858

spätere Allee, die allerdingseinseitig" sein wird; aber es ist kein Bedürfnis vorhanden, den Weg auf beiden Seiten zu bepflanzen, ganz abgesehen von anderen Gründen, die dies unmöglich machen. Hoffen wir nun, daß den srischgepflanzten Bäumen vom nächsten Jahr ab ein fröhliches Wachstum beschützen sein wird, damit sie unseren Gästen bald den ersehnten Schatten spenden. Ltebenzell aber wird im Lauf der Jahre durch diese neue Anlage, welche, weil im Schilleijahr 1905 zur Ausführung gebracht, den NamenSchiller-Allee" bekommen wird, einen weiteren Schmuck, zu seiner alten, mit Recht gepriesenen Banwallee ein zukünftiges Gegen­stück erhalten. ll'. Ll.

r. Liebenzell, 19. Nov. Bei den Bau­arbeiten an der Staatsstraße LiebenzellPforzheim verursachten einige Arbeiter einen Krawall und be­drohten den Unternehmer und die Bauleitung. Zwei der Arbeiter wurden vom Platze weg verhaftet.

Stuttgart, 18. Nov. Heute früh brach an einem Straßenbahnwagen, der in der Aüxander- stroße an der steilsten Stelle abwärts fuhr, die Handbremse, dagegen tat die sofort angewendete Fallbrewse ihre volle Schuldigkeit, sodvß der Straßen­bahnwagen nur noch 1 m weit fahren konnte und dann völlig stillstand. Dieses Fallbremsensystem scheint also für die gefährlichsten Fälle unbedingt Sicherheit zu bieten.

Stuttgart, 18. Nov. (Wochenmarkt.) Auf dem Lebensmittelmarkt beginnt cs winterlich stille zu werden. Die Haushaltungen find mit den Wintervorräten versehen und wird auf dem Markt nur mehr der Tagesbedarf gedeckt. Auf dem Ge- müsemarkt kostet Blumenkohl 2050 A Blaukraut 1525 A Wir fing 10-20 A Rosenkohl 15 bis 20 A dos Stück, Schwarzwurzeln 2530 H der Bund. An den Wtldpret- und Gkflügelstäaden kosteten Rehschlegel 3 50-7 ^, Rchziemer 4 50 bis 7 Gänse 45 Enten 2 603 ^ Der Fischmmkt verzeichnet« Bockfische zu 4045 A Rotzungen zu 60 A Schuppfische zu 5060 A, Barben zu 90 A das Pfd. Auf dem Viktualien­markt kostete saure Butter 1.10 süße Butter 1.251.30 das Pfd., 1 frisches Ei 8 H, 1 Kalkei 7 A

Gmünd, 18. Nov. In einer hiesigen Gießerei verbrannte sich gestern abend ein verheira­teter Arbeiter seine Füße dadurch, daß er beim Tragen flüssigen Eisens etwas davon verschüttete und den von 2 Mann getragenen Kessel fallen ließ, so daß ihm die heiße Masse in die Schuhe lief. Mitarbeiter legten ihm einen Notverband an.

Heideuheim, 18. Nov. Beim Bahnüber­gang stütz heute früh 7 Uhr ein rangierender Güterzug auf das gerade über das Geleise fahrende Petrolcumfuhrwerk des Posthalters Widmauu, wobei die Vorderteile des Wagens zertrümmert und die beiden Pferde schwer verletzt wurden, sodaß di'selben getötet werden mußten. Ter Knecht kam

mit dem Schrecken davon. Infolge des Unfalls war das Geleise gesperrt.

In Hüninge« an der elsäßisch- schweizerischeu Grenze wurde einschwerer Junge" festgenomme«, der in Basel bei der dortigen Polizei sehr schlechte Erinnerungen zurückgelafsen hat. Der wegen Diebstahls, Hehlerei, Gefangenenbefreiung und Widerstands von Zürich aus steckbrieflich ver­folgte Akrobat und fahrende Künstler Karl Düscher wurde auf der Basler Messe erkannt und sofort verhaftet. Beim Transport gelang eS ihm, den Polizeibeamten auf die Erde zu werfen und ihm die Nase aus dem Gesicht zu beißen. Von Schmerz übermannt ließ der Polizist den Akrobaten frei, so daß er mit Leichtigkeit entfliehen konnte und über die Grenze bis nach Höningen kam, wo ihn das Schicksal ereilte. Er erklärte, als man die ab- gevissene Nase nicht mehr auffand, daß er sich nicht erinnern könne, ob er sie nicht möglicherweise hinunter­geschluckt habe! Der schweizerische Polizeimaun hat Zeit seines Lebens ein entstelltes Gesicht.

München, 17. Nov. Der Besuch des Königs von Spanien am hiesigen Hofe trägt einen rein familiären Charakter. Der König trägt die rechte Hand in schwarzem Verbände, weil er sich gestern beim Fasanenschießen eine kleine Ver­letzung am Daumen und Zeigefinger zugezogen hat. Zahlreiche Häuser find mit spanischen Flaggen ge­schmückt. Zu Ehren des Königs wurde heute nach­mittag in der Residenz eine große Familientafel abgeholten. Nach der Tafel empfing der König das diplomatische Korps. Abends fand im Hoftheater Fefivorstellung statt; gegeben wurde derBarbier von Bagdad". Nach der Vorstellung begab sich der König ins Wittelsbacker Palais, um dort im engeren Familienkreise de? Prinzen Ludwig das Souper etnzuuehmeu. Die Abreise des Königs erfolgt morgen abend mit dem Orieutexpreßzug nach Paris.

Berlin, 18. Nov. Die Nachricht von dem Unfall de^Torpedobootes 8. 126 ver­breitete sich gestern Abend mit Blitzesschnelle. Hier herrscht tiefe Trauer. Außer dem Obermaschinisten Ammann aus Wilhelmshaven, der schwer verbrüht ist, hat ein Heizer durch ausströmenden Dampf schwere Verletzungen erlitten. Die Verletzten wurden im Gsrnisonslazarsth in Kiel untergebrocht. Das Torpedoboot, das eine Bemannung von 3 Offizieren und etwa 70 Mann hatte, ist so schnell gesunken, daß nur die Rettung von 2 Offizieren und 40 Mann gelang. Ein Offizier und 32 Mann werden vermißt. Leider besteht kein Zweifel, daß sie zu Grunde gegangen sind. Noch der im R-ichsmarineamt gegebenen amtlichen Auskunft ist das Torpedoboot infolge einer bei dem Zusammen­stoß erfolgten Kassel-Explosion g-surken. Hieraus ist auch die große Zahl der Verunglückten zu er­klären. Bei kioem Scheinwerfer-Manöver ist das Boot, dessen Besatzung durch die Scheinwerfer ge-

war sein Gesicht geworden, eine Farbe, wie ich sie nicht vorh-r g sehen. J4 war mit zwei Schritten neben ihm.Um des Himmels Will-n wa» ist'»?" Der Freiherr war in sich zusammengesunken, j tzt sah er mich an, o der Blick! Verzweiflung, Reue sprach daraus.

Da nimm und lieS!" Damit reichte er mir de» Brief, ich entfaltet» ihn mit zitternden Händen. Dann atmete ich erleichtert auf. Er wenigstens war wchl, ober je weiter ich loS, desto größer wurde mein Staunen. Freiherr Konrad zeigte seinem Vater an, daß er seit zwei Jahren verheiratet g'wes-n, vor wenigen Stunden sei seine geliebte Frau entschlafen. Er sei allein in der Welt mit seinem kleine», kaum zwölf Monate alten Mädchen und möchte wieder nach Felseneck kommen. Nicht ein Wort, wer seine Frau gewesen, blo» die Na» kn Tatsachen. Ich war zu Ende und blickte zu meinem Herr» hinüber. Seine Zäge waren versteinert.

Gnädiger Herr, ich weiß, ich bi» nur ein D'ener, aber um Himmels Willen hören Sie meinen Rat; weisen Sie ihn jetzt zurück, ist er Ihnen aui ewig verloren, ich kenne seinen Charakter, er würde Ihnen nie vergebe». Sie wisse» ja nicht einmal, wer seine Gemahlin war, o, gnädiger Herr, denk»« Sie an seine Mutter, deren letzter Wunsch eS gewesen. Sie und ihren Sohn ver­einigt zu sehen." Jetzt blickte er auf; in seinen Augen schimmerte eS feucht.

Er soll kommen, ich will ihn mit offenen Armen empfange» I" An dem­selben Abend hatte ich Felsrneck verlassen und war auf dem W g nach Mailand, von wo der Brief des jungen Herrn kam. Dort angelangt, fand ich bald das bezeichnet« HauS und ließ mich bei ihm anmelden. Er kam mir mit auSgrbreiteten Arme» entgegen. Ich war erschüttert über die Veränderung, die diese drei Jahre in ihm gemacht. Ich will mich hier nicht länger aufhalten, seine Gattin war eine Italienerin aus guter Familie gewesen. Ihr Vater, der Principe d, Pariani

blendet war, vor den Bug des Kreuzers geraten und von diesem angerannt worden.

Berlin, 18. Nov. ES kann nunmehr als feststehend betrachtet werden, daß bei der in Vor­bereitung befindlichen Flottendemonstration gegen die Türkei die deutsche Kriegsflotte nicht vertreten sein wird. Dies beruht lediglich auf der technischen Schwierigkeit, deutsche Schiffe für die weite Fahrt für das östliche Mtttelmeer verfügbar zn machen. Deutschland hat sich im Uebrigen den Forderungen der andern Mächte in den verschiedenen Noten und besonders im Ultimatum in allen Punkten argeschlvssen..

Görlitz, 18. Nov. Ein Großfener zerstörte die Gemeinert'sche Leinenwarenfabrik in Sorau mit über hundert Maschinell. Etwa 700 Arbeiter werden dadurch brotlos.

Kiel, 18. Nord. Der Kaiser ist heute nachmittag hier eingetroffen und wurde vom Prinzen Heinrich empfangen. Beide fuhren durch die Hauptstraßen zur Rckrutenvereidigung. Der Kaiser war sichtlich tief bewegt über das Torpedoboots- Unglück.

London, 18 Nov. Aus Wladiwostok wird gemeldet: Dlc meuternden Soldaten plündern und brennen Staatseigen­tum nieder und ermordeten viele Offi ziere, die die Ordnung mit Gewalt wieder Herst llen wollten. Die Meuterer verübten un­beschreibliche Schandtaten und suchten ihre Opfer unter den emopäüchen wie chinesischen Einwohnern. Die b tz'eri Nachrichten, die aus Wladiwostok ein- gerroff.n find, melden, daß die Meuterei in Charbin noch im Gange sei.

Wien, 18 Nov. Die zur internationalen Flotre n-Demonstration gegen die Türkei bi stimmten Schiffs der verschiedenen Mächte werden sich am 22. ds. im Hafen von Pyräus versammeln. Von dort wird sich das gesamte Ge­schwader dann zur Ausführung der Demonstration zunächst nach Myülene begeben.

Petersburg, 17. Nov. Rußland wird sich an der interfarionalen Flotten-Demonstration gegen die Türket mit dem Stationsschiff und eivem in den krerischen Gewässern stationierten Kreuzer beteiligen.

Pete r s bürg, 17. Nov. In einer Ver- sa mmluvg drr Vertreter oller Industriezweige zur Bera'ung über die von den Arbeitern geforderte Einführung des Achtstundentages erklärten es die Mitglieder der Tkx.'lindustrie für möglich, den Arbeitstag auf 10 Stunden herabzusetzen. Auch die Vertreter der Lederindustrie hielten eine Ver­kürzung der Arbeitszeit um 1'/, Stunden für durch­führbar. Die mechanischen Tabaks- und Holz- bearbeimngsfabriktN hielten es dagegen für un­möglich, Zugeständnisse zu wachen, weil die Lage der Industrie dos verbiete. Einige Industriezweige setzen die Verhandlungen noch fort. Wenn die

hatte sich large gew-hrt, ftine ToLt-r dem Deutschen zu geben, ober ihre Liebe batte sein» W dcifioi d besiegt Acht Tag», nachdem ich in Mailand «ingetroffe», verließen mir eS müder mit der kleine» Viola. WoS zwischen Vater und Sohn ge­sprochen wurde, ich habe »S nie erfahren. Seit jener Zeit lebten meine beiden Herren ruhig hier; beide hatten M't der äußeren Welt abgeschlossen. Der Wunsch der F:eilrou war in E.stivung gelangen, sie hatte» sich gefunden. Allem ihr ruhiges L bin sollte v'chr lange dauern. Mein Herr war der erste zu gehe» und nun ist eS euch drei Jabre her, daß der junge Freiherr Konrad, wie ich ihn noch immer r<nne, in d>r Gruft ftiner Väter liegt. DaS gnädige Fräulein, di« j tz'pe Besitzerin, l'bt cllkin her mit ihrer Tante, der Schwester ihrer Mutter. Ich bin so alt und habe so vi«l Kummer und Leid gesehen, ich wollte, meine Stunde hätte schon geschlagen. SkchSundachtzig Jahre, di« lasten schwer auf müden Schultern."

Nordheim bl ckte auf den Greis, der gebückt vor ihm saß. Seine Haare fiilen ihm b>S ouf die Schultern, ein langer Bart reichte bis auf die Brust, er sah allerdings aus, als gehöre er einer anderen Z-it an.

Wie alt ist denn das gnädige Fräulein?" fragte Nordheim plötzlich. Der alte Monn sah wieder ouf, ein L chtstrahl brach au» seinen Augen.

Haben Sir fi« gesehen, sie ist ein Engel in Menschengestalt, zu gut für diese Welt. Wie alt fragten sie? Im Herbst ist sie zwanzig Jahre geworden."

Nordhe m wußte lächeln; und r, hatte sich ein« alte Jungfer vorgestellt, di« zwischen Kotze und Hund gravitätisch einherschritt, sich selbst und ihren Nrben- wenschen zur Ploge. Der Alte hotte sich erhoben.Ich werde Sie jetzt ver­lassen, Herr v. Nordheim, ich komme dann schon wieder, Ihre Sachen abzuholen."

Northeim nickte blo»; kaum aber hatte der Alte ihn verlasse», legte er Pinsel und Palette nieder. (Fortsetzuug folgt.)