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Oberfeuerschauers und als Obmann der Gebäude« schätzungSkommisfion bei, außerdem wird derstlbe seine Privatgeschäfte in Bausachen fortsetzen, wodurch die hervorragend tüchtigen Kenntnisse des langjährigen hochverdienten Beamten dem Oberamtsbezirk erhalten bleiben. — Zum Kaminfeger für den I. Bezirk wurde Kaminfeger Karl Eberhardt hier gewählt.
X Simmozheim, 21. Dez. Bei der heute stattgefundenen Gemeinderatswahl haben von 174 wahlberechtigten Bürgern 132 abgestimmt. Gewählt wurden Georg Fuchs, Wagner mit 114, JohS. Ganser, Schreiner mit 95 und Jakob Trost, Gipser mit 90 Stimmen.
Stuttgart, 18. Dez. (Hopfenmarkt im städt. Lagerhaus.) Es wurde» heute 18 Bll. verkauft und von 20—55 bezahlt. Vorrat 134 Bll.
Stuttgart, 21. Dez Am Sonntag, den 14. Januar, findet in den Sälen des Stadtgartens Stuttgart die Landesversammlung der Deutschen Partei statt. Reichstagsabg. Prof. vr. H i eb er wird über Reichspolttik, Landtagsabgeordn. Stadtschultheiß Röder über die Landespolitik sprechen. Außerdem ist ein Referat von I)r. Karl Elben über die Eisenbahngemeinschaftsfrage in Aussicht genommen.
Beihingen, OA. Ludwigsbnrg. Seit 9. Dez. ist eine Drahtseilbahn im Betriebe zwischen der hiesige» Station und einem 25 Rin. unterhalb am Neckarufer halbwegs hier und Großingersheim gelegenen Platze. Es ist dies ein Unternehmen dsS K. Nanz jnn. in Stuttgart. Derselbe hat auf der Markung Pleidelsheim, also auf dem jenseitigen Neckarufer, ein Areal von 25 Morgen, das mit Jahrhunderte alten Flußablagerungen von Kies und Saud vorzüglicher Qualität bedeckt ist, erworben und darauf ein Dampfmaschineuhaus nebst Wärter- hauS errichtet. Vorläufig schöpft ein, von der Firma Anderson in Neckarsulm bezogener, im Neckar liegender Naßbagger mit einer stündlichen Leistung von 250 odm aus dem Neckarbett das Material, das sodann mit einer Drahtseilbahn 2,15 Lm weit auf die ca. 60 w höher gelegene Station befördert wird. Es wird dabei der Neckar, das breite Ncckartal, sodann der niedere Höhenzug zwischen dem llttckartal und dem Tals des Gründelbachs, eines Abflusses des Monrepossees, weiter dieses letztere Tal und schließlich zweimal die in dieses Tal einmündende Klingeschlucht auf 20 Etseuträgern in einer Höhe von 12—15 m überschritten. Beim Betrieb kommen 35 sogen. „Hunde" in Verwendung; alle 40 Sekunden kommt auf der Station ein „Hund" zur Entladung in die Füllrumpfe und von dort hinab in die auf eigens hiezu neugebautem Bahngleise bcreitstehenden Eisenbahnwagen, deren Ladung von Sand bezw. Kies zum Verkauf und Bahnversand gelangen soll. Die letzte Strecke der Drahtseilbahn, auf welcher die Zufahrtsstraße zur Station, der anstoßende Holz
lagerplatz und drei Bahngleise überschritten werden mußten, wurde zum Schutz dcS darunter passierenden Publikums und der Bahnzüge gegen allenfalls herabfallendes Geröll mit einem Holzmantcl umgeben. Für das zwanzigjährige Recht der Ueberschreitung des Grund und Bodens in der Luft wurde pro w 2 für das der Anbringung der auf Zementsockel stehenden eisernen Träger je nachdem 75—120 einmalige Entschädigung den betr. Grundbesitzern vergütet. Der Gesamtaufwand auf dies Unternehmen wird 135 000 betragen. Der bauleitende Techniker, Hr. Schultheis aus Frankfurt a. M., hat hier zur ferneren Ueberwachnng und Leitung des Ganzen seinen Wohnsitz mit Familie aufgeschlageu.
Besigheim, 21. Dez. Bei der vorgestern von der Hrilbronner Jagdgesellschaft (Pächter: Metzgermeister Ehr. Rank) auf Markung Neckarwestheim veranstalteten Treibjagd wurden 180 Hasen geschossen. Das übliche gemeinsame Essen der Jagdteilnehmer fand abends im Gasthvf z. „Ochsen" in Neckarwestheim statt.
Reutlingen, 21. Dez. Die bürgerlichen Kollegien lehnten ein Gesuch der Metzgergenossenschaft um Aufhebung der Fleischsteuer ab. Der Stadtvorstand betonte, daß mau in Stuttgart mit dieser Maßnahme keine guten Erfahrungen gemacht habe, denn die Fleischprcise seien di-selben hohen geblieben. Im übrigen werde auch jetzt aus den großen S-ädten ein Sinken der Fleischpreiss gemeldet. Ueberhaupt bezetchncte es 'Oberbürgermeister Hepp als einen großen Nachteil, daß vom Jahr« 1910 an die örtlichen Lebensmittelaügaben aufgehoben werden müßten.
Göppingen, 19. Dez. Am Sonntag Abend gegen 7^ Uhr wurde auf dem hiesigen Bahnhof ein Posthandwagen von einer Rangierlokomotive, von der ein Güterwagen geschoben wurde, erfaßt und stark beschädigt. Durch den Anprall wurden mehrere Pakete hsrausgeschleudert, überfahren und beschädigt. Der Postbeamte, der dis Lokomotive wegen des vorgenannte» Güterwagens erst bemerkte, als sie noch einige Meter von ihm entfernt war, konnte sich noch durch einen Settensprunz in Sicherheit bringen.
Gieugen, Ä. Dez. Durch einen Polizei- diener wurde gestern nacht im „Schlüssel" ein raffinierter Stromer, welcher eine Viertelstunde zuvor die Frau Jooß zum „Ochsen" mit Erschllßsn bedroht hatte, festgenommen. Der Festnahme setzte er energischen Widerstand entgegen, doch konnte er schließlich gefesselt werden. Ec ist ein Schuhmacher aus LudwigsSurg und hat schon, obwohl erst 31 Jahre alt, zehn Jahre Zuchthaus hinter sich.
Ulm, 19. Dez. Die Handelskammer Ulm befaßte sich in ihrer heutigen Sitzung mit der Reichsfiaarizreform. In einer lebhaften Debatte wurde gegen die geplante Frachturkundeu-, Quittungs- und Fahlkartensteuer eine entschieden ablehnende
Haltung eingenommen, während gegen die Brausteuer nichts eingewcndet wurde. Einer mäßigen Erhöhung der Tabaksteuer wurde das Wort geredet, ebenso einer Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf die Kinder. Vermißt wird eine Spiritus- und Wehr- steuer. Nicht ohne Interesse ist, daß eine Umfrage eine Firma zu der Angabe veranlaßt«, daß sie von der Frachturkandensteuer allein mit einem Betrage von 27 000 getroffen würde. Die Kammer wird ihre Stellungnahme in eine Resolution fassen und diese an die Zentralstelle und den Reichstag gelangen lassen. — Zur Frage der Betriebsmittel- gemeinschaft gab die Kammer ihre Zustimmung zu nachstehender Resolution: Die Handelskammer hat den Vorschlag der Betriebsmittelgemeinschaft, der für Handel und Industrie große finanzielle und Verkchrsvorteile gebracht hätte, freudig begrüßt. Sie bedauert die von Bayern verschuldete Störung der Verhandlungen hierüber, durch welche die Frage eines engeren Zusammenschlusses der deutschen Bahnen wieder in das Stadium langwieriger Verhandlungen zurückgeworfen wurde. Sie hofft, daß sich die württemb. Regierung mit der von Bayern beantragten Güterwagengemetnschaft nicht zufrieden gibt, sondern alles daran setzt, die beinahe vollendete BctriebSmittelgemeinschaft evmt. ohne Bayern mit den übrigen deutschen Bahnverwaltungen allein möglichst rasch zum Abschluß zu bringen. Besprochen wurde ferner die Frage der Festlegung des Osterfestes auf einen bestimmten Tag im Jahr. Allgemein anerkannt wurden dis Vorteile einer solchen Maßnahme für Industrie, Handel und das öffentliche Lcben, aber ebenso ungeteilt waren die Anfichten über die Schwierigkeiten, die der Einführung einer solchen Neuerung besonders von kirchlicher Seite entgrgengestellt würden. Man erwartet deshalb von einer Erörterung keine praktischen Erfolge, möchte aber dadurch doch Anlaß geben, daß fich weitere Kreise mit der Frage beschäftigen. — Zur Projektierung eines Kanals vom Neckar zur Donau bewilligte die Kammer einen Zuschuß von 300
Ulm, 21. Dez. Auf der Anklagebank hatten gestern der Saudgrubenbefitzer und Landwirt Karl Schall von Altenstadt OA. Geislingen, seine Frau und seine Mutter Platz genommen, um sich wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten. Die Frau des Schall hatte am 31. Mai d. I. ein Kind geboren, das am 24. Juli an Unterernährung starb. Es wog mit 2 Monaten nur 2900 gr und wies bei der Sektion leeren Magen und Darm, sowie blutleeres Gehirn, Herz- und blutleere Luuge auf. Es wurde erwiesen, daß die angeschuldigte Frau, die so beschränkt ist, daß sie weder lesen noch schreiben kann und nicht einmal ihr Alter anzugeben vermag, ihr Kind nur 3mal des Tags mit Mehlbrei ernährt hat, was nach Anficht der Aerzte völlig ungenügend ist. Erhoben wurde auch, daß der Maun das Kind nicht mochte, weil es angeblich einen andern Vater hatte und deshalb die Fron
Das gnädige Fräulein.
Roman von W. v. Reiten.
(Fortsetzung.)
Was wird jetzt geschehen? wird er Viola wohl Vorwürfe machen, zu denen er, wie sie fich selber eingestauden, alles Recht hat? Er kam ruhig auf sie zu und ergriff ihre herabhängende Rechte, hielt sie einen Augenblick in der seinen und sagte, als sei nichts vorgefollen: „Guten Tagt" Da sie ihm nicht antwortete, wandte er fich wieder an Tante Lea.
„Sie g-statten doch, daß ich Platz nehme, ich möchte Sie so kurz wie möglich belästigen. Ich bin zu der Einsicht gekommen, daß daS Leben, wie wir eS da« l tzie Jahr hindurch geführt, undurchführbar ist. Hier plötzlich als Mann und Frau auszutreten ist unmöglich, daher verloste ich heute Norderney und bitte nur, mich zu benachrichtigen, wann Sie noch F-Isrmck zurückkehrrn, weil ich mich dann ebenfalls dort rinfindrn werde."
„Wir haben beschlossen, in vier, höchstens fünf Tagen von hier abzureisen, und dann kehren wir direkt nach Felseneck zurück."
Viola antwortete, obwohl seine Worte nicht an si; gerichtet waren, Ihre Stimme klang schüchtern und leise.
Nordheim erhob sich rasch.
„Da brauche ich nicht mehr zu stören. Im Laufe der nächsten Woche werde ich von mir hören lasten, bi» dahin auf Wiedersehen!" Diesmal versuchte er nicht mehr ihre Hand zu ergreifen, er verbeugte sich bloß und wollte gehen. Da trat sie an ihn heran.
„Hugo, Du meinst mit Recht zürnen zu dürfe», laß mich erklären." Di« dunklen Augen mit der stet» wechselnden Farbe sahen bittend zu ihm auf.
Er wandt« fich ab.
»Ich glaube nicht ein Wort de» Vorwürfe» ausgesprochen zu haben. Du sagtest mir gestern, e» sei meine Schuld gewesen, weshalb Dich also entschuldigen?"
Sie richtete fich rasch empor.
„Ich entschuldige mich nicht," sagte sie kalt, da ich mir keiner Schuld bewußt bin."
„Eben, wesholb unnötige Wort« darum verlieren!" Er verbeugte sich noch einmal und ging.
Viola sah chm nach; dann preßte sie die Lippen zornig aufeinander. Ihr erster Versuch war kläglich mißlungen. Wenn er nicht wollte — ein zwecke« Mal würde sie nicht den ersten Schritt Lun. Und doch schlich sich ei» wehes Gefühl in ihr Herz. Sie hatte ihn unlängst mit seiner Mutter gesehen; unbemerkt war sie Beiden gefolgt. Welch« Zärtlichkeit und Liebe hatte da aus seinen Augen aeleuchtet, wie verklärt war dadurch sein Gesicht!
Nordheim schritt langsam seiner eigenen Wohnung zu, tief in Gedanken. Vorhin, als V olr um Gehör gebeten, hatte er blitzähnlich aufgeleuchtet in seinen dunklen Augen, jetzt lagen dunkle Falten auf seiner Stirn. Weshalb hatte ihn Linden gewarnt; woher hatte er um dis Anwesenheit seiner Gattin gewußt? ES lag soviel Wahrheit in Violas zorniger Verteidigung und Tante LeaS Bericht stimmte mit dem ihren überein, und dennoch, wie gerne er ihr geglaubt hätte, immer glaubte er Linden« Worte zu vernehme». Und Naziedda der Gast seiner Mutter, wir hatte sie dies« Gastfreundschaft gelohnt? Em bittere« Lächeln umspielte seine Lippen. Sein erster Impuls, dir Mutter zu warnen, war doch der richtige gew srn. Zwar ihren Einfluß auf Fernande hätte er nicht zu fürchten gebraucht; von ganz anderer Seite, harte fi« Pläne und Ränke geschmiedet. Ehe er da« Hau» erreichte, kam ihm diejenige, die jetzt eben am meisten seine Gedanken beschäftigte, Naziedda, entgegen. Sie war allein; al« sie seiner ansichtig wurde, kam sie auf ihn zu.
„Ich muß eine Erklärung haben und Sie find der einzig« Mensch, der mir helfen kann. Hören Eie! Heute Morgen erhielt ich einen Buff, der mich in da« größte Staunen versetzte. Mein Bruder Botho, den ich überall ander« al« hier vermutet hätte, schrieb mir." Sie hielt irme und soh ihn forschend an. „Herr v. Nordheim, ich sehe, Sie wissen darum, warum verheimlichen Sie e« un«? Mein Bruder hat heute Morgen Norde, wy verlosten, die Worte in seinem Briefe lauten:
„Ich habe hier di« glücklichste Zeit meine« Leben» verbracht. Mein schöner Traum ist znfiört, jede Hoffnung, die ich gehegt, zertrümmert. Wenn ich Dich nicht ausgesucht, so vergieb die» Deinem unglücklichen Bruder. Nordheim wird Dir jede weiter« Aufklärung geben, di, Du wünschest."