beiden Schriftstücke wird erst nach erfolgter Ueberreichung in London, Rom und Tokio stattfinden.

Berlin, 20 . April. Der Privatdiskont wurde für kurze Sicht um 1/4 Prozent auf 6 °/« und für lange Sicht um Vs Prozent auf O'/s erhöht.

Berlin, 20. April. Am 9. Mai feiert der Verband deutscher Waren- und Kaufhäuser sein 25jähriges Bestehen durch ein Bankett imKaiserhof". Wie eine Korrespondenz meldet, haben Vertreter der Reichsregierung und der preußischen Regierung ihr Erscheinen zu­gesagt. Oberbürgermeister Büß dagegen habe dem Verband Mit­teilen lassen, daß es ihm nicht möglich sei, denKaiserhos" zu betreten. Diese Stellungnahme des Oberbürgermeisters habe umso überraschen­der gewirkt, als die Direktion des genannten Hotels verpflichtet wor­den sei, anläßlich des Banketts die Reichsfahne zu hissen. Es seien Bemühungen im Gange, den Oberbürgermeister zu bestimmen, seinen Entschluß, nicht zu kommen, aufzugeben.

Kirchhain, Kreis Luckau, 20 . April. Heute vormittag erschlug in dem Dorf Prießen bei Kirchhain nach vorausgegangenem Streit der 45 Jahre alte Berginvalide Schulze seine Wirtin, die 66 jährige Frau Seifert, mit seinen Krücken. Dann ging der Mörder in die Scheune des Landwirts Köpke, zündete sie an und schnitt sich die Kehle durch. Die Flammen wurden so rechtzeitig bemerkt, daß fast die ganze Scheune gerettet werden konnte. Man nimmt an, daß Schulze, der ein notorischer Trinker mar, die Tat beging, weil seine Wirtin ihm Geld für Schnaps verweigert halte. Schulze, der aus Leipzig stammte, hatte bei einem Unglllckssall in einem Bergwerk Gliederbrüche und Rllckgratverletzungen erlitten, sodaß er sich nur auf Krücken sortbewegen konnte.

Warschau, 20. April. Die hiesigen Militärbehörden entdeckten in dem Ostkreise von Neswish große Spionageorganisationen, die zu Gunsten Sowjetrußlands arbeiteten. Zwei Hauptschuldige wurden verhaftet. Bei den Verhafteten wurde umfangreiches belastendes Ma­terial und Aufzeichnungen über die Verteilung der polnischen Grenz­schutztruppen voraefunden.

Wien, 20. April. Im Ottakring hat sich heute eine Familien- tragödic abgespielt. Der arbeitslose Schuhmachergehilse Franz Funda hat heute seinem 2jährigen Knabe» und seiner 1 jährigen Tochter die Hälse durchschnitten und sich dann selbst eine schwere Halswunde bei­gebracht, sodoß er mit dem Tode ringt. Vorher hatte Funda die Gashähne aufgedreht. Die Ehefrau Fundus, die beim Nnchhause- kommen von der Arbeit von ihrem dritten Kinde auf den Gasgeruch aufmerksam gemacht worden war, fand bei ihrem Eintritt die Leichen der beiden Kinder und ihren schwerverletzten Mann vor.

Rom, 20. April. Wie die Blätter berichten, stürzte In der Nähe von Pola das Militärflugzeug 8 59 ab. Der Apparat verbrannte und die drei Insassen kamen ums Leben.

Paris, 20 . April. Der gestern in Valenciennes nach einer Wahl­versammlung verhaftete kommunistische Abgeordnete Doriot ist in das Sante-Gesängnis nach Paris übergefuhrt worden. Sein Fraktions­genosse Duclo, der gestern in einem Pariser Vorort öffentlich sprach, sollte beim Verlassen des Versammlungsgebäudes ebenfalls festge­nommen werden. Wie ein Mittagsblatt berichtet, wurde von seinen Anhängern in dem Augenblick, in dem ein starkes Polizeiaufgebot das Gebäude umzingelte, die Lichtleitung durchschnitten, sodaß Duclo unter dem Schutze der Dunkelheit entkommen konnte.

New-Pork, 20. April, tzauptmann Köhl soll nach unverbürgten kanadischen Meldungen die Absicht geäußert haben, von New-Pork nach Europa zurückzuflicgen. ^

Newyork, 20. April. Hauptinann Köhl teilte einem Vertreter der Canadiän-Preß mit, daß es sechs bis sieben Tage dauern werde, ehe dieBremen" nach Empfang der Ersatzteile wieder startbereit sei. Das Flugzeug, in dem der Berichterstatter von Greenly Island zu- rückkehrte, brachte die ersten kinomatographischen Ausnahmen von derBremen" mit. Wie aus Greenly Island gemeldet wird, helfen etwa 30 Mann den Fliegern bei der Wiederinstandsetzung derBre­men". Gegenwärtig find die Arbeiten aber unterbrochen, bis die er­forderlichen Ersatzteile herangeschafst sind. Köhl erklärte in Greenly Island in einem Interview, daß die Maßnahme zum Schutze gegen Schnee- und Eishagel die Tragflächen des Flugzeuges mit Paraffin zu bestreichen, habe sich während des Fluges als sehr erfolgreich erwiesen.

Quebec, 20. Aprll. Die kanadische Regierung hat Fitzmaurice Köhl und Hünefeld milgcteilt, sie bitte die Flieger, sich als Gäste der kanadischen Regierung zu betrachten. Die Regierung hat außerdem jede mögliche Hilfe angeboten.

Der erste Nachtragsetat im Finanzausschuß.

Stuttgart, 20. April. In seiner heute nachmittag gehal­tenen Sitzung begann der Finanzausschuß des Landtags mit der Beratung des ersten Slachtrags zum Entwurf des Staats­haushaltplans für 1928. Der Entwurf enthält in der Haupt­sache die durch die neue Besoldungsordnung notwendig gewor­denen Aenderungen der persönlichen Ausgaben. Kap. 1 (Land­tag) wurde unverändert genehmigt. Bei Kap. 2 (Staatsmini­sterium), fragten kommunistische und sozialdemokratische Red­ner nach der Stellungnahme der württ. Regierung zu dem Verbot des Roten Frontkämpferbundes. Staatspräsident Dr. Bazille erwiderte, daß zweifellos die gesetzlichen Voraussetzun­gen für das Verbot vorliegen und daß ein Einspruch nach seiner und des Innenministers Auffassung nicht geboten sei. Auf eine Anfrage von sozialdemokratischer Seite über die Beziehungen des Staatspräsidenten zu gewissen rechtsradikalen Verbänden antwortete Staatspräsident Dr. Bazille, daß ihm nichts ferner

liege, als einen gewaltsamen Umsturz zu begünstigen; daran hindere ihn seine Besorgnis um die Erhaltung des europäischen Friedens. Ein Zentrumsredner stellte fest, daß durch die Ein­stellung der Rechtsregierung eine Festigung der jetzigen Staats­form in Württemberg eingetreten sei. Bei der Abstimmung wurde Kap. 2 genehmigt. Ein Antrag der Regierungsparteien, eine Oberregierungsratsstelle in eine Ministerialratsstelle um­zuwandeln, wurde mit 11 gegen 3 Stimmen (Soz. und Komm.) angenommen; die Hebung dieser Stelle ist jedoch künftig wieder rückgängig zu machen. Ein Antrag Brönnle (Komm.) auf grundsätzliche Abschaffung der Ministerialzulagen wurde ab- gstöhnt. Bei den Kapiteln 5, 6 und 7, Justizverwaltung, be­antragten die Regierungsparteien die Umwandlung einer Oberregierungsratsstelle in eine Ministerialratsstelle, ferner die Hebung von 6 Obersekrctären zu Rechnungsräten der Gr. 6. Justizminister Dr. Beyerle befürwortete den Antrag aufs wärmste und bedauerte, daß mit Rücksicht auf die Finanzlage weitere Stellenhebungen für den Haushaltplan 1929 bzw. für einen Nachtragsplan zurückgestellt werden müssen. Der er­wähnte Antrag wurde hieraus ohne besondere Abstimmung an­genommen. Bei Beratung der Kap. 13 bis 28 (Jnnenverwal- tung), erklärte Minister Bolz, daß die Gesetzwidrigkeit des Roten Frontkämpferbundes feststehe. Nachdem aber verschiedene Länder Einspruch gegen das Verbot erhoben haben, sei es zweckmäßig, die Durchführung zurückzustellen, bis der Staats- gerichtshvs über die Zulässigkeit des Verbots entschieden habe. Des weiteren befürwortet der Innenminister die von den Re­gierungsparteien beantragte Hebung von 11 Stellen des höhe­ren, mittleren und unteren Dienstes, die auch ohne besondere Abstimmung genehmigt wurde. Im übrigen wurde die Vor­lage angenommen.

Die Kandidaten dar Volksrechtpartei.

Stuttgart, 19. April. Die Bolksrecht-Partci hat nunmehr ihre Kandidatenliste ausgegeben. Auf der Landesliste für die Lan-dtagswahl stehen: Prof. Bauser, Nagold, Rechtsanwalt Hagel, Stuttgart, Kaufmann Otto Hornung, Stuttgart, Ober­regierungsrat Krauß, Stuttgart, Landwirt Schiele, Wurzach. Auf dem .Landtagswahlvorschlag für Groß-Stuttgart stehen vor­an: Prof. Bauser, Prof Haug, Privatier E. Hummel, Mini­sterialrat Spindler, Spitzenkandidaten in den Wahlbezirken sind: Prof. Bauser, Ministerialrat Spindler, Oberreg.Rat Krauß, Rechtsanwalt Hagel, Oberlehrer Leins, Mühlebesitzer Fackler usw. Auf dem württ. Kreiswahlvorschlag für den Reichstag stehen: Prof. Bauser, Ministerialrat Spindler, Mühlebesitzer Fackler, Priv. E. Hummel. Die 5 ersten Stellen des Neichswahlvorschlags sind mit folgenden Herren besetzt: Oberlandesgerichtspräsident Dr. Best, M. d. R., Graf Posa- dowsky, Prof. Bauser, Landeserziehungsrat a. D. Seiffert, M. d. R., Rechtsanwalt Dr. Roß, Dortmund, M. d. R.

Religionsbergehen.

Stuttgart, DO. April. Die bei derSüddeutschen Arbeiter­zeitung" in Stuttgart tätigen Redakteure und Schriftleiter Ja­nus, Lämmle und Hammer hatten sich vor dem Schwurgericht Stuttgart wegen Religionsvergchen zu verantworten, da sie in einigen Nummern derSüddeutschen Arbeiterzeitung" die Kirche als Verdummungsinstitut bezeichnet hatten. Die An­geklagten hatten mit Hilfe des früheren katholischen Geistlichen und jetzigen Rechtsanwalts Wieland von Ulm versucht, für ihre Behauptung den Wahrheitsbeweis anzutreten. Aber trotz der beinahe an eine politische Rede streifenden Plädoyers nahm das Gericht einen anderen Standpunkt und zwar den der ständigen Rechtssprechung des Reichsgerichts ein und verurteilte Lämmle zu der Geldstrafe von 250 Mark, Janus und Hammer zu je 200 Mark Geldstrafe.

Wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt.

Leipzig, 20. April. Vor dem 4. Strafsenat des Reichsgerichts hatten sich Rute der Schriftsteller Albert Gerhard und der Druckereibesitzer Eugen Gräbner, beide aus Berlin, wegen Vorbereitung zum Hochverrat und Vergehen gegen das Repu­blikschutzgesetz zu verantworten. Der Angeklagte Gerhard wurde beschuldigt, eine Anzahl illegaler Zeitschriften verfaßt zu haben, die zur Verhetzung der Reichswehr dienten. Der Angeklagte Gräbner soll diese Drucksachen in seiner Druckerei hergestellt haben. Das Gericht verurteilte Gerhard wegen Vergehens gegen K 7 Absatz 4 des Republikschutzgesetzes und wegen Vor­bereitung zum Hochverrat zu einem Jahr 4 Monaten Festungs­haft und 150 Mark Geldstrafe, Gräbner wegen Vergehens nach tz 6 und 19 des Pressegesetzes zu 100 Mark Geldstrafe.

Vertagung der Staatsderemfachung in Bayern.

München, 20. April. Im Verfassungsausschuß des baye­rischen Landtags wurde in der heutigen letzten Sitzung die Frage, ob der Gesetzentwurf über die Staatsvereinfachung noch vor dem Schluß des jetzigen Landtags beraten werden kann, mit den Stimmen der Bayerischen Volkspartei, der Deutsch- nationalen, des Bauernbundes, der Nationalsozialisten und eines Mitglieds der Freien Vereinigung gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Kommunisten, des Völkischen Blocks und eines Mitglieds der Demokraten verneint.

Das neue Waffengesetz.

Berlin, 20. April.

Gesetzblatt wird heut« dai

neue Gesetz über Schußwaffen und Munition veröffenmA Es tritt am 1. Oktober 1928 in Kraft. Bis zum 1. April E verlieren sämtliche alten Waffenscheine ihre Gültigkeit Gesetz enthält einige schon seit langer Zeit geforderte Vist schränkungen, die den Mißbrauch von Waffen verhindern solle» Jeder, der gewerbsmäßig Waffen oder Munition herstellt Ke arbeitet oder instandsetzt, muß eine Genehmigung haben nehmigspflichtig ist aber nicht nur die Herstellung, sondern am der Handel mit Schußwaffen und Munition. In Zukunft nw jede Waffe die Firma des Herstellers oder Händlers und eim besondere Nummer tragen, damit die Herkunft genau fcstgestM werden kann. Der Verkauf von Schußwaffen oder Munition darf nur gegen Aushändigung eines behördlich ausgestellte» Waffenerwerbungsscheines erfolgen, dessen Gültigkeit niemals länger als ein Jahr beträgt. Außerdem gibt es noch eine» Waffenschein für solche, die außerhalb ihres Besitztums Wasi-n führen. Die Zuverlässigkeit des Antragstellers muß in Zukunft sehr genau geprüft werden. An Personen unter 20 Jahre» Entmündigte, geistig Minderwertige, Personen ohne büraerli»»' Ehrenrechte darf ein Waffenschein nicht ausgestellt werden ebenso nicht an Vorbestrafte. Die Strafen für unerlaubte» Waffenbesitz und Waffenhandel sind verschärft. Es gibt GM strasen und Gefängnisstrafen bis zu 3 Jahren.

Eine Richtigstellung.

Berlin, 20. April. In der Morgenausgabe desBerliner Tageblatt" vom 19. April 1928 Nr. 185 ist unter der Ueber- schriftDie durchkreuzte Personalpolitik" u. a. behauptet wor­den, ein vom Reichsminister des Innern gestellter Antrag, de» Oberregierungsrat Scholz zum Ministerialrat im Reichsmini­sterium des Innern zu befördern, sei vom Kabinett abgelcW worden, und zwar habe das Zentrum gegen Scholz Einwen­dungen wegen mangelnder Qualifikation erhoben. Diese Be­hauptung entspricht in keiner Weise den Tatsachen. Insbeson­dere sind irgendwelche Bedenken wegen mangelnder Qualifika­tion des Oberregierungsrats Scholz von keiner Seite geäußert worden.

Die Denkschrift der Reichsbahn.

Die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn hat dir Denkschrift, die die Tariferhöhung begründet, abgeschlossen, aber noch nicht dem Reichskabinett zugeleitet. Es ist damit z« rechnen, daß dies in den letzten Tagen dieser Woche, spätestens ani Anfang nächster Woche, geschieht. Die Denkschrift ist um­fangreich und faßt alle bisherigen Begründungen noch einmal zusammen. Nach dem Inhalt der Denkschrift zu schließen, dürfte kaum die Hoffnung bestehen, daß zwecks Vermehrung der Einnahmen aus der Personenbeförderung die Umstellung auf das Zweiklassensystem schneller als bisher gefördert wird. Die Umstellung dürfte vielmehr auch noch zunächst erheblich! Unkosten bei ungewissen späteren Mehreinnahmen verursachen. Die Aufklärung des Berliner Stratzenbahnunglücks abgeschlosse«

Der Straßenbahnführer Redlich, der sich wieder bei der Polizei gemeldet hat, wurde nochmals vernommen. Es handelt« sich um die gegen ihn erstattete anonyme Anzeige, nach welcher Redlich in der Nacht vor dem Straßenbahnunglück als Auto­chauffeur gefahren sein sollte. Auf der Strecke in der Renn­bahnstraße wurden nochmals Fahrtversuche mit dem verunglück­ten Straßenbahnzug veranstaltet, bei denen der überbelastete Zug bei normaler Geschwindigkeit und vorschriftsmäßiger Handhabung der Bremse an jeder Stelle der abfallende» Straße zum Halten gebracht werden konnte. Die polizeiliche» Ermittlungen sind damit abgeschlossen. Das gesamte Material wird jetzt der Staatsanwaltschaft zugeleitet werden.

Reichsrat.

Berlin, 20. April. Der Reichsrat stimmte in seiner heutige» Sitzung den Richtlinien des landwirtschaftlichen NotprogrammS für die Organisation und Förderung des Absatzes von Schlacht­vieh und Fleisch zu. Zu den Richtlinien für die Verwendung der 30 Millionen zur Förderung des Absatzes landwirtschaft­licher Erzeugnisse wurde eine Entschließung angenommen, di« sich auf den Boden der Entschließung des landwirtschaftlichen Kontrollausschnsses des Reichstages (Bewilligung von 5 Mil­lionen aus allgemeinen Etatmitteln zur Unterstützung der Landwirtschaft bei Unwetterschäden) stellt und die Reichsregie­rung ersucht, diese Entschließung dem Ueberwachungsausschrch zur Stellungnahme vorzulegen. Wenn der Ueberwachungs- ausschuß, der jetzt die Stelle des aufgelösten Reichstags vertritt, durch seine Zustimmung die Durchführung der Entschließung garantiert hat, dann will der Reichsrat auch den Richtlinie« über die Verwendung der 30 Millionen zustimmen. Reichs- ernäbrungsminister Dr. ^Schiele und der Vertreter Preußens Ministerialdirektor Dr. Brecht, sprachen die Hoffnung aus, daß auch dieser Teil des Notprogramms möglichst bald zur Durch­führung kommt.

Die Gefriersleischordnung im Reichsrat angenommen.

Berlin, 20. April. Der Reichsrat beschäftigte sich am Frei-

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Mag auch die Liede weinen...

Roman von Fr. Lehne.

30. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Nun gute Nacht, liebes Mütterchen! Morgen schreibe ich mehr. Gut, daß ich das Uederieepapirr habe; da kann ich Dir für einfaches Porto immer eine ganze Menge berichten.

Der Mond scheint gerade über dir Baumwipfel in mein Zimmerchen ich sage ihm viele Grüße für Euch, Ihr Lieben . . . Erich ist vielleicht jetzt gerade noch einmal in seinem Revier, Ach, ich denke so viel an Euch! In den nächsten Tagen wird Graf Rüdiger erwartet, der Bruder, meines Chefs. Auf ihn bin ich sehr neu­gierig SW spricht begeistert von ihrem Onkel! Nun gute Nach: und schöne Grüße! Eure Lore."

Zehntes Kapitel.

Der Diener setzte die Obst- und Konf.Eischalen nebst den dazugehörigen Tellern auf den Tisch, nachdem er mit dem silberbeschlagenen Tiichbesen die Krümel vom weißen Dantasttuche entfernt hatte.

Gräfin Lella nahm eine Almeriatraule pflückte mit den zierlichen Fingern eine Beere nach der anderst ab und führte sie langsam zum Munde.

Bitte, Fräulein Berger, wollen Slk M dr« Apfs! zurechtmachen?"

Gras Allwörden legte eimeä -SMHM CrsrMravfe? auf einen Teller und sah zu- wtzr Leres schlanke Hände ihn schälten.

Möchtest du dich nicht b-rdie.ren, Rüdiger? Das Obst ist wirklich zk empfehlen. Bitte, lasse de« Onkel setzt essen, Sissi."

Gräfin Lellas schleppendest scharfe Summe unter­brach das Getändel des Schwagers mit ihrer jüngeren Tochter. Auf deren Wunsch belud der Legationsrat seinen Teller mit Knackmandeln uno Datteln, weil sie mit Onkel Rüdiger gern ein Vielliebchen essen wollte; dann nab"! er für sich einen Apfel.

Die junge Erzieherin hatte jetzt Ossi zu bedienen; sie mußte ihm Nüsse und Mandeln öffnen.

Onkel Rüdiaer. schau, ich habe eine Doppelman­del!" jubelte Eäcilie, und lächelnd ließ er sich den brau­nen Kern zwischen die Livpen schieben.

Mo gut! Worauf, Kleines?"

Fräulein Lore." rief sie über den Tisch,helfen Sie mir! Onkel Rüdiger soll doch verlieren!"

Sei doch nicht so laut und aufgeregt. Sissi!" schalt Gräfin Lella und hielt ihre kleinen Hände vor die Ohren,bemühe doch Fräulein Berger nicht darum. Du wirst selbst schon etwas finden."

Eäcilie wurde rot über den Tadel. Kleinlaut sagte sie dann:

Vor dem Abendbrot müssen wir. ehe wir Platz nehmen, uns die Hand reichen und sagen:Ich denke daran," und wer das vergißt, hat verloren."

Sehr geistreich, in der Tat," spöttelte Thekla, die wie eine kleine Dame in koketter Haltung dasaß und mit spitzen Finqern ein Stück Konfekt aus der Staniol- umhülluna schälte.

Weißt du etwas Besseres? Dann sage es mir"

Thekla zuckte die Achseln.

»-Ich -ab' ja kein Vielliebchen mit Onkel Rüdiger gegessen!"

«Kleki§ Sissi. das ist sehr fein und schlau ausge- dschL. und ich werde sicher verlieren," meinte Rüdiger.

Aber nicht absichtlich, Onkel! Sonst macht es mir ßeimn Spaß."

Haben wir eigentlich die Absicht, heute den gan­zen Tag zu Hause zu bleiben?" fragte Gräfin Lella, dabei ein leichtes Gähnen unterdrückend.

Diese Sonntagsmahlzeiten nur im Familienkreise wäre?« ihr unsagbar langweilig. Ungeduldig klappten ihre Füße, die in weit ausgeschnittenen Lackschuhen steckten, den Fußboden. Ein übellauniger Zug entstellte ihr hübsches pikantes Gesicht. Sie mußte Menschen um sich haben, Gäste, die ihr huldigten, sie bewunder­ten!

Du weißt, Lella. daß ich am Sonntag gern mit den Kindern zusammen bin ich Hab' sie selten genug!" entgegnete Ottokar,wie denkst du. Rüdiger? Du bist doch Sonntags ebenfalls gern bei uns in der Familie, nicht wahr?"

Der Legationsrat überhörte di« leise Bitte in der Stimme seines Bruders.

Ich möchte durch meine Anwesenheit euch dmÄ- aus nicht stören in euren Plänen! Da ich euer Haus auch als das meine betrachten soll, wie ihr das in liebenswürdiger Weise gewünscht habt, nehmt, bitte, aus mich keine Rücksicht! Vielleicht hat Lella besondere Wünsche für heute abend? Geht ihr nicht in die Oper^

Eigentlich wollten wir. Doch dieMeistersinger" sind mir zu anstrengend. Auch habe ich Fräulein Ber­ger für heut' abend meinen Platz überlassen."

Ich bin der Frau Gräfin sehr, sehr oankbar da­für." Lores Augen strahlten, und aus ihrer Stimme klang eine nur mühsam gebändigte Freude.

Ah, Sie freuen sich daraus?" fragte Onkel Rüdi­ger.

Ja, es ist die erste Wagner-Oper, die ich hören darf!"

Gräfin Lella verzog spöttisch den Mund, solche Be­geisterung erschien ihr naiv, kindisch.

Kannst du uns vielleicht für heute abend eine« annehmbaren Vorschlag machen, Rüdiger? Zu Haust bleibe ich auf keinen Fall! Ich muß gestehen, daß ich insDeutsche Theater" möchte: das Programm ist vielversprechend, auch treffen wir bestimmt Sannows dort. Der Baron sagte es mir gestern. Und nachhn beiSchleich" möchtest du leleohonieren. Ottokar-"

Eine verdrießliche Falte erschien zwischen dessen Augen.

Dein Programm gefällt mir nicht, Lella."

(Fortsetzung folgt.)

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