des Kirchen- und Schulwesens 1925, S. 163—172) haben alle Schüler und Schülerinnen der höheren Lehranstalten der vom Ministerium mit der Frankfurter Allgemeinen Versicherungs- Aktien-Gescllschaft abgeschlossenen Versicherung beizutreten. Die Unterrichtsverwaltung hat mit dieser Versicherungs-Gesellschaft einen Vertrag abgeschlossen, der gegen eine jährliche Prämie von 1.30 R.M. oder 0.70 R.M. für einen Schüler und das Jahr einen weitgehenden Versicherungsschutz bietet. Die ausgegebenen Formulare tragen noch die höheren Prämien, diese ermäßigen sich jetzt von 2 R.M. auf 1.30 R,M. und von 1 R.M. auf 0.70 R.M. Die Versicherung hat Geltungsbereich auf Unfälle, von denen der Schüler betroffen wird:
1. Aus dem Schulgrundstück, d. h. im Schulgebäude und aus dcni Schulhofe, beim Unterricht, Turnen und Schoten.
2. Außerhalb des Schulgrundstücks bei Veranstaltungen der Schule, z. B. bei gemeinsamen Ausflügen, die dem erdkundlichen, dem naturwissenschaftlichen, dem Zeichenunterrichte dienen, gemeinsamen Spazierfahrten und Spaziergängen, Fahrrad-, Ruder-, Rodel- und Schlittschuhpartien, Besuchen von Ausstellungen, Museen, Fabriken usw.
3. Bei Veranstaltungen eines Schülersportvereins.
4. Unfälle auf dem Wege zu und von der Schule, bzw. zu und von den Veranstaltungen, Ziffer 2 und 3 sind eingeschlossen, gleichviel ob und welche Transportmittel dabei benutzt werden.
Die Versicherung bietet bei einer Prämie von 0,70 R.M. für Unfälle mit dauernden Folgen eine Kapitalentschädigung von 5000 RM., Ersatz der für die Behebung der vom Unifall- tage an binnen Jahresfrist eingetretenen Unsallfolgen notwendigen Kosten des Heilverfahrens bis zum Betrage von täglich 2,50 RM. während der Tauer der ärztlichen Behandlung, jedoch längstens auf die Dauer eines Jahres vom Unfalltage an gerechnet, d. i. bei 365 Tagen in Höhe von 912.50 RM, im Todesfall außer den Kosten des Heilverfahrens Ersatz des orts- und standcsüblichen Bestattungsverfahrens bis zur Höhe von 500 RM.
Die Ministerialäbteilung für die höheren Schulen hat am 16. März d. I. die bisher gemachten Erfahrungen folgendermaßen zusammengesaßt: „lieber die Schulbesuchsversicherung liegen nunmehr die Erfahrungen von Jahren vor. Es sind in dieser Zeit bis zum heutigen Tage 340 Unfälle der Versicherungsgesellschaft gemeldet und von dieser geregelt worden; darunter befinden sich vier Todesfälle und mehrere Fälle von Invalidität, für die eine lebenslängliche Rente seitens der Versicherung zu legten ist. Alle uns zugcgangenen Berichte stimmen darin überein, daß die Regelung des Versicherungsschutzes Lurch die Gesellschaft in außerordentlich entgegenkommender -Weise erfolgt ist: die Gesellschaff hat freiwillig — von einigen ganz besonderen Fällen abgesehen — auch die Kosten bei solchen Unfällen ersetzt, bei denen die Anzeigefrist verstrichen war. Es wurden auch die Körperverletzungen einbezogen, die durch Mitschüler verursacht würden, bei denen ein eigentlicher Unfall also nicht vorliegt. Der Versicherungsschutz hat sich somit im ganzen für die Eltern der Schüler als sehr heilsam erwiesen und rechtfertigt deshalb weitgehende Unterstützung durch Schulvorstände und Lehrer."
Die genannte Versicherungsgesellschaff, die nun an verschiedene größere Volksschulen herangetreten fit, hatte am 17. Juli d. I. mit der Oberschulbehörde eine offizielle Besprechung, in der festgestellt wurde, daß seitens dieser Behörde der Abschluß dieser Versicherungsart auch für Volksschulen sehr gewünscht und gefördert wird.
Nun soll hier einmal der Versuch gemacht werden, durch freiwilligen Beitritt die Bewährung der Schüler-Unfall-Ver- sicherung zu Prüfen. Eltern, die die Aufnahme für das kommende Winterhalbjahr (1. Ott. bis 31. März) wünschen, werden gebeten, die ausgegebenen Formulare auszufüllen und den Klassenlehrern zuzuführen. Die Prämie von 35 Pfg. (bzw. 65 Pfg.) für das Winterhalbjahr 1926,27 wird später erhoben.
Schömberg, 7. Sept. Einem hiesigen Bäckermeister wurden in der Nacht vom 4. auf 5. L. M. 600 Mark Bargeld gestohlen. Der Dieb, der anscheinend durch das offene Schlafzinrmerfen- ster eingestiegen fit, war mit den häuslichen Verhältnissen gut vertraut, worauf die Begleitumstände des Diebstahls schließen lassen. — Festgenommen wurde am Montag abend durch die Ortspolizei ein in einer Wirtschaft zechender Malergehllfe, der durch rabiates Benehmen und Ausstoßung von Drohungen gefährlich wurde.
Württemberg.
Calw, 5. Sept. (Znm Tod von Verw.-Aktnar Stauden- meyer.) Wie schon kurz gemeldet, verschied am Sonntag infolge Herzlähmnng im Alter von 68 Jahren plötzlich der frühere Landtasabgeordnete und fetzige Gemeinderat Verwaitungs- attuar Staudenmeher, nachdem er erst vor einigen Tagen von der Teilnahme an dem deutschen Turntag in Bremen zurück- gekehrt war. Staudenmeher war einer unserer hervorragendsten Mitbürger. Er entfaltete sowohl im Bezirk als in der Stadt eine reiche öffentliche Tätigkeit. Er war ein Mann von
seltener Arbeitskraft, scharfem Verstand und reichen Kenntnissen, ein Verwaltungsbeamter, der sein Fach durch und durch kannte und 'daher zu verschiedenen Vertrauensstellungen berufen wurde. Als Verwaltungsattuar war er in 16 Gemeinden tätig und bewältigte damit eine sehr große Arbeit. Vom Jahr 1906 bis 1920 war er Mitglied der Abgeordnetenkammer, wo er zum rechten Flügel der demokratischen Partei gehörte. Vom Jahr 1899 an bis heute war er Vorstand des Turnvereins Calw und Ganvorstand des Nagoldturngaues. Er war ferner Mitglied des Kreisaussckjusses für den 11. Turnkreis Schwaben und Ehrenmitglied vom Kreis und der Deutschen Turnerschaff. Die Bürgergesellschaft leitete er vorn Jahr 1900 bis 1925; bei der Nicderlegung des Amtes wurde er zum Ehrenvorstand unter Erweisung großer Ehren ernannt. Eine große Tätigkeit entwickelte er im Landesverband >der Verwalttrngsaktuare Württembergs, dessen 1. Vorsitzender er war. Im Bezirk war er Vorsitzender des Gemeinde- und Körperschaftsbeamtenvereins, Mitglied der Amtsversammlung und seit einer langen Reihe von Jahren ununterbrochen Mitglied des Gemeinderats. Der Bezirk und die Stadt haben ihm außerordentlich viel zu verdanken, da er bestrebt war, Bezirk und Stadt zu heben und seinen Mitbürgern in jeder Hinsicht nützlich zu sein. Sein Rat war ungemein begehrt und Hunderten von Hilfesuchenden hat er Mittel und Wege gezeigt, um aus einer mißlichen Lage herauszukommen. Afft großer Sachkenntnis verband er einen flotten Vortrag, so daß er in allen Lagen sich zurechtsand und ein sicheres Urteil betätigte. In allen Kreisen 'der Bürgerschaft genoß er hohes Vertrauen und Ansehen; sein Tod wird allgemein betrauert werden. Staudenmeher war ein ganzer Manu, ein fester Charakter und ein Menschenfreund im edelsten Sinne des Wortes. Sein Andenken wird in hiesiger Stadt noch lange fortleben.
Freudenstadt, 7. Sept. (Von der Murgtalbahn.) Die Lose 3 und 4a, bei denen es sich aus württembergischer Seite um 60 000 Kubikmeter Erd- und Folsbewegung zwischen Schwarzenberg nnd Schönmünzach handelt, sind vergeben und die Arbeiten bereits in Angriff genommen worden, vorerst haben 80 Mann Verwendung gefunden.
Stuttgart, 6. Sept. (Teure Bauten, billige Bauten.) Unter dieser Ueberschrist war in letzter Zeit in einem Teil der Presse eine Kritik des Schaffens der staatlichen und städtischen Bauämter zu lesen, soweit sie in eigener Regie bauen. Von zuständiger städtischer 'Seite wird u. a. darauf erwidert, daß wohl keine Stadt Deutschlands in den letzten Jahren in solchem Umfange Privatarchitekten zur Lösung städtischer Banaufgaben zugezogen hat wie Stuttgart. Bei den Wohnungsbauten des Jahres 1925 waren 17 Architekten, beim neuen Bauprogramm sind sogar 45 beschäftigt, weitere fünf sind für die restlichen 110 Wohnungen noch vorgesehen. Ueber alle diese Bauten liegen die Ergebnisse der Tlbrechmmg noch nicht vor, da sie erst seit kurzem fertig bzw. noch rm Bau begriffen sind. Ob sich bei der Abrechnung ein günstigeres Resultat ergibt, als wenn das Hochbauamt die Bauten ausgesührt hätte, läßt sich daher noch nicht sagen. Soviel fit sicher, daß es außerordentlich schwer ist, eine sachliche Kritik zu üben, wenn man die Verhältnisse nur ungenügend und oberflächlich kennt.
Stuttgart, 7. Sept. (Vorsicht bei der Leistung hon Zahlungen für abwesende Mitbewohner.) Die Neigung, für abwesende Mitbewohner aus Gefälligkeit angeblich bestellte Waren gegen Bezahlung entgegenzunehmen oder sonstige Zahlungen zu leisten, ist in letzter Zeit wieder mehrfach betrügerisch ausgebeutet worden. Die Schwindler spielen sich als Boten eines Warengeschäfts, als Angestellte eines gewerblichen Unternehmens oder als Beauftragte einer Versicherungsgesellschaft auf. Hauptsächlich fit auf diese Weise Seifenpulver in letzter Zeit abgesetzt worden. Dem Polizeipräsidium liegen mehrere Anzeigen vor, nach 'denen eine süngerc Frauensperson nnd ein jüngerer Mann Pakete mit Seifenpulver anfgenötigt haben. Das Polizeipräsidium mahnt zur Vorsicht und ersucht um Mitwirkung der der Feststellung dieser Betrüger.
Stuttgart. 7. Sept. (Verurteilter Rohling.) Das Schwurgericht verurteilte den 21 Jahre alten Hilfsarbeiter Friedrich Kienle von Plattenhardt wegen schwerer Körperverletzung zu tt/, Jahren Ge« sängnis. Kienle hatte im Mat ds. Is. im Streit den 42 Jahre alten Landwirt und Maurer Wilhelm Mater tätlich angegriffen und ihm das Stilettmefler oberhalb des linken Auges bis zum Heft in den Kopf gestoßen, was den Verlust des linken Auges zur Folge hatte. Das Messer saß so fest, daß es mittels eines Schraubenschlüssels ent- fernt werden mußte. Die Anklage hat auf versuchten Totschlag gelautet. doch erachtet das Gericht diesen Tatbestand für nicht erwiesen.
Untertürkheim. 7. Sept. (Lebensrettung.) Gestern abend gelang es Eugen Dees von hier, ein Fräulein von Wangen mit Einsatz seines eigenen Lebens vom Tode des Ertrinkens rm
N^Etzstngen^ Sept. (Gasexplosion.), Anläßlich der Kirch- weihe war gestern in Mellingen mit polizeilicher Erlaubnis ern sogenanntes Kettenkarussell aufgestellt, zu dessen Beleuchtung eine bewegliche Azetylenanlage verwendet werden sollte, vnachdem die Anlage selbst aufgestellt und mit Wasser gefüllt war, hat — entgegen des ausdrücklichen Verbots des Karussellbesitzers
— ein bei ihm beschäftigter, lediger 22 Jahre alter- kn-, , aus Stuttgart, der anscheinend mit der Bedienunn lagen nicht genügend vertraut war, den füllt, den Ballvübehälter eingesetzt und sodann
«as Karbid
Ernsallvcntil vollständig geöffnet. Durch die sich wickelnden starken Gase wurde der Ballonbebalttr ^ ^ Wucht rn die Höhe geschleudert, der dicht dabeisteb^^Z arbeiter wurde von ihm getroffen und erlitt sänu«-,-, rn gen im Gesicht und an der Stirne. Mch Anl^ma ÄÄk Verbandes wurde er mit dem Krankenkrastwaaen in Nü-- städt. Krankenhaus übergeführt; dort ist er .gfftern das Bewußtsein erlangt zu haben, seinen schweren gen erlegen. Eleyun.
Neckarsulm, 7. Sept. (17 Prozent Gemeindeumlaael Gemeinderat beschloß, -Mr 1926 die Gemenrdeumlm^m,?i- Prozent festzusetzen. Die Stadtpflege hatte 20 tragt. Notwendig wären sogar 24,8 Prozent ^ ^an<
Heikbronn, 7. Sept. (Ans der Ferienfahrt ertrunken s 30 ^ahre alte Ingenieur Gottfried Bolz von hierher siss, einem Freunde auf der Feriensahrt befand und im im badischen Schwarzwald badete, ist hiebei infolge eims N» schlags ertrunken. Der Verstorbene stand vor seiner A,Ä' nach Amerika, und war auf dem Weg, zuvor noch da/N seines in den Vogesen gefallenen Vaters zu besuchen ^
Klcineislingen, LA. Göppingen, 7. Sept. (MiMckiÄ-.- Autofahrer.) Der verherratffe Bohr^ Franz eislingen fuhr mit seinem Ätad von Süßen heimwärts L' schien Süßen und -Schach Sam chm ein Personenkraftwaäen^ gegen, -der auf der falschen -Straßenseite fuhr. Der hinten- des Fahrrads wurde von dem Auto gerammt. Häns wurde wö die Straße geschleudert, wo er bewußtlos liegen blieb Auto fuhr in rasendem Tempo weiter, obwohl -die -den Unfall bemerkten. Ein anderes Auto übernahm den Transport in die Wohnung, wo Häns mit Kopf- und iFußwwLen sowie einer schweren inneren Verletzung darniederliegt. '
Geislingen a. St., 7. Sept. (Explosion.) Gestern vormittag wollte der Flaschner Anton Kramer Lei FlaschnermMi Holz einen Schweißapparch der 'Firma Hagmeyer reparieren. Durch das Hantieren mit dem Löpapparat am undichten -Wasserbehälter kam anscheinend ein geringes Quantum Gas das sich in diesem angesammelt hatte, zur Explosion, wodurch'Kramer lebensgefährlich verletzt wurde.
Eschbach, OA. Göppingen. 7. Sept. (I. süddeutsches hauptprels- hüten) Am Sonntag den 26. September findet hier das erste sild- deutsche Hauptprelshllten nach süddeutscher Hllteart statt. Da genii- gend Preise vorhanden sind, wird jeder Schäfer auf seine Rechnung kommen, der sich an diesem Hauptprelshllten beteiligt. Durch das schöne Hlltegelände In Eschenbach wird ein natürliches Hüten In feinster Art gezeigt werden können. Eschenbach liegt an der neueröffneten Bahnlinie Göppingen—Voll. Noch können Anmeldungen zum siid- deutschen Hauptpreishüten bei der neuen Anmeldestelle, Otto Geiger in Uhingen bei Göppingen, entgegengenommen werden. Schäfer, die sich noch melden wollen, werden gebeten, dies sofort zu tun. Das Hüten beginnt vormittags 9 Uhr.
Oberlenningen, OÄ. Kirchheim 7. Sept. (Tödlich verunglückt) Die Frau des Oberlandjägers Gölz glitt auf der Haustreppe aus und fiel dabei so unglücklich, daß sie einen Schädelbruch erlitt, an dessen Folgen sie gestorben ist.
Metzingen. 7 Sept. (Festnahme eines Aus- und Einbrechers.) Dem Oberlandjäger Vögele ist es gelungen, den bereits schon setlk Jahren aus dem Zuchthaus entwichenen Einbrecher Karl Reich ans Glems OA. Urach, der sich schon längere Zeit unter falschem Namen tn hiesiger Gegend Herumgetrieben hat und während der Abwesen, heit der Bewohner zahlreiche Bauernhauseinbrüche verübte, zu verhaften. Der geriebene Verbrecher verstand es, sich in umliegenden Wäldern und Feldscheunen versteckt zu halten und teilte seine Beute mit einer hiesigen Familie, die ihm auch Unterkunft gewährte. 2n den letzten Tagen wurde die Spur des Verbrechers erneut ausgenommen und auch mit Hilfe von Forstbeamten die Wälder abgejucht. Die Fahndung dehnte sich bis Reutlingen aus. wo der Gesuchte vor einer Wirtschaft der Mctzstraße aufgegriffen und tn Gewahrsam gebracht wurde. Der Täter gibt die ihm zur Last gelegten Diebstähle unumwunden zu. Zu diesen gehören auch die bei der Bauerssamilie Schnitzler in Kappishäusern und der Altenburg verübte Einbruchsdiebstähle.
Reutlingen, 7. Sept. (Noch nicht genehmigter Etat,) Der Etat für 1926 ist vom Ministerium des Innern noch mcht genehmigt worden. Das Mimsterinm hat gegen einzelne Pasttro- n-en Einwendungen erhoben. Unter anderem wurde vorgc- schlagen, die für den Neubau des Gymnasiums eingestellte erste Rote in Höhe von 100 000 Mark zu streichen.
Pfullingen, 7. Sept. (Stadtschultheißenwahl.) Der Gemeinderat hat den Termin zur Neuwahl des Ortsvorstehers aul Sonntag, den 26. September d. I-, auberäumt. Die KanR- datenvofftellung findet am Sonntag, -den 19. September, itatr
Gehst Sn zur Stadt, vergiß c; me, VeW sür ei« Stündchen darXa-Li.
Was mein einst war!
Roman von Fr. Lehne.
Nachdruck verboten^
Mit enttäuschtem Blick sah sie ihm nach, als er aus der Küche ging. Unwillig hatte sie die Augenbrauen zusammengezogen. Sie stieß ein kurzes, spöttisches, gereiztes Lachen aus-solch' ein dummer, schwer
fälliger Mensch wie der Karl Günther war ihr doch noch nicht vorgekommen! Wenn sie nicht ganz genau gewußt, daß er keine andere im Dorfe anschaute, wäre ihr Groll noch viel größer gewesen!
Sie hatte sich nun mal den Karl Günther eingebildet, und sie wollte ihn haben, koste es, was es
wolle-darum war sie jetzt ja zu Hause bei dem
grämlichen Vater geblieben! Sie setzte ihre Hoffnung auf den Sommer, wenn sie mit Karl Günther auf dem Felde zusammen arbeiten mußte — vielleicht würde er dann sich auf seinen Vorteil besonnen haben!
Trällernd ging sie auch aus dem Hause — in ihren kleinen Gemüsegarten, der auf der anderen Seite der Chaussee, aber direkt dem Hofe gegenüber lag, um die jungen Pflänzchen zu gießen. Ein Fliederstrauch stand neben der Eingangstür, dessen üppige, tieflila Dolden über den Gartenzaun hingen. Sie brach eine ab und steckte sie in den Ausschnitt ihrer Bluse. Dann trug sie von dem Brunnen das Wasser in zwei Gießkannen hinüber; leicht wurde ihren starken weißen Armen diese Last. Sie war sehr eifrig bei ihrer Beschäftigung und tat so, als bemerkte sie Karl Günther gar nicht, der jetzt mit Beil und Säge aus der Scheune kam.
Sie wußte, warum sie ausgerechnet jetzt gießen wollte: der Stoß Holz, den er zu zerkleinern hatte, lag dicht neben ihrem Gärtchen — so war sie wenigstens doch noch mit ihm zusammen, wenn er ihr auch aus dem Wege gehen wollte. „
Mit großen zufriedenen Augen sah Karl Günther um sich — in sattem Sonnenschein gebadet lag das frühlingssrische Land; smaragdgrün schimmerten die Wiesen, und wie eine große seidenblaue Glocke wölbte sich der Himmel. Wie friedlich und beruhigend wirkte das alles auf seine kranke Seele! Frisch machte er sich an seine Arbeit; spielend spaltete er die Holzstücke, daß die Späne flogen, und die Säge glitt knirschend durch die größten Äste.
Er pfiff dabei vor sich hin; irgendeine Melodie war ihm in den Sinne gekommen; er mußte selbst nicht, klar, was es war! Marie hörte die Melodie, nahm sie auf und sang mit hübscher Heller Stimme den Text — „in der Heimat, in der Heimat, da gibt's ein Wiedersehn!"
Grell klangen ihm die Worte in die Ohren; das unbewußt gepfiffene Lied kam ihm voll zum Bewußtsein; er brach plötzlich ab; ernst, fast düster wurde sein froher Blick; er hielt in seiner Arbeit inne und starrte vor sich hin. Dann hieb er mit verdoppelter, fast zorniger Kraft auf einen großen dicken Holzkloben ein, spaltete ihn auf den ersten Hieb, daß er in zwei Stücken glatt vom Hackklotz fiel. Aufatmend stand er da mit beinahe grimmigem Lächeln.
Marie war zu ihm getreten. „Sie haben aber
Kräfte, Karl-" in naiver Bewunderung sah sie
zu ihm empor und tippte an die Muskeln seines entblößten Armes.
's ist nicht so schlimm!" Er griff nach einem anderen Stück Holz. „Aufgepaßt, Marie! Gehen Sie weg —" weit ausyolend spaltete er auch dieses mit dem ersten Hieb.
„Vater wird sich wundern, daß Sie das geschafft haben! Die großen Stücke haben ihn immer schon geärgert —"
„Mir hatte es schon aufgelegen — und heute habe ich gerade Zeit," meinte er, ohne sich Lurch Marie, die immer noch bei ihm stand, in seiner Beschäftigung stören zu lassen. Er hieb darauf los, daß die Späne
nur so flogen, so daß das Mädchen sich zögernd entfernte, obwohl sie gern noch mit ihm geplaudert.
Aks Marie fertig war mit dem Gießen, zupfte sie Unraut heraus und harkte den Weg. Es war, als könne sie sich gar nicht aus seiner Nähe trennen.
Da sah sie eine Dame auf der Chaussee kommen. Es mußte alles, was nach dem Dorfe wollte oder vom Dorfe kam, an ihrem Hause vorbei.
Sie spähte einen Augenblick; daun rief sie ant- geregt: „Die Baronesse von Eggersdorf, Kan Günther!" . .
Sie trat ans dem Gärtchen heraus, bog die Fuedcr- zweige herunter, suchte darin und schnitt langsam uno bedächtig die schönsten Dolden ab.
Mittlerweile war die Dame herangekommen. Erwartungsvoll, eine Anrede erhoffend, sah Marie lyr entgegen. Sie kickste tief, wie sie es gelernt — „Grüß Gott, Baronesse —"
„Grüß Gott, Marie —" Die Angeredete war stehen- geblieben, „wie geht es Ihnen? Sind Sie nicht meyr in Wendenburg?" . ,
„Nein, Baronesse, der Vater wollte, daß m) ' kam! Wenn Baronesse mich einmal wieder gebrauche^, so gern würde ich wieder zu Baronesse kommen „Ich werde Sie beim Wort nehmen, -Karte, gegnete die Dame freundlich, neigte grüßend das z? und schritt weiter. ^ ^ mgck-
Sie mutzte an Karl Günther vorbeff der wü
sicht auf sie in seiner Beschäftigung mne geyau^ Er grüßte, sie dankte ihm, indem sie ihn rnrt em verwunderten Blick streifte — sie h atte ihn, oe den Handschuh aufgehoben, wiederer'karmt.
Marie kam auf ihn zugehuscht. > mirö!
„Ich bin neugierig, wann sie (sich verlobe Ich war doch mal ein halbes Jahsre auf xaui zur Aushilfe — als Stubenmädch en sogar . ^te immer schon der Graf Felsen! ^Baronesse
aut I» 1- auch-,