Württemberg.

Calw, 20. Aug. (Tödlicher Unfall. Zusammenstoß von Eisenbahn und Auto.) Bei der Abfahrt des Stuttgarter Uhr-Abendzuges ereignete sich gestern innerhalb des Bahn­hofs Calw ein schwerer Unfall mit tödlichem Ausgang. Ein vermutlich aus Löeilderstadt stammender Reisender (der Ver­unglückte trug keinerlei Ausweispapiere bei sich) versuchte den bereits anstchrenöen Zug noch zu erreichen und kam beim Auf­springen auf das Trittbrett so unglücklich zu Fall, daß er unter die Räder des Zuges geriet und schwere Verletzungen erlitt, denen er auf dem Transport zum Bezirkskrankenhaus erlegen ist. Ein weiterer Unfall, der noch glimpflich ab­gelaufen ist, wird aus Althengstett gemeldet: Bei dem unwert der Station Althengstett an der Strecke nach Calw befindlichen schienengleichen Uebergang stieß gestern der von Stuttgart kommende Abendzug mit einem Kraftwagen zusammen, der sich trotz geschlossener schranken auf dem Bahnkörper befand. Durch die Aufmerksamkeit des Lokomotivführers, der noch rechtzeitig die Bremse zog und den Zug zum L-teheu brachte, wurde der Kühler des Kraftwagens nur leicht erfaßt und zur Seite geschleudert. Von den Insassen des Wagens ist niemand verletzt worden.

Freudenstadt, 20. Aug. (Prominente Kurgäste.) Der hes­sische Staatspräsident Adelung ist zum Kuraufenthalt im Hotel Rappen eingetroffen. Gestern weilte Fritz von Opel hier und machte hier Halt auf dem Weg nach dem Bodensee, wo er mit seinem Raketenbot weitere Versuche anstellen will. Jni Hotel Waldlust ist zu längerem Kuraufenthalt der Ton- tünstler Professor Fritz Kreisler mit Gemahlin aus Wien eingetrofsen. Dieser Tage ist Graf Westarp, der bekannte Führer der Deutschnationalen, nach mehrwöchigem Kuraufent­halt in Freudenstadt nach Berlin zurückgekehrt.

Unterriexingen, OA. Vaihingen, 20. Aug. (Der schüchterne Einbrecher unterm Bett.) Am Freitag nachmittag, als die Familie Weitenbach von der Feldarbeit nach L>ause zurück­kehrte, kani plötzlich eine unbekannte Mannsgestalt unter den Bettladen hervor. Der Familie gegenüber behauptete der Un­bekannte, er hätte nichts genommen, so daß ihm sogar noch ein Almosen verabreicht wurde. Daraufhin ging der Unbekannte fort. Nachher wurde jedoch noch festgestellt, daß er sich in geringen Mengen Lebensmittel angeeignet hatte. Der Täter ist unbekannt vavongekommen.

Besigheim, 19. Aug. (Verhaftung von Falschmünzern.) In Bietigheim und in Besigheim und auch an anderen Orten dieses Bezirks wurde in letzter Zeit Falschgeld angetrosfen. Mit einer großen Frechheit versuchten die Falschmünzer ihre Erzeugnisse anzubringen. In Erligheim, OA. Besigheim, er­tappte man nun, wie schon kurz gemeldet, die unsauberen Elemente und zwar ist die Ergreifung.Erlingheimer Bürgern zu verdanken. Der 54 Jahre alte verheiratete Josef Kaiser von Cannstatt und der W Jahre alte verheiratete Eugen Jäger von Stuttgart bezahlten am 15. d. M. in Erligheim nachmit­tags von 47 Uhr in einigen Wirtschaften und Kaufläder mit unechten Fünf-Markstücken. Dieses Geld fiel dem Schuhmacher Eugen Lamparter auf und dieser verbrachte mit noch einigen Bürgern und dem Polizeidiener diese zwei Männer aufs Rat­haus. Bei der Durchsuchung hatte Kaiser noch 25 Stück falsche Fünf-Markstücke in der Tasche. Dieser gab auch zu, daß der Sitz derFabrikation" Cannstatt sei. Wie durch die Verneh­mung hervorgeht, soll es sich um eine dreißigköpfige Bande handeln. Die Verbringung des Kaiser in das Ortsarrest Löch- gan und die des Jäger nach Erligheim wurde dem Polizeiprä­sidium Stuttgart mitgeteilt, das die Verbringung der Ver­hafteten mittels Autos nach Stuttgart anordnete. In Erlig­heim wurden sechs und in Löchgau sieben falsche Fünf-Mark­stücke in den Verkehr gebracht.

Heilbronn, 20. Aug. (Unterschlagung.) Der Pelzwaren­händler Willy Wolfs wurde vom hiesigen Schöffengericht wegen Unterschlagung und versuchten Betrugs zu 5 Monaten 7 Tagen Gefängnis verurteilt.

Ulm, 20. Aug. (Militärjubiläum.) Der frühere Inspek­tor der Technischen Institute in München, Generalleutnant a. D. Wilhelm Köhl, der Vater des Ozeanfliegers Hauptmann Hermann Köhl, beging am Sonntag, 19. August, zu Pfaffen­hofen bei Weißenhorn das 50jährige Militärjubiläum.

Leutkirch, 19. Aug. (Eine Hochstaplerin.) Der Leutkircher Skandal, der im Frühjahr dieses Jahres durch Verhaftung der Maurersehefrau Helene Eggert sein Ende fand, Hai am Schöffengericht Ravensburg durch Aburteilung der gerissenen Hochstaplerin seine Sühne gefunden. Durch geriebene Schau­spielerkunst und forsches Auftreten hat es die bereits seit April sitzende 10jährige Angeklagte verstanden, nicht weniger als 15 000 Mark vielfach von ärmeren Leuten und auch von Geschäftsleuten herauszuschwindeln. Als Lockmittel für ihre Opfer diente vor allem einTestament", das ihr eine Viertel- Million von ihrem Vater und 50 000 Mark von ihrem Onkel in Aussicht stellte. Sie schwindelte, ihr Vater fei Kommerzien­

rat und habe sie wegen nichtstandesgemüßiger Ehe verstoßen; ihr Onkel sei ein Graf Esterhazy, der in Dornbirn wohne, wohin sie öfters per Auto reiste. Der abgefeimten Hochstaple­rin kam es auch nicht auf gefälschte Briefe und Dokumente an. Sie lebte nicht schlecht und verschmähte Sekt und Schinken keineswegs. Sie wak auch wohltätig und verehrte z. B. allen Leutkircher Kommunionkindern zur Osterkommunion einen Rosenkranz. Frau Eggert ist schon 5)4 Jahregesessen", was hier nicht bekannt war, und hat noch ein halbes Jahrgut". Das Ravensburger Schöffengericht verurteilte sie zu 3X> Jah­ren Gefängnis (unter Anrechnung von 5 Monaten Unter­suchungshaft) sowie zu 3 Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Den Geprellten kann das Gericht nicht helfen. Möge der Vorfall zur Warnung dienen.

Giengen a. Br., 20. Aug. (Der gelb angestrichene Bahn­steig.) Der hiesige Bahnsteig erhielt am letzten Donnerstag von zerbrochenen Eiern einen gelben Anstrich. Eine Bötin aus dem Brenztal stieg mit einem Korb voll Eiern aus dem Zug. Hiebei war derselben ein fremder Herr behilflich; infolge eines Mißgesckücks entglitt jedoch dem Unbekannten auf den Stufen des Wagens der Korb und nahezu der ganze Inhalt von 150 Eiern lag zerbrochen auf dem Bahnsteig. Der gefällige Herr bestieg schleunigst wieder den abführenden Zug und ließ die erschrockene Frau bei ihrem Eierkuchen stehen.

Mergelstetten, OA. Heidenheim, 20. Aug. (Tödlicher Un­fall.) In schweres Leid versetzt wurde die Familie Gg. Juu- ginger hier durch den unerwartet raschen Tod ihres hoff­nungsvollen, erst 22 Jahre alten Sohnes Georg. Der Ver­storbene war Postkraftwagenführer und versah den Dienst auf den Strecken nach Gerstetten, Geislingen und zuletzt nach Steinhcim. Ein Unfall hat seinem Leben unerwartet ein Ziel gesetzt.

Waldstetten, OA. Gmünd, 20. Aug. (Gauturnerinnentag.) Der Gautnrnerinnentag des Remsgaues fand hier am Sonn­tag statt und wurde am Vorabend durch ein Bankett eingelei­tet. Dieser Frauenturntag hatte durch den vorausgegangenen Zwist mit dem Ortsgeistlichen und durch das Eingreifen des Bischofs die Aufmerksamkeit weiter Kreise erregt. Die mit dem Fest zusammenhängenden Vorkommnisse, aber auch das schöne Wetter haben dem Fest, wie dieRemSzeitung" berich­tet, einen großen Zuzug gebracht. Vormittags fanden Einzel- wcttkämpw statt, die während des Gottesdienstes unterbrochen wurden. Aus einwandfreie Bekleidung der meist noch sehr jungen Turnerinnen war Bedacht genommen. Nachmittags kamen dann neben anderen Vorführungen auch die Massen- übnngen von etwa 200 Turnerinnen.

Baden.

Pforzheim, 20. Aug. Am 14. August unternahmen ein Lehrer und ein Ehepaar aus Pforzheim, die sich gegenwärtig im Oetztal auf Sommerfrische aufhalten, eine Wanderung über den Gletscher der Roßkarspitze. Der Lehrer ging voran, das Ehepaar folgte in sehr großem Abstande. Alan vereinbarte, in der Pforzheimer Hütte im Gleirschtale sich wieder zu treffen. Wegen der vielen Gletscherspalten und wegen der einbrechen­den Nacht wagte das Ehepaar nicht weiterzugehen und ver­brachte stehend, nur an einen Felsen angelehnt, die Nacht auf dem Gletscher. Als es am nächsten Tag zur Pforzheimer Hütte kam, war der Lehrer noch nicht eingetroffen. Es wurde sofort unter Führung des zweiten Vorstands der Alpenvereins­sektion Pforzheim, Professor Keller, eine Suche nach dem Vermißten begonnen und zuerst alle Spalten des Zischkeles- Fernerü durchforscht, dann die Roßkarspalte, wo man auch den Lehrer mit gebrochenem Fuße auffand. Er hatte in der Spalte 56 Stunden verbracht und war auf das äußerste erschöpft. Man brachte ihn in die Pforzheimer Hütte, wo ihn der Arzt, Dr. Eisenlohr aus Pforzheim, in Behandlung nahm und wo sich der Lehrer noch jetzt in Pflege befindet. (Pfzh- Anz.)

Pforzheim, 20. Aug. Ein Betrunkener legte sich gestern nachmittag zwischen Hamberg und Schellbronn in den Stra­ßengraben zum Schlafen nieder, während er das Rad, auf dem er gekommen, einfach auf der Straße liegen ließ. Zwei junge Radfahrer aus Schellbronn, Oskar Voltz und Eugen Klink, beide im Alter von 1820 Jahren, stürzten über das auf der Straße liegende Rad, das sie in der Dämmerung zu spät sahen. Beide mußten durch das Pforzheimer Sanitätsauto ins städ­tische Krankenhaus geschafft werden. Einer von ihnen erlitt schwere Verletzungen am Kopf, der andere wurde an den Armen verletzt.

Ne» ickönjtsn Msikler

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Vermischtes.

Hinter Schloß und Riegel. Der 'Jahre alte Metzger Wilhelm Berchtold und der 29 ahre alte verbeirat'» Taglöhner Ludwig Wagner haben durch raffinierte Einbrüche im Allgäu die Bevölkerung lange in Aufregung Schrecken gesetzt, bis nach einem Einbruch in Oberaümkn. die Verhaftung der beiden erfolgte. Berchtold, der ein am? gewalttätiger und rabiater Mensch ist und auf dem Trans«»!! ins Gefängnis seinen Begleiter angegriffen hatte, wurde vaw Schöffengericht Kempten zu sieben Jahren Zuchthaus, Waan» zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Bei der Verkündia» des Urteils sprang Berchtold Plötzlich von der Anklaae2 auf und stürzte sich auf den Richtertisch. Es gelang aber den Tobsüchtigen noch rechtzeitig in Fesseln zu legen.

Uebcrfall auf einen Gütcrzug. Auf dem Bahnhof Marien born bei Magdeburg wurde ein dreister Ueberfall aus einen Güterzug verübt. Infolge der Steigung bei dey Blockstelle Harbke fahren die Züge ziemlich langsam. Dies machten sich verwegene Burschen zu nutze. Sie sprangen nachts aus einen vorbeifahrenden Güterzug, öffneten ihn und warfen hinan' was ihnen mitnehmenswert erschien, insbesondere Stoffe garren usw. Diese Sachen wurden von Helfershelfern auf ei» bereitstehendes Auto geladen. Alle hinausgeworfeneu Sackn» hatten nicht fortgeschafft werden können, so daß am nächste» Morgen an der Böschung Kleiderstoffe, Büchsen und andere machen gesunden wurden. Die Täter konnten unerkannt ent­kommen.

Revolverüberfall im Amtsgericht. Im Amtsgericht Berlin Mitte kam es am Samstag mittag wieder zu einer Revolver­schießerei, bei der der Dreher Heinrich Junghans durch eine» Revolverschuß an Äer Hand leicht verletzt wurde. Zwischen den Eheleuten Schiwik, die vor einiger Zeit geschieden worden sind, schwebte noch eine Mietklage. Die geschiedene Frau war in Begleitung ihres angeblichen Geliebten, des Drehers Hei,» rich Junghans, erschienen. Bevor der Vorsitzende in die Ber Handlung eintrat, zog Schiwik, den der Anblick seines Neben­buhlers in maßlose Wut brachte, einen Trommelrevolver und feuerte fünf Schüße auf Junghans ab, der leicht an der Hand verletzt wurde, während ein zweiter Schuß eine Zeitung, den Mantel und die Brieftasche durchschlug und dann im Notiz­buch stecken blieb. Die übrigen Schüsse gingen fehl. Schin,! wurde sofort sestgenolnmen.

Ter Unfall des Rennfahrers Heusser. Bei dem vom All­gemeinen Deutschen Automobilklub am Sonntag in Buckow in der Märkischen Schweiz veranstalteten Dreiecksrennen isi Hensser-Kleinschmalkalden mit seinem Bugattiwagen verun­glückt. Er hat, wie man jetzt erfährt, eine lebensgefährlich, Verletzung erlitten. Ein Bein wurde ihm vom Rumpf ge­trennt. Der Mitfahrer blieb tot unter den Trümmern de- Wagens liegen. Das Rennen wurde sofort abgebrochen. Ta­llug lück ereignete sich beim lleberholen. Heusser fuhr dabei in voller Fahrt mit den, linken Vorderrad gegen einen Chaus­seestein. Der Wagen überschlug sich und wurde mit aller Bucht gegen einen Baum geschleudert. Heusser wurde in das Kran­kenhaus gebracht, wo er sofort operiert wurde. Es besteht aber keine Hoffnung, ihn am Leben zu erhalten.

Ein Drama im Hochgebirge. Im Gebiet des Montblanc stürzten mehrere aus Frankreich stammende Bergsteiger von einer Bergspitze ab und blieben schwer verletzt liegen. Eine Gruppe von Alpinisten aus Chamonix, die sich zur Hilfelei­stung aufmachte, wurde bei der Schutzhütte von Charpouaz von einem Unwetter zurückgehalten, dagegen gelang es drei Genfer Alpinisten, bis zu den Verunglückten vorzuöringen. Sie ließen den Verletzten, die sie in dem schwierigen Gelände nicht abtransportieren konnten, ihre Lebensmittel und einen großen Teil ihrer Kleidung. Auf dem Rückwege gerieten die drei ungenügend bekleideten und erschöpften Genfer in einen Schneesturm. Einer von ihnen erfror und mußte tot liegen gelassen werden, während die beiden anderen mit schwe­ren Erfrierungen an Armen und Beinen bis zur Schutzhütte Charponaz gelangen konnten. Zur Unterstützung der beide» und der verunglückten Lyoner Alpinisten hat sich eine Gruppe von Genfer Bergsteigern aufgemacht. Bis jetzt ist es ihne» noch nicht gelungen, die Lyoner Gruppe zu retten, da in de» Bergen Neuschnee gefallen ist.

Vierzehn Mann über Bord. Ein amerikanischer Dampfer, der von Los Angeles nach.Newyork durch den Panarua-Kanal unterwegs ist, geriet an der mexikanischen Westküste in so schwere Stürme, daß 14 Mann der Besatzung, einschließlick des ersten Steuermanns über Bord gerissen wurden und er­tranken.

Die Sturmkatastrophe in Algerien. Infolge der Zer­störung der Telephon- und Telegraphenleitungen während de- Wirbelsturmes, der am Samstag früh die Gegend von Dschid- schelli in Algerien heimsuchte, sind eingehende Berichte über die Katastrophe mit Verspätung in Frankreich eingetroffew Erst jetzt liegen genauere Angaben über die Naturkatastrophe vor, ohne daß es jedoch möglich wäre, die genaue Zahl der

von i Sci'i-isic^st'-SöasN

38. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Trude lag im Widerstreit mit sich selbst, aber ihre Neu­gierde überwog. Und Ruth war doch ihre Schwester Da dürft« st« doch fragen.

Wir wie war es denn da? Hast du da in seinem Arr». geschlafen, Ruth? Dsl dpa, Boden war es doch zu hart für dich!"'

Keine

»VH» is sskrsM Av«-'. Iv; di-i-V mir Lvs himmlisch Hst er^ auch dk HaM gMtzO- Oks7 Od« den

,.Tr.Äse§* sagte Ruthwir kannst du von

mn - wM kannst du von ihm wir kannst du überhaupt so etwas denken?"

Hm!'" Trude hob die Schulter,Du Haft überhaupt Fischblut in den Adern. Er mutz ihm doch fürchterlich lang­weilig geworden sein, da unten mit dir allein!"

Wie ein Irrlicht huschte ein schmerzliches Lächeln um Ruths Mund O, nur noch einmal die Tage durchleben dürfen. Mit ihm' Was war das Leben jetzt gegen di« Stunden in der Tiefe' Trotz all dem Dunkel wsr fi« ds unten in lauter Sonn« gegangen

Eberhard rief Trudes Namen. Sie box rE? dv» Fenster des Hochparterres hinaus.

Hast du mir etwas mitgebracht?"

Er hob ihr eine Tüte entgegen. Behend schss«M sie sich auf den Fensterrand. Ruth wollte warnen. Wer im nächsten Augenblick hörte sie Trudes Helles Lachen. Eber­hard hatte sie geschickt aufgefangen.

Ruth legte beide Hände auf den kleinen, zierlich ge­schnitzten Tisch neben ihrem Ruhebett. Unter Trudes Fra­gen war es ihr gewesen, als liege sie auf der Folterbank.

Und nun überfiel sie die Furcht. Was hatte Heinz bei ihrem Baker gewollt? Ihm alles sagen? O Gott, das durfte er nicht. Ihm gestehen, wir sind Mann und Frau? Er würde Heinz töten, ihn niederschietzen. Schrecken um Schrecken tat sich vor ihr auf. Dann dacyte sie wieder an Trude, die so in ihn verliebt war, daß sie sich möglicher­weise ihm an den Hals warf. Sie durfte ihn nicht mehr sehen. Es lag eine Gefahr für die Sechzehnjährige darin. Sie mußte auch Heinz daraus aufmerksam machen. Mußte ihm schreiben,

Ich Hab« dringend mit dir zu sprechen!"

Das war der ganz« Liebesbrief, den sie ihm sandte. Mehr wagte sie nicht. Am nächsten Morgen wartete sie fieberhsft auf dis Post. Ein Brief für sie. Sie riß ihn auf. Auch nur eine Zeile.

SaMslsZ fünf bis sechs Uhr Kreuzigungsgruppe!"

Sie seufzte tief auf. Schon etwas vor fünf Uhr schritt sie anderen Tages die Wallfahrtsstiege hinauf. Es waren der Beter viele, die da hinauf und herunter gingen. Sie kniete wieder an dem kleinen Betstuhl. Die Knie brannten.

So harrte sie und harrte. Ihre Unruhe wuchs sehr. Dröhnend kam von der Klosterkirche der sechste Stunden­schlag. Er war nicht gekommen. Noch immer lag sie re­gungslos, Neugierige Blicke streiften sie. Immer weniger wurden der Beter. Sie fühlte ihre Knie kaum mehr. Sollte sie gehen? Warten?

Knapp vor sieben Uhr kam ein rascher Schritt die Treppe herauf. Sie hätte ihn aus lausend herausgekannt. Todmüde erhob sie sich. Er zog sie wortlos an sich, sah sich um und küßte sie.

Es war mir nicht möglich, früher zu kommen!" sagte er, vom schnellen Gehen noch erregt atmend.Ich konnte mich nicht frei machen, jetzt mitten in der Ernte. Ich habe jeden Tag bis sieben Uhr zu schaffen und um drei Uhr muß ich wieder auf. Verzeih' also, da du warten mutztest!"

Er war satt gebräunt und seine Wangen waren etwas voller geworden. Er sah sich um:Wenn ich nur wüßte, wo ich ein paar Worte ungestört mit dir sprechen könnte!"

Bon oben herab kamen einige Patres. Von unten her­aus ein verspäteter Beter.Bleibt nichts als die Kloster­kirche," sagte er, mit einer tiefen Furche aus der Stirne. Die Anlagen sind heute direkt mit Liebespaaren bevölkert, wie jmmer an Samstagen!"

Schweigend stiegen sie die Treppen hinauf und trat!» durch das steingehauene Portal der Kirche. Dämmer eW- fing sie bereits in dem hohen Raume. Ein rötliches Licht kam vom Hochaltar und floß die Stufen desselben herab, wie Blutgerinsel. Gleich Eespensterkolossen stiegen die Ne­benaltäre mit ihren Säulen und Heiligenfiguren aus den Nischen.

Ruth und Hartmann blieben nahe am Eingang in einer Mauervertiefung stehen.Wie fluchbeladene Ver­brecher!" dachte Ruth,die nirgends Ruhe finden dürfen! All das Leid, das sie im Herzen trugen, brach sich mu einem Male Bahn nach außen.

Aufschluchzend sank sie in die Knie und preßte beide Hände vor das Gesicht in erschütterndem Weinen.

Ruth!" bat Hartmann erschrocken.Ruth-

Aus einem der Beichtstühle trat ein Benediktiner und kam geradenwegs auf sie zu.Der Abt!" Hartmanns Wan­gen überzogen sich mit einer dunklen Glut. Er bog sich z Ruth herab.

Komm, Liebste!" bat er leise.

Bertrams Gestalt wurde von dem Dunkel fast ver­schlungen. Seine Worte klangen halblaut an beider Ol

Wenn Sie sich auszusprechen wünschen, steht Auen Vas Sprechzimmer des Klosters zur Verfügung. Lch Sorge tragen, daß Sie ungestört bleiben!"

Seine Schritte verhallten in dem Gange, der Zu einer Seitentüre führte, welche in den Klosterhof munde -

Zehn Minuten später standen beide in dein p zimmer des Klosters.

(Fortsetzung folgt )