Propheten" von Meyerbeer zum Vortrag. Die Harmonie- kapelle, welche, wie üblich, den zweiten Teil des Programms bestreitet, bringt Werke von Fr. v. Suppe und Meyerbeer. Ein Trompeten-Solo „Auf der Wacht" und ein Liederpotpourri werden das umfangreiche Programm beschließen. 11m mit dem leider in wenigen Tagen scheidenden Kapellmeister Herzog noch einige frohe Stunden in gemütlichem Zusammensein verbringen zu können, hat der Ausschuß die Abhaltung einer Abschiedsfeier in der Festhalle im Anschluß an das Konzert beschlossen. Der Beginn dieser Feier ist auf 8 Ilhr festgesetzt. Musik- und Gesangsvorträge werden den Abend verschönen. Die Festhalle ist geheizt, auch ist bei der anschließenden Feier für Wirtschaft gesorgt.
(Wetterbericht.) Im Osten und über Spanien befinden sich Hochdruckgebiete, doch erstreckt sich der Einfluß der nordwestlichen Depression bis nach Italien. Für Samstag und Sonntag ist mehrfach bedecktes, unbeständiges Wetter zu erwarten.
Württemberg.
Enztal, OA. Nagold, 22. Okt. (Rathaus-Kauf.) Das Gebäude der Luise Mast wurde bei der Zwangsversteigerung von der Gemeinde Enztal um 15000 Mark erworben, um ein eigenes Heim für das Rathaus zu schaffen. Außer reichlichen Räumen für das Rathaus bleibt noch eine schöne Wohnung zur Verfügung.
Stuttgart, 23. Okt. (Neue Kirchenstellen.) Vom Ev. Oberkirchenrat sind folgende Kirchenstellen errichtet worden: in Stuttgart aus der Gänsheide, in Eßljngen eine zweite Stadtpfarrstelle in Obereßlingen, in Ebingen, Dek. Balingen, eine dritte Stadtpfarrstelle, in Langenargen, Dek. Ravensburg, eine Pfarrstelle. Das Kultministerium hat diesen Pfarrstiftungen die staatliche Genehmigung erteilt.
Stuttgart, 23. Okt. <Theaterskandal.) Die Aufführung der Komödie „Schatten über Hartem" im Landestheater begegnet immer noch starkem Widerspruch. In der Aufführung am Mittwoch wurde wieder viel gepfiffen und gejohlt und der zweite Teil des Stücks mußte größtenteils bei Licht gespielt werden. Nach der Aufführung kam es vor dem Landestheater zu Auseinandersetzungen, doch genügte die Aufforderung der Polizei zum Weitergehen, um weitere Mißhelligkeiten zu verhindern.
Stuttgart, 23. Okt. (Konsulatswesen.) Dem zum Groß- herzoglich Luxemburgischen Wahl-Konsul in Stuttgart ernannten Herrn Euchar Nehmann ist mit Zustimmung der Würt- tembergischen Staatsregierung im Namen des Reiches das Exequatur erteilt worden.
Stuttgart, 23. Okt. (Zehnte Baugeldzuteilung bei der Öffentlichen Bausparkasse der Städt. Sparkasse Stuttgart.) In Anwesenhei einer großen Zahl von Bausparern fand am 20. Oktober im vollbesetzten großen Sitzungssaal des Rathauses die zehnte Baugeldzuteilung der Öffentlichen Bausparkasse der Städt. Sparkasse statt, bei der an 53 Bausparer 578 000 R.M. zugeteilt werden konnten. Seit Bestehen der Öffentlichen Bausparkasse, also seit 1. April 1928, haben 303 Bausparer zusammen 3251000 R.M. zugeteilt erhalten. Die nächste Zuteilung findet im Januar 1931 statt.
Hellbronn, 23. Okt. (Eine Büberei mit politischem Hintergrund.) Kürzlich wurde in der Sülmerstraße ein Einheitspreisgeschäft der Leipziger Wohlwerth-G. m. b. H. eröffnet. Ein junger Mann namens Eugen Demuth erschien nun in den: Geschäft und wollte ein braunes Hitlerhemd haben. Es wurde ihm bedeutet, daß diese Sachen nicht geführt werden. Da der junge Mann aufbegehrte, wurde er des Hauses verwiesen. Er verließ aber erst den Laden, nachdem er daraus aufmerksam gemacht worden war, daß er sich des Hausfriedensbruchs schuldig mache; er versetzte deshalb dem Geschäftsführer mit einem Schlagring mehrere heftige Schläge ins Gesicht. Die Angelegenheit ist der Polizei bereits gemeldet.
Heilbronn, 23. Okt. (Freispruch.) Schultheiß Frisch von Eichelberg war kürzlich vom Schöffengericht Heilbronn wegen Amtsunterschlagung zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Veruntreuung war in einer angeblichen Fundunterschlagung von 100 R.M. gesehen worden. In der -gestrigen Berufungsverhandlung vor der Strafkammer wurde Frisch freigesprochen.
Heilbronn, 23. Okt. (Hohes Alter.) Den 85. Geburtstag feiert heute der frühere langjährige Werkmeister in der hiesigen Zuckefabrik, Georg Hildebrand. Er ist Mitbegründer des Werkmeisterverbandes.
Rottweil, 23. Okt. (Mit dem Kopf durchs Schaufenster.) Ein hiesiges Dienstmädchen fuhr nachmittags mit dem Fahrrad gegen ein Schaufenster des Schuhhauses St. Villinger. Die
Scheibe wurde zertrümmert und das Mädchen blieb mit dem Kopf und der rechten Schulter iü der'Scheibe stecken. Es erlitt hierbei nicht unerhebliche Verletzungen.
Wurzach, 23. Okt. (Vom Strom erfaßt.) Als am Dienstag abend der 19 Jahre alte Sohn Friedrich bei Drescharbeiten im Hose des Xaver Ehrmann mit Halten einer elektrischen Lampe beschäftigt war, kam der Knabe an eine nicht isolierte Stelle und wurde augenblicklich zu Boden geworfen. Ein hinzueilender Mann wollte den Kleinen befreien, wurde aber gleichfalls zu Boden geworfen. Erst nachdem die Leitung ausgeschaltet war, konnten die beiden befreit werden. Es bedurfte aller Mühe, den Buben am Leben zu erhalten.
Laupheim, 23. Okt. (Der Fassadenkletterer gefaßt.) Der Einbrecher in das Oberamtssparkassengebäude konnte nunmehr dingfest gemacht werden. Es handelt sich um den zwanzigjährigen Andreas Scheuermann aus Ansbach in Bayern, der eine Zeit lang hier beschäftigt war, aber inzwischen entlassen worden ist. Er hat nach anfänglichen! Leugnen zugestanden, daß er stehlen wollte.
Tettnang, 23. Okt. (Spinale Kinderlähmung.) Das dreijährige Töchterchen des Kasseninspektors Färber erkrankte unter merkwürdigen Umständen. Der Kinderarzt stellte spinale Kinderlähmung fest, da die rechte Seite und das Zünglein gelähmt sind.
Gmünd, 23. Okt. (Anerkennung für Lebensrettung.) Emil Huber, Kaufmann in Gmünd, und Erwin Härtel in Gmünd wurde für ihr wackeres Handeln bei der Rettung eines Menschen vom Tode des Uebersahrenwerdens durch einen Eisenbahnzug der Dank und die Anerkennung des Innenministeriums ausgesprochen. Es handelt sich um den Vorfall auf dem Bahnhof Wäschenbeuren am 12. Januar d. I., wo ein Schuhmacher aus Maitis in Gefahr war, überfahren zu werden. Der junge Erwin Härtel erhielt von der Bahnverwaltung auch eine Geldbelohnung. »
Der GdF.-Prozetz.
Stuttgart, 22. Okt. In der Nachmittagssitzung kam Prokurist Ostertag von der GdF. als Zeuge zur Vernehmung. Er führte u. a. aus, daß er einmal, als allgemein dicke Luft in der GdF. geherrscht habe, damit betraut gewesen sei, das Verwaltungsgebäude zu bewachen. Zu diesem Zweck habe man ihm eine Bettstelle ins Direkttonszimmer gestellt, zu seinem Persönlichen Schutz habe man ihm einen Revolver übergeben, mit dem er dann die Akten des Verwaltungsgebäudes geschützt habe. Zu einer recht bedeutsamen Erklärung ergriff Rechtsanwalt Elsas das Wort. Er hatte in Erfahrung gebracht, daß sich Bausparer zusammengetan haben, um in einen Sparerstreik zu treten. Aus moralischen Gründen und um nicht noch mehr Staub auszuwirbeln, verzichtete er auf die Vorlage weiteren Materials gegen die GdF., da ihm im Interesse der Bausparer Grenzen gezogen seien. Diese Ausführungen nahm der Vorsitzende zum Anlaß einer Ermahnung an die Parteien, daß er es nur begrüße, wenn nicht noch mehr Fenster eingeworfen werden, als dies bisher der Fall gewesen sei. Der Prozeß sei ohnehin dazu benützt worden, einzelne Fragen reklamemäßig zu verwerten. Im weiteren Verlauf der Nachmittagssitzung wurden noch zahlreiche Schriftstücke verlesen, die jedoch nur einen Zusatz zu den bereits erwähnten bisherigen Ausführungen bildeten. Bei diesem Stand wurde die Sitzung abgebrochen und auf Donnerstag vormittag vertagt. In der Donnerstagsitzung werden zunächst die Sachverständigen und dann noch zwei Zeugen gehört werden. Sofern kein weiterer Zwischenfall eintritt, ist damt zu rechnen, daß am Donnerstag noch mit den Plädoyers begonnen wird.
Die Sachverständigen im GdF.-Prozeß.
Stuttgart, 23. Okt. In der Donnerstag-Vormittagssitzung des GdF.-Prozesses erstatteten zunächst die Sachverständigen ihre ausführlichen, dem Gericht schriftlich vorgelegten Gutachten. Zusammenfassend führte der Sachverständige Prof. Ehe- naux Repont aus, daß von einer unehrenhaften Bilanzierung bei der GdF. nicht die Rede sein könne. Ein Verstoß gegen irgendwelche gesetzlichen Vorschriften sei nicht vorgekommen. Bei der Bilanzierung der Position „Hypotheken" dürfe nicht von einer Bilanzfälschung gesprochen werden, höchstens von einer Bilanzverschleierung. Es wäre vielleicht dienlicher gewesen, wenn die eine oder andere Position in der Bilanz offener begründet worden wäre, da damit zu rechnen sei, daß weite Kreise der Bausparer nicht damit rechnen, daß die Leitung der GdF- in der Art der Bilanzaufmachung sich den Gepflogenheiten rein wirtschaftlich eingestellter Betriebe anschließen werde. Der Sachverständige Prof. Mählenberg führte zusammenfassend aus, daß bei der Bilanzierung mitunter eine falsche Formulierung vorgekommen sei, die als sprachliche Nachlässigkeit angesehen werden könnte. Daraus könnten aber niemals
-Velours? yergetener werocn, nne ne von dem Angeklaa- ten gegen die GdF. erhoben. wurden. Bevor die Beweisauk nähme geschlossen wurde, kamen noch zwei Zeugen zu Zunächst wurde Präsident Aichele von der Württ. WohnumiL- kreditanstalt vernommen, der sich über die Beziehungen b-, Württ. Regierung zu der GdF. auslieb. Eine Pflicht zu eine! lausenden Kontrolle sehe das Gesetz noch nicht vor. Es sei erst ein Entwurf in dieser Richtung in Bearbeitung. Die Regierung habe sich aber trotzdem bemüht, für die Sicherheit bei der GdF. Sorge zu tragen. Oberstudiendirektor Dr. Weit- precht, der in Sachen der GdF. als mathematischer Sachverständiger für die Regierung tätig war, ließ sich nochmals über das Jahresgruppensystem aus und bestätigte, daß die Bauspargelder jüngerer Jahresgruppen für ältere Jahresgruppen verwendet werden dürfen; es müsse nur Sorge getragen werden daß diese Gelder den jügeren Jahresgruppen rechtzeitig wieder zur Verfügung gestellt werden. Bei diesem Stand wurde die Mittagspause angetreten. Die Verhandlung wird am Nachmittag fortgesetzt.
Baden.
Waldshut, 22. Okt. In Staufen-Dorf brannten in der Nacht auf Dienstag die beiden landwirtschaftlichen Anwesen der Landwirte Edwin Bernauer und Abel Morath vollständig nieder. Der Brandschaden wird auf insgesamt 49000 R.M. geschätzt. Man vermutet Brandstiftung.
Uehlingen bei Waldshut, 22. Oft. Auf Anordnung des Bezirksamts in Waldshut durchstreifte eine größere Abteilung der Staatspolizei die nähere und weitere Umgehung von Uehlingen, um nach ortsfremden Personen Ausschau zu halten welche etwa für die in der letzten Zeit so häufigen Brandstiftungen in Frage kommen könnten.
Vermischtes.
Zehnstundenflug des „Do. X". Wie wir hören, findet der vor wenigen Tagen in einzelnen Blättern gemeldete Zehn- Stunden-Flug der „Do. X" erst im Laufe dieser Woche über dem Bodensee statt. Mit der Durchführung des lange geplanten Amerika-Postfluges, der von Lissabon aus über die Azoren in Richtung Newyork erfolgen soll, ist — nach Absolvierung der Besuchsflüge verschiedener europäischer Wasserflughäfen — noch in diesem Jahre zu rechnen. Das zwölfmotorige Flugschiff steht übrigens nunmehr unter dem Beiehl seines Kommandanten, des im Weltkrieg für seine hervorragenden Leistungen mit dem Pour le merite ausgezeichneten ehemaligen Seekampffliegers Kptl. d. R. a. D- und Kapitän öer Handelsmarine Christiansen.
Der Skilauf als Vorlesungsgegenstand einer Universität. Zum erstenmal wird es im kommenden Winter zu verzeichnen sein, daß der Skilauf zum Gegenstand einer Lesung an einer Universität sein wird. Und zwar ist es die Universität Freiburg, die gewissermaßen mit ihrer akademischen Jugend vor 30 Fahren Träger und Verbreiter des jungen Skisports wurde und jetzt den Lehrstuhl für diesen Stoff freigibt. Es wird der Leiter des sportärztlichen Institutes der Universität, Dr. med. Fritz Duras, eine Vorlesung halten über das Thema: „Der Skilauf, seine Entwicklung, seine Methodik und seine Wirkungen auf Körper und Geist". Die Vorlesung berücksichtigt im besonderen die Entwicklung des Skilaufs im Schwarzwald als Ausgangsgebirge für die Verbreitung. Me Vorlesung ist mit anschaulichen Unterlagen wie Bildern usw. ausgestattet.
Opfertag statt Karneval. Der Einzelhandelsverband in Düsseldorf macht den Vorschlag, auf Karnevalsveranstaltungen und den Rosenmontag diesmal zu verzichten. Sollte eine Nachbarstadt (Köln) dennoch einen Karnevalszug veranstalten, so sollten alle übrigen Großstädte des Bezirks dies mit der Durchführung eines nationalen Opfertags am gleichen Tag beantworten.
In den Bergen tödlich äbgestürzt. Die 24jährige Kindergärtnerin Elisabeth Thomsen aus Schleswig ist auf dem Abstieg ins Dietersbachtal etwa 120 Meter ahgestürzt. In der
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In Hannelores blauen Augen war Zorn. Sie stampfte Mit dem Fuße aus.
„Ich kann mich nicht um die Wirtschaftsbücher kümmern oder gar mit der Köchin verhandeln, was es heute zu essen gibt."
„Dann darfst du dich eben auch nicht wundern?
Dietz wandte sich zum Gehen. In der offenen Tür zur Veranda erschien seine Mutter. Im selben Augenblick sagte Hannelore, ohne die alte Dame zu sehen:
„Es ist nie gut, wenn die Schwiegermutter im Hause ist. Warum zieht Mama nicht in ihr Witwenhäuschen?"
Das feine, alte Gesicht dort in der Tür verzog sich gramvoll. Ohne ein Wort zu sagen, ging Frau von Barne- kow davon.
Dietz warf seiner Frau einen verächtlichen Blick zu. Dann sagte er:
„Mama hat es gehört, was du jetzt sagtest, Hannelore. Und in meinen Augen hast du durch diese Worte viel verloren."
Er verbeugte sich leicht und nahm Hut und Reitgerte an sich. Als er gegangen war, warf die junge Frau die Schale mit den Rosen zu Boden. Dann weinte sie plötzlich haltlos. Diese Kälte und die in Barnekow herrschende Ruhe und Ordnung ertrug sie einfach nicht mehr. Hannelore wollte nicht einsehen, daß eine Reihe von Pflichten und kleinen Arbeiten sie sehr gut vor dieser Langweile hätten bewahren können. Doch das schied eben gänzlich aus.
Da drängte sich ein lustiges, schönes Männergesicht ln ihre Erinnerung. Der Maler! Er hatte so deutlich zu erkennen gegeben, daß sie ihm gefiel! Dieser heißblütige Künstler gefiel ihr auch. Sie wollte ihn als Mittel zum
Zweck benutzen, um Dietz eifersüchtig zu machen. Vielleicht gelang ihr das.
Hannelore lächelte plötzlich. Wie dumm die Männer doch manchmal waren, wie unvorsichtig! Dietz hatte wahrhaftig mit dieser heutigen Einladung den Bock zum Gärtner gemacht. Nun wollte sie die Gelegenheit auch nützen. » s
„Du brauchst Hannelore, kein Wort darüber zu sagen, was sie vorhin äußerte. Sie hat nur recht damit, Dietz. Jung und alt gehören nicht zusammen. Ich habe mich auch niemals aufdrängen wollen, habe eben fälschlich geglaubt, daß ihr mich noch braucht in Barnekow. Mein altes Rosenhaus wartet längst auf mich. Ich war neulich drüben. Es wird sowieso Zeit, daß es bewohnt wird. Ein Haus verliert an Gemütlichkeit, wenn es solange unbewohnt ist. Ich sehne mich tatsächlich nach Ruhe."
Dietz wußte ganz genau, daß seine Mutter sich nicht nach dem Rosenhaus sehnte, daß sie vielmehr an dem alten Barnekow hing, aber dennoch mit guten, verstehenden Worten Platz machen wollte, um in seiner Ehe nicht störend zu wirken. Seine gute Mutter! Entschlossen richtete er sich auf.
„Liebe Mama, davon kann keine Rede sein. Du bist noch zu rüstig, um dich in das stille Rosenhaus zu vergraben. Du gehörst noch lange nicht aufs Altenteil. Barnekow braucht dich, Mama; da wird dein Zurückweichen vor Hannelores herzlosen Worten nichts ändern. Ich brauche dich auch. Also bleibe um meinetwillen, und auch Wolf würde dich schwer vermissen."
Dietz wußte, daß das letztere ausschlaggebend sein würde, wenn noch irgend etwas stark genug war, die Mutter von ihrem Entschluß abzubringen.
Frau von Barnekow sah den Sohn starr an. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Du meinst, Dietz — daß Wolf mich braucht?"
„Das weißt du selbst wohl am besten, Mutter."
„Wenn Hannelore sich aber nun doch einmal durch meine Anwesenheit bedrückt fühlt?"
Zorn war in ihm gegen die Frau, die fast ohne Vermögen nach Barnekow gekommen war, die es nicht verstanden hatte, sich seine Liebe zu sichern und die nun aus einer kleinlichen, häßlichen Sucht heraus die Mutter aus Barnekow vertreiben wollte.
„Hier gilt allein mein Wille, Mutter, und um des Jungen willen mußt du bleiben. Dich darf er wenigstens einmal herzhaft küssen, ohne daß du ihn von dir jagst mit den traurigen Worten, daß er dir dein Kleid zerdrückt."
Frau von Barnekow sagte nichts mehr. Sie sah nur still in das Gesicht des Sohnes, das ihr so seltsam finster und entschlossen aussah.
„Ich werde bleiben. Dietz; aber sage nichts mehr gegen Hannelore — sie liebt dich doch!"
Da lachte Dietz laut auf, faßte gleich darauf die Hand der Mutter und preßte seine Lippen darauf. Dann ging er hinaus. Wenige Minuten später sah sie ihn wieder dort drüben zum Hoftor Hinausreiten. Sie wußte, wie leer es in ihm aussah, und eine große Traurigkeit schlich sich in ihr Herz.
„Warum weinst du, Großmama?"
Altklug blickten Wolfs Augen sie an. Er war leise hereingekommen, auf einen Stuhl geklettert und schlang nun die dicken Aermchen um ihren Hals. Frau von Varne- kow drückte das Kind zärtlich an sich.
„Soll ich fortgehen, Wolf? Würdest du da traurig sein?"
Mit großen, ernsthaften Augen blickte der Knabe prüfend in das Gesicht der Großmutter.
„Bei Wolf bleiben", entschied er dann kategorisch.
Die alte Dame drückte das Kerlchen an sich. Plötzlich hielt der Knabe ihr einen blutenden Finger entgegen. Deswegen war er eigentlich vorhin gekommen. Die Großmama half ihm bei solchen Sachen stets. Er hatte ihr auch einen Fleck auf ihre graue Seidenbluse gemacht, worauf er sie zerknirscht aufmerksam machte.
Frau von Barnekow lächelte.
„Das entfernt Babette Sorge dich nicht darum!"
... (Fortsetzung folgt.)