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er ging aber nicht hinein. Nach der Tat schloß Mogler das Haus auf und entfernte sich, nachdem er das Haus von außen verschlossen und den Schlüssel hatte stecken lassen. Nun begab er sich nach Heilbronn. ES war dies kurz vor 4 Uhr morgens. In Heil­bronn eilte er auf den Bahnhof und, da der nächste Zug nach Frankfurt in 6 Minuten abging, löste er ein Retourbillet nach Frankfurt a. M., wo er um '/-IO Uhr morgens ankom. Er kaufte sich in Frank­furt einen Anzug, Schuhe und einen Hut in ver­schiedenen Läden und reiste, weil gerade ein Zug nach Berlin bereit stand, noch am gleichen Tage nach Berlin. Dort wohnte er bei einer Familie und hielt sich daselbst 3 Wochen auf, bis er sich am 2. Juli selbst der Polizei stellte. Jener Familie gegenüber will er sich den Namen Brandstetter aus Heilbroun beigelegt haben. Schließlich ging ihm das Geld aus, weshalb er sich der Polizei stellte. Auf der Polizei gab er an, er sei der Ernst Mogler aus Bückingen, der wahrscheinlich jausgeschrieben sei. Die Berliner Polizei hat aber von dem Ausgeschriebenen nichts gewußt. Zu seiner Verteidigung und Ent­schuldigung kann Mogler nichts Vorbringen. Er habe es im Geschäft bei Bullinger gut gehabt, er sei ordentlich bezahlt, beköstigt und behandelt worden. Schulden hatte er auch keine. Nach der Vernehmung Moglers trat eine Mittagspause ein. Die Verhand­lung dauert fort und dürfte erst heute Nacht spät oder morgen früh zu Ende gehen.

Heilbronn, 6. Okt. Der wegen 3 fachen Raubmordes an den Bullinger- schcn Eheleuten und deren4jähr. Söhn- chen Friederich angeklagte Bäcker­geselle Ernst Mogler aus Bückingen wurde dreimal zum Tode und zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.

N eckarsulm, 5. Okt. Heute nachmittag wurde der Sohn des Gntspächters Jakob Benkele vom Böttinger Hof wegen dringenden Verdachts des Mords an der 16jährigen Dienstmagd Katharine Knoll ans Amtsgerichtsgefängnis Neckarsulm ab­geliefert. Bei näherer Untersuchung wurden in der Kammer des erst 17jährigen Burschen blutbefleckte Kleider vorgefunden, was zu seiner Verhaftung führte.

Schramberg, 5. Okt. An einem der letzten Morgen sah der Lokomotivführer des von hier abgehenden Frühzuges auf der Brücke Nr. 5 der Bahnlinie SchrambergSchiltach eine starke Diele quer über den Schienen liegen; glücklicher­weise gelang es ihm, den Zug unmittelbar vor dem gefahrdrohenden Hindernis zum Stehen zu bringen. Trotz eifriger Fahndung ist es noch nicht gelungen, den Urheber der zweifellos vorliegenden Freveltat zu ermitteln.

Ofsenburg, 6. Okt. Der Bürgermeister Hermann Haas in Kappelrodeck hat sich ge­stern abend der Staatsanwaltschaft gestellt mit der' Selbstanschuldigung, daß er als Kassier des Vor- s chußvireins etwa 360000 unterschlagen und für etwa 60000 Wechsel gefälscht habe

Die Unterschlagungen sollen auf etwa 15 Jahre zurückceichen.

Erfurt, 6. Okt. Der Stadtverordnete Patentavwalt Meyer wurde unter dem Verdacht bedeutender Unterschlagungen im hies. Patent-Bureau verhaftet. Der Vorfall erregt hier großes Aufsehen, da Meyer für einen sehr wohl­habenden Mann galt.

Berlin, 6. Okt. Bei der Begegnung des deutschen Reichskanzlers mit dem italienischen Minister Tittoni soll, wie die Germania hört, auch die Frage besprochen worden sein, ob der heilige Stuhl auch bei der neuen Haager Friedens- Konferenz Sitz und Stimme erhalten soll. Des vorige Mal hat der Einspruch Italiens es verhindert. Diesmal soll Italien dafür sein, Frankreich aber dagegen.

Berlin, 6. Okt. Die Arbeiter der Firma Siemens u. Halske haben der Direktion die Mitteilung zukommeu lassen, daß sie die Abficht haben, die Sparkasse, die unter der Leitung der Firma steht, oufzulösen. Den Statuten entsprechend soll die Auflösung am Montag erfolgen. Einzelne Arbeiter haben in dieser Sparkasse Einlagen von 30 bis 100 Verschiedenen alten nach Ansicht der Vorgesetzten zuverlässigen Arbeitern find Schreiben zugegangen, in denen die Erwartung ausgesprochen wird, daß sie morgen früh zur Arbeit erscheinen werden. Die Arbeitszeit sei bis auf weiteres auf 9 bis 5 Uhr festgesetzt. Diese Briese sind mit den Unterschriften der betreffenden Werkmeister versehen. Eine Anzahl alte Arbeiter sollen der Aufforderung bereits nachgekommen sein.

Mostobft- und Weinpreise.

Stuttgart, 6. Okt. Kartoffelgroßmarkt auf dem Leonhardsplatz. Zufuhr 950 Ztr. Preis 23 per Ztr. Krautmarkt auf dem Charlottenplatz. Zufuhr 1000 St. Preis 1620 für 100 Stück. Mo st ob st markt auf dem Wilhelmsplotz. Zufuhr 600 Ztr. Preis 77 50 ^ per Ztr.

Horrheim, 6. Okt. Verkäufe zu 116 bis 120 pro 3 bl. Feil noch ca. 800 bl. Gute Rotweine, vorherrschend Trollinger.

Ensingen O.A. Vaihingen, 5. Okt. Lese noch nicht beendigt. Verschiedene Käufe zu 125 pro 3 KI. Immer noch viel Vorrat des nament­lich auf das Lager ausgezeichnet geeigneten Weins.

Standesamt Kak».

Geborene.

2. Okt. Marie Elisabeth und Bertha Pauline, Töchter

des Robert Störr, Maschinenstrickers hier. 5. Anna, Tochter des Philipp Merz, AnkupplerS

hier.

Getraute.

3. Okt. Franz Schoenlen, Kaufmann von hier mit

Bertha Buck von hier.

G esto rbene.

29. Sept. Johanna Maria Binder, Tochter der Johanna Binder, Dienstmädchen in Degerloch, S Monate alt.

haben, lenkte sich alsbald auf Mogler, der flüchtig geworden war, aber etliche Wochen später sich in Berlin der Polizei stellte und sogleich ein volles Geständnis ablegte. Mogler ist 14mal vorbestraft, darunter wegen einfacher und schwerer Diebstähle. Mogler hat kein ungetrübtes Vorleben. Seine Eltern starben früh. Vater und Mutter hat er nicht gekannt. Vom 7.14. Lebensjahr wurde er im Waisenhaus in Stuttgart erzogen. Nach manch­erlei Lehrstellen und Arbeitsstätten, in welchen er nie gut getan hat, und nach vielerlei Vorbestrafungen kam er im Mai ds. IS. zu dem Bäcker Bullinger in Neckargartach. Die ärztliche Untersuchung des äußerst unscheinbaren Burschen, der selten ins Wirts­haus ging und nie viel trank, hat ergeben, daß er gesund und vollständig zurechnungsfähig ist. Zur Verhandlung find 9 Zeugen geladen. Sie wird geleitet von Landgerichtsdirckior Barth. Die An­klage vertritt Oberstaatsanwalt Fetzer, die Ver­teidigung ist Rechtsanwalt Bückling zugewiescn. Vom Justizministerium wohnt Ministerialrat Röcker der Verhandlung bei. Mogler gibt an, er sei am 12. Juni abends 7 Uhr nach Hause gekommen, habe sodann gevespert, den Teig angelaffen, Kaffee getrunken und sei dann in sein Schlafzimmer ge­gangen. Dort habe er noch Mundharmonika ge­spielt und sich dann zum Schlafe niedergelegt. Um '/-2 Uhr nachts sei er geweckt worden. Er sei in die Backstube hinunter gegangen, wo er mit Bullinger gesprochen habe; auch Frau Bullinger sei in die Backstube gekommen. Beide kamen von einem Tanzvergnügen zurück. Als beide in die Wohnung hiuaufgegangeu waren, bereitete er (Mogler) das Backen weiter vor und weckte etwa eine Stunde später Bullinger, der auch sagte er komme gleich. Bullinger schlief jedoch, wie es scheint, wieder ein und kam auf wiederholtes Wecken nicht herunter. Nun sei ihm der Gedanke gekommen, da Bullinger fest schlief, das Geld, das wie er wußte im Neben­zimmer aufbewahrt war, zu raubeu. Er bewaffnete sich nun mit einem Beil und ging hinauf in die Wohnung Bullingers. Dort betrat er das Schlaf­zimmer, nachdem er vorher nochmals geklopft und keine Antwort bekommen hatte. Nun trat er an die 3 Betten heran, in welchen Bullinger, seine Frau und das Kind schliefen. Mit einem Hieb schlug er auf die ihm zunächst liegende Person zu, welche er für den Mann hielt. Tatsächlich war es aber die Frau. Als nun die zweite Person sich regte, schlug er auch diese mit einem Betlhieb nieder und hieb jeder der Personen noch 23 Streiche über den Kopf. Alsdann erschlug er auch das Kind, das sich im Schlafe geregt hatte. Hierauf ging er in das Nebenzimmer und erbrach den Schrank, weil er den Schlüssel in Bullingers Hose nicht fand. Im Schrank nahm er das vorhandene Silber und Gold, sowie 3 Hundertmarkscheine aus einer Schub­lade. Sodann wusch er sich in der Küche Hände und Gesicht und begab sich in seine Kammer, um bessere Kleider anzuzieheu. Dann ging er nochmals in die Wohnung Bullingers und eignete sich die Geldtasche der Frau an, sowie die 3 Hundertmark­scheine, welche er am Schrank vergessen hatte. Hiebei hörte er im Schlafzimmer noch Röcheln;

begnadet; er gab Ihne» Reichtum, Rang, alle äußeren und inneren Vorzüge..." Dagobert warf die Hülle wieder über das Bild.

Zs sollte schon nach Wien gesandt werden, ich beauftragte «inen Kollegen von mir, eS aus dem Atelier zu holen, dar während dieser Jahre verwaist und verschlossen dagestanden hatte, denn wie ich mich gestern Abend überzeugte ist die Frau Wallenthin gestorben, der Pfarrer Lehrend wie man glaubt, zu Verwandten gegangen. ES war für mich ein wehmütiger Moment, als ich die Schwelle jenes Vorstadthauses wieder betrat. Ich selbst, Herr Blenke, dringe jetzt auf Entscheidung. Der Gedanke, daß diese junge Frau dennoch unschuldig oder weniger belastet ist, als Sie annehmen, wird mir eine Qual. Angesichts dieses Bildes muß sie verraten, ob sie dieselbe ist, die hier in Rom demselben eine so besondere Aufmerksamkeit gezeigt hat."

Würden Sie, Herr Traf, eL selbst übernehmen, ihr dieses Bild vor Augen zu führen?"

Ich? Nimmermehr!" Ich wiederhole Ihnen meinen Wunsch, ich will sie nicht Wiedersehen! Ihrem Kriminalistenblick wird eS leichter werden, dir Wirkung diese» Bilde» auf sie zu beurteilen ... Zu wa» forschen Sie so weit draußen! Finden Sie hier die Schuldigen, so muß eS Ihnen gelingen, sie zu einem Geständnis zu treiben."

Sehr wahr da»! Ich muß hier abwarten, wa» man in Wie» au» Wirdenstein heraukpreßt, dessen man sich jedenfall« nur al» eine» Werkzeuge» bedient hat, den» mit der Irländer« ist gegenwärtig nicht» anzufangen. Sie hat ja alle» wiederruf«», was sie mir auSgrsagt, fällt von einem BoSheitSkrampf

in den andern, droht sich die Zunge abzubeißrn, wenn ich sie zwinge, noch ferner Dinge zu bekennen, dir sie nur gesprochen Hab«, als man sie betrunken gemacht hatte, die also nicht wahr seien, und dieser Kunstreiter nutzt mir auch nichts, da er mir jedenfalls schon gesagt hat. wa» er weiß. Ich habe ja alles in Bewegung gesetzt, um etwas über die Herkunft der schönen Frau zu erfahren, und hierin setze ich mein« Hoffnung auf den Pseudo-Semlow, der auch daS Bett hütet und wenigstens für den Moment geschont werden muß. DaS Experiment mit dem Bilde werden wir versuchen, ich muß zu ihr, sorgen Sie nur dafür, daß sdaS Bild in einer Stunde am Schaufenster eine« Kunsthändl«» unter den Linden ausgestellt werde. Am Nachmittag hoffe ich, Ihnen wieder aufwarten zu können."

Blenke schaute auf der Straße nach der Uhr. Ec durfte nicht versäumen, der schönen Frau heute seinen Besuch zu machen. Für seine gestrige Unaufmerk­samkeit wußte er Vorwände genug; e» galt, sie von dem Grafen Tests zu unter­halten, ihr eine Zerstreuung, eine Promenade vorzuschlagrn, sie zu beruhigen und ihr Vertrauen einzuflößen, bis er über seine Mittel verfügen könne. Man forschte, bereits »ach allen Richtungen, um etwas über die Familie Rothenhelm zu erfahren, «in Name, der so ungewöhnlich klang und in keinem Register zu finden war; man hatte auch nach London telegraphiert und in der Bank gehört, daß eine Dame diese» Namens dort ein große» Kapital deponiert habe, indes Blenke rechnete, wenn alles versage, auf den Pseudo-Semlow, in dem er instinktmäßig den Träger de» ganzen Geheimnisse» zu erblicken meinte. Morgen war de« alte Mann durch Hilfe de» Arzte» vielleicht wieder soweit hergestellt. Aber er war gemüttkrank und mußte geschont werden. (Forts, folgt.)