Die Ersatzansprüche der Patent-Inhaber an Amerika.
Washington, 11. Sept. Vor dem Schiedsrichter Parker begannen heute hier die Verhandlungen über die Entschädigungen sür die deutschen während des Weltkriegs von Amerika beschlagnahmten und benutzten Patente. Zunächst wird darüber verhandelt werden, ob die von der Ehemical Fundation erworbenen deutschen Patente, für die eine Entschädigung bereits ««Niezahlt ist, nach dem Wortlaut des Freigabe-Gesetzes noch für zusätzliche Entschädigungen in Frage kommen. Die Verhandlungen dürften längere Zeit in Anspruch nehmen. Schiedsrichter Parker erklärte in der Eröffnungsrede, er werde den berechtigten Wünschen weitestgehend entgegenkommen und bis an die Grenze der ihm durch das, Freigabe-Gesetz gezogene» Möglichkeiten gehen, um eine befriedigende Lösung zu finden.
Aus Stadt und Bezirk.
— Der Herr Staatspräsident hat eine Gewerbelehrerstelle in Ealmbach dem Gewerbehilfslehrer Albert Schneider daselbst übertragen.
Neuenbürg. 11. Sept. Der S ch w arz w a l d v e r e i n unternahm am Sonntag seine zweitletzte Tagestour mit dem Endziel Aalkistensee—Maulbronn. Die Führung lag in Händen der bewährten Wanderveteranen Oberpostmeister Stierten und Fabrikant Staub. Kein Wunder, daß bei dem herrlichen Septemberwetter die Beteiligung eine äußerst zahlreiche war; selbst Höfen war gut vertreten, und besonders zu bemerken, stärker als sonst die älteren Semester. Dies sei besonders festgestellt mit dem Wunsche, daß es so bleiben möge im Interesse des Vereins und der Jugendwanderer. Niemand hatte seine Teilnahme zu bereuen, denn wenn auch die Natur sich mehr und mehr im Gewände alles Vergänglichen zeigt, die leisen Herbstwinde schon über die Stoppelfelder wehen, so ist doch ein kraftvoller Glaube an Wiedergeburt und Auferstehung zu vernehmen angesichts der segenspendenden Sonne. Dem Winzer ist sie Heuer besonders zugetan, die Vielbegehrte — und den Kurorten. Ans Tannenzapfen läßt sich leider kein Rebensaft Pressen, aber aus den Gewächsen am Eilfinger Berg! Dieser rebenbekränzte Geselle grüßte die müden Wanderer, die in brennender Hitze dem Aalkistensee zustrebten, um an seinen Ufern auszuruhen und sich zu stärken. Daß der Aalkistensee 16.4 Hektar groß und damit den Feldsee an Flächeninhalt weit übertrifst, ob er Jahrhunderte alt oder erst in späterer Zeit als Kunstsee zur Züchtung von Fischen aller Art angelegt wurde, war der eifrige Unterhaltungsstoff. Karpfen, Schleien, Hechte, Aale sollen sich in seinem Wasser tummeln. Nach leiblicher Stärkung im Garten des dort befindlichen Gasthauses bewegte sich frohgestimmt die Wanderschar durch den Eilfinger Hof nach Maulbronn, woselbst nach kurzer Rast die Besichtigung des alten Zisterzienser-Klosters vorgenommen wurde. Wem ist es nicht bekannt als eine Perle mittelalterlicher Baukunst! Ter Klosterhof, das Paradies, das Chorgestühl und so weiter. Wer kennt nicht die Männer, die aus ihm hervorgingen.. Tie Blüte des schwäbischen Geistes sproßt aus den Mauern, der Geruch schwäbischer Dichtung kommt daher. Große deutsche Namen sind seit Jahrhunderten in die steinernen Fensterbänke und Wände eingeschnitten. Befriedigt über das Geschaute und Erlebte kehrte der Verein Per Bahn über Mühlacker nach Pforzheim und von dort nach der Heimatstadt zurück. Kräftiger Händedruck und herzliches Waldheil bis zur Schlußwanderung.
Neuenbürg, 12. Sept. Blumenfreunde und Blumenfreude, diese zwei eng verbundenen Begriffe mögen für Sonntag den 16. September das Leitmotiv bilden bei der von der hiesigen Ortsgruppe des Obst- und Gartenbauvereins veranstalteten H e r b st - B l u m e n s ch a u. Die Ortsgruppe setzt alles daran, dieselbe in einen wirklich farbenprächtigen Rahmen zu kleiden und es dürfte etwas recht Gediegenes zur Schau gestellt werden. Schon aus diesem Grunde wäre ein zahlreicher Besuch dieser Herbst-Blumenschau zu begrüßen, und es dürfte sich auch ein Besuch der auswärtigen Garten- und Blumenfreunde aufs wärmste empfehlen. Der Eintritt beträgt 20 Pfg. pro Person (auch für Mitglieder) und ist so nieder bemessen, daß es jedermann ermöglicht ist, dieser Schau anzuwohnen und sich an dieser Farbenpracht zu ergötzen. Auch die damit verbundene Pflanzen- und Früchteverlosung möchte sich eines regen Zuspruchs erfreuen. Sch.
(Wetterbericht.) Unter dem vorwiegenden Einfluß des mitteleuropäischen Hochdrucks ist für Donnerstag und Freitag vorwiegend heiteres und trockenes Wetter zu erwarten.
Birkenfeld, 11 . Sept. Die Teilstrecke der Enztalstraße ab Landesgrenze bis zur Haltestelle Engelsbrand befand sich in einem trostlosen Zustand. Im Frühjahr wurde an eine gründliche Renovation herangetreten. Vor allem wurde vre Straße bedeutend verbreitert und dieselbe mit einem bequemen Nebenweg versehen, was mit großen Kosten verknüpft war, da an der Biegung beim Bahnwarthaus eine mächtige Felsenwand
zurückgedrängt werden mußte, was große Felsensprengungeu verursacht hatte. In letzter Zeit wurde nun an die Oberbehandlung herangegangen. Die Frage des Fahrbahnbelags bildet ja heutzutage die Kardinalfrage beim Straßenbau. In verschiedenen Arten wurde der Oberflächenbelag ausgeführt. Von der Landesgrenze bis Birkenfeld ist die Sraße gepflastert (Riesenschotterpflasterung), die übrige Strecke wurde mit zwei andern wohl bewährten Verfahren durchgeführt. Durch die angegebene Behandlung ist nicht allein die Staubbelästigung beseitigt, sondern auch die Oberfläche der Straße vor den Angriffen des Verkehrs und der Witterung, namentlich der Niederschläge und damit die Widerstandsfähigkeit erhöht. Die Straße geht rasch ihrer Vollendung entgegen und wird in nächster Zeit wieder dem öffentlichen Verkehr übergeben werden können.
Schwann, 11 . Sept. Vor 64 Jahren wanderte ein junger Bürger von Schwann, Herr Wilhelm Schüßler, nach Amerika aus. Nun weilt er seit einiger Zeit zu Besuch wieder in der alten Heimat. Letzten Samslag abend lud nun Herr Schüßler seine sämtlichen hiesigen und auswärtigen Verwandten, sowie den Gesangverein „Frohsinn" und den Turnverein Schwann zu einer Wiedersehensfeier in das Gasthaus z. „Hirsch" ein. Der Abend gestaltete sich zu einer schlichten und erhebenden Feier für alle Beteiligten. Als erster ergriff Herr Schüßler das Wort; er begrüßte die Anwesenden recht herzlich und führte u. a. aus. daß er in den 61 Jahren seine Heimat Schwann und seine Bewohner nie vergessen habe, und daß es ihm ein Bedürfnis ist, wieder einmal mit seinen Schwanner Landsleuten einige gemütliche Stunden zu verleben, weiter bemerkte er, daß wenn er auch in Amerika eine neue Heimat gefunden habe, er dennoch nie aufgehört habe und nie aufhören werde, ein Schwanner, ein Schwabe und ein Deutscher zu sein. Herr Anton Enz und Frau Marie Stähle aus Pforzheim, die auch zu Besuch in Deutschland weilen und mit Herrn Schüßler befreundet sind, waren auch anwesend. Herr Enz ergriff auch das Wort und sagte, daß er und sein Freund Schüßler in Amerika in einem deutschen Gesangverein seien und dort das deutsche Lied singen und Pflegen und auch damit für das Deutschtum in Amerika werben. Herr Pfarrer Mayer erwiderte beiden Rednern in humorvoller Weise und führte u. a. aus, daß wir, die wir dauernd in der Heimat sind, so leicht vergessen und kaum bemerken, wie schön es in der Heimat und hauptsächlich in Schwann ist. Dazwischen brachte abwechselnd der Gesangverein „Frohsinn" und die Sängerabteilung des Turnvereins schöne Chöre zum Vortrag, auch sangen sämtliche Anwesenden zusammen Heimat- und Volkslieder; außerdem ehrte ersterer Herrn Schüßler zuvor durch ein Ständchen. So verlief der Abend in erhebender, harmonischer Weise. Zum Schluß dankte der Vorstand des Turnvereins Herrn Schüßler im Namen aller für die Veranstaltung der Feier, für seine Anhänglichkeit und Liebe für Schwann und seine Bewohner, für die Bewirtung sämtlicher Beteiligten, wobei es Herr Schüßler in großzügiger Weise an nichts fehlen ließ. Auch an dieser Stelle sei Herrn Schüßler nochmals herzlich gedankt. Die besten Glück- und Segenswünsche der Schwanner begleiten ihn, wenn er im Oktober wieder in seine neue Heimat zurückkehrt.
Württemberg.
Stuttgart, 11 . Sept. (Die Bürgervereine zur Gemeinderatswahl.) Tie Vorstände der vereinigten Bürgervereine traten am Montag abend im Ratskeller zu einer Sitzung zusammen, um noch einmal zur Frage des Zusammengehens der bürgerlichen Parteien bei der kommenden Gemeinderatswahl oder aber mindestens zur Vereinigung der bürgerlichen Reststimmen und Aufhebung des Verbots des Panachierens in den Städten Stuttgart und Illm Stellung zu nehmen. Der Vorsitzende, Gemeinderat Professor Weitbrecht, bedauerte, wie der „Schwäb. Merkur" berichtet, Mitteilen zu müssen, daß nach der ersten Versammlung die Anregungen nicht die Zustimmung gefunden hätten, die man erwartet hätte. Es wurde beschlossen, die Bemühungen zu einer Vereinigung der bürgerlichen Parteien sortzusetzen und für die Aufhebung des Verbots des Panachierens weiter energisch einzutreten. ,
Stuttgart, 11 . Sept. (Wie der Gewittersturm auf der
für
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Solitude hauste.) Beim Hereinbrechen des Gewitter' Sonntag nachmittag flüchtete alles in die Wirtschastsrz,,)? lichkeiten. unter die schützenden Bogen des Schlosses odi-r^ die Kraftfahrzeuge, die — rund 50 an der Zahl — vor Solitude parkten. Inzwischen fegte der Sturmwind über bi Tische im Wirtschaftsgarten hinweg, warf Teller und Glas-, herunter oder gar die Tische mit all dem Geschirr um Ww rend dessen hauste der Sturmwind, der, von heftigem Laaei Wetter begleitet, über dem herrlichen Landschaftsbild bram>° in den Kastanien-Alleen, die das Schloß flankieren und b? kanntlich zu den schönsten in Württemberg zählen. Der Sturm wütete katastrophal, indem er die Bäume in der Hauptcmbp tung zerriß und riesige Aeste zu Boden warf. Einige BmiM wurden halbhoch im Stamm wie Streichhölzer geknickt Straße zur Solitude wurde derart von Aesten und Stainmiwb übersüt, daß ein Verkehr unmöglich wurde. Die Televbo,- leitnng und einzelne Lichtleitungen fielen dem Sturm zum Opfer. Am Montag morgen bot sich in den Alleen der Soli- tudc ein übles Bild. Große Lücken zeugten von weitem schon von dem Windbrnch. Auf der Gerlinger Seite konnte dj- Straße zwar von den niedergeschlagenen Aesten befreit werden aber die andere Allee, die in der Richtung von Stuttgart her zum Schloß führt, ist — hauptsächlich im oberen Teil — maßen von abgebrochenen Aesten bedeckt, daß eine Zufahrt am Stunden nicht möglich war.
Löchga«, OA. Besigheim, 1 l. Sept. (Schwere Schutzver- letzung.) Obsthüter Weiler, der auf einem Dienstgang dem noch jugendlichen, 10 Jahre alten Weinberghüter begegnete begleitete diesen in seine Berghütte, um dortselbst eine kleine Stärkung einzunehmen. Dabei wurde scheinbar die Pistch des Weinberghüters, die offenbar vorher versagte, in näheren Augenschein genommen. Durch das leichtfertige Umgehen mit der Waffe ging plötzlich der Schuß los und die Ladung dran« dem verheirateten Obsthüter in das rechte Auge. Er hat da- Augenlicht verloren. Nachdem Dr. Rieth den ersten Verband angelegt hatte, wurde der Verletzte sofort in die Stuttgarter Augenklinik eingeliefert. Der Verletzte ist noch nicht außer Levensgefahr.
Hellbraun, I I. Sept. (Lotterieglück.) Wie wir hören, ml ein 10 000 Mark Gewinn der 5. Preußisch-Süddeutschen Alaffm- lotterie nach Heilbronn. Das Los wurde in Achteln gesM die Teilnehmer sind meist Leute, die es sehr gut brauchen können.
Erbach, OA. Ehingen, 11. Sept. (Zum Konkurs der MN«.) Nach einer Bekanntmachung des Amtsgerichts Ehingen a. D. im Staatsanzeiger ist am 6 . September über das Vermögen der Mühle-, Bezugs- und Absatzgenossenschaft Erbach und Umgebung e. G. m. b. H. in Erbach das Konkursverfahren eröffnet worden, da die Gemeindeschuldnerin überschuldet M zahlungsunfähig ist. Zu Konkursverwaltern wurden die Rechtsanwälte Dr. Schermann und Braig in Ulm ernannt. Als Mitglieder des Gläubigerausschusses wurden bestellt: die Eidgenössische Bank in Zürich, die Badische Hypothekenversiche- rungsbank in Freiburg i. B. und Herr Treßmar, Inhaber der Fa. Beiselen in Ulm.
Ulm, 11 . Sept. (Fahrlässige Tötung.) Wegen fahrlässiger Tötung hatte sich der Händler Wilhelm Raichle von Dettingen vor dem Großen.Schöffengericht zu verantworten. Der Angeklagte, der einen Lieferwagen steuerte, fuhr in der Nacht vom 14. Juli auf der Straße Ulm—Suppingen—Feldstetten. Es war schon nachts X10 Uhr. Auf dem Wagen saßen noch seine Frau und ein Kind. Ein Motorrad, das von 2 Soldaten besetzt war, fuhr mitten in das Auto hinein. Die Folge dieses Zusammenstoßes war, daß sowohl das Auto wie auch das Motorrad stark beschädigt wurden. Die beiden Soldaten starben am anderen Tag an den Verletzungen. Der Angeklagte gibt selbst zu, daß er so ziemlich in der Mitte der Straße, also vorschriftswidrig gefahren sei. Auch wird angenommen, daß er nur das Standlicht brennen hatte. Es bestehen sogar Zweifel darüber, ob er überhaupt ein Licht brennen hatte, denn er soll schon öfters ohne Licht gefahren sein. Es wurde zugegeben, daß die beiden Soldaten mindestens ebensoviel Schuld an dem Unglück haben wie der Angeklagte, doch wäre das Unglück nicht geschehen, wenn Raichle vorschriftsmäßig rechts gefahren und richtig beleuchtet gehabt hätte. Außerdem wurde festgestellt, daß am Wagen die Fußbremse M intakt war. Raichle wurde zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt; die erlittene Untersuchungshaft wird abgerechnet.
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60. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Nichtsdestoweniger wurde der Abend überaus gemütlich. Ruth saß dicht neben ihrem Manne, Hechingen etwas weiter, aus dem Lichtkreis der Lampe gerückt. Hartmann wußte, daß sein Schwiegervater leidenschaftlicher Raucher war. Er entnahm einem Eckschrank ein Kistchen, öffnete dieses und bot seinem Schwiegervater davon an. Hechingen sah sofort, daß es das Sortimentkistchen war, das er vor gut zehn Wochen an Heinz geschickt hatte. Er hatte es also nicht einmal geöffnet gehabt. Auch diese Kleinigkeit verschmähte er, weil sie aus seinen Händen kam.
Hartmann fühlte, was in Ruths Vater vorging. „Ich rauche sehr selten!" sagte er erklärend.
„Wenn du lieber eine andere Sorte willst, dann sage mir's, Heinz."
Hartmanns Antwort klang wieder kühl, abweisend, wie wenn er sagen wollte: „Laß mich zufrieden mit den Abfallgaben deiner Liebe. Ich will nichts von dir!"
Hartmann hatte die Schwester gebeten, seine Frau heute ausnahmsweise zu Bett zu bringen, damit sein Schwiegervater nicht allein zu sitzen brauche. Als Ruths Augen müde wurden, bot ihr die Schwester lächelnd den Arm. Die junge Frau sah überrascht auf, dann nach ihrem Mann. Ihre Lippen preßten sich aufeinander, ihre Hände griffen nach seinem Arm.
„Komm!" bat sie angstvoll.
Da hob er sie in die Arme und trug sie wie sonst in ihr Schlafzimmer hinüber. Die Schwester blieb bei Hechingen zurück. Er empfand es dankbar, denn er hatte das Bedürfnis, mit ihr, die ja einen großen Teil des Tages mit Ruth allein war, über sein armes Kind zu sprechen.
„Die Frau Baronin ist körperlich sehr gesund! Ihr Befinden läßt in der Tat nach dieser Richtung hin nichts zu wünschen übrig," sagte sie freundlich. „Aber der Herr Baron selbst macht mir Sorge. Ich habe schon hin- und widergegrübelt, was zu tun wäre, wenn es einmal eine Katastrophe gäbe."
Hechingen erschrak. Es war ihm bereits aufgefc.llen, daß Hartmann übermäßig hager und blaß geworden war. Er schien überarbeitet zu sein.
„Vielleicht vermögen Sie als Schwiegervater Ihren Einfluß geltend zu machen, Herr von Hechingen," fuhr die Schwester fort. „Ohne Frühstück bis zum Mittagstisch um vier Uhr, das ist zu lang. Ich habe schon versucht, dem Herrn Baron ein Vesperbrot in die Tasche zu stecken, aber er bringt es regelmäßig wieder mit nach Hause. Mittags itzt er ja normal. Die gnädige Frau hat dafür gottlob ein scharfes Auge. Auch abends ist er gezwungen, etwas zu sich zu nehmen, denn sowie er den Teller beiseite schiebt, tut es auch die Frau Baronin. Ich glaube weniger, daß es die geringe Nahrungsaufnahme als vielmehr die lange Nachtarbeit ist, welche den Baron in Bälde zugrunde richtet."
„Nachtarbeit?" fragte Hechingen. „Ich begreife nicht, Schwester! Arbeitet denn mein Schwiegersohn auch noch abends im Geschäft?"
„Das nicht! Er verrichtet Heimarbeit und kommt regelmäßig nicht vor ein Uhr ins Bett. Ich glaube, er arbeitet für ein Verlagsgeschäft. Anfangs hat er getippt, das hat die Frau Baronin im Schlaf gestört. Jetzt schreibt er kurrent."
Hartmanns Schritt wurde in der Diele hörbar. Die Schwester sah ihn bittend an. „Verraten Sie mich nicht!" sagte sie bittend noch rasch, ehe er eintrat. Sie fragte, ob« die beiden Herren noch etwas wünschten, und zog sich, als diese dankend verneinten, auf ihr Zimmer zurück.
XIV.
Hans von Hechingen saß seinem Schwiegersohn wortlos gegenüber. Die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Seine Gedanken kamen nicht weg von all dem, was die Schwester
ihm gesagt hatte. Damit der arme Mensch das verdiente, was für den Haushalt aufging, suchte er Nebenarbeit! llnd weil er tagsüber bis vier Uhr im Büro und dann an Ruths Gesellschaft gebunden war, nahm er die Nacht dazu her. Er wußte nicht, wie er es anpacken sollte, mit W l darüber zu sprechen. Das mußte ein Ende nehmen! M zwar sofort!
„Ich habe einen größeren Betrag für dich auf der Handelsbank deponiert." sagte er mit mühsam erzwungen» Ruhe. „Das habe ich dir doch geschrieben, Heinz!"
„Ja!"
„Hast du davon noch nichts abgehoben?"
„Nein! Es reicht vollkommen, was ich verdiene!" „Wieviel beziehst du Gehalt?"
„Fünfhundert Mark!" Es lag eine leise Gereiztheit in Hartmanns Stimme, die er vergehlich zu verbergen sucht»
Hechingen rechnete: die Schwester — die Köchin -7 btt teure Miete — Holz — Licht usw. Das konnte uninogUY reichen.
„Woher nimmst du das Fehlende, Heinz?"
Hartmann zog die Brauen zusammen. Das Kühle, Abweisende seines Blickes war diesmal volle Berechnung, -wo' her er das andere nahm, das war lediglich seine Saqe. Er zuckte die Schultern und schwieg.
Hechingen kam ein blitzartiger Gedanke. —^ Frauenstein übergab? Trude saß warm in Puchheim Eberhard. Das war doch wenigstens ein Geschenk, vep er sich nicht zu schämen brauchte. Er legte Hartmann sein Plan vor. Aber er hatte sich getäuscht. Dessen Zuge v ben undurchdringlich kalt, als er sagte:
„Ich habe nie danach getrachtet oder auch nur g - wünscht, Gutsherr auf Frauenstein zu werden. >rch -. nichts als Ruth! Nun ich sie habe, bin ich äu.frieden ist glücklich und ich bin es auch, soweit nur beide eo Elücklichsein sprechen können." , .
(Fortsetzung folgt.)