Zwangsznsanlmenschlilß der gesamten Eniinentalcrkäse-Pro- duktion muß kommen.
Jnstizininistcr Dr. Bcyerle erörterte dw Rechtslage. Fahrnis-'und Nutzvieh. Heu und Laatgctreide können nicht rwangsversteigert morden, sofern nicht gleichzeitig eine Bersteigerung des Grundstückes vor sich geht. Den Gerichtsvollziehern werden entsprechende Anweisungen zugehen. Die Möglichkeiten, der Verschleuderung von Vieh usw. zu begegnen, sollten mehr beachtet werden. Schwieriger liegen die Verhältnisse bei GruudstückSversteigerungen. Wenn die Zinsen bezahlt werden so ist beabsichtigt, die Kapitalzurückziehungen zu un- rerbieten. Auch für den kleinbäuerlichen Besitz mutz eine Art Kreditschieüsamt geschaffen werden, um Zwangsversteigerungen zu verhindern, sofern es sich um erhaltenswerte Betriebe handelt. In der Osthiife ist eine Entschuldungsaktion vorgesehen: hierüber mutz auch in -Württemberg noch verhandelt werden. Auch bei uns ist eine Ausfangorgantsativn notwendig. Die württ. Regierung wird in Berlin konkrete Vorschläge machen.
An die Ausführungen der Minister schloss sich eine umfangreiche Debatte, in der insbesondere auch die Beschränkung der'Kaufkraft erörtert wurde. Ferner wurden zoll- und handelspolitische Fragen in ihrer Wechselwirkung auf das Ausland und die Industrie besprochen. Hierauf wurden die Anträge deS Zentrums und deS Bauernbundes, die bereits vor einiger Zeck veröffentlicht wurden, teils mit groher Mehrheit, teils einstimmig angenommen.
Finanzminister Dehlinger über die Finanzlage des Landes
Bad Mergentheim, 24. Nov. Am Samstag veranstaltete die Deutschnationale Volkspartei unter der ^Lmtmng von Schulrat Huber eine Versammlung, in der Finanzminister Dr. Dehlinger über Rctrung aus deutsclrcr Rot sprach. Er kam dabei auch darauf zu sprechen, wir sich die allgemeine deutsclie Slot auf das Land Württemberg auSgewirkt hat. Württembergs Land und Volk sind bisher, so führte der Minister nach einem Bericht der „Tauberzeitung" aus, eine der besten Ordnungszellen im Deutschen Reich gewesen. Die Arbeitslosigkeit ist in Württemberg immer noch am geringsten. Württemberg würde mit 3>4 Prozent ArbeitSlosenversiche- rungsbeitrag auSkommen. Es hat auch die niedrigste Zahl der Wohlfahrtserwerbslvsen. TaS ist mit darauf zurückzuführen. das; in der StaatSregicrung eine von marxistischem Diktat wenig beeinflusste Finanzpolitik in den letzten 7j^ Jahren getrieben wurde nach dem Grundsatz: Keine Ausgabe ohne Deckung. Es wurde keine Tagespolitik getrieben und damit den Massen geschmeichelt, auch wurden die Gemeinden zum Sparen gezwungen. So konnte ein Betriebs- und Vorratskapital geschaffen, auch konnten die TtaatSsteuern von 8 auf 5 Prozent herabgesetzt und schlietzlich langfristige Schweizer- Anleihen ausgebracht, Land und Volk vorwärts gebracht werden. Für den Haushalt 1931/32 mar noch ein Ausgleich erreicht worden, aber dann gab es Einnahmeausfälle, die die Regierung nicht verhindern konnte, sodatz im Staatshaushalt ein Abmangel von 45 Millionen entstand, der durch die Matznahmen im September auf 105 Millionen herabgedrückt werden konnte. Der Minister kam dann auf die Frage eines eventuellen weiteren Beamten-GehaltSabbaues zu sprechen und erklärte, er habe in Ebingen gesagt, das; das Reich, namentlich mit Rücksicht auf die Ausfälle bei der Reichsbahn und bei der Reichspost, nicht darum herum kommen werde, vom l. Dezember, spätestens vom l. Januar ab, eine allgemeine Gehaltskürzung von 10 Prozent eintretcn zu lassen, auf die in Württemberg die bereits eingetrctenc fünfprozentige Kürzung angerechnet werden wird. Ich kann selbstverständlich nicht in den Kopf des Reiclssfinanzministers hineinsehen und hüte mich, Reichspolitik in Württemberg zu treiben. Aber nach meinen Erfahrungen ist es so, das; man um diese Sache nicht herumkommt. Es werden deshalb diejenigen württem- bergischen Beamten im Lauf der nächsten Zeit anderen Sinnes werden, die noch vor 6 Wochen etwa gesagt haben „Lieber Reichsbeamter mit höherer Besoldung als Landesbeamter mit hochgehängtcm Brotkorb". Gegenwärtig fehlen im Etat noch 10 Millionen. Tie müssen hereingebracht werden. Württemberg ist durch die Entwicklung der deutschen Not mit in die Katastrophe hineingerifsen worden, iveil es durch die Weimarer Verfassung noch viel mehr mit den Gesetzen des Reiches und der Bürokratie des Reiches verflochten ist. Dabei drohen Württemberg besondere Gefahren, denn die Reichsregierung nimmt auf unsere besonderen Verhältnisse keine Rücksicht. Durch die Reichsarbeitslosenversichernng fließen jeden Monat aus Württemberg Millionen hinaus in andere Länder. Genau so ist es bei der Reichsangestelltenversicherung. Für
unsere gute württembergische Post haben wir bis jetzt 7 Millionen Mark Abschlagszahlung bekommen. Das Reich erreicht aus ihr 7 Millionen Mark jährlich. Was man aus Württemberg zuviel heransholt, wird in keiner Weise angerechnet. Man nimmt keine Rücksicht auf den besonderen Schaden, den wir durch Holzeinfuhr und Hagelwetter erleiden. So stehen wir vor der Gefahr, daß auch wir ausgesogen werden. Das, was wir schaffen und ersparen, verbrauchen die andern. Darüber herrscht allmählich eine furchtbare Erbitterung in unserem Land. Es wird gefordert, die Selbständigkeit und die Eigenpersönlichkeit unseres württ. Staates zu erhalten. Darin liegt unsere Kraft und unsere Stärke, dies aber dient auch Sem Reich. Der Minister betonte z«m Schluß, daß man bloß mit wirtschaftlichen und finanziellen Mitteln die deutsche Not nicht beseitigen könne. Man müsse das Rad hcrumdrehen, das jetzige System umstellen: Los von der Erfüllungspolittk und vom SozialisnNis, dabei Rückkehr zur Nationalwirtschaft mit dem Ziel, die landwirtschaftliche Rente wieder herzustellen und die Kaufkraft der Landwirtschaft zu heben. Mit der Landwirtschaft stehe und falle ein Volk.
^U8 Slsrtt unü L.LML1
Was tun? spricht Zeus
Spare! Notverordncnd ruft'S der Vater Staat, Kaufe! schreibt Erzeuger desparat.
-spende! fleht die Armut — auf zur -r.at!
Tagt, wer ist der siebenmal Gescheite,
der im Wirrwarr rechten Weg erstreite? ^
Neuenbürg, 25. Nov. Unsere ältesten Mitbürger und Mitbürgerinnen haben zumeist im Nvvember das Licht der Welt erblickt. Nachdem bereits am 17. Frau Pauline Wanner im trauten Familienkreis ihren 87. Geburtstag begehen durste, feiern zwei weitere Witwen, Frau Marie Benkiser und Frau Christiane Röck, morgen ihren 8:-,. Jahrestag, und übermorgen kann der Senior unserer Stadtgemeinde, Herr Engen T e e g e r-, auf ein gottgesegnetes Alter von 80 Jahren zurückschauen. „Und wenn es köstlich gewesen ist, so ist cS Mühe und Arbeit gewesen; denn es führet schnell dahin, als flögen wir voran." Dieses Wort des Psalmisten wird sich Wohl jedes dieser vier hochbetagtcn Geburtstagskinder in des Lebens wechselvollem Lauf zu eigen gemacht haben. Unsere herzlichen Glückwünsche allen vieren!
Neuenbürg, 25. Nov. Der hcrnnnahende Winter bringt allmählich Leben unter die Jünger des weitzen Sports. Die Bretter werden poliert und gewachst, die Bindungen nachgesehen und schadhafte Stellen ansgebessert. Ein rechter Schimann wartet mit diesen Arbeiten nicht zu, bis Frau Holle mit weißem Teppich die müde Erde überdeckt und damit Einladung ergehen läßt, auf steilem Hang oder weiter Hochebene die Spur zu ziehen. Wie dankbar dieser herrliche «Port ist und welch großartigen Einblick er in die winterliche Bergwelt gewährt, davon legte Zeugnis ab der L i cht b i l d e r - B o r- trag mit dem Thema „Auf Schneeschuhen durch dir bayerischen Alpen". TaS ganze Schivölklein war letzten Samstag mit seinem rührigen Vorstand, Stadtpfleger Essich im Bärensaal versammelt, um mit dem Redner, Herrn Rudolf auS Karlsruhe, im Geiste eine Schiwandernng durch dieses Gebiet zu unternehmen. Dabei konnten sich Herz und Auge erfreuen an den Wundern der weißen Bergwelt. Tiefvcr- schneite Wälder und sonnige Schneehäupter der Berge tauchten sagenhaft vor den Augen auf, über sanft geneigte Mulden und schimmernde Hänge glitten wir auf flinken Skiern durch den Bcrgwinter und empfanden dabei all die köstlichen Freuden der Skiläufer. Was ein rechter frostklingender und weitz- schimmernder Bergwinter ist, das wurde durch den Bortrag wieder einmal jedem Zuhörer offenbar. In Wort und Bild schilderte uns der Vortragende die unvcrgleichliek-en Schönheiten und unvergeßlichen Erlebnisse auf einer Schitour, die ihn vom Allgäu bis nach Berchtesgaden geführt. Wir lernten in Kürze die bekanntesten Schigebiete von Oberstaufen, Jm- menstadt, Oberstdorf, Füssen, vom Wetterstcingebirge mit Zugspitze, von Garmisch-Partenkirchen, Mittenwald, Tegernsee, Tchliersee, Bayrischzell, Bad Reichenhall, Berchtesgaden usw. kenne». Eine Welt von Wundern tat sich da auf, eine Märchenwelt, so unsagbar schön und rein, daß sie der Mensch nur mit einer gewissen Scheu betreten kann. Höhepunkte der Tckitonr waren die Zugspitze und der Watzmann. Auf der Zugspine stellte uns der Redner den dort in Einsamkeit über einem Meer von Gipfeln wohnenden Meteorologen Lipp vor, während er uns aus dem Watzmann mit der versteinerten
Watzmannfamilie bekannt machte. Hin und wieder begegnete» uns auch VolkStypen und Eigenarten der betreffenden Hegend. So bot der Vortrag nicht nur dem Schiläufer mch Naturfreund, sondern auch darüber hinaus jedem Hörer eine» hochinteressanten und umfassenden Einblick in die bayerisch» Alpenwelt. ^
Den musikalischen Teil bestritten mit einigen flott gespielten Klavierstücken die Schifräulein Gertrud Mangold, Thilde Pfister, Hilde und Dora Deiß, während Klein-Waltraud mit ihrem fließend vorgetragenen Erstlingsprvlvg „ES blinkt in der Sonne so blendend der Schnee" der Sehnsucht nach de» winterlichen Gefilden Ausdruck verlieh. Anstelle des Eintrittsgeldes trug eine Tellersammlnng wesentlich zur Deckung der Unkosten bei.
(Wetterbericht.) Ter Einfluß des östlichen Hochdrucks nimmt ab. Für Donnerstag und Freitag ist mehr N- üecktes und unbeständiges Wetter zu erwarten.
Ennwriter, 25. Nov. Heute früh gegen Z.3 Uhr brannn- das an der Mittelgasse gelegene ältere Doppelwohnhaus des Friedrich Rcutschler und Wilhelm Bischer, Schindelmacher, bis auf den Grund nieder. Das Feuer griff mit großer Schnelligkeit uni sich, so daß von dem Mobiliar nichts geborgen werden konnte. Der Bewohner Wilhelm Bischer konnte sich nur noch durch das Fenster retten. Brandursackx' bis jetzt unbekannt.
Herrenalb, 24. New. (Gemeinderatswahl.) Nach Ablauf der Frist für Eingabe der Listen ergibt sich folgendes Bild: Auszutretcn haben folgende 7 Gemeinderäte und können auf 0 Jahre wiedergewählt werden: K. Gräßlc, Aug. Romoser, K. Seufer, W. Keller, K. Zeltmnnn, Ad. Bühlcr, P. Waldmann. F ü n s Listen liegen vor:
1. Bereinigte Bürgerschaft: Aug. Romoser, W. Keller, P. Waldmann, Rud. Laistner, Oskar Mönch, Wi!h. Walther
2. Nat.-Soz. Deutsche Arbeiterpartei (Hitlerbewegung): Fritz Plast, Fritz, Rothfuß, Jak. Kull, Wilhelm Weidner.
3. K u r i n t e re s s e n t e n: Otto Kull, E. Kugele, Aug. König, Jak. Weiß, G. Fr. Noser, Ernst Waidner, Göttlich Waidner.
4. Allgemeine Wä h l c r v c r e i n i g u n g: Ad. Bühlcr, H. Weiß, Friedr. Schumacher (ZieflenSberg), Franz Wcigold, Karl Waidner, Holzh., Herrenalb, Aug. Rothfuß, Landwirt.
5. Inte r e s s e n g em einschaft des bürgerlichen M ittelstandS (Christlich-sozialer Volksdienst): Alb. Kühler, H. Schilling, Lu-dw. Keller, Friedr. Kult, Karl Eilbert, Ehr. Rapp, Verwalter, Karl Himly.
Zum Weihnachts-Reiseverkehr
Um den Besuchs- und Erholungsreiseverkchr in der Zeit der Feiertage von Weihnachten bis Sonntag nach Neujahr zu erleichtern, insbesondere auch, um Wintersportlcrn Gelegenheit zu längeren billigen Reisen in die Wintersportgebiete zu geben, hat die Reichsbahn-Verwaltung die Geltungsdauer der Sonntagsrückfahrkarten zu Weihnachten auf die Zeit vom 20. Dezember 1931 12 Uhr bis zum 4. Januar 1932 vorm. 9 Uhr festgesetzt. Nach den geltenden Tarifbestimmungcn wäre die Gültigkeit der Sonntagsrückfahrkarten auf drei getrennte Abschnitte beschränkt gewesen, nämlich auf die Zeit vom A. Dezember bis zum 28. Dezember, vorn 31. Dezember bis znm 2. Januar und vom 2. Januar bis zum l. Januar. Die Reichsbahn will sich mit dieser Maßnahme den schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen dieses Winters anpassen.
Tie Sonntagsrückfahrkarten gelten über Weihnachten »»!> Neujahr: zur Hinfahrt vom Mittwoch, 23. Dezember, 12 Uhr, an bis Sonntag, 3. Januar, zur Rückfart vom Mittwoch, L Dezember, bis Montag, 4. Januar, 9 Uhr. Am Montag, 4. Januar, muß die Rückfahrt auf dem Zielbahnhof der Fahrkarte spätestens um 9 Uhr, von Unterwegsbahnhöfen spätestens mit dem Zug angetreten oder fortgesetzt werden, der den Zielbahnhof um 9 Uhr oder früher verläßt. Wenn mehrere aneinander anschließende Sonntagsrückfahrkarten gelöst worden sind, muß die Rückreise am Montag mit einem Zug angetreten werden, der auf dem Zielbahnhof der zuerst gelösten Karte spätestens um 9 Uhr abgcht. Nach 9 Uhr darf die Rückfahrt am Montag nicht mehr unterbrochen werden. Die Benutzung von Eil- und Schnellzügen ist an allen Tagen gegen Barzahlung des tarifmäßigen Zuschlags zugelasse». Arbeiterrückfahrkarten können in diesem Jahre bereits vom 19. Dezember ab benutzt werden. Die Geltungsdauer der in der Zeit vom 19. bis 27. Dezember gelösten Arbeiterrückfahrkarten wird bis zum 4. Januar einschließlich verlängert.
Sanatorium Dr. Brauser.
Ser Roman eines dentschen Detektivs. Von K«rt Martin.
Copyright by Perlag Neues Leben, Bayr. Gmain.
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„Ich kann nicht, Lotte. Ich will und muß noch hinauf ,u Neuländer. Und den Zug muß ich unbedingt erreichen."
Ein herzliches Abschiednehmen von Mädi, die sich gar sicht von Vati trennen wollte und ihre Aermchen fest um - einen Hals, klammerte. Ein Händedrücken und ein letzter tuß Frau Lottes. Dann wunderte Paul Stein mit raschen Schritten hinaus ans der Stadt, hinauf zu den sich türmenden Mauern und stand vor Richard Neuländer.
Der taumelte zurück, als er den Kommissar vor sich sah. Seine Augen wurden starr, feine Hände tasteten zögernd vor.
„Sie, Sie! — Also sprachen die drei Worte, die Sie mir schrieben, doch wahr! — Ich wollte nicht daran glauben."
„Meine Worte sagen Ihnen die Wahrheit, Herr Neuländer."
„Und — und —?"
„Ich bringe noch keine Freiheit. Aber ich bringe Ihnen eins: meinen Glauben an Ihre Schuldlosigkeit!"
„An meine Schuldlosigkeit!"
Der Gefangene strich sich schmerzlich lächelnd über die Stirn. ,
„An meine Schuldlosigkeit! — So kennen Sie jetzt den Täter?"
„Ich kenne den, dessen Wille den Mord beging."
„Wie meinen Sie das?"
„Es steht für mich fest, daß Sie den Stich nach Röbers Brust geführt haben."
Da fuhr Neuländer auf.
„Herr Kommissar! Wollen Sie Ihr Spiel mit mir treiben?"
„Nein, denn Ihr Schicksal ist mehr als beklagenswert. — Aber es ist so: Den tödlichen Stich können nur Sie geführt haben. — Sie haben dies jedoch nicht mit Bewußtsein getan. Sie haben die Tat vielmehr in einem Zustand der Willenlosigkeit ausgeführt, gelenkt von einem anderen Willen, untertan diesem Willen, Sklave dieses Willens. Und dieser Wille befahl Ihnen, Otto Roeber zu töten."
Neuländer sah den Kommissar starr an.
„Ist das so?"
„Ja. — Der Wille Professor Brausers befahl Ihnen, die Tat auszusühren."
„Bräuser!"
„Hören Sie weiter! Ich nehme an, daß auch der Wille Brausers Sie zu der Fahrt nach Görn veranlaßte, daß auch sein Wille Sie zwang, den neuen Vertrag mit Erich Rüdiger zu schließen."
Paul Stein beobachtete den Gefangenen scharf. Er hoffte, durch das offene Bekennen seiner Mutmaßung aus Neuländers Perhalten am besten die Richtigkeit derselben bestätigt zu sehen. Und er bemerkte, wie das Irren und Suchen und hilflose Zweifeln aus Neuländers Augen schwand, wie ein Licht darin aufflammte, ein Erkennen.
Neuländer griff nach Steins beiden Händen und preßte sie zwischen seinen Fingern.
„Dank! Dank! Ach, wie armselig ist dies Wort in dieser Stunde. Sie erlösten mein Denken von dem drohenden Wahnsinn! Ja, jetzt ist mir alles klar: Bräusers Sichanmich- drängen, der Vertragsabschluß, den ich mir nicht enträtsln tonnte. Ja, dann hat aber Rüdiger —"
„Mit Bräuser alles abgekartet, ja."
„Dann wäre der Plan von ihm ausgegangen?"
„So nehme ich an."
„Er wollte mich um den Erfolg meiner Erfindung bringen! — Und da stand ihm noch Roeber im Wege."
„Sicherlich. Und nun kam er auf den teuflischen Gedanken, mit Ihrer Hilfe Roeber zu beseitigen."
„Und ich —, ich habe es getan!"
Neuländer sank auf den Schemel und verbarg das Antlitz in den Händen.
„Ich habe den Mann, der mir Freund war, getötet!"
„Nicht Sie! Ihr Denken war ja ausgeschaltel dabei. Ihr geistiger Mensch hat nichts mit dieser Tat zu tun."
„Aber diese Hände haben den Mord begangen!"
„Sie müssen sich sagen, daß diese Ihre Hände nicht Ihrem Willen gehorchten, sondern dem Willen eines anderen Menschen!"
„Aendert das etwas?"
„An dem Geschehnis nichts. Sie sind aber trotz der körperlichen Tat an diesem Mord unsch'stdst. Sie haben die Tat ja nicht gewollt."
„Nein, bei Gott nicht!"
„Also! Fallen Sie nicht aus einer Not der Seele in eme neue! Ich wollte Ihnen heute Nachricht bringen, die Qual des Nachdenkens lösen. Nun verstricken Sie sich nicht in eine neue Qual! Fühlen Sie sich schuldlos an diesem Verbrechen! Sie sind es vor den Menschen; seien Sie es aber noch viel mehr vor sich selbst!"
Neuländer nickte und sprang auf.
„Was gedenken Sie nun zu tun?"
„Sie zunächst zu bitten, dringend zu bitten, über alles zu schweigen, was ich Ihnen heute erzählt. Mein Vertrauen zu Ihnen ist groß. Lohnen Sie es mir! Schweigen Sie, bis ich Ihnen zu redest erlaube."
„Ich werde schweigen."
„Vielleicht bin ich schon in ein paar Wochen am Ziel. Der Mord an Nocber ist nicht das einzige Verbrechen, das seinen Ausgangspunkt in Bräusers Hirn hat. Ich steh« gleichzeitig vor der Lösung anderer Rätsel."
„Wie darckbar muß ich Ihnen sein!"
„Ich tue jetzt nur meine Pflicht, wenn ich mich weiter mit dem Fall befasse."
,,'llnd Rüdiger? — Oh, dieser Schurke!"
„Ich werbe auch ihn zu einem Geständnis zwingen. Das ist meine kleinste Sorge. Ich kenne diesen Mann sa schon. So raffiniert wie er Pläne schmieden kann, so verwirrt wird er alles bekennen, wenn ich mit der Tatsache seines Verbrechens vor ihm stehe. — Jetzt muß ich gehen. Viele Aufgaben warten meiner."
„Ich wünsche Ihnen zu allem gutes Gelingen."
Mit einem festen Händedruck schieden die beiden Männer.
Die lange Bahnfahrt verging Paul Stein und Professor Kortmann rasch. Es gab zu viel des Wichtigen zu besprechen- Paul Stein hatte sich in seiner Annahme nicht getäuscht,
Korlmann sagte ihm gern seine Hilfe zu.
„Ich bin gewiß sonst in meinem Sanatorium die Pflichterfüllung selbst. Das mag vielleicht etwas sehr wie Eigenlob klingen. Ich stelle es aber nur als Tatsache fest. Für den vorliegenden Fall werde ich aber stets Zeit erübrigen."
„Ich bin Ihnen sehr verbunden."
„Es ist entsetzlich, was Sie da entdeckt haben. Ich leiste jede Hilfe, um diesen Bräuser unschädlich zu machen. Hoffentlich gelingt es ihm nicht, doch noch das eine oder andere Verbrechen auszuführen." (Fortsetzung folgt.)..