schneite es hier ununterbrochen, nachdem schon in den letzten drei Nächten dos Thermometer 5 ° unter Null herabgesunken ist. Durch die Schneemassen wurden viele Neste abgedrückt. Auch ist infolge des ischon seit Wochen anhaltenden Rcgenwetters die Wintersaat noch nicht bestellt.
Stuttgart, 20. Okt. In seiner gestrigen nichtöffentlichen Sitzung beschäftigte sich der Ge- meinderat u. a. auch eingehend mit der Frage des Fortbestands des Tiergartens. Wie in der Bürgerschaft, so war man auch im G.-R. einmütig der Meinung, daß, wenn irgend möglich, der Garten erhalten werden sollte. Man war der Ansicht, daß dies am besten auf dem Wege einer Aktiengesellschaft zu erreichen sei und der G.-R. erklärte sich demzufolge bereit, eine zu diesem Zweck ins Leben zu rufende Aktiengesellschaft erheblich zu unterstützen. Es scheint, daß in diesem Sinn auch schon Vorbereitungen getroffen find, denn so viel man hört, wird in den nächsten Tagen schon ein Aufruf aus den Kreisen der Bürgerschaft ergehe». Als Aktienkapital denkt mau sich zunächst die Summe von 800000 die Stadt wird hierbei entweder eine Zinsgarantie für 500000 ^ übernehmen oder diesen Betrag als Darlehen geben. Man hofft auch in den bürgerlichen Kollegien, daß die Hofdowänen- kammcr ebenfalls entgegenkowmt und den Platz in den unteren Anlagen, den schon im Jahr 1863 König Wilhelm I. für einen sogen. „Akklimatisationsgarten" nach französischem Vorbild in Aussicht genommen hatte, zur Verfügung stellt. Die Unterstützung der Sache durch die Krone und den Staat erscheint für das Zustandekommen der Gesellschaft wie für den Fortbestand des Tiergartens unerläßlich. Möge nun rasch ein günstiges Ergebnis für die nicht nur ganz Stuttgart, sondern auch das Land lebhaft interessierende Frage herbeig-führt werden!
(Schwab. Merkur.)
Stuttgart, 20. Okt. Der Landesausschuß des Bundes derLandwirte und der konservativen Partei hat gestern im Herzog Christof in Gegenwart des Bundesvorstands vr. Rösicke aus Berlin unter dem Vorfitz des Kommerzienrats Gundcrt die Stellungnahme zur Berfassungsreform und ein Referat des Redakteurs Schrempf hierüber entgegengenommen. An der Besprechung beteiligten sich, wie die Reichspost meldet, insbesondere die Landtagsabgeordneten Haag, Jmmendörfer, Schaible und Reichert, sowie die Ausschußmitglieder Rektor Decker, Reichst agsabgcordneter vr. Wolfs, Oberrevisor Schilling, Gutsbesitzer Frank, Mittelschullehrer Th. Dietrich und Verwalter Hiller, außerdem der Vorsitzende und der Referent. Die durch Abstimmung erzielten Beschlüsse wurden den Herren Abgeordneten zur Beachtung empfohlen.
Stuttgart, 20. Okt. Der sozialdemokratische Verein beschäftigte sich gestern Abend in einer zahlreich besuchten Versammlung mit der bevorstehenden Gemeinderatswahl. Es handelte
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sich hauptsächlich um ein Zusammengehen mit der Volkspartei. Die meisten Redner sprachen sich aus taktischen Gründen für ein Zusammengehen aus. Schließlich wurde eine Resolution angenommen, wonach das städtische Komitee die Berechtigung erhält, eventuell mit einer andern Wählsrgruppe Vereinbarungen zu treffen.
Stuttgart, 20. Okt. Aus einem Sandsteinbruch an der Haldenstraße in Cannstatt gingen gestern vormittag zwei an einen halbbeladenen Wagen gespannte Pferde Lurch. Ein des Weges kommender 50 Jahre alter Taglöhner wurde überfahren. Er erlitt innere Verletzungen und mußte in seine Wohnung überführt werden.
Horb, 20. Okt. Im Hopfengeschäft ist vollständige Ruhe eingstreten; die Produzenten find bessere Preise gewäcttgend. — Die abnorme Witterung brachte hier stark Frost und in den hoherzollcrnschcn Bergen Schnee; infolge dessen find die Bauern am Feldgeschäft verhindert; die Kartoffelernte ist noch nicht beendet.
Dornstetten, 20. Okt. Heute morgen wurden wir durch den ersten Schnee überrascht. Hoffentlich bleibt derselbe nicht allzulange, was dem Landwirt nicht angenehm wäre, da die Wintersaat noch nicht ganz bestellt ist. — Die Kartoffelernte ist beendet und der Ertrag ein recht guter. Der Preis beträgt 2 ^ pro Zentner.
Heilbronn, 20. Okt. Gestern abend wurde in einem Gasthaus eine dort beherbergte ältere Frauensperson vor ihrem Bett liegend tot aufgefunden. Am Kopfe waren mehrfache, zum Teil erhebliche Verletzungen sichtbar, weshalb der Liebhaber der Verstorbenen, ein 42jähriger Schreiner sestgenommen und dem Gericht übergeben wurde. — Wegen eines in Großgartach verübten Einbruchs- diebstahls wurde ein 28jähriger Hausbursche an das kgl. Amtsgericht eingeliefert.
Vom Bodensee. 19. Okt. Ein seltenes Vorkommnis erschreckte, wie das „Lindauer Tagbl." meldet, dieser Tage die Passagiere des von Jmmen- dingen nach Konstanz fahrenden Nachmittags- Schnellzuges. Ein gut Stück nach dem Verlassen der Bahnstation Engen hielt der Zug plötzlich mitten auf freiem Felde an. Die Ursache lag darin, daß der Lokomotivführer, von einem Schlag- anfall betroffen, außer Stande war, die Maschine weiter zu leiten. Dem Befehle des Zugmeisters, an Stelle des Erkrankten die Führung des Schnellzuges bis Konstanz oder wenigstens bis Radolfzell zu übernehmen, wiedersetzte sich der Heizer mit dem Hinweis auf die für ihn damit verbundene große Verantwortlichkeit aufs entschiedenste. So blieb denn nichts anders übrig, als das Eintreffen des eine halbe Stunde später dem Schnellzug nachfolgenden Personeuzugs abzuwarten. Erst als dessen Lokomotivführer die Funktionen seines krank ge
wordenen Kollegen übernommen hatte, konnte der Schnellzug die Fahrt nach Konstanz fortsetzen.
Pforzheim, 20. Okt. Bei der gestrigen Landtagswahl siegte im Wahlkreis Pforzheim-Nord der Kandidat der vereinigten liberalen Parteien Stadtrat Alb. Wittum, im Wahlkreis Pforzheim- Süd der sozialdem. Kandidat Buchdruckereibefitzer Adolf Geck in Offenburg. Pforzheim-Land wählte wieder den seitherigen Landboten, den Sozial. Emil Eichhorn.
Karlsruhe, 20. Okt. Bei den gestern stattgehabten Laudtagswahlen fielen von 73 Wahlkreisen 26 der Zentrumspartei zu, 17 dem liberalen Block (Natioualliberale, Jungliberals, Freifinnige, Demokraten, National-Soziale) 5 den Sozialdemokraten, einer den Konservativen. 24 Stichwahlen werden am 28. Oktober ausgetrageu werden müssen.
Berlin, 20. Okt. Infolge eines Auto- mobilunsalls schwebte der Kaiser gestern in Lebensgefahr. Er hatte sich im Automobil nach dem Dom begeben, um sich von den Fortschritten der künstlerischen Arbeiten zu überzeugen. Nach erfolgter Besichtigung bestieg er im Lustgarten sein Automobil, um zum Schloß zmückzukehren. Als er die Straße kreuzte, kam von der Kaiser Wilhelmbrücke her eine Auromobildroschke in scharfem Tempo herangefahren, der direkt auf das kaiserliche Gefährt lossteuerte. Beide Wagen trennte nur noch ein kleiner Zwischemaum, als der kaiserliche Chauffeur die Gefahr erkennend, blitzschnell seinem Automobil eine scharfe Wendung gab. Obwohl gleichzeitig auch der Droschkenkutscher dem kaiserlichen Gefährt auszuweicheu versuchte, war ein Zusammenstoß nicht mehr zu vermeiden. Der Anprall wurde jedoch durch scharfes Bremsen des DroschkensührerS im letzten Moment erheblich abgeschwächt, so daß weder der Kaiser noch eine andere Person beschädigt wurde. Die Automobile hatten sich allerdings mit den Rädern ineinandergeschoben, so daß sie von den Führer« gewaltsam getrennt werden mußten. Der Kaiser blieb bei dem Vorgang völlig ruhig und fuhr alsbald ins Schloß; sein Automobil war unbeschädigt, nur die Droschke hatte leichte Havarie erlitten.
Zürich, 20. Okt. Gestern erschoß sich der königlich-bayrische Musik-Direktor Peuppus aus München. Er hatte mit seiner Kapelle in Zürich zwei Konzerte gegeben.
Paris, 20. Okt. Dem frühem deutschen Marine-Osfizier Kretzichmar ist auf der Reise nach Paris ein Chek im Betrage von 1292000 Francs gestohlen worden.
Brüssel. 20. Okt. Nach einer Privat- depesche aus I katerinoslaw kam der Direktor der Walzwerke in Ntschni Dniprovsk gestern abend bei einem Bomben-Attentat ums Leben. Die dortigen Werke find eine Filiale der Duisburger Werke zur Herstellung von Werkzeugen für Walzwerke. Das
fort. „Ich war, als er uns aus den Augen gekommen war, immer der Meinung, er habe sich irgendwo angesiedelt, wo keine Menschen sind, mit denen er sich zanken könne, habe sich wieder verheiratet und sein Kind zu sich genommen, das, wie er einmal in einer melancholischen Stunde sagte, wieder eine Mutter haben müsse . . . Also auch von dem Kinde weiß man nichts? Er hatte es in ganz zartem Alter fremden Leuten übergeben . . . Seltsamer Mensch!"
„So Gott will, wird auch das Kind gefunden!" Wir find auf seiner Fährte! . . . Herr von Zernik," wandte sich Dagobert zugleich an diesen, „bin ich Ihnen und Ihrer Fra« Gemahlin nicht lästig, so gestatten Sie mir die Wiederholung meines Besuches noch heute Abend. Ich lese eS in den Augen unserer Zia, daß sie Sehnsucht nach einer Person hat, die ihr teuer ist . . . Ich gehe, um den Papa Lübks zu suchen," richtete er sich lächelnd, an Zia; „aber ich muß ihn erst den Händen meines Freundes Blenke entreitzen- Halten Sie sich auf große, wenn auch zum Teil traurige Ueberraschungen gefaßt, denn ich sehr im Geiste meinen Freund Blenke schon arbeiten und er wird uns nichts ersparen, waS daS Gemüt erschüttern kann!"
„Wie sonderbar seine Worte klangen, mit denen er ging!" flüsterte Zia, sich abwendsnd, als Dagobert fort war. „Wäre ich hierher zurückgekehrt, wohin es mich so unwillkürlich zog, um wiederum Traurige» zu erlebe« und jetzt schon bei meiner Ankunft, der ich so freudig entgegensah!"
„Zia, da» also ist, wenn ich recht verstanden habe, der junge Mel«, von dem du uns erzähltest?" fragte die Baronin, ihren Arm in den de» Mädchens schiebend. „Unser Eintritt in diese» HauS scheint ein recht unruhiger, komm du sollst mir beim Lunch erzählen, wa» der ander» Herr wollte. Ich bin noch nicht klug geworden, war hier vorgegangen ist!"
Sie zog da» Mädchen mit sich in da» Schlafzimmer und auch Zernik erhob sich schwerfällig, um ihnen zu folgen.
„Wenn ich nur wüßte, waS für rin Zrrwk das gewesen ist, der hier in dieser Wohnung . . .!" sprach er vor sich hin. „Meine Frau darf aber nichts davon erfahren, sonst zieht sie heute noch au» und ich habe die Unb-quem'ichkei t davon!" . . . Und der arme Sesto! Vermacht bei lebendigem Leibe seine Güter einem Neffen, den er nie gesehen, und verschwindet! . . . Wäre er zu mir zurückgekehrt! Ich verstand ganz gut mit seinen Launen auSzukommrn!..."
AIS Dagobert, hoch erregt, in seine Wohnung trat, fand er ein Billet von Blenke.
„Meine Tpionin meldet mir eben, daß die schöne Frau vor ihrer Weiterreise nach England Sie dringend noch einmal zu sehe» wünsche, nachdem ich ihr durch sie habe Mitteilen lassen, daß man Sie heute zurück erwart«. Halten Sie sich bereit, ich gebe Ihnen morgen einen Wink, wenn ich alle Minen springen lasse!"
„Mein Gott, kann mir denn dar nicht erspart werden!" rief er überdrüssig. „WaS will sie von mir! Möchte sie doch heimlich die Stadt verlassen um sich den Händen Blenke'S zu entziehen! Mag sie getan habe», wa» sie will, ich vergebe ih ... ja in dem Grade, daß ich vergessen möchte, was geschehen ist, daß ich darauf verzichten möchte, den Schleier gelüftet zu sehen, de« über all' dem lag! . . . Zia ist gerettet; sie ist schön geworden, so schön und anmutig, wie ich sie damals schon werden sah, als . . . Aber fort mit alledem! ... Ich will zu ihr, wenn Blenke eS durchaus verlangt, dessen Wünschen ich mich nicht mehr entziehen kann, und dann . . . Auch ich will fort von hier, will in die schönen Berge meiner Heimat . . . Schon heute Abend, wenn ich Zia wiedersehe, will ich ... Ja, warum zaudern! Da drüben in dem schönen, von Berge» und Auen umgebenen Schloß, in dem mein Oheim keine» Frieden hatte, soll dieser wieder «inziehen."
(Fortsetzung folgt.)