9.19 abends abgehende Eilzug, der nur in Neuenbürg anhält. Auf ein eingereichtes Gesuch des Schultheiszenamts, datz dieser Zug auch in Birkenfeld anhalten möchte, hat die Reichsbahndirektion Stuttgart mit Schreiben vom 24. April d. I. geantwortet, daß dieser Zug für die Bedienung des Borortsverkehrs Pforzheim- Birkeufeld nicht in Frage komme. Dafür sei neu eingelegt worden der in Pforzheim abends 8.41 Uhr abgehende und in Birkcnfeld um 8.55 Uhr ankommende Personenzug 995, der künftig das ganze Jahr über täglich Verkehre. Außerdem verkehre wie bisher der in Pforzheim 10.19 Uhr abgehende letzte Zug talaufwärts, so daß hinsichtlich der Abendverbindung Pforzheim—Birkenfeld ein dringendes Bedürfnis für weitere Züge nicht anerkannt werden könne.
Wildbad, 23. Mat. Anläßlich der Einweihung des erneuerten Staatlichen Kurtheaters rn Wildbad nahm die Presse, einer Einladung der Bauabteilung des württ. Finanzministeriums Folge leistend, Gelegenheit zu einer Besichtigung der berühmten Thermal-Bäder in Wildbad. Nach kurzen Begrüßungsworten des 1. Badearztes, Medizinalrat Dr. Schober, erfolgte eine Führung durch das Bad, welcher Aufgabe sich in dankenswerter Weise Oberbauinspektor Bogt unterzogen hatte. Die Wildbader Quelle» haben eine Temperatur von 34—40 Grad und 39 Bohrlöcher ermöglichen es, die Heilwasser in die zahlreichen Gesellschafts- u. Einzelbäder zu leiten. Das Schwimmbad, die mit jeder technischen Neuerung ausgestatteten Spezialbäder, das medicomechanische Zanderinstitut, sowie auch der reichhaltig ausgestattete Leseraum erweckten das lebhafteste Interesse der Gäste. In Anwesenheit von Finanzminister Dr. Dehlinger, Ministerialdirektor V. Groß, Präsident Kuhn, Kurdirektor Lauffer, Stadtschultheiß Bätzner, Badkommissar v. Bräuning und vielen anderen geladenen Gästen schloß sich dem Rundgang ein mit Beifall aufgenommener Bortrag von Medizinalrat Dr. Schofer über „Heilquellen in Deutschland und Brasilien" an. Der Vortragende, der die brasilianischen Heilbäder aus eigener Anschauung kennt, wußte die Zuhörer zu fesseln und endete seinen Vortrag mit einem Film über Wildbad und seine Schönheiten. Deu Abschluß des Tages bildete die Aufführung des Festspieles „Der Uebcrfall in Wildbad" und die Operette „Zarewitsch" in neuer Ausstattung.
Wildbad. 22. Ädai. Mit der Eröffnung der KraftpoiWme Wildbad-Froudeiiistadt am 15. Mai d. I. ist einem längst bestehenden BerkeihrZbedüiffnis Rechnung getragen Warden. Die -Linie, die unter Verwendung von bequem ansgestatteten Wagen -durch die an Niaturschöniheiten reichen Täler der Ens un!d Murg über Besenfeld—Schönegründ nach Frendenlstadt führt, bürste sich sowohl für den Reise- als für den Ansflugsverkehr vkner regen Benützung erfreuen. Die Wagen Verkehren wie -solch täglich:
9.00 13.20 17.00 19.50 Wildbad 8.00 11.30 15.00 19.00
9.45 14.05 17.45 2035 Enzklösterle 7.15 10.45 14.15 18.15
10.24 - 18.24 21.15 Beünfeid 6.35' 10.13 — 17.43
11.32 — 19.31 — Frendcnstadt — 9.00 — 16.30
Postamt
— — 3 19.35 Bahnhof — — — —
Württemberg.
Heilbron«, 23. Mai. (Das Urteil im Bantle-Schröck-Pro- zeß.) Das Urteil im Bantlc-Sckröck-Prozeß wurde von der Strafkammer nach viertägiger Verhandlung verkündet. Bantle wurde zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Elf Monate Untersuchungshaft werden bei ihm angerechnet. Gegen beide Angeklagte wurde die Ehrenrechtssträfe (3 Jahre) aufrechterhalten. In der Urteilsbegründung führte das Gericht , ans, daß der betrügerische Bankerott mit Rücksicht auf die gesunkene Gcschäftsmoral scharf gefaßt werden müsse und daß das gewissenlose Vorgehen der Angeklagten eine ernste Sühne erfordere. Die Jugend der Angeklagten wurde als Milderungsgrund erachtet, und so tam die Strafkammer zu einer geringeren Strafhöhe als die erste Instanz. Dagegen wurde der Antrag der Verteidigung, den Haftbefehl aufzuhebcn, abgelehnt. Die Angeklagten haben das Urteil angenommen.
Sigmarswangen, OA. Sulz, 23. Mai. (Bibelkundiger Wähler.) Bei der Wahl wurde ein Stimmzettel mit dem Vermerk Psalm 14, Bers 3 abgegeben. Es heißt daselbst: „Aber sie find alle abgewichen und allesamt untüchtig; da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer." Dieser Wähler scheint von den Parlamentariern keine gute Meinung zu haben.
Waldsee, 23. Mai. (Ein tapferes Mädchen.) Schon längere Zeit wurde von einem Hofbesitzer bei Roßberg die Beobachtung gemacht, daß ein Habicht fast täglich sich eine Taube vom Dache holte und damit im nahen Wald verschwand. Nun
jckönllsM8n-el
LU biüigzten k>nei;bn
/ bei - ' '
XkuLkkEOUT
süttcrte niorgens die Tochter des Hofbesitzers im Hofe die Hühner. Der Habicht schoß vor den Augen des Mädchens auf die Hühnerschar herab und war eben im Begriff, eine starke Henne in seinen Fängen haltend, abzustreichen, als das Mädchen kurz entschlossen den frechen Räuber an den Schwingen erfaßte und denselben gefangen nahm, ohne sich dabei erheblich zu verletzen. Der Habicht hat zum letztenmal geräubert, bald wird er hübsch ausgebälgt in der Bauernstube die Bewohner an sein freches Benehmen und sein Schicksal erinnern. Dem jungen Mädchen soll für sein schneidiges Verhalten ein Waidmannsheil zum Ausdruck gebracht werden.
Wurzach, 23. Mai. (Die brennende Rocktasche.) Vor einigen Tagen begegnete ein älterer hiesiger Mann einer Frau, die bemerkte, datz eine der Rocktaschen des Mannes in Brand geraten war. Rasch wurde die Joppe, deren Tasche schon stark verbrannt war, herunteraeriffen und durch Zertreten das Feuer erstickt. Ohne die Aufmerksamkeit und rasche Hilfe der Frau wäre der Mann Wohl kaum ohne Brandwunden davon- gekoinmcn. Der Mann hatte die brennende, ohne Deckel ver- schene Tabakpfeife in die Tasche gesteckt.
Baden.
SPielberg bei Ettlingen, 23. Mai. Am Montag abend war der 23jährigc Küfer Karl Mangler mit dem Verschalen der Gebäudewand beschäftigt, wobei er der Starkstromleitung zu nahe kam. Er blieb mit den Händen an der Leitung hängen, bis der Lichtmeister, der sofort benachrichtigt wurde, den Strom abstellte. Der junge Mann fiel darauf tot auf das Gerüst.
Handel» Verkehr und Volkswirtschaft.
Neuenbürg, 24. Mai. Dem heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 31 Läufer, das Paar kostetete 30—75 Mark, ein Paar Milchschweine zu 35,50 Mark. Verkauft wurden 5 Paar Läufer und die Milchschweine. Handel schleppend, wenig Käufer.
Neueste Nachrichten.
München, 24. Mai. Nach einer amtlichen Meldung wird die bayerische Staatsregierung dem Herkommen nach am Tage vor dem Zusammentritt des neugewählten Landtages zur ücktretcn.
Zwickau» 23. Mai. Der 22 jährige Weber Paul Reinhold aus dem Mulsengrund wurde gestern vom Schwurgericht wegen Totschlags und Sittlichkeitsverbrcchen in sieben Fällen zu 15 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt. Er hatte die 16 Jahre alte Kontoristin Elsa Winterstein an einem Novemberabend durch Dolchstiche getötet. Die Tat hat seiner Zeit großes Aussehen erregt, da sich Neinhöld an den Ermittlungen als Defektiv beteiligt und sich bei der Auffindung von Sachen seines Opfers als Hellseher gebärdet hatte.
Berlin, 23. Mai. Der gegen den Farmer Langkopp erlassene Haftbefehl ist von der Strafkammer des Landgerichts 2 auf Antrag des Rechtsanwaltes Dr. Frey gegen eine Sicherheitsleistung von 2000 Mark ausgehoben worden. Da die Summe sofort in bar hinterlegt wurde, ist Langkopp aus der Haft entlassen worden.
Berlin, 23. Mai. Die Stadt Berlin hat mit einem amerikanischen Bankenkonsortium unter Führung des Bankhauses Brown Brothers L Co., Newyork, eine Ausländsanleihe über 15 Millionen Dollar abgeschlossen. Die Verhandlungen wurden für das Konsortium durch die Commerz- und Privatbank geführt. Die Anleihe ist mit sechs Prozent verzinslich und in 30 Jahren zu tilgen. Sie wird je zur
Kaust
rrrcrr» be.r
r-i-c>krTtt e i^-SAu^Li-krT?.
Hülste für Schnellbahnen und Elektrizitätswerke Verwendung Hamburg, 23. Mai. Als heute abend der Schiffsmasckin'L Schönaus von seiner Arbeit heimkehrte, fand er die Wohnung-^- verschlossen. Nachdem er sich dann Eingang verschafft hatte sank seine 29 jährige Ehefrau, sowie sein 5Mriges Söhnchen erschosst,, ^
Die Ehefrau hatte die entsetzliche Lat aus verzwv:^s>zg Uber L Lungenleiden begangen. ^
Kowno, 23. Mai. Ein hiesiger Hausbesitzer, der sich ^ d» Wald begeben hatte, um zu jagen, wurde von einem Rudel angesallen. Ehe Hilfe herbcieilen konnte, hatten die Wölfe den Ino» derart zugerichtet, daß ec starb.
Kalmar, 23. Mai. Im Autonomistenprozeß wird Donnerst vormittag nur noch ein Verteidiger sprechen, sodaß das Urteil U, Donnerstag abend zu erwarten steht. ' ^
London. 23. Mai. Im englischen Unlerhause wurde Cl)amber lain interpelliert, ob er wegen der Hamburger Giftgas-Katasiroode Vorstellungen bei der deutsche» Regierung erheben werde. Der M. nister antwortete zurückhaltend.
Athen, 23. Mai. Wie verlautet, wird nach dem gestern folgten Rücktritt des Kabinetts Venizelos, der heute abend ej°» Zusammenkunft mit dem Staatspräsidenten Konduriotis wird, diesem die Bildung eines republikanischen Konzentraijons- kabinetts mit dem Kammerpräsidenten Sofulis an der Spitze pschlen. Venizelos soll auch gleichzeitige Wahlen zur Erneuerum von Kammer und Senat vorschlagen. ^
St. Johns, 23. Mai. Die Direktion der neusundländilche» Staatsbahnen teilt mit, daß sie vom Norddeutschen Lloyd uni ßu^. stützung beim Abtransport der „Bremen" von Greenly Island «sM wurde. Der Kapitän des morgen nach den Häfen von Belle, Ich Strait abfahrenden Dampfers „Sagona" wurde angewiesen, bk „Bremen", wenn möglich, an Bord zu nehmen und nach Buy «j Islands zu schaffen, von wo sie nach Newyork weiterbefördert werden kann.
Bluefields (Westvirgtnia), 23. Mai. In einem Bergwerk in der Nähe des Ortes Jäger ereignete sich eine Explosion. !3 Tote ßg» bereits geborgen worden. Wie erklärt wird, befinden sich noch »Kr Vermißte im Bergwerk.,'
Newyork, 23. Mai. Laut „Associated Preß" stellt der Lh« der chemischen Abteilung des Kriegsdepartements in Abrede, daß Teile des Hamburger Giftgases nach Amerika eingcschifft werden sollte« um hier für Heereszwecke verwendet zu werden.
Washington, 23. Mai. Der vom Senat eingebrachtc Gesetzentwurf, der die Verleihung der Fliegerehrenmedaille an Chamberlin und Leoine für die Durchführung des Fluges nach Berlin im vorigen Jahre oorsieht, ist mit einem befürworteten Bericht dem Repräsentantenhauses zugeleitet worden.
Buenos Aires, 23. Mai. Im italienischen Konsulat explodierte heute eine Bombe, durch die 10 Personen getötet unt 25 verletzt wurden. Eine zweite Bombe explodierte heute in der italienischen Bank. Die Zahl der Toten im italienisch« Konsulat ist inzwischen auf 12 gestiegen.
Um die Regierungsmacht.
Stuttgart, 23. Mai. Im sozialdemokratischen Pressedienst schreibt der Abg. Heymann u. a.: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Führung der parlamentarischen Geschäfte in die Hände der Sozialdemokratie als der nunmehr stärksten Fraktion gelegt werden wird. Der Wahlausgang hat der Sozialdemokratie Württembergs das verdiente Vertrauensvota erteilt. Damit ist in ihre Hände jetzt auch ein großes Maß von Verantwortlichkeit für die zukünftige Führung der politischen Geschäfte des Landes gelegt worden. Die demokratische Tradition ist in diesem stets freiheitlich und sozial gesinnten Volk wieder lebendig geworden, und die Wähler haben der Sozialdemokratie die Möglichkeit bereitet, die Entwicklung bei Landes und damit auch sein Verhältnis zum Reich maßgebend zu beeinflussen. In der Sozialdemokratie ist man sich bewO, baß diesen Erwartungen der Wähler entsprochen werden muß, daß sie nicht enttäuscht werden dürfen, und unter diesen <ie-
.' - - über ihre Haltung
en."
sichtspunkten wird sie auch die Entscheidung bei der Bildung der neuen Regierung treffe
Schweres Flugzeug-Unglück bei Köln.
Köln, 23. Mai. Heute mittag ereignete sich in Köln in der Nähe des Flugplatzes ein schweres Flugzeugunglück. Ei« Flugzeug der französischen Luftverkehrsgesellschaft, das zu» Weiterflug Köln—Berlin gestartet war, mußte kurz nach de« Start rn der Nähe des Kölner Flughafens wieder notlande». Hierbei fing das Flugzeug Feuer und wurde vollständig zerstört. Die drei Insassen kamen ums Leben. Zu dem Flugzeugunglück erfährt man noch folgende Einzelheiten: Das verunglückte Farman-Goliath-Großflugzeug, das heute morge» planmäßig 9.35 Uhr Paris verlassen hatte und auf dem Flugplatz Köln 12.35 Uhr planmäßig eingetroffen war, war u« 13.05 Uhr zum Weiterflug nach Berlin gestartet. Vom Flughafen aus bemerkte man, daß das Flugzeug 3 Kilometer vo» Flugplatz entfernt steil herunterging. Beim Aufschlagen auf
„tzausmeisterstolz" erübrigt spähnen, wachsen, bohnern, Tein Ankauf tut sich wirklich lohnen,
Er macht die Böden ganz allein,
Am Putztag: Freud und Sonnenschein.
Mag auch Sie Liede Wemen ...
Roman von Fr. Lehne.
54. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Mein Kind, wo ist mein Kind?" schrie sie.
Man wies ihr den Weg, scheu vor ihr zurückwei- Hend. Der große Hut auf ihrem Kopfe schwankte, saß ichisr — mit einem heftigen Ruck ritz sie ihn von ihren Haaren und warf ihn zu Boden.
Vor Theklas letztem Ruhckager brach sie zusammen — aber die Besinnung verlor sie nicht. In fieberhafter Hast betastete sie den Körpex, schüttelte ihn; rief kosende Wort: — doch keine Antwort kam — —
Ern Schrei, der nichts Menschliches mehr an sich hatte, rang sich aus ihrer Brust. Auf den Knien liegend, wandte sie sich um und sah Rüdiger, der ihr gefolgt war. mit unheimlich drohenden Augen an.
„Wie konnte das geschehen?!"
Er gab ihr Bescheid: sie hatte den Sinn seiner Worte nicht klar erfaßt.
„Wo wäret denn ihr?" keuchte sie, „hat denn niemand acht gegeben, daß mein Kind, mein schönes, unglückliches Kind einen so elenden Tod finden mußte! Warum antwortest du denn nicht? — O, ihr alle, ihr alle tragt die Schuld daran!" schrie sie gellend auf.
Scheu drückt: sich die Dienerschaft vor der offenen Tür hemm.
„Klage nichr an. Lella," sagte Rüdiger, „beschwere niemand mit einem solchen Vorwurf! Es ist ein unglücklicher Zufall, Theklas eigene Unvorsichtigkeit —"
„Ah. du hast sie nie gemocht! Und nun beschuldigst du mein armes Kind, das sich nicht mehr verteidigen kann! — Wo warst denn du, Rüdiger? Und der Vater —? Euch mache ich verantwortlich."
Er rechtete nicht mit ihren Worten: sie war ja eine in ihren tiefsten Tiefen erschütterte Frau, die nie im Leben etwas Trübes erfahren hatte, und nun doppelt .leiden mutzte.
Erschütternd beugte er sich zu ihr nieder und wollte sie emporheben: doch sie stieß ihn von sich.
Da trat Ottokar zu ihr hin, schwankenden Schrittes, um Jahre gealtert sah er aus.
„Lella." in halbersticktem Stöhn?,; rang sich ihr Name von seinen Lippen.
Sissi weinte bitterlich und hinkte auf sie zu.
„Mama, liebe Mama! Die arme Titi —"
Doch dis Gräfin rief außer sich:
„Ja. dis arme Titi — sie mußte gehen! Warum nicht du —?"
Da wurde das Kind totenblaß und starrte die Mutter mit einem so herzzerreißenden Blick an, daß es Rüdiger in die Seele schnitt: ihr Weinen verstummte, und mit einer verzweifelten Gebärde warf sie sich d;m Vater leise wimmernd in die Arme.
In Rüdiger quoll ein heißer Zorn auf. Das hätte Lella auch in ihrem größten Schmerze nie sagen dürfen! Nie konnte sie verantworten, was sie mit diesen Worten in ihres Kindes Seele vernichtet hatte. War sie denn ganz von Sinnen?
Da richtete sich Lella auf. Ein plötzliches Erinnern kam ihr.
„Wo ist die Berger?"
„Sie ist noch leidend, Lella! Du kannst sie jetzt nicht fragen! Ich habe dir ja bereits alles mitgeteitt! Willst du nicht erst nach Ossi sehen? Der Arzt ist bei ihm!" sagte Rüdiger.
„Die Berger soll kommen!" beharrte sie eigensinnig, „sie soll kommen! Von ihr selbst will ich hören, wie sich alles zugetragen hat."
Blaß und zitternd, mit Tränen in den Augen, stand Lore dann vor ihr.
„Ich habe Thekla nicht mehr retten könne«!" flüsterte sie, „es ging über meine Kraft —"
Gräfin Lella stürzte auf sie zu, faßte sie fest an den Oberarmen und schüttelte sie.
„Gib mir mein Kind wieder!" schrie sie, „von dir fordere ich es — du bist verantwortlich gewesen — d« trügst die Schuld —"
Wimmernd sank das junge Mädchen in die Knie.
„Ich habe keine Schuld."
„Ihnen waren die Kinder anverkraut. In sträflichen, Leichtsinn haben Sie Ihre Pflicht vergessen."
Schmerzlich schrie Lore da auf und legte die Hm» vor das Gesicht.
Der Griff der Frau tat ihr so weh: mit eiserner Gewalt und einer Kraft, die man ihnen nicht zugeiraut, hatten sich Lellas zarte Fingerchen in ihren Arm gekrallt. Gellend schrie ihr die Gräfin eine Flut von Anklagen ins Gesicht.
Da riß Rüdiger das wehrlose Mädchen in seine schützenden Arme.
„Schweige, Lella, mit deinen ungerechten Darwürfen!" zümte er, „auf den Knien müßtest du Fräulein Berger danken, daß sie dir wenigstens eins deiner Kinder gerettet hat! — Ich selbst bin Zeug« gewesen, wie du ihr streng befohlen hast, im Zimmer zu bleiben und Sissi zu beaufsichtigen! — Und wäre sie diesem Gebot nicht doch infolge einer inneren Unruhe ungehorsam geworden, so hättest du auch noch den Tod deines Sohnes zu beklagen gehabt und hättest niemand verantwortlich machen können! Mit Nichtachtung ihres eigene« Lebens hat Fräulein Berger dir Ossi gerettet — und das ist dein Dank!"
Fest und stark hielt er Lore im Arm. um sie vor dem Angriff der andern zu schützen. Er fühlte ihr armes, geängstigtes Herz ungestüm an dem seinen klopfen und beruhigend drückte er sie an sich. Doch Lella achtete seiner Worte nicht: sie schrie und erging sich in sinnlosen Anklagen.
„O, daß ich einen Vater hätte, der mich vor diesen ungerechten Vorwürfen schützte!" jammerte Lore. Sie war dein Umsinken nahe.
(Fortsetzung folgt.)