nicht einen Augenblick seine Ruhe verloren und ich fand ihn auch im Hotel, wohin ich mich von der Polizei aus begab, ruhig und gefaßt.

Tic Vernehmung des verletzten albanischen Hofministers Libahowa.

Wien, 21. Febr. Heute vormittag wurde der im Sanato­rium Loew befindliche albanische Hofminister Libahowa Po­lizeilich vernommen. Er gab die bereits bekannte Darstel­lung des Attentates. Libahowa selbst befand sich bereits im Auto neben dem König. Er hat dann, als der Attentäter schoß, aus feinem Revolver vier Schüsse abgegeben, die nie­manden getroffen haben, während er selbst bekanntlich eine Fußverletzung erlitt. Außerdem wurde, wie heute festgestellt werden konnte, sein Hut von Geschossen durchbohrt. Die Vernehmungen zahlreicher festgestellter Albanier haben noch nichts konkretes über die Angaben erbracht, wonach noch ein dritter Attentäter bei dem Anschlag in Betracht kommen soll.

Graf d'Ocmesfon über feinen Vlan

Paris, 21. Febr. Graf Wladimir L'Ormcsson beschäftigt sich in der heute erschienenen Nummer der ZeitschriftEuropc Nouvelle" nochmals mit dem von ihm entwickelten Plan, auf­grund einer Verständigung zwisckien den Vereinigten Staaten und Frankreich Deutschland eine Herabsetzung seiner Repa- rationsverpflichtungcn für die Jahre 1031 und 1932 von je :1V Prozent zu verschaffen, und ferner durch eine deutsch­französische Vereinbarung dahin zu gelangen, daß die beiden Länder ihre Militär-Lasten ebenfalls für diese Jahre um ein Zwölftel herabsetzen. Graf Wladimir d'Ormcsson gibt heute gewissermaßen einen Ueberblick über die Motive, die ihn zu seinem Vorschlag geführt haben wie folgt: Ich weiß, daß in Deutschland, wo man gewöhnlichradikal" denkt, viele Leute sich als Anhänger eines deutsch-französischen Militärbünd­nisses gegeben. In Frankreich haben gleichfalls gewisse Leute, die die Extreme lieben, gesagt: Entweder Gewalt oder Militäranschluß. Ich für mein Teil bekenne mich keineswegs zu dieser zu einfachen Alternative. Ich sehe eine deutsch- französische militärische Verständigung nur in gegenseitigen Abmachungen über Beschränkungen. Ich bin außerdem inner­lich davon überzeugt, daß die Lösung des amerikanisch-euro­päischen Problems der Kriegslasten und die Lösung des Pro­blems der Ausgaben für Rüstungen von einander abhängen und in aller Kürze ihre vernunftgemäße Verbindung finden werden. Ich habe das in meinem letzten Artikel nicht mit genügender Schonung gesagt und deshalb lebhaften Wider­spruch gefunden. Aber dennoch habe ich dadurch erzielt, daß man die Probleme jetzt von einem neuen Gesichtspunkt aus betrachtet.

Europe Nouvelle" stellt weiter dch Frage, ob man denn schon darüber nachgedacht habe, was erfolgen werde, wenn in Preußen Neuwahlen stattfändcn, zumal wenn das Unbehagen sich in neuen Wahlerfolgen Hitlers und der Kommunisten nusdrücke. Europa könne dann dem Frieden nachtrauern. Jetzt sei es noch Zeit zu handeln und dafür zu sorgen, daß die Vernunft siege. Was immer man auch in Frankreich sich denken werde, man werde immer wieder auf das deutsche Problem stoßen. Die Friedenspolitik und die deutsch-franzö­sische Verständigung seien in erster Linie eine konservative Politik. Deshalb sei er selbst auch konservativ.

Kriegsverrat eines Offiziers

Berlin, 21. Febr. Im Rcchtsausschuß des Reichstags wurde auch über eine Petition des früheren oldenburgischen Dragoncroffiziers, Graf Nahhaus, verhandelt, dessen Fall durch ein von ihm geschriebenes Buch der Oeffentlichkeit be­kannt geworden ist. Graf Nayhaus, der aus einer alten AdelS- familie stammt, die auch mit dem Hohenzollernhaus entfernt verwandt ist, war wegen Kriegsverrats im Jahre 1916 zum Tode verurteilt worden. In zweiter Instanz wurde die Todesstrafe in lebenslängliches Zuchthaus umgewandelt und nach zwei Jahren, in der Revolution, wurde er im Wieder­aufnahmeverfahren aus formalen Gründen freigesprochen.

Keine lOprozentige Gehaltskürzung für Beamte

Berlin, 21. Febr. Der deutfchnationale Abgeordnete La- verrenz hat gestern in einer Beamtenkundgebung gesagt, daß mit einer weiteren lOprozentigen Gehaltskürzung für die Be­amten zu rechnen sei. Dazu erfahren wir, daß keine weiteren derartigen Gehaltskürzungen geplant sind.

Der Reichspräsident an die Dentschnaüonalen

Berlin, 21. Febr. Der Äeutschnationale Reichstagsabge- ordnete Wege (Ludwigsdorf) hatte an den Reichspräsidenten von Hindenburg ein Schreiben gerichtet, in dem er u. a. an den Reichspräsidenten die dringende Bitte richtet, dafür Sorge zu tragen, daß ungesäumt etwas Durchgreifendes für die Landwirtschaft, insbesondere des Ostens, geschehen möge. Der Reichspräsident hat hierauf dem Abg. Wege folgendermaßen geantwortet:

Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Bon Ihrem Schreibe» vom 18. Februar habe ich mit vol­lem Verständnis für die im Landvolk der Grenzmark herr­schende sorgenvolle und ernste Stimmung Kenntnis genommen. Ich verfolge die Lage der deutschen Landwirtschaft mit be­sonderem Interesse und begleite alle brauchbaren Vorschläge zur Besserung der Not, namentlich im Osten, mit tätiger Mit­hilfe. Durch die in den letzten Tagen vom Rrichskabinett ver­abschiedeten Gesetzentwürfe soll dem Osten, durch weitere vor der Verabschiedung stehende Maßnahmen der deutschen Land­wirtschaft insgesamt, eine durchgreifende und alsbaldige Hilfe gebracht werden. An meiner Mitarbeit hierbei hat es bisher nicht gefehlt und wird es auch künftig nicht fehlen. Leider mutz ich aber zur Zeit Ihre und Ihrer Fraktionskollegen praktische Mitarbeit bei der Gesetzgebung des Reiches vermißen. Ich mutz daher Ihren Appell an mich erwidern, daß ich an Sie und Ihre Parteifreunde den dringenden Ruf richte, bei den bevorstehenden, für die deutsche Landwirtschaft lebensnotwen­

digen gesetzgeberischen Arbeiten nicht abseits zu stehe», son­dern tatkräftig mitzuhelfen.

Mit freundlichen Grützen! gez. von Hindenburg."

Es ist nicht anzunehmen, daß der Abgeordnete Wege die­sen Brief ohne ohne vorherige Fühlungnahme und Zustim­mung seines Parteiführers Hugenberg geschrieben hat. Of­fenbar wollten sich die Deutschnationalen durch diesen Brief ein Alibi verschaffen und das Schwergewicht verschieben. Der Reichspräsident hat aber den ihm zugeworfencn Ball sehr ge­schickt aufgefangen und den Deutschnationalen zurückgeworfen. Sie werden nun schon aus moralischen Gründen kaum noch länger dem Parlament fernbleiben können und vielleicht schon in den nächsten Tagen wieder ihren Einzug in das Reichs­tagsplenum halten. Frühestens könnte das am Montag der Fall sein, wenn die agrarpolitischen Dinge an die Reihe kom­men. Die letzte Entscheidung liegt natürlich bei der Fraktion, die schon in der letzten Woche eine Sitzung abgehalten hat und auch in der kommenden Woche wieder im Reichstag ver­sammelt sein wird, ohne daß schon feste Rückschlüsse an Len Wiedereinzug in das Parlament gezogen werden können. Dn Gelegenheit ist aber für die Deutschnationalen jetzt unge­wöhnlich günstig, ihren Fehler wieder gut zu machen und sich aus dem Schlepptau der Nationalsozialisten zu befreien. Man darf hoffen und erwarten, daß sie dem Appell des Reichs­präsidenten, für dessen Wähl sie sich seinerzeit mit besonderer Wärme eingesetzt haben, vollauf Gehör schenken werden.

Gruben-Explosion bei Aachen

Aachen, 21 . Febr. Ein schweres Grubenunglück hat sich heute früh auf der GrubeEschweiler Reserve" in Noth­berg ereignet, über das die Grubenverwaltung folgenden amtlichen Bericht herausgegeben hat:Am 21 . Februar, gegen 7.3v Uhr früh, hat sich auf der GrubeEschweiler Reserve" auf der «WO-MeterSohle in der dritten Bauabteilung, wahr­scheinlich im Revier 12, Flöz Fornegel, eine Grubenexplosion ereignet. Zur Zeit sind gezählt vier Schwerverletzte und 25 Tote. Tie Nachbarreviere sind befahren und frei befunden worden. Revier 12 ist bis auf eine Abteilung, in der sich viel­leicht noch zwei bis drei Mann befinden, ebenfalls befahren. Die Rettungsmannschaften sind noch bei der Arbeit. Die Bergbehörde ist zur Untersuchung eingefahren. Danach dürfte also Wohl nur noch das Schicksal von zwei oder drei Mann ungewiß sein."

Die Bergstraße, die zum Schacht der GrubeEschweiler Reserve" führt, ist schwarz von Menschen. Sie drängen sich vor dem Zechentor und warten auf weitere Nachricht über den Umfaug und die Ursache des Unglücks. Vier Steiger von der Nachtschicht, die noch im Grubengelände anwesend waren, sind sofort auf die Nachricht von dem Unglück wieder in die Reviere zurückgefahren. Mit den ersten Rettungsmannschaf­ten, etwa eine Stunde nach dem Unglück, fuhr auch die erste Untersuchungskommifsion der Bergbehörde ein.

Die Grube, die zu dem Eschweiler Bergwcrksverein ge­hört, untersteht dem Türencr Bergrevier mit dem Titz in Aachen. Die Kommission stellte an Ort und Stelle fest, daß keine Nachschwaden mehr vorhanden waren. Die Explosion konnte sich glücklicherweise nicht weiter verbreiten, da die GrubeEschweiler Reserve" eine sogenannte nasse Grübe ist.

3b Todesopfer.

Nothberg, 21. Febr. In den ersten Nachmittagsstunüen liegen die genauen Ziffern über das Ausmaß, des Unglücks auf der GrubeEschweiler Reserve" vor. 30 Bergleute haben ihr Leben lassen müssen. Sie sind sämtlich geborgen und zu Tage geschafft worden. 29 Bergleute haben den Tod im Schacht gefunden, während ein Bergmann den schweren Ver­letzungen im Eschweiler Krankenhaus erlegen ist. Im Kran­kenhaus Eschweiler liegen noch drei Schwer- und sieben Leichtverletzte. Die Toten sind zum Teil furchtbar zugerichtet und konnten noch nicht sämtlich identifiziert werden. Nur von zwölf Toten stehen bisher die Namen fest. In einer großen Halle der Zechenanlage werden die Toten vorläufig aufgcbahrt werden. Der Entzündungsherd in der Grübe

liegt unterhalb der 600-Meter-Sohle im Revier 12. Die Ex­plosion hatte eine solche Gewalt, daß auch in dem nebenan liegenden Revier 11 die dort beschäftigten Bergleute von dem gewaltigen Luftdruck meterweise fortgeschleudert wurden. Unter ihnen entstand eine Panik. Eine Gruppe von 29 Mann traf auf der Flucht auf die Nachschwaden der Explosion, wo­bei drei Leute auf der Strecke liegen blieben und Len Tod fanden. Der Begrenzung der Explosion kam der Umstand zugute, daß die Zeche sehr naß ist. Deswegen hatte man schon vor Jahren einmal diese wie die benachbarte Zeche Nordstern wegen Unwirtschaftlichkeit längere Zeit stillgelogt, La die not­wendigen Pumparbeiten in keinem Verhältnis zum Förder­ergebnis standen.

Das Beileid der Reichsregierung.

Berlin, 21. Febr. Aus Anlaß des Bergwerksunglücks auf der GrubeEschweiler Reserve" hat der Reichsarbeits­minister im eigenen Namen und im Namen der Reichsregie­rung Beileidstelegramme an die Verwaltung sowie den Be­triebsrat der Grube und an den Landrat des Landkreises ge­richtet.

Erstes Tachverständigenkommunique über das Unglück auf Eschweiler Reserve".

Eschweiler, 22. Febr. Ter Unfallausschuß der Gruben­sicherheitskommission Bonn, der heute die von der Explosion betroffenen Abteilungen der GrubeEschweiler Reserve" be­fahren hat, veröffentlicht ein erstes Kommunique über seine Feststellungen. Danach ist das Unglück im wesentlichen aus eine Kohlenstaubexplosion znrückzuführen. Die Mitwirkung von Schlagwettern bedarf noch weiterer Prüfung. Der Haupt­herd liegt im Flöz Großkohl auf der 600-Mcter-SohIc. Es besteht die Vermutung, daß die Explosion durch Sprengstoffe eingeleitet worden ist. Maschinen oder die beiden einzigen Benzinsicherheitslampen, die im Revier geführt wurden, und zwar vom Steiger und vom Schießmeister, kommen für die Auslösung der Explosion als Ursache wahrscheinlich nicht in Frage. Eine weiteres Kommunique wird Montag nachmittag nach nochmaliger Befahrung der Grube herausgegeben.

Noch zwei Tote in Eschweiler geborgen.

Eschweiler, 22. Febr. Wie die Grübenverwaltung mit­teilt, sind in der letzten Nacht noch zwei Tote aus der Grübe Eschweiler Reserve" geborgen worden. Die Gesamtzahl be­trägt somit 32. Die Beisetzung der Opfer wird Voraussicht­lich am Dienstag- stattfinden.

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Homsn von Zven klckelon.

31. Fortsetzung.

Die Magnetnadel wies deutlich auf das Haus des Bank­herrn am Boulevard Flandrin und sic zeigte im Grunde ebenso stark auf Vera wie auf Gromow; aber sie neigte sich offenbar auch einem anderen Punkte zu, sie schwang zwischen dem Juwelengeschäft in der Rue de la Victoire und dem Hotel Eontinental" lebhaft hin und her.

Auf Grund eines unsicheren Verdachts wollte ich niemand verurteilens Ich mußte einen Beweis haben, auf den ich mich jedenfalls verlassen konnte.

Darum entschloß ich mich, meine Untersuchungen auf eigene Faust vorzunehmen. Ein geschulter Kriminalbeamter konnte mir in dieser Sache nicht weiter von Nutzen sein. Ein solcher verstand sich auf Fingerabdrücke, Gipsabdrücke von Fußspuren und das Ausfindigmachen aller möglichen zufälligen Augen­zeugen, also ausschließlich auf Mittel, die iu meiner Angelegen­heit völlig wegfielen.

Wenn es wirklich zufällige Augenzeugen gab. daun waren sie jedenfalls in Rußland, so-daß ich ihre Illussagen weder heranzichen noch nnchprüfen konnte.

Bei meinen gedanklichen Erwägungen mußte ich auch mit einem übergroßen D, nämlich der Tscheka, rechnen. Wenn die Tscheka die Diamanten genommen hatte, lag nach russischem Gesetz ja gar kein Verbrechen vor. Damals im Jahre 1918 hatte ich gerade mit der Tscheka als Dieb gerechnet. Als ich die Diamanten nicht in ihrem Versteck im Parkettfußboden fand, ging ich ganz einfach davon aus, daß die Spitzel der Tscheka die Juwelen zu gleicher Zeit beschlagnahmt hatten, als sic meine Frau verhafteten. Weil ich nun selbst ein verfolgter Mann war, unterließ ich damals nähere Untersuchungen an­zustellen. Heute, zehn Jahre nach erfolgtem Diebstahl, mußte die Rechtsuntersuchung am Schauplatz ergebnislos bleiben. Die Zeit hatte alle Spuren verwischt.

Diese Zeit war aber auch zugleich mein Verbündeter ge­worden. Tie zehn Jahre, welche vergangen waren, mußten die Vorsicht der Schuldigen eingeschläfcrt haben, um so mehr, als der Verbrecher mich wahrscheinlich für tot hielt. Ich hatte da­durch den Vorteil, daß ich meine Beobachtungen anstelle» konnte, ohne daß der Verdächtige etwas davon ahnte. Ich war wie ein Jäger, der aus seinem Versteck am Waldrand das sorg­los über die Lichtung schreitende Wild aufmerksam verfolgt.

Wie die Sache auch jetzt lag, mußte ich damit zufrieden

sein, daß ein reiner Zufall aus meinem Zusammentreffen mit Silberschwang am vorhergehenden Tage nichts hatte werden lassen, und baß ich heute, bevor ich mich Vera zu erkennen gab, entdeckt hatte, wer Gromow eigentlich war.

Ich hatte mir dadurch den wichtigsten Vorteil gesichert: Ich konnte beobachten, ohne selbst beobachtet zu werden.

Gleichzeitig hatte.ich zwei Anhaltspunkte: Die Photogra­phien und den Stirnreif der Gräfin Schuwalow. Von diesen Anhaltspunkten aus mußten meine Nachforschungen weiter­geführt werden und zwar vorläufig noch auf zwei verschiedenen Wegen. Entfernten sich diese mehr und mehr voneinander, dann hatte Vera und Gromow jedenfalls nichts mit dem Stirnreif zu tun. Aber wenn nun diese Wege einander trafen? Ich war fest entschlossen, der wirklichen Lösung nachzugehen, wie bitter die Wahrheit auch sein würde.

Als ich in mein Hotel zurückkam, überreichte der Portier mir eine Drahtnachricht.

Es war die Antwort von Haase 6c Co., Amsterdam. Sie lautete:

Hugo van den Bosch, Mitinhaber hochangeseheuen durch­aus sicheren Kaffee-Einfuhrhauses van den Bosch 6c Zoom Rußlandaufenthalt unbekannt."

Ich stand und starrte den letzten Satz der Mitteilung an: Rußlandaufenthalt unbekannt." Aber dann konnte dieser Holländer doch auch nicht Russisch sprechen! Daß dieser Kaffee- Händler diese schwere Sprache nur aus Liebhaberei gelernt haben sollte, war doch Wohl wenig wahrscheinlich. Also mußte es entweder zwei Hugo van den Bosch geben, oder Silber­schwang hatte im HotelContinental" einen anderen Mann ausgesucht.

Jedenfalls war sicher, daß ich am Fernsprecher mit Silber­schwang Russisch gesprochen hatte und ihn glauben gemacht hatte, er spreche mit dem Verkäufer des Stirnreifs. Also mußte der Verkäufer' eiu Mann sein, der Russisch konnte.

Einen Augenblick darauf stand ich in der Fernsprechzelle und ließ mich mit dem HotelContinental", Zimmer 192, verbinden. Der Holländer war jetzt zu Hause. Als ich aber mit einer Flut russischer Worte begann, unterbrach mich sofort eine äußerst ärgerliche Stimme:Ich verstehe keine Silbe, mein Herr!" Gleich darauf wurde der Hörer ohne weiteres eingehängt.

Die tiefe gaumige Stimme war für den Holländer bezeich­nend und seine französische Aussprache war so schlecht wie möglich. Später habe ich Herrn van den Bosch häufig getroffen, wenn er, mit hoheitsvoller Ruhe und stets eine dicke Zigarre qualmend, seinen mächtigen Körper durch die teppichbelegtcn Gänge des Hotels führte. Aber gesprochen habe ich mit ihm nur dies eine Mal am Fernsprecher. Aus seiner Antwort entnahm ich denn auch gleich, daß Silbcrschwang diesen Manu am Vorabend im HorelContinental" nicht gesucht haben konnte.

Die Sache konnte nur auf die ällereinfachste Art von der Welt zu erklären sein: Ich mußte mich in der Zimmer­nummer verhört haben, als ich am Tage vorher Silbcr- schwangs Gespräch mit dem Portier belauschte.

Nachdem die Verbindung mit van den Bosch unterbrochen war, blieb ich in der Fernsprechzelle einen Augenblick nach­denklich und zögernd stehen. Dann verfiel ich auf den ein­fachsten Ausweg. Ich griff wieder zum Hörer, rief das Hotel Continental" wieder an und versuchte es mit Nummern, die man möglicherweise mit 1922 verwechseln kann.

Ich versuchte also 182. Eine Knabenstimme antwortete mit der waschechtesten Dankeeaussprache:Hallo." Ich hängte wieder ein. Jetzt versuchte ich 292.

Diesmal antwortete mir eine Damenstimme auf französisch, aber mit unverkennbarer russischer Aussprache. Ich kannte die Stimme. Es war Marußja. Ich hängte sofort wieder ein.

Als ich aus meiner Fernsprechzelle ziemlich verwirrt wieder heraustrat, traf ich Hauptmanu Jarovitzki uird seine Frau in der Vorhalle, die auf mich warteten. Erst jetzt dachte ich daran, daß ich sie zum Frühstück eingeladen hatte. Ich erzählte ihnen immer noch nichts von meinem Zusammentreffen mit Vera und meiner neuen Entdeckung, sondern sagte nur, daß ich meine Untersuchung wegen der Diamanten noch weiter betriebe und sie darum noch bäte, hier in Paris auf keinen Fall meinen » Namen zu nennen.

Ich fürchte, Laß ich während des Frühstücks nicht gerade ein aufmerksamer Wirt war. Ich dachte dauernd an meine ganz veränderte Lage, nachdem ich Marußjas Stimme im Fernsprecher wicdererkannt hatte.

Als meine Gäste sich verabschiedet hatten, ging ich wieder in die Fernsprechzelle und machte durch den Draht neue Er­kundungen. So erfuhr ich, daß Marußja mit ihrem Manne Barhschko imContinental" wohnte, und daß Barhschko eine ziemlich bedeutende Stellung an der Handelsabteilung der Sowjetgesandtschaft innehabe.

Noch am selben Nachmittag drahtete ich an meinen Freund Harvey Davis, einen amerikanischen Berichterstatter in Mos­kau, folgende Aufrage:

Harvey Davis,- Savoh-Hotcl, Moskau. Erbitte Aus­künfte Iwan Wolkow 1918 angestcllt Handelsbank Kiew. Wns für Zeugnisse daselbst. Wann ausgewandert. Wirtschaftliche Stellung bei Abreise. Erkunden Sie im Namen meiner Firma. Drahtet. Grüße Sorin. Postlagernd Paris"

Ich rechnete damit, daß Harvey in seiner Eigenschaft als Pressevertreter sowohl bei Bolschewisten, als auch bei Män­nern des alten Regimes verkehrte. Darum drahtete ich lieber an ihn als an einen meiner russischen Bekannten. Außerdem bekommt Harvey Dapis alles heraus, was er wissen will.

An jenem Abend zog ich in das Hotel.Continental" um-

(Fortsetzung folgt.)