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Sondershausen, 3. Juli. In Mederspier drang der Schmied Otto Harnisch aus den Gendarmerieoberwachlmeister Peter mit einer Hacke ein und verletzte ihn. Als Harnisch weiter mit der Hacke auf den Beamten losging, zog dieser den Dienstrevolver und gab aus Harnisch einen Schuß ab, der diesen sofort tötete.
^ Halberstadt, 3. Juli. Hier durchschnitt der als nervenkrank bekannte 49 jährige Handschuhmacher Behrend seinen beiden Enkelkindern, einem Zwillingspaar, im Alter von etwa drei Monaten den Hals mit einem Rasiermesser. Die Mutter fand kurz daraus die Leichen auf. Der Täter war geflohen, wurde aber bald darauf in einem Schrebergarten erhängt aufgesunden. In einem hinterlassenen Briese gab er an die Tat in geistiger Verwirrung infolge reichlichen Alkoholgenusses begangen zu haben.
Berlin, 3. Juli. Im Hauptausschuß des preußischen Landtags wurde das Konkordat nach Annahme des demokratischen Kompromiß. Vorschlags mit 16 gegen 13 Stimmen angenommen.
Berlin, 3. Juli. Das Wahlpriisungsgericht beim Reichstag erklärte heute die Reichstagswahlen in den Wahlkreisverbänden 10 /Hessen—Hessen-Nassau), 11 (Rheinland-Süd), 15 (Sachsen) und 16 (Württemberg-Baden) sämtlich für gültig.
Berlin, 3. Juli. Das Schöffengericht Berlin-Mitte verurteilte nach kurzer Beratung linier Vorsitz von Amtsgerichtsrat Kcßner den Bankier Theodor Ralhke, durch dessen Anletbegeschäste die Stadt Waldenburg schwer geschädigt wurde, wegen Vergehens gegen das Bankdcpotgesetz in Tateinheit mit Betrug zu einer Geldstrafe von 20060 Mark.
Berlin, 3. Juli. Dr. Ernst Levit, dem vorgemorfen wird, Mandantengelder unterschlagen zu haben, ist auf seinen Antrag in den Listen der in Berlin zugelassenen Rechtsanwälte gelöscht worden und untersteht daher nicht mehr der Dienstaussicht des Vorstands der Anwaltskammer. Es ist gegen ihn die gerichtliche Voruntersuchung wegen der Anschuldigung des Betruges, der Untreue und der schweren Urkundenfälschung eröffnet worden.
Berlin, 3. Juli. Vom Vernehmungsrichter im Polizeipräsidium ist heute in der Weißenseer Mordangelegenheit gegen Alfons Senger Haftbefehl erlassen worden. Es besteht der dringende Verdacht, daß er seine Schwester Johanna ermordet hat.
Berlin, 3. Juli. In der Dienstag-Nachmittagssitzung des Retchs- rates wurde die Novelle zur Lex Brüning (Beschränkung der Einnahmen aus der Lohnsteuer) und die damit im Zusammenhang stehende Porlage über Leistungen der Invalidenversicherung noch zurückgestellt. Die „Germania" schreibt hierzu ergänzend, von verschiedenen Seiten Hütten Anregungen aus Einspruch gegen das Gesetz Vorgelegen, während andere Länder nur einen Einspruch im Sinne einer kürzeren Befristung der Geltungsdauer des Gesetzes wünschten. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Der Reichsrat hat die Entscheidung über diese Vorlage auf Donnerstag vertagt.
Berlin, 3. Juli. 3m Reichsfinanzministerium ist, laut „Vossischer Zeitung" eine Vorlage über die Verlängerung des Steuermilderungsgesetzes ausgearbeitet worden. Das Steuermilderungsgesetz sieht u. a. steuerliche Erleichterungen bei wirtschaftlich gebotenen Betriebszusammen- schlllssen vor.
Perlin, 3. Juli. Ein bisher unbekannter Dieb stahl heute nachmittag aus der Wechselkasse des Mitteleuropäischen Reisebüros Unter den Linden das ganze Porteseuille mit seinem Inhalt von 30 OM Mark. Der Angestellte, der die Wechselkasse bedient, wurde von einer Filiale des Büros telefonisch angerusen und begab sich einen Augenblick in seinen Verschlag, um das mit dem Telefongespräch erbetene Geld bereit zu legen. Die geringe Zwischenzeit seiner Abwesenheit wurde für den Diebstahl ausgenutzt. Alle Bemühungen der Kriminalpolizei zur Ermittlung des Täters waren bisher erfolglos. In dem gestohlenen Portefeuille befanden sich außer den Banknoten noch für ungefähr 20 MO Mark Traveller Schecks, die sofort gesperrt worden sind.
Kattowitz, 3. Juli. Im Vorgarten eines Hoses in Ianow wurde eine Bombe mit etwa 100 Gramm Sprengstoff gesunden, deren Zündschnur abgebrannt war. Glücklicherweise war die Bombe infolge eines Konstruktionsfehlers nicht explodiert. Ob der Anschlag aus politische Motive zurückzuführen ist, konnte bisher noch nicht ermittelt werden.
Kattowitz, 3. Juli. Die Strafkammer des Bezirksgerichtes Kattowitz hat beschlossen, den Prozeß Ulitz am 23. Juli, also in den Gerichtsferien zu beginnen. Die Verteidigung wird der Warschauer Rechtsanwalt Liebermann übernehmen. Einem zweiten Antrag der Verteidigung auf Zulassung von Entlastungszeugen ist diesmal stattgegeben worden. Infolgedessen werden seitens des Angeklagten vier Zeugen gestellt. Insgesamt werden an dem Prozeß zehn Zeugen und vier Sachverständige, darunter zwei militärische, teilnehmen. Die Besetzung des Gertchtskollegiums soll unverändert bleiben.
London, 3. Juli. Im Unterhaus warnte Churchill Macdonald vor sozialistischen Experimenten. Lloyd George trat für beschleunigte Rheinlandräumung ein.
Newyork, 3. Juli. Aus Washington wird gemeldet, daß die amerikanische Regierung alle französischen Vorbehalte zum Verenger- Abkommen ablehnen werde, soweit die französischen Schuldenzahlungen an Amerika vom Eingang der deutschen Kriegsenischädigungszahlungen abhängig gemacht werden. Washingtoner amtliche Kreise betrachten Frankreich als das am meisten blühende Land Europas und lehnen daher die Armutspropaganda ab.
Los Angeles, 3. Juli. Durch die Explosion einer Bombe wurden heute morgen kurz vor 8 Uhr eine Anzahl von Büroräumen in der Getreidebörse zerstört. Die Motive des Anschlags konnten bisher nicht ermittelt werden. Am Tatort wurden noch zwei Bomben, die nicht explodierten, gefunden. Die Büroräume waren zurzeit der Explosion leer. Daher wurde glücklicherweise niemand verletzt.
Chicago, 3. Juli. Das große Land- und Wasserflugzeug „Unrtn- oowler" der Flieger Gast und Parker Cramcr startete heute hier zu seinem Fluge Chicago—Berlin. Der Abflug nordwärts vollzog sich glatt vom Michigansee aus. Die erste Zwischenlandung erfolgte in Milwaukee, wo es von Regierungsvertretern und einer zahlreichen Menschenmenge begrüßt wurde.
Sankt ste Marie, 3. Juli. In Fortsetzung des Fluges Chicago —Berlin ist das Flugzeug „Untinbowler" zu der vorgesehenen Ausnahme von Benzin auf dem Sault ste Marie-Fluß niedergegangen. Me Ausnahme der benötigten 5M Gallonen Gasolin dürste etwa eine vtunde in Anspruch nehmen.
Mexiko, 3. Juli. Nach einer Meldung des Blattes „Exzelsior" aus Guadalajara nahmen Regierungstruppen gestern eine aus 23 . Mann bestehende Bande gefangen, die zu Pferde in Atotonilco El Aiio im Staate Palisco erschienen war und sieben Bewohner der vtadt niedergeschoffcn hatte, von denen einer tot und die sechs anderen Ichwer verwundet am Platze blieben. Die ganze Bande wurde von oen Regierungstruppen erschossen und die 23 Leichen an Telegraphen» pfahlen am Wege aufgehängt.
Beratung des Finanzetats.
Stuttgart, 3. Juli. Der Landtag setzte in der Mittwoch- sttzung die Beratung des Finanzetats fort und nahm den Antrag Winker (Soz.) betr. die Bildung eines unabhängigen nlEchnungshoses in namentlicher Abstimmung mit 34 gegen 26 I^Mnien bei 6 Enthaltungen an- Die Linke begleitete dieses Abjnmmnngsergebnis mit Bravorufen. Abgelehnt wurde der Antrag Bauser (V.R.P.) betr. die Verwendung der Repara- nonserleichterungen für die Kleinrentner, ferner der Antrag ^Ullmann (Dem.), eine in den Etat eingestellte Summe von «>0M0 Mark als erste Rate für einen Neubau des Amtsgerichts MUbronn zurückzustellen. Ferner wurden abgelehnt ein kom- munlstischcr Antrag betr. die Aushebung des Vertrags mit dem Es Württemberg und ein Antrag Bausch (C.V.P.), die in r^n Etat eingesetzte Summe von 1974 OM Mark an Zinsen mr Schulden um 700 OM Mark zu kürzen. Mit Liesen Ab- mmnmngen wurden erledigt die Kapitel 60—63 und 74—79.
Eine große Steuerdebatte entstand dann bei Kap. 81 (Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer). Sie setzte ein mit einer mehrstündigen Rede des Abg. Feuerstein (Soz.), der Anträge begründete, die ans eine Befreiung der Konsumvereine von der Gewerbesteuer Hinzielen. An Stelle der behaupteten steuerlichen Bevorzugung der Konsumvereine sei schon längst ihre steuerliche Mißhandlung getreten. Der Abg. Dr. Mauthe (Dem.) sah die wirtschaftliche Lage als sehr kritisch an, verlangte einen Protest gegen die Hochschutzzollpolitik von Amerika und energische Sparmaßnahmen. Niemand wolle Gläubiger eines verschwendungssüchtigen Schuldners sein. Der Abg. Dr. Burger (D. Vp.) sprach sich gegen die sozialdemokratischen Anträge aus. Die Genossenschaften würden auf allen Gebieten der Reichs- steuergesetzgebung steuerlich bevorzugt. Das widerspreche der Gerechtigkeit. Der Abg. Dr. Wider (B.P.) verteidigte das württembergische Gewerbesteuergesetz. Die Entwicklung des Genossenschaftswesens werde immer mehr eine Gefahr für Staat und Volk. Die Konsumvereine seien eine Stoßtruppe der Sozialdemokratie. Es sei ein Skandal, wie die freie Wirtschaft zugunsten der Genossenschaften geknebelt werde. Der Mittelstand müsse erhalten bleiben. Es sprachen dann noch die Abgeordneten Scheffold (Ztr.), Henne (Dem.) und Oster (Soz.), woraus die Weiterberatung auf Donnerstag vertagt wurde.
Vollzugsvcrordnung zum BeamtengcseH.
Stuttgart, 3. Juli. Das Staatsministerium hat eine umfangreiche Bollzugsyerordnung zum Beamtengesetz erlassen, die in der neuesten Nummer des Regierungsblattes für Württemberg erscheint. Die Vollzugsverordnung umfaßt 54 Druckseiten. Dazu kommen dann noch auf 40 Druckseiten verschiedene Ausführungsbestimmungen des Finanzministeriums, vor allem zu den Reisekostenvorschriften. Hier wird u. a. bestimmt, daß eine Dienstreise nur vorgenommen werden darf, wenn dienstliche Gründe sie notwendig machen und der Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Sie ist so einzurichten und auszuführen, daß unbeschadet voller Erreichung ihres Zweckes die Staatskasse so wenig wie möglich belastet wird; es sind daher unnötige Hin- und Herreisen und Umwege zu vermeiden und, so weit möglich, mehrere auswärtige Dienstverrichtungen bei einer Reise zu verbinden. Weitere Vorschriften des Finanzministeriums beziehen sich auf die Aufwandsentschädigung der Beamten für getrennten Haushalt, auf die Benützung und Unterhaltung von Dienstwohnungen, sowie aus die anrechnnngsfähigen Umzugskosten. Anrechnungsfähig sind darnach nur die unbedingt nötigen Auslagen für einen nicht übermäßig kostspieligen Haushalt. Mehraufwendungen müssen außer Betracht bleiben.
Eine Erklärung der Reichsbahndircktion Karlsruhe zu dem Verhalten des Dampfers „Baden".
Karlsruhe, 3. Juli. Die Reichsbahndirektion Karlsruhe veröffentlicht eine längere Darstellung über das Ergebnis der Untersuchung, die über das Verhalten des Kapitäns des der Reichsbahndirektion unterstehenden Dampfers „Baden" nach der bekannten furchtbaren Flugzeugkatastrophe aus dem Bodensee eingeleitet worden ist. Die Erklärung unterstreicht, daß dem Kapitän und den beiden Angestellten im Steuerhaus des Dampfers die Vorgänge an der Unglücksstelle nicht sichtbar waren, daß er Andeutungen über das Unglück zwar durch Zurufe aus einem Ruderboot erhalten habe, daß er aber erst nach dem Anlegen in Schachen in der Lage Mar, Näheres zu erfahren. Der Kapitän, der 42 Jahre im Dienst steht, und in zahlreichen Fällen bei der Rettung Schiffbrüchiger mitgewirkt hat, erklärt, daß er nicht einen Augenblick gezögert hätte, sofort nach der Unsallstelle zu fahren, wenn er das Flugzeug hätte abstürzen sehen, oder erfahren hätte, daß es erst vor 10 oder 15 Minuten abgestürzt sei. Nachdem er in Schachen die Nachricht erhalten hatte,, führ der Kapitän sofort nach der Unsallstelle, wo er etwa 12 Minuten später eintraf, als wenn er sofort zu Hilfe geeilt wäre. Weiter wird in dem Bericht dargelegt, daß auch bei sofortiger Hilfeleistung das Leben der Verunglückten nicht hätte gerettet werden können, insbesondere, da die technischen Einrichtungen des Dampfers nicht ausreichten, das 50 Zentner schwere Flugboot aus dem WcUer zu heben, um das Innere des Flugbootes zugänglich zu machen. Die Reichsbahndirektion Karlsruhe hält es bei dieser Sachlage für unrecht. wenn voreilig Vorwürfe gegen den Kapitän erhoben wurden. Wenn auch nur der geringste begründete Borwurf gegen den Kapitän zu erheben wäre, so hätte die Reichsbahn- direktion nicht gezögert, die Folgerung zu ziehen.
Traurige Folgen des Mordprozesses Richter.
Bonn, 3. Juli. Die Verhandlung der Revision im Mord- Prozeß Dr. Richter vor dem Reichsgericht ist auf den 20. Juli angesetzt. Der Prozeß, der, wie erinnerlich, mit der Verurteilung Dr. Richters zum Tode endete, hat nach zuverlässigen Nachrichten auch für seine nächsten Anverwandten überaus traurige Folgen gehabt. Die in Gleß bei Andernach beheimateten Brüder haben weit über ihre Mittel hinaus für die Verteidigung Dr. Richters beträchtliche Summen zur Verfügung gestellt, so daß sie jetzt vor dem wirtschaftlichen Ruin stehen sollen. Die Schwester Dr. Richters, die vom Augenblick der Kenntnisnahme der Verurteilung ihres Bruders zum Tode in nervöse Erregungszustände fiel, mußte jetzt in die Provinzialheil- und Pflegeanstalt übergeführt werden.
Gerichtliche Sühne für einen politischen Ueberfall.
Köln, 3. Juli. Der nationalsozialistische Ilebersall auf Reichsbannerleute in Elberfeld anläßlich einer Gautagung des Reichsbanners hatte noch ein Nachspiel vor dem dortigen Erweiterten Schöffengericht. Wie erinnerlich, sind bereits im Juni 3 Nationalsozialisten, die an diesem Ueberfall beteiligt waren, zu insgesamt 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Einer der Angeklagten, Erwin Rosenberg,, hatte damals vor Gericht nicht erscheinen können. Gegen ihn wurde jetzt gesondert verhandelt. Da Rosenberg sich nicht in dem Maße an den Ausschreitungen beteiligt hatte, wie die übrigen Nationalsozialisten und er von Anfang an geständig war, erkannte das Gericht auf 9 Monate Gefängnis. Er muß außerdem an den Mißhandelten eine Buße zählen. In der Begründung des Urteils brandmarkte das Gericht erneut „die unglaubliche Roheit der Tat, die an organisiertes Rowdytum erinnere".
Weltfahrt des „Graf Zeppelin" am ly. August.
Berlin, 3. Juli. Wie W.T.B. erfährt, hat Dr. Eckener, der heute abend wieder nach Friedrichshasen zurückgekehrt ist, in den beiden letzten Tagen in Berlin eine Reihe wichtiger Verhandlungen geführt, die dsr Vorbereitung der Weltreise des „Graf Zeppelin" galten. Dr. Eckener verhandelte u. a. mit dem Rcichsverkehrsministerium, der russischen und der japanischen Botschaft und mit Vertretern der Hamburger Seewarte. Aus Anfrage wurde W.T.B. bestätigt, daß die Weltfahrt etiva am 10. August beginnen soll. Alle verfügbaren Plätze im Luftschiff sind für diese Reise bereits verkauft, so daß auf eine Reihe von Anmeldungen negativ geantwortet werden mußte. Die Vorbereitungen für die Fahrt sind bereits sehr weit fortgeschritten. So ist u. a. auch das Triebgas abgeschickt worden, mit dem der „Graf Zeppelin" in Japan nachgefüllt werden wird.
Die Betrügereien des Aeghptcrs Helou.
Berlin, 3. Juli. In der Affäre des ägyptischen Wechsel
schwindlers Helou ist bereits eine zweite Verhaftung erfolgt. Ein von den internationalen Kriminalbehörden gleichfalls gesuchter Mann, der Eghpter Munka, ist verhaftet worden. Er hat Helou bei seinen großen Betrügereien Hilfe geleistet. Me staatsanwaltschastliche Untersuchung ist auch auf die Angestellten eines kleinen Bankhauses in der Potsdamerstraße ausgedehnt worden. Ihnen wird vorgeworfen, daß sie im Bunde mit den ägyptischen Schwindlern die Firmen, die bei dem Bankhaus nach der Kreditwürdigkeit des Helou ansragten, aus die raffinierteste Art und Weise getäuscht haben. Insgesamt sind von der Staatsanwaltschaft bisher 12 Haftbefehle erlassen worden, die gegen Personen ausgestellt sind, die zum großen Teil flüchtig geworden sind. Das in Frage kommende Bankhaus in der Potsdamerstraße hat seine Pforten bereits geschlossen.
Dokumenten-Fälscher-Prozetz.
Berlin, 3. Juli. Der Prozeß gegen die beiden der Dokumentenfälschung beschuldigten Russen Orlofs und Pawlonowski nimmt beute vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte seinen Fortgang. Die Verteidiger beantragen die Ladung und sofortige Vernehmung des russischen Generals Alexei v. Lampe. General von Lampe soll über die Glaubwürdigkeit eines der Belastungszeugen vernommen werden. Der General werde bekunden, daß dieser Zeuge mit falschen Dokumenten gegen Lampe und seinen Kreis intrigiert und auch versucht habe, einen Sonderkurier zur Untreue zu verleiten. Vor Vernehmung des amerikanischen Journalisten Knickerbocker richtete die Verteidigung scharfe Angriffe gegen diesen Zeugen, dessen Glaubwürdigkeit ebenfalls zweifelhaft sei. Knickerbocker sei als Agent der Sowjets ausgetreten. Er habe auch das gegenwärtige Strafverfahren gegen Orlofs und Pawlonowski provoziert. Nach der Bekundung der Verteidiger soll Knickerkocker zu Pawlonowski gesagt haben: „Schasst mir Material für oder gegen den Senator Borah.. Denn es gibt in Amerika eine Partei für und eine gegen diesen Senator. Ich kann also während der amerikanischen Wahlen sowohl für als auch gegen Borah schreiben." Der Staatsanwalt verlangt, daß die Vernehmung des Generals von Lampe aufgeschoben wird, La die Staatsanwaltschaft Zeit Haben müsse, sich über den von der Verteidigung genannten Zeugen zu erkundigen. Das Gericht beschließt jedoch sofort in die Vernehmung des Generals von Lampe einzutreten. General von Lampe sagt aus, er kenne Orlofs sehr gut. Während des Krieges seien sie beide in SüL- rußland und später im russischen Bürgerkrieg bei der Armee Denikin zusammen tätig gewesen. In Berlin trafen sie sich wieder. Es ging Orlofs damals zeitweilig wirtschaftlich schlecht. Mehrmals habe er Orlofs mit kleineren Beträgen ausgehalten, die dieser aber wieder zurückgezahlt habe. Als der Staatsanwalt einwirst, es sei doch im Gegenteil behauptet worden, daß Orlofs in Berlin einen sehr flotten Lebenswandel geführt habe, legt die Verteidigung eine Liste von Geldern vor, die Orlofs im Laufe des Monats aus Warschau von seiner Frau erhalten hat. Außerdem läßt sich die Verteidigung von dem Zeugen von Lampe bestätigen, daß Orlofs von hem General Wrangel Gelder erhalten habe.
Enthüllungen im Stinnes-Prozetz.
Berlin, 3. Juli. Me Verhandlungen im Stinnes-Prozeß werden stenographiert, sie werden eine Fundgrube für den Schreiber der deutschen Nachkriegsgeschichte sein. Vor dem Zeugentisch stehen nacheinander der kleine, herabgekommene „Makler" Hausmann und nach ihm der Regierungsrat Dr. Staiger, angeftellt im Reichsministerium für die besetzten Gebiete, als Badener ein Landsmann des früheren Reichsfinanzministers Dr. Köhler, auch Duzfreund und aus Badens Staatsdienst seinerzeit nach Berlin mitgebracht. Beide sollen über ihre Tätigkeit bei der Durchführung des Kriegsanleihegeschäfts aussagen. eine gemeinsame Tätigkeit im Auftrag des „Generaldirektors" Bela Gros. Hausmann war bei Bela Gros in «tellung, als er noch Generaldirektor der „Foresta" in Mailand war, und sie haben sich in Berlin wiedcrgesnnden. Hausmann hatte inzwischen den Regierungsrat Dr. Staiger durch ferne rirau, Frau Hausmann, kennen gelernt. Die wiederum hatte den Herrn Regierungsrat in ihren Bekanntenkreis eingeladen: zu den 4 Uhr-Tees im Hotel „Astoria". Hausmann renommierte dem Herrn Generaldirektor" gegenüber mit seiner Bekanntschaft, und Bela Gros versprach ihm eine Anstellung rn dem großen Holzgeschäft, das er in Deutschland gründen wollte, wenn die Reichsschuldenverwaltung den angemeldeten „Altbesitz" honorieren würde. Dabei sollte aber ein Beamter Mit „Beziehungen" behilflich sein und so führte Hausmann den „Generaldirektor" Bela Gros zu Dr. Staiger. Der schlug ein und beauftragte mit der technischen Durchführung seinen Studienfreund, einen Bankbeamten Herbert Jakob. Der ist inzwischen ins Ausland geflohen. Vorsitzender: Vereinbarte sich denn die übernommene Vermittlerrolle mit Ihrer amtlichen «tellung? Sind Ihnen nicht Bedenken gekommen? Reg.-Rat Dr. Staiger (lächelnd): Meine Herren, wenn ich hier die Liste der Personen offenlegen würde mit den Namen der hohen Beamten, die meine Dienste erbaten, der hohen richterlichen Beamten, die befördert sein wollten (maliziös), wie sollten mir Bedenken kommen? Sollte das eine Warnung an die Richter sein? Der Regierungsrat Dr. Staiger macht nicht den Eindruck eines unsicheren Beamten, seine Antworten sind frei und willig, als sei er bereit, mehr zu sagen, als zum Beweisthema gehört. Das gegen ihn eingeleitet gewesene Disziplinarverfahren ist, er sagt es lächelnd, eingestellt worden. Vorsitzender: «ie sollten sich für die beschleunigte Anerkennung
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