wenn ein Unfall sich ereignet hat und die Verletzten weggeführt oder weggetragen sind, treten ne ebenso ruhig und bescheiden wieder in den Hintergrund zurück. „Freiwillig" ohne Entgelt — obwohl sie nicht zu den Bemittelten zählen — tun sie ihren Dienst an allen Volksgenossen ohne Unterschied von Partei, Stand und Religion. Es soll aber nicht diel Wesens davon gemacht werden. So sind denn unsere „Sanitäter" mit Recht volkstümlich geworden, und man kann überall in der Stadt und auf dem Lande beobachten, wie die Augen von Männern und Frauen mit dankbarem Wohlgefallen auf den grauen Gestalten ruhen.
In Württemberg haben sich die Kolonnen seit dem Krieg mächtig ausgebreitet. Wir haben jetzt rund 1M> Kolonnen und Abteilungen mit gegen 50 Lanitätskraftwagen, neuerdings auch mit eigenen Kolonnenhäuscrn, Unterrichts- und Magazinräumen. Und immer melden sich neue Freiwillige zur Bildung neuer Kolonnen und Abteilungen. Außerdem werden seit 1930 in zahlreichen Dörfern entlang der mcist- befahrenen Landstraßen Unfallhilfsstellen mit 1 bis 9 Mann eingerichtet. Deren gibt es in Württemberg jetzt schon über 50. Unser Endziel ist, das ganze Land mit einem je nach der Bevölkerungsdichte und industriellen Entwicklung mehr oder weniger dichten Netz von Kolonnen, Abteilungen und Unfallhilfsstellen zu überziehen.
Auf dem Hauptbahuhof Stuttgart wurde für Tage großen Verkehrs eine ständige Sanitätswache eingerichtet. Dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club werden an Sonntagen Sanitätsleute zum Straßenhilfsdienst zur Verfügung gestellt.
Tie Leitung des Roten Kreuzes ist sich dabei wohl der Verantwortung bewußt, daß alle Führer und Mannschaften dieses Rettungsdienstes von erfahrenen Aerzten sorgfältig und zuverlässig ausgebildet und dauernd weitergebildct werden müssen. Das geschieht.
Mehr in der Stille und vor den Augen der breiten Oef- fentlichkeit verborgen, entwickelte sich der weibliche Krankendienst des Roten Kreuzes. An 23 Arbeitsstätten, Krankenhäusern und Kliniken unseres Landes verrichten jetzt die Ehar- lottenschwestern vom Roten Kreuz ihr stilles Liebeswerk. Das Mutterhaus in Cannstatt ist selbst mit einer eigenen Krankenanstalt verbunden. Töchter aller Berufsstände, frühere Volksschülerinnen und Schülerinnen höherer Schulen, Evangelische und Katholiken, finden sich und wirken in diesem Verband unter dem Zeichen der tätigen Nächstenliebe und Nächstenhilfe schwesterlich zusammen.
In Tübingen unterhält das Rote Kreuz eine Kranken- hflrgerinnenschule, die Jahr um Jahr mit Krankenpflege- und Hauswirtschastsschülerinnen voll besetzt ist. Die Kranken- pflegeschülerinnen werden an den Universitätskliniken von den berufensten Lehrkräften herangebildet.
In gleicher Stille werden außerdem alljährlich in zahlreichen Städten des Landes junge Mädchen und Frauen als Helferinnen dom Roten Kreuz in kürzeren Lehrgängen ärztlich unterwiesen, die sich dann später als Hilfsdienst in Familie, Werkstatt und Fabrik und neuerdings mehr und mehr als Hilfsschwestern in Krankenhäusern bewähren.
In diesem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt bleiben, daß der bisher selbständig organisierte Frauenverein vom Roten Kreuz für Deutsche über See in Württemberg, dem Lande, das von jeher durch unzählige Bande mit Neber- see, auch mit unseren früheren Kolonien verbunden war, eine besonders rege und erfolgreiche Tätigkeit entfaltet.
Vorträge über Fragen der Bolksgesundheit unv Hygiene, gehalten von hervorragenden Hochschullehrern, Leitern von Krankenanstalten und praktischen Aerzten unseres Landes, sind zu einer ständigen und wie man allgemein hören kann, hochgeschätzten Einrichtung des Württ. Landesvereins geworden.
Aus den übrigen Arbeitsgebieten des Landesvereins soll nur noch als eine Neueinrichtung hervorgehoben werden die in Stuttgart, Kanzleistr. 10, mit vollem Erfolg eingerichtete, Viel besuchte Diätküche, in der Magen-, Darm-, Gallen-, Herz-, Nieren- und Zuckerkranke Mittag- und Abendessen nach ärztlicher Anordnung zu mäßigem Preise erhalten.
Immer größere Mittel sind erforderlich, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Möge nun der Rote Kreuztag vom 19. Juli in allen Kreisen unseres Volkes die Herzen warm und die Hände offen finden!
Vermischtes.
Die kostspielige Elefantenjagd. Ueber viele Dinge haben wir falsche Vorstellungen. So wissen es wohl die wenigsten, daß auch der afrikanische Jäger eine Jagderlaubnis braucht, um in den Urwäldern jagen zu dürfen, und daß der Jagdschein sehr hoch ist, ergibt sich aus der Tatsache, daß z. B. im Tauganykagebiet das Schießen eines Elefanten UM Mark kostet. Dafür gehört einem dann das -vier, das viel Geld bringen kann, wenn es starke Stoßzähne besitzt. Das Teuerste an der Elefantenjagd ist die Ausrüstung der Expedition, denn man muß mindestens 20 Schwarze mitnehmen und oft tagelang durch die Wälder streick>en, bis man einen starken Bullen vor die Büchse bekommt. Dabei ist das Schießen mit Lebensgefahr verbunden, weil diese meist in großen Herden auftauckien und ungeheuer bösartig werden können. Zudem läuft der
afrikanische Elefant als eines der schnellsten Tiere schneller als ein Pferd. In Uganda ist die Schießerlaubnis zum Erlegen eines Elefanten billiger, aber man muß den Preis und zwar 200 Mark für den ersten, und 100 Mark für den zweite» Elefanten, im Voraus bezahlen. Ob der Jäger ihn nachher schießt, ist seine Sache. Mehr als zwei Elefanten darf ein einzelner Jäger im Jahre nicht erlegen. Dadurch kommt e« daß im Ugandagebiet, wo etwa 25 000 Elefanten in Herim« von 100 bis 100 Stück leben, jährlich nur 225 Elefanten erlegt werden.
Die Hauptsache. Nachdem der Arzt die Dame untersucht meinte er: „Es ist schon besser. Sie suchen ein Krankenhau-! -auf." Fragt die Dame: „Auf wielange denn?" „Wenn ich Ihnen das vorher sagen könnte..." „Ich meine nur weaen der Dauerwellen?" (Münch. Med. W)
äbl? ^ ^eppelLn-Heldenl im ^eltkrieZ
Im Luftschiff über der Skagerrak-Schlacht
Am Tage der Skagerrak-Schlacht im Jahre 1916 lagen elf Marineluftschiffe fahrbereit. Ungünstige Wetterlage und Ouerwind zur Halle gestatteten aber erst gegen Mittag des 31. Mai den Aufstieg der ersten fünf Luftschiffe.
Schon bald nach dem Aufsteigen zeigte sich, daß die Luftschiffe bei dem sehr diesigen Wetter und einer unteren Wolkendecke von 300 Meter Höhe nur sehr geringe Sicht hatten. Typisches Nordseewctter!
Infolge der ungünstigen Aufstiegsmöglichkeiten hatten die Luftschiffe beim ersten Zusammentreffen der deutschen und der englischen Seestreitkräfte die Linie Terschelling—Hornsriss noch nicht überschritten. Es ist heute gar nicht abzusehen, welchen Verlauf die Ereignisse des Tages genommen hätten, wenn die beiden Luftschiffe der Nord-Aufklärung bei sichtigem Wetter schon früher vor und im Skagerrak hätten stehen können — so wie es ursprünglich geplant war-
Abends um 9 Uhr stand ein Luftschiff etwa 11 Seemeilen vom englischen Flotten-Flaggschisf. Ein anderes muß das ganze „Schlachtfeld" überfahren haben, hörte aber weder Geschützdonner, noch sah es in dem Dunst irgendein Schiff. Die Luftschiffe landeten am Vormittag des 1. Juni zwischen 2 und 5 Uhr.
Bereits am Abend des 31. Mai hatte der deutsche Flottenchef dringende Frühanfklärung bei Horns-Riff angefordert. Der Führer der Luftschiffe, Fregattenkapitän Straffer, hatte aber schon seine Maßnahmen getroffen. Korvettenkapitän Dietrich erzählt darüber:
Wir lagen damals mit L. 22 in sondern. Die zahlreichen Funksprüche des Tages hatten wir mit Spannung verfolg! und waren froh, als wir endlich um Mitternacht aufsteigen konnten. Bald stehen wir über dem nächtlichen Gesechtsplatze.
Ueberall leuchten Scheinwerfer aus, in deren Hellen Strahlen die englischen Torpedoboote ihre Nachtangriffe fahren. Ueberall sieht man das grell aus dem Dunkel dev Nacht aufblitzende Mündungsfeuer der Abwehrgeschütze. Zwischendurch wird es wieder dunkel, wir sehen unter uns gespenstische dunkle Nachtschatten vorbeiziehen; es sind die gut abgeblendeten deutschen Linienschiffe.
Plötzlich hören wir senkrecht unter uns eine gewaltige Explosion. Wir sind genau über dem Linienschiff „Pommern", das von feindlichen Torpedos getroffen, in die Luft fliegt. Kein Mann ist gerettet worden. Anscheinend ist die eigene Munition detoniert, denn die Flammen verbreiten sich über das ganze Schiff. Nichts ist mehr zu sehen von dem Schiff.
Brennende englische Schiffe und Zerstörer, wie Fackeln leuchtend, kennzeichnen den Weg der deutschen Flotte nach Süden. Ein schaurig-schöner Anblick. Es war gegen 3 Uhr vormittags am 1. Juni.
Es wird langsam hell. Das Wetter ist trübe, nach Westen und Norden ist die Sicht gering, gerade dort, wohin wir fahren. Die englische Flotte hatte inzwischen Kurs Nordost genommen. Das andere nach Norden aufklärende Luftschiff L. 21 wurde von feindlichen Streitkräften beschossen und griff mit Bomben an. L- 11 war um 1 Uhr vormittags auf die
britischen Schlachtkreuzer gestoßen, es war dies 90 Seemeile« nordwestlich von Helgoland, später sichtete dies Luftschiff die Schlußschiffe der englischen Schlachtflotte. Zeitweise wurde L. 11 von 21 großen und vielen kleinen Schiffen gleichzeitig beschossen. Nebelschwaden machten die Beobachtung für dal Luftschiff schwierig. Tann verlor es die Streitkräste aus Sicht Um 7 Uhr vormittags ließ dann der Flottenchef die Luftschiffe einlaufen, da keine Luftaufklärung mehr nötig war. Die Stagerrakschlacht war geschlagen. Die Deutschen hatte» gesiegt.
Ter Beobachtungskorb
Um die Technik der Kriegsfahrten deutscher Luftschiffe zu vervollkommnen, wurden alle nur erdenklichen Versuche a»- gestellt. Zum großen 2 -eil hat mau nie in der Oeffentlichkeit von ihnen erfahren. Die Luft-Torpedos, die wie ein kleines Flugzeug unter dem Leib der Luftschiffe hingen, die Flugzeuge, die einige Luftschiffe, ebenfalls unter ihrem Riesen- körpcr, mitführten, sind außerhalb der Luftschisfplätze kaum bekannt geworden.
Einer der phantastischsten Versuche war der Beobachtungskorb. Er wurde zum ersten Male auf dem Z. 12 in der Praxis ansproüiert. Es war ein kleiner Korbsessel, in dem nur eine Person Platz hatte. Vor dem Sessel war ein Kartenbrett angebracht, das durch eine winzige Lampe beleuchtet wurde. Stuhl und Kartenürett waren eiförmig verkleidet, und die Verkleidung lief nach hinten in eine Kielflosse aus. so daß der ganze „Korb" wie eine graue Kaulquappe aussah.
Wer in dem Beobachtungskorb saß, der mußte starke Nerven haben. Wenn das Schiff in Fahrt war, wurde nämlich der Beobachtungskorb aus der Hinteren Gondel an einem Kabel herabgelassen. In dem Kabel lief die Telephonlcituug. so daß der Beobachter im Korb direkt in tclephonisclier Verbindung mit der Führergondel stand.
Der Korb konnte bis zu 800 Meter unter das Schiss herabgelassen werden und sauste dann wie ein kleiner Dackel hinter seinem großen Herrn her, in beträchtlicher Entfernung hinter dem Schiff. Z. 12 erzielte mit Hilfe dieses Beoüach- tungskorbes einen durchschlagenden Erfolg auf- einer Kricgs- fahrt nach Calais.
In dem Beobachtungskorb saß ein Neffe des Grafen Zeppelin, der alte Oberstleutnant Freiherr von Gemmmge», als sich das Schiff über Calais befand. Der Z. 12 fuhr über einer geschlossenen Wolkendecke dahin, konnte also von der Erde aus- nicht gesehen und unter Feuer genommen werden. Der Freiherr von Gemmingen saß aber in seinem Beobachtungskorb 800 Meter unter dem Schiff unterhalb der Wolkendecke und konnte so in aller „Seelenruhe" seine Beobachtungen machen, das Schiff nach der Karte dirigieren, ohne selbst von unten gesehen zu werden. So leitete der Oberstleutnant den Angriff auf Calais mit dem Resultat, daß ein umfangreiches Munitionsdepot in die Luft gesprengt wurde.
Das Resultat dieser Fahrt und die Auszeichnung mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse mögen den alten Freiherrn mit stolzer Freude erfüllt haben. Es muß aber doch ein mehr als merkwürdiges Gefühl gewesen sein, nur an einem ümd- fadendünnen Kabel hängend in dunkler Nacht so durch das Weltall zu sausen... (Fortsetzung folgt.)
Lopz-rigbt 1929 l>F Karl Köhler L Co., Berlin-Zehlendorf, Machnower Str. 24.
Machdruck verboten.)
„Ich hatte mir etwas zuviel zugemutet und dann hatte ich eine schlimme Nachricht bekommen."
„Darf man fragen, was das für eine Nachricht war?"
„Nein." Dollingen ballte beide Fäuste. Nicht auf der Folter werden sie das aus mir herausholen ...
„Hm. Fahren Sie, bitte, fort. Herr Krille gab Ihnen dann die Mappe zur Aufbewahrung, nicht wahr?"
„Ja. Und ich gab sie ab. Das ist alles." Er fühlte sich wieder ganz ruhig.
„Warum gaben Sie sie dem Geschäftsführer?"
„Er war gerade in der Nähe."
„Können Sie sagen, wieviel Zeit zwischen der Uebergabe der Mappe und Ihrer Weitergabe verfloß?"
Dvllingens Gesicht verzerrte sich in einem inneren Schmerz. „Es kann höchstens eine Minute gewesen sein", antwortete er mühsam.
„Nicht mehr?"
„Ich nahm die Mappe, überlegte, daß sie m der Kleiderablage des Personals nicht sicher genug sei —"
„Warum dort nicht sicher genug?"
„Sie ist nicht verschlossen. Jeder kann dort hinein. Oder glauben Sie, daß die Angestellten Garderobe-Marken bekommen?"
„Das ist es eben. Fiel Ihnen denn nicht aus, daß Aeser Krille die Mappe nicht einfach in der öffentlichen Garderobe abgab? Es wäre doch das Nächstliegende gewesen."
„Darüber habe ich nicht nachgedacht", erwiderte Dollingen kühl. „Da er mich kannte, war es doch nicht so auffällig, daß er sie mir anvertraute."
„Sie waren Freunde?"
„Wir waren Bekannte. Wir haben in der ersten Zeit unseres Berliner Aufenthalts auf dem gleichen Flur gewohnt und er hat uns durch allerlei nützliche Ratschläge gedient. In letzter Zeit war unser Verhältnis abgekühlt. Meine Verwandten sahen ihn nicht gern und er besuchte mich nicht zu Hause."
„Aber Sie trafen sich mit ihm?"
„Er wartete mich mehrere Male hier vor dem Hause ab. Uebrigens hat er mir auch die Stelle in der Bar verschafft. Es war ein Nebenverdienst, den ich gut brauchen konnte."
. »Sie haben studiert, Herr Dötlingen?"
Die Zwischenfrage reizte ihn mehr als alles andere. „Sehr richtig, Architektur. Aber wir Balten haben all unser Eigentum verloren, wie Sie eigentlich wißen dürsten. Oder ist das Ihrem Scharfsinn entgangen?" Seine Nerven bebten. Seine Geduld riß. „Ich habe Ihre Fragerei notabene satt. Ja, satt bis zum Halse. Wenn ich ein Verbrechen begangen habe, so beweisen Sie es mir doch!"
Der Fremde schien seinen provozierenden Ton gar nicht zu bemerken. Er sagte ernst: „Der Nachweis Ihrer Unschuld dürfte doch wohl in erster Linie Ihre Sache sein."
Doliingen brauste auf. „Ich habe die Mappe abgegeben, wie ich sie bekommen habe. Wo soll da eine Schuld sein?"
„Ich bin natürlich von Ihrer Unschuld überzeugt. Oder nehmen Sie an: daß ich es bin. Das kommt für Sie ja auf-das gleiche heraus. Eine Kleinigkeit interessiert mich nur noch: war die Mappe osten, als Sie sie bekamen?"
„Ich habe nicht nachgesehen... doch, sie war wohl offen." Er überlegte: sonst hätte der Finder doch nichts heraus nehmen können. Es war wohl das sicherste, alles zu sagen. Seine Unschuld mußte dann ja am leichtesten festzustellen sein.
Der Fremde lächelte ein, kleines, triumphierendes Lächeln. „Finden Sie nicht selber einige Widersprüche in Ihrer Erklärung?"
„Widersprüche? Nein. Ich sage, wie es war."
„Erlauben Sie mal: erst haben Sie nicht nachgesehen. Dann wissen Sie, daß die Mappe offen war. Aber, um das zu wißen, hätten Sie doch das Schloß nachprüfen müssen?"
„Das habe ich selbstverständlich nicht."
„Sie war also nicht offen?"
„Sie stand wenigstens nicht offen. Das wäre mir ausgefallen."
Der andere betrachtete ihn neugierig, fast mit einer gewissen Sympathie. „Wissen Sie auch, daß Sie mit solch naiven Aussagen Ihre Situation durchaus nicht verbessern?"
„Ich sage die Wahrheit. Die wollen Sie doch wißen."
„Ueberlegen Sie mal: aufgesperrt übergab man Ihnen die Mappe also nicht. Aber Sie wißen dennoch, daß sie unverschlossen war. Was soll ich mit solchen Aussagen anfangen?"
„Was Sie wollen", brüllte Dollingen. „Den Teufel auch, ich beantworte nichts mehr."
„Das wäre unpraktisch von Ihnen." Die Stimme wurde noch sanfter, sie wurde bemühe einschmeichelnd. „Etwas möchte ich nämlich noch wißen. Finden Sie es nicht selber sonderbar, baß eine Mappe, die ein so wichtiges Dokument enthielt, offen übergeben worden sein soll?"
Dollingen fühlte dee Gefahr, die in diesen ewigen Kreuz- und Querfragen lag, wie ein leibhaftiges Wesen. Er schrie gereizt: „Ich weiß doch gar nicht, ob sie offen war. Mehr kann ich nicht sagen. Ich dachte es mir bloß so."
Der Fremde lehnte sich behaglich zurück. „Das ist nämlich die Kernfrage: wer hat das Dokument genommen? Nachdem sie
der Geschäftsführer «n sich geiwun-um harr«, ist der Mappe Ms enlnommen worben. Das stehr fest. Ls auch also vorher gr- schehen sein. Wer war es wohl Ihrer Meinung nach?"
Alle Sicherheit siel wieder von Dollmgsn ab. „Ich mH nichts", sagte er dumpf.
„Sie sind da in eine schlimme Geschichte verwickelt word», Herr Dollingen. Es wäre das best«. Sie sagten alles, aber ach alles, was Sie wißen. Ich will Ihren, Gedächtnis auf dir Sprünge helfen. Was war das z. B. mit dem geschäftlichen Ion anschlag, von dem Sie sprachen?"
Es schien das Schicksal dieses Zeicheirsaale» zu sein, daß hm das Spiel der Katze mit der Maus gespielr rosrbr — und imintt war er die Maus gewesen. Ein kalter Strom rieselte ihm den Nacken herab. Was sollte er antworten? Jede Frage war eine Falle. Jede Antwort verwickelte ihn weiter in dies verhängnisvolle Netz.
„Nun?" fragte die höfliche Stimme.
Die Wahrheit sagen! Alles! Mochte kommen, was da wollte! Er erlrug dies Spiel nicht mehr.
„Krille wollte auf diesem Wege einen Voranschlag sein" Firma der Konkurrenz zugänglich machen, die ihn dafür bezahl Wenigstens sagte er das. Aber mir gefiel die Sache nicht und habe sie daher nicht gemacht. Das habe ich ja schon ein mal gesagt."
„Ein interessanter Herr, dieser Krille", meinte der ande» schmunzelnd. „Nun, vielleicht ist er in diesem Augenblick !a;;a in Haft genommen und alles klärt sich auf — auch für Sie."
„Ich könnte darum beten", sagte Dötlingen fast stöhnend.
Der Fremde sah so liebenswürdig aus. daß er Mut zu stmn Frage bekam: „Nicht wahr, es ist doch nur ein Bluff, daß ausgerechnet Krille in den Besitz wichtiger militärischer Papiere kommen konnte?" , .
„Leider nicht. Es war nicht einmal so schwer für ihn. 0- kann es Ihnen ja im Vertrauen Mitteilen, wie es dazu kam. ^ Mitglied des Aufsichtsrats hatte das Dokument in seiner Mappe. Krille ließ an ihrer Stelle eine ganz gleich aussehende, die m illustrierten Zeitschriften und Magazinen gefüllt war. unterhaltende Blätter, aber ein etwas schwacher Ersatz- ^ lachte gemütlich.
„Also ist er sehr raffiniert zu Werke gegangen." -
„Das kann man wohl sagen. Er kann es in diesem -Vehs noch weit bringen — wenn man ihm Zeit läßt. Diesma m nun vordeigelungen. Der Indizienbeweis ist lückenlos geschchR-
Er erhob sich und nahm seinen Hut zur Hand. GEewa - die Quälerei war vorüber. Alles hatte sich aufgeklärt, ^ verflog und zerstob wie der Spuk eines wilden Traumes. , vös spielte Dollingen mit dem langen Zeichenstift. Es gab em kleinen Knacks — die Spitze war abgebrochen.
Der Fremde blickte sich um. „Ist das hier Ihr Mantel Hut?"
(Fortsetzung folgt.)