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gerieten die Angeklagten in der Lehenhalde bei Heslach mit dem 25 Jahre alten ledigen Lokomotiv­heizer Schmid von hier aus geringfügigem Anlaß in Streit, wobei Schmid zuerst zuschlug. Sodann hieben die Angeklagten mit ihren Stöcken auf Schmid ein. Zwei Schläge trafen den Kopf. Die Folgen dieser Schläge waren sehr schwere, denn Schmid starb nach 2 Tagen im Krankenhaus und zwar wurde als Todesursache Zertrümmerung des Gehirns festgestellt. Bei der Verhandlung machten die An­geklagten Notwehr geltend. Nach äiziltch-r Aussage hatte der Getötete eine abnorm dünne Schädeldccke. Der Vertreter der Anklage bat die Schuldfrage zu bejahen, während die Verteidiger auf Freisprechung plaidierten, da Notwehr vorltege. Die Geschwore­nen verneinten die Schuldfrage, worauf das Urteil auf Freisprechung lautete unter Uebernahwe sämt­licher Kosten auf die Staats kaffe. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Ackin, Verteidiger waren die Rechtsanwälte Fr. Haußmann und Haffner.

Eßlingen, 12. Okt. Se. Majestät der König wird zum Jägerfest am Sonntag von Friedrichshofen hier eintreffen.

Freudenstadt, 12. Okt. In der Fülen- schleiferei von Wilh. Graf hier, die vor einiger Zeit in der früher Adrion'schen Sägmühls einge­richtet wurde, ereignete sich gestern vormittag ein schwerer Unglücksfall. Während der Arbeit zersprang der Schleifstein, von dem ein Stück den an ihm beschäftigten Arbeiter Gustav Müller so unglücklich an den Kopf traf, daß der Tod kurze Zeit darauf erfolgte. Ein anderes Stück zerschmetterte dem Besitzer Graf den Arm. Die Schuld trifft anschei­nend niemand.

Vom Oberamt Rottwetl, 10. Okt. Vom Heuberg und aus Hardt bet Schramberg wird über Schneegestöber berichtet, wie man es sonst nur an Weihnachten gewohnr sei. Dos Oehmd liege noch zur Hälfte feit vier Wochen und gehe in Fäulnis über.

Ravensburg, 12. Okt. Der vormalige Bankier Rudolf Schätzte von Aulendorf, welcher sich gestern zum Antritt der ihm am 7. April 1905 vom Schwurgericht wegen Falschetds zuerkannten lOmonatigen Gefängnisstrafe bei der hies. Staats- anwoüschaft stellen sollte, ist in letzter Stunde flüchtig geworden. ES ist deshalb ein Haftbefehl gegen ihn ergangen. Schätzte war seither gegen Sicherheitsleistung auf freiem Fuß.

Vom Allgäu, 11. Okt. Seit nunmehr zehn Tagen haben wir in unserer Gegend mehr oder weniger Schneefall. Seit gestern bleibt der Schnee auf den Fluren und Dächern liegen, und allenthalben steht man Neste und Zweige um­herliegen, die der Schnee von den noch vollbelaubten Bäumen geknickt hat.

In München ging gestern morgen ziemlich starker Schneefall nieder.

Aus Sachsen. 10. Okt. Das ganze Erzgebirge ist mit Schnee bedeckt, der stellen­weise 2030 em hoch liegt und die ganze Kartoffel- und Grummeternte gefährdet. In der Gegend des Fichtelbergcs stehen die Haberfelder noch grün.

Glücks bürg, 11. Okt. Prinz Eitel Friedrich hat sich mit der Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg verlobt. Prinz Eitel Friedrich, der zweite Sohn des Kaiserpaares,

ist am 7. Juli 1883 geboren. Hauptwann im 1. Garderegiment zu Fuß, Prinz, sstn Sophie Charlotte ist die am 2. Februar 1879 geborene einzige Tochter erster Ehe des Großherzogs Friedrich August von Oldenburg und der Prinzessin Elisabeth von Preußen (-s- 1895). Der Großherzog verwählte sich zum zweitenmal 1896 mit Elisabeth Herzogin von Mecklen­burg, gcb. 1869, und aus dieser Ehe find 3 Kinder vorhanden, Ecbgroßherzog Nikolaus, geb. 1896, und zwei Töchter.

Berlin, 12. Okt. Der Friedensschluß in dem großen Elektrizitätsstreik wird wahr­scheinlich Ende der Woche perfekt werden. Wenn die Versammlungen, die o« Freitag Vormittag in ollen großen Sälen statlfinden, das Ultimatum der Unternehmer annehmen, dann wird die Arbeit am Montag in ollen Betrieben wieder anfgenommen werden. Ueber den Inhalt der Vereinbarungen, die die Grundlage des Friedens bilden, soll noch Stillschweigen bewahrt werden, doch verlautet schon heute, daß sich die Arbeitgeber damit einverstanden erklärt haben, den beiden streikenden Gruppen der Schraubendreher und Lagerarbeiter, die den Anstoß zur Aussperrung gaben, soweit als möglich entgegen zu kommen. Die Stimmung der Arbeiterkreise ist scheinbar nicht günstig. Dennoch ist zu hoffen, daß es der Organisation gelingt, die Arbeiter zur Auf­nahme der Arbeit zu bewegen.

Hamburg, 12. Ott. DasHamburger Fremdeublatt" veröffentlicht auszugsweise eine Be- schwerdeschrift, die sämiliche Oberhäupt­linge und Häuptlinge Kameruns an den deutschen Reichskanzler und den Reichs­tag g e s a n d t h a b e n. In der Beschwerde, die die durchaus loyale Haltung der Kameruner gegen die deutsche Regierung und insbesondere gegen die Person des deutschen Kaisers betont, wird unter Anführung ausführlich geschilpter Eiuzelfälle leb­haft Klage geführt gegen das RegierungSsystem des Gouverneurs von Puttkamer und über die Mißgriffs einzelner Beamten. Da zahllose Beschwerden beim Gouverneur erfolglos geblieben seien, sähen sich die Häuptlinge gezwungen, direkt in Berlin Schutz zu suchen. Die Eingabe fordert die sofortige Rück- berufnrg Putikamers als einziges Mittel zur Be­ruhigung der aufgeregten Bevölkerung.

Prag, 12. Okt. Wie die Naroduy Listt melden, soll in Raliborowitz an der galizisch-russischen Grenze der Guisbesitzer Matejko, ein Sohn des be­kannten polnischen Malers gleichen Namens auf den Prinzen Ludwig Windischgrätz fünf Revolver schaffe abgegeben haben, weil dieser über sein, des Matejko Feld geritten sei. Der Prinz blieb unverletzt, nur seine Mütze wurde von einer Kugel durchbohrt.

Moskau, 11. Oki. Die Unruhen tragen der Petersb. Telegr.-Agentnr zufolge keinen wirtschaftlichen, sondern einen politischen Charokter, da die Arbeiter an der Reichsduma teilnehmen wollen. Nach amtlichen Berichten fand der erste Zusammenstoß am 6. Oktober auf dem Strastni- Plotze statt, wobei ein Gendarmerieosfizier durch Steine verletzt wurde, 1 Soldat durch eine Kugel und ein Unteroffizier und ein Gendarm durch einen Stein. Unter der Menge wurde niemand verletzt. Am 7. Oktober fanden neue Zusammenstöße statt. In der Nähe der Redaktion des MoSkowskt Listok wurden 3 Polizisten verletzt; bei dem Nikitski-Tor 1. Auf dem Nikitski-Bovlevard warf die Menge mit Steinen auf eine Eskadron Dragoner, von denen

1 schwer verletzt wurde. Auf dem Twerschen Boule­vard wurde G. wehrfeuer abgegeben. Eine Zivil­person wurde verletzt; 2 Kosaken erhielten schwere Verletzungen; niemand wurde gelötet. Der Präfekt ließ den Boulevard dreimal absuchen, es wurde aber keine Leiche gefunden. 2 Personen erklärten, verwundet worden zu sein, und entfernten sich nach Anlegung eines Verbandes. Am 8. Oktober wurde in der Nähe eines Privathauses geschossen. Dabei wurde 1 Kosak. 1 Polizeiageut und ein Kommissar verwundet. Mehrere Bäcker erlitten Verletzungen durch Steinwürfe. Am 9. Oktober fand kein Zu­sammenstoß statt. Am 10. Oktober erfolgte ein Zusammenstoß in der Nähe einer Möbelfabrik, wo­bei ein Kommissar tödlich verl tzt und 2 Agenten verwundet wurden. Am 11. Oktober wurden bei einem Zusammenstoß 2 Agenten und 1 Kutscher verwundet. Getötet wurde niemand während der ganzen Dauer der Unruhen.

Christiania, 12. Okc. In der gestrigen Sitzung der medizinischen Gesellschaft teilte Or. Geirsvold mit, daß es ihm gelungen sei, den Bazillus der Rückenmarkschwindsucht zu entdecken.

(Eingesandt.)

Bei der Beratung des Postctats im Mai dieses Jahres ist von verschiedenen Mitgliedern der Abgeordnetenkammer der Wunsch ausgesprochen worden, die Post u öze darauf hiuwtrken, daß im Erdgeschoß der Wohnungen Briefkästen zum Ein­legen gewöhnlicher Bricssendungen und Zeitungen für die Bewohner der verschiedenen Stockwerks an­gebracht werden, damit dem Briefträger für die Regel der Gang in die weiteren Stockwerks erspart werde. Diesem Wunsche ist die Postverwaltung gerne entgegen gekommen, sowohl wegen der Erleich­terung für die Briefträger, als auch wegen der durch solche Hausbriefkästen erreichbaren Beschleunigung der Bestellung, die sich besonders für gegen das Ende der Tour eines Briefträgers liegende Häuser spürbar macht. Um aber möglichst wirksam zu sein sollte diese Eiarichjung möglichst weite Verbreitung finden. Es sei deshalb auch an die Anregung aus Abgeordveterkreisen erinnert. Unseres Wissens be­finden sich an manchen Glastüren solche Briefkästen, die sich wohl leicht von den obern Swckwerken ins Erdgeschoß verlegen ließen; auch in manchem HauS ohne P.ivaibriefkasten könnte noch einer angebracht werden. Der Briefträger macht in solchem Fall den Empfänger eines Briefs auf das Einlegen des­selben in den Kasten durch ein Elcckenzüchen auf­merksam.

Wer darüber nachdevkt, wie z. B. im Winter der an den Stiefeln hängen bleibende Schnee dem Briefträger das Treppensteigen erschwert, oder wer in der Sommerhitze einmal unsreHundert Staffele" schweißtriefend htnaufgestiegen ist, der Wirts dem Briefträger gern gönnen, wenn die so uud so viel hundert Staffeln und Stufen, die er auf einem Bestellgang hinauf- und herab­steigen muß, um einige Hundert verringert werden. Aber bitte! Nicht bloß gönnen, sondern wer kann der Sache zur Wirklichkeit verhelfen. -r.

G-ttesdie«str

am Kirchweihfest, de« 17. Sonntag «ach Hrinit. Vom

Turm- 342. Predigtlied 88: Wer ist wohl wie du rc. Kirchenchor: Frisch auf und laßt uns singen. 9','r Vorm.-Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Töchtern.

Senners!« g. 19. Okt. 8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Amtliche Md PkivlltMigm.

Forstbezirk Stammheim.

Weqsperre.

Wegen Bauarbeiten werden die zur staatlichen Waldbrücke bet Ksutheim führenden Holzabfuhrwege derStaats- forstverwaltung im Distrikt Dickemer Wald, der sog. Sa«dwea, Wald­steige und Bahnweg auf 14 Tage für den Verkehr mit Fuhrwerken gesperrt.

K. Forstamt.

Dmpflllchbktckti.

Die Dampfstroßenwalze wird in der Zeit vom 16. Oktober bis 2. No­vember die Staatsstraße Nr. 85, Tü­bingen-Calw, zwischen Deckeupfronn und Etammheim befahren und bear­beiten.

Wenn dir von der Walze zu bearbei­tende Straßenstrecke vorübergehend abge­

schrankt ist, haben Reiter uud Fuhrwerke vor den ausgestellten Schranken so lange anzuhalten, bis die Erlaubnis zum Durch­gang gegeben wird, was in der Regel geschieht, sobald die Walze in die Nähe der betreffenden Schranke kommt.

Calw, den 12. Oktober 1905.

K. Straßenöan-Znspektion.

Burger.

Schmieh.

Am Dienstag, de« 17. Oktbr.,

verkauft die Gemeinde einen zum schlachten tauglichen

Famo.

nachmittags 1 Uhr, beim Farreu- halter.

Gemeinderat.

E Uxxoldsksn-LsnL-kümäbrietsn rc.

L Ln- u. Vsrlrsnk von Stsntspoxisren i»

KrkMimchMs detr. die Gemndl. Fortdiidmgsschule.

Zum Beginn des Winterhalbjahrs der gewerbl. Fortbildungsschule werden im Folgenden die für die Lehrherr« ««d Schüler wichtigste« Bestimmung«« der Satzung der gewerbl. Fortbildungsschule veröffentlicht:

8 1 .

Alle im Gemeindebezirk Calw wohnhaften oder dort in Stellung befind­lichen Ge Werbelehrlinge und Gewerbegehilfen sind bis zum Ablauf des Kalenderjahrs, in welchem sie das 17. Lebensjahr vollenden, alle Hand- lungslehrlinge, Handlungsgehilfen und Fabrikarbeiter bis zum Ablauf des­jenigen Kalende,jahrs, in welchem sie dos 16. Lebensjahr vollenden, verpflichtet, die hier errichtete gewerbliche Fortbildungsschule an den hiesür festgesetzten Tagen und Stunden zu besuchen und am Unterricht in den nicht zur Wahl gestellten Fächern teilzunehmen.

8 2.

Der Schulvorstand kann beim Nachweis derjenigen Kenntnisse, deren Aneignung das Lehrziel der Anstalt bildet, Befreiung vom Besuch der Schule oder einzelner Fächer gewähren.

Außerdem find nach 8 120 Abs. 3 der Gewerbeordnung vom Besuch der Schule diejenigen befreit, welche eine Jnnungs- oder andere Fortbildungsschule oder Fachschule besuchen, sofern der Unterricht dieser Schule von der höheren Verwaltungsbehörde, der Kommission für die gewerblichen Fortbildungsschulen, als ein ausreichender Ersatz des allgemeinen Fortbildungsschulunterrichts an­erkannt wird. ^ . ,

Eine vollständige oder teilweise Befreiung ans andern Gründen kann nur mit der Genehmigung der Kommission für die gewerblichen Fortbildungs­schule« zugelassen werden.