auch in Brausers Hand einen Revolver glänzen, das war die Todeswaffe! — Ich sprang ins Zimmer und schlug ihm den Arm empor. Der Schuß ging fehl! — Der Mensch war von dem Ueberfall derart überrascht, daß ich ihm mühelos Handschellen anlegen konnte."
Paul Stein trat zum Schreibtisch, auf den er vorhin die beiden Revolver gelegt hatte.
„Sehen Sie, diesen Revolver besaß seit einiger Zeit meine Frau. Angeblich sollte damit erzielt werden, sie bei Anfällen rascher zu beruhigen."
Er öffnete das Magazin und nahm die Patronenhülse heraus. Kortmann griff überrascht danach.
„Ich dachte vorhin —. Ja, oaun ist doch aus dieser Waffe der Schuß gefallen!"
„Keineswegs! Diese Patronenhülse hat der kluge Herr Professor Bräuser vor Ihrem Kommen erst in das Magazin eingeführt. Ich konnte mir seine Absicht allerdings nicht erklären. Jetzt sehe ich freilich klar. Die Kranke sollte gar nicht die Tat ausführen. Der Herr Professor befürchtete wahrscheinlich, die Kugel könnte in diesem Falle nicht wunschgemäß gut treffen. Darum wollte er selbst der Schütze sein. Als Täterin sollte aber die Kranke gelten, wofür er sich einen guten Beweis sicherte: Die Patronenhülse im Revolver."
„Furchtbar!"
„Ja. — Niemand hätte vermutet, daß bei der Tat noch ein zweiter Revolver gehandhabt wurde. — Hätte ich freilich diese letzte teuflische Absicht geahnt, so hätte ich das Experiment sich nicht bis zu diesem Stadium entwickeln lassen. Ich gebe zu, daß trotz meiner Vorsicht und Achtsamkeit Ihnen mit Leichtigkeit noch ein Unglück zustoßen konnte."
„Cs ist verhütet worden! — Und wie hätte der Mensch wohl weiter gehandelt?"
„Wenn seine Kugel Sie getroffen hätte, dann sollte nach seinem Plan die Kranke unter dem Einfluß seines Willens zum Fenster eilen und sich Hinausstürzen. Ihr Tod sollte allen Fragen ein Ziel setzen. Ein weit sicherer Weg als der bei der Ermordung Rocvers eingeschlagene!"
„Ich kann das Entsetzliche kaum fassen."
„Wären Sie nur verwundet 'worden, so hätte der tüchtige Professor bestens für Ihren baldigen Tod gesorgt. Blieb noch die Möglichkeit, daß man ihm Fahrlässigkeit vorgeworfen
hätte, weil eine Nervenleidende in seinem Sanatorium im Besitze enes geladenen Revolvers war. Der kluge Professor hätte diesen Vorwurf aber gewiß mit Entschiedenheit von sich geworfen. Die Kranke konnte ja die Waffe in ihrem Koffer, gut versteckt, mit eingeschmuggelt haben! Oder der Oberpfleger wäre fahrlässig gewesen! — Nun wollen wir uns aber den Herrn Professor einmal näher ansehen!"
Es klopfte. Stein ging zur Tür.
„Das wird Dr. Berndt sein. — Richtig! — Schläft meine Frau, Doktor?"
Dr. Berndt trat ein.
„Ja, ganz ruhig und fest. Ich habe der Pflegerin streng anbefohlen, uns sofort rufen zu lassen, wenn die Kranke er- wacht."
„Ich danke Ihnen."
Stein deutete auf die Sessel, die um den Tisch in der. Ecke standen.
„Ich schlage vor, hier in der Nähe des Herrn Professors Bräuser Platz zu nehmen."
Dr. Berndt fragte:
„Haben Sie nicht wenigstens einen Kognak da?"
Stein lächelte.
„Doch! Ich werde Sie bedienen."
Kortmann und der Doktor setzten sich, während der Kom- miffar aus Brausers Likörschrank eine Kognakflasche und drei Gläser herbeiholte.
„So, das tut uns allen gut."
Als sie getrunken hatten, widmete Stein seine ganze Aufmerksamkeit dem Gefangenen.
Der saß zusammengesunken in seinem Sessel. Die Zornesröte war aus seinem Antlitz gewichen. Er sah jetzt erschreckend bleich aus. Seine Augen irrten haßerfüllt von einem der vor chm Sitzenden zum andern.
Stein fragte spöttisch:
„Das war eine Ueberraschung, was Herr Professor?"
Bräuser stieß zwischen den Zähnen hervor — die ersten Worte seit langer Zeit:
„Wer sind Sie?"
„Bisher Max Straffer, Nr Oberpfleger; der, den Sre sich von Professor Heden uns Hedendsl verschrieben."
„Sind Sie verrückt?"
„Nicht im geringsten." ^ ^ ...
. Fortsetzung folgt-
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