„Daily Telegraph" zu den Attentatsplänen auf Streseman».
London, 19. Dez. Der diplomatische Berichterstatter des „Daily Telegraph" schreibt zur 9lachricht von der Aufdeckung eines Attentatsplanes gegen Dr. Stresemann: Man findet es schwer begreiflich, wie derartige Drohungen gegen einen Staatsmann gerichtet werden können, der in hervorragendem Maße befähigt erscheint, weitere Zugeständnisse seitens der Alliierten zu erlangen.
Ei« italienischer Flottenstützpunkt auf Rhodos.
London, 19. Dez. Einer Meldung der „Westminster Gazette" aus Angora zufolge legen die Italiener auf der Insel Rhodos einen moedrnen Marinestützpunkt an. Die italienische Botschaft kauft alles verfügbare Land an der türkischen Mittelmeerküste in der Nähe von Adala an. (Trotz Locarno und Abrüstungsbestrebungen. Schriftl.)
Die Haltung Rußlands.
. Moskau, 19. Dez. Die Antwort der Sowjetregierung auf die an sie ergangene Einladung des Völkerbunds zur Teilnahme zu der am 15. Februar in Genf stattfindenden Vorbesprechung für die Abrüstungskonferenz wird dahin lauten, daß sich die Sowjetunion zwar an der Abrüstungskonferenz zu beteiligen wünscht, aber keinen Vertreter nach Genf entsenden wird. Die „Jswestija" ist der Ansicht, daß die Einladung nach Genf nur erfolgt sei, um der Sowjetunion die Teilnahme zu erschweren, und schreibt: „Die Sowjetregiernng ist trotz ihres Mißtrauens gegen das Verhalten Englands bereit, an der bevorstehenden Konferenz teilzunehmen, aber England wird nicht verfehlen, zu versuchen, die Konferenz mit Bedingungen zu umgeben, welche für die Sowjetunion unannehmbar find, um sie an den Pranger zu stellen." Trotzkh wurde in das aus 47 Köpfen bestehende Präsidium des kommunistischen Parteikongresses gewählt.
Ein deutscher Dumpfer in Ealablanca.
In Casablanca in Marokko ist dieser Tage ein deutscher Dampfer eingetroffen. Die Meldung bemerkt, es sei das erste deutsche Schiff, das seit 1914 in Casablanca anlief. Die marokkanischen Häfen sind den deutschen Schiffen verschlossen. Der Kapitän des Schisses erklärte, davon nichts gewußt zu haben. Aus Entgegenkommen sei dem Dampfer trotzdem erlaubt worden, sich mit Kohlen zu versehen.
Aus Stadt» Bezirk und Umgebung
Neuenbürg, 21. Dez. Der Turnverein darf das Verdienst für sich beanspruchen, daß er mit Rücksicht auf die Schwere der Zeit bahnbrechend voranging und an Stelle der in größerem Stil geplanten Weihnachtsfeier in der Turnhalle sich auf einen Familienabend im „Bären" beschränkte. Es bedarf einer gewissen Ueberwindung in Anbetracht dessen, daß sich die Mehrzahl der Vereine im Laufe der letzten Jahre darauf einstellte, der Sucht der Jugend nach rauschenden Vergnügungen mannigfachster Art Rechnung zu tragen. Der Bärensaal war am Samstag nicht vollständig besetzt, ein Zeichen, daß die Vereinsleitung richtig kalkuliert hatte. Vorstand Fink deiner begrüßte die erschienenen Mitglieder' nebst Angehörigen, er begründete die getroffene Abänderung der Veranstaltung mit der materiellen Notlage, unter der weite : Kreise leiden, dennoch habe sich die Vereinsleitung bemüht, auch i in bescheidenem Rahmen gutes zu bieten und den Anwesenden! genußreiche Stunden zu bereiten. Den turnerischen Teil leiteten flott durchgeführte Freiübungen der Zöglinge in zwei Abteilungen ein, dann folgten Stützhandelübungen der Aktiven, die stramm durchgeführt wurden und bedeutende Anforderungen stellten, ein Keulenschwingen der Damen beschloß den turnerischen Teil. Fritz Höhn sang in eindrucksvoller Weise zwei Solis „Kein Heimatland, kein Mutterhaus" und „Das Alter schweigt, die Jugend hat das Wort". Zwei Couplets „Unteroffizier Stramm und Rekrut Schlapp" und „Drei koschere I Juden" trugen wesentlich zur Belustigung bei, nicht weniger ein Theaterstück „Die Pferdekur", das ob seiner Derbheit und komischen Verwechslung manchen Hoiterkeitsersolg zeitigte. Humoristische Deklamationen vervollständigten die Stückfolge. Der Turnergesangverein, dieser getreue „Ekkehard" des Turnvereins, umrahmte unter Leitung von Mitglied Gottschalk die Darbietungen mit stimmungsvollen Chören. Bereichert wurde die Stückfolge durch den Vortrag eines rasch zusammengestellten Damen- und Herrenquartetts mit dem Lied „Ich denke dein" und eines Trios, bewährte alte Kräfte, „Me lustigen Musikanten", die beide dankbarste Aufnahme und wohlverdienten Beifall fanden. Dazu ertönte, gemeinsam gesungen, das altbekannte Turnerlied „Turner auf zum Streite". Mit dem Männerchor „Das Abendglöcklein" endete die Stückfolge. Vorstand Finkbeiner nahm Veranlassung, den Anwesenden für ihr Erscheinen, ebenso den Mitwirkenden für die gelungenen Dar-
Vom Glück vergessen.
Roman von Fr. Lehne.
63. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
War das nicht ein Wink vom Himmel? Und diesmal ersann sie keine Ausreden, den Besuch aufzuschieben.
Bei Maria Christina war sie geborgen! Dort gab es für sie ein Ausruhen nach den letzten aufregungsvollen Wochen! Und das gewünschte Telegramm ging ab.
Es war Gwendoline, als wenn sie jeden Tag in einem schönen Traum lebte, aus dem zu erwachen sie sich fürchtete.
Vierzehn Tage war sie schon East im Herzogsschlotz. Sie führte ein wahres Märchenleben. Freundin der jungen Herzogin, wie man sie beneidete! Dennoch war ihr nicht das geringste anzuhaben; mit vollendetem Takt bewegte sie sich in ihrer schwierigen Stellung, und die Hofgesellschaft mutzte sich schließlich darein finden, datz eine Fremde, Außenstehende das allerhöchste Vertrauen genoß.
Ewendoline fand, daß die Herzogin nicht mehr so gut wie früher aussah. Die großen sanften Rehaugen hatten einen wahrhaft überirdischen Ausdruck und sie hüstelte viel. Doch ihren zärtlich besorgten Fragen wich Maria Christina aus; sie fühle sich ganz wohl, sie brauche keinen Arzt. Und dabei errötete sie in ihrer lieblichen mädchenhaften Art, und auf ihren Lippen schwebte wieder ein Wort, das auszusprechen sie nicht den Mut fand.
Ewendoline kam ihr zu Hilfe. Sie ergriff die schmale, kinderhafte Hand Maria Christinas.
„Einen Arzt, Christa, wenn es nur der richtige wäre."
„Ach, Ewendoline," hauchte die junge Fürstin, „das kann ja aber doch nicht sein," ihre Augen standen voller Tränen.
„Noch nicht vergessen?" fragte die andere leise.
„Das kann ich nie! — Ewendoline, ich Hab' ihn ja wiedergesehen, hier, erst vor kurzem! Ganz dicht schritt er an unserem Wagen vorbei." flüsterte sie hastig und aufgeregt.
Ewendoline nickte. „Ich weiß es!"
, bietungen namens des Vereins Dank auszusprechen. Der Abend , war reich an wohltuenden Eindrücken, es hat sich gezeigt, datz ! mit zuverlässigen treuen Kräften auch in bescheidenem Rahmen gutes geboten werden kann.
(Wetterbericht.) Tiefdruckgebiete im Nordosten und Westen bedingen unbeständige Witterung, sodaß für Dienstag und Mittwoch mehrfach bedecktes und auch zu Niederschlägen geneigtes, wenig kaltes Weiter zu erwarten ist.
x Birkenfeld, 21. Dez. Zu einer einfachen und bescheidenen, aber doch recht schön verlaufenen Weihnachtsfeier ließ der Ev. Männer- und Jüngling s Verein auf Sonntag abend ins Gemeindehaus einladen. Der Einladung wurde zahlreich Folge geleistet, so daß sich der große Saal als zu klein erwies und viele keinen Sitzplatz mehr finden konnten. Eingeleitet wurde die Feier mit -dem Posaunenchor „Stille Nacht, heilige 9lacht", worauf Vorstand Oelfchläger mit markigen Worten auf die Bedeutung der Weihnachtsbot- fchaft mit Bezug auf das Christenleben hinwies. Es fei eine Freude, wenn zur Weihnachtszeit sich viele unter die Weihnachtsbotschaft stellen, welche Friede und Freude bringe allen, die guten Willens sind. Angenehme Abwechslung boten ver- > schiedene Darbietungen auf der Bühne. Ta war es vor allem die rührende Aufführung „Wach auf du Geist der ersten Zeugen", dann die gemischten Chöre, die Guittarenchöre, Gedicht- Vorträge usw., welche gut gefielen. In seiner Schlußansprache dankte der Vorstand für die zahlreiche Beteiligung und forderte zum Beitritt in den Verein auf. Mit dem Posaunenchor „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren" wurde die Feier beschlossen.
(0) Höfen a. d. E., 19. Dez. Traurige Weihnachten muß die Familie des Straßenwarts Gottlieb Kappler verleben. Gestern abend brachte man ihren zwanzigjährigen Sohn Heinrich tot nach Hause. Er litt an epileptischen Anfällen und hat in einer Anstalt das Korbmacherhandwerk erlernt, welches er mit viel Fleiß und Liebe ausübte. Gestern nachmittag ging er an die Enz, um Weiden für Körbe zu schneiden. Nachdem er nach Einbruch der Dunkelheit noch nicht zuhause war, ahnte man Schlimmes und ließ den Kanal zur Pappenfabrik Lemp- penau, wo er zuletzt gesehen wurde, ab. Leider hatte sich die Vermutung bestätigt, -dort fand man ihn ertrunken. Er scheint während eines epileptischen Anfalls, von dem er bei seiner Arbeit überrascht wurde, in den Kanal gefallen zu sein. Wer den Bedauernswerten kannte, hatte ihn gern wegen feines bescheidenen und gefälligen Wesens. Der schwerbetroffenen -Familie wendet sich allgemeine Teilnahme zu.
Jgelsloch, 18. Dez. Unter ältester Bürger der Gemeinde und des Kirchspiels Schömberg, der frühere Landwirt Johannes Bertsch alt wurde heute unter großer Beteiligung der Ortseinwohner und Umgebung zu Grabe getragen. Der Verstorbene erreichte das Patriarchalische Alter von 91 Jahren. Er war immer geistig frisch und körperlich gesund bis an seine letzten Tage. Ein Schlaganfall hat sein Leben beendet. Bei einem seiner Söhne lebte er im Ausgeding. Rühmlichst bekannt war -seine vorbildliche Sparsamkeit und feine einfache Lebensweise.
Loffenau, 18. Dez. Bei der am letzten Sonntag stattgefundenen Gemeinderatswahl war eine rege Beteiligung zu beobachten, 73 Prozent hoben abgestimmt. Gewählt wurde Emil Fieg zur ,Sonne" (seith. Gemeinderat) mit 562 Stimmen; Karl Adam, Fuhrmann (seith. Gemeinderat) mit 475 Stimmen; Karl Seeger Im. S. mit 352 St. (seith. Gemeinderat); Friedrich Merkle, Briefträger (seith. Gemeinderat) mit 338 St.; Karl Mangler (neu) mit 443 St.; Gustav Mahler (neu)) mit 340 St.
Eine Weihnachtsbitte für die Slot auf dem Lande.
Weihnachten, das Fest des ewigen Lichtes und der Freude, steht unmittelbar vor der Türe. Aber mehr als sonst ist es diesmals vielerorts dunkel und freudeleer. Wir wissen um die Not in den Hinterhäusern -und Dachkammern der großen Städte; aber wir denken oft nicht daran, datz auch auf dem Lande wieder viel Armut und Elend herrscht. Krankheit, wobei keine Krankenkasse einspringt, Verdienstlosigkeit, durch keine Erwerbslosenunterstützung gemildert, Verschuldung infolge Unglücks im Stall und auf dem Feld machen vielen wackeren Vätern, manchen treuen Müttern das Herz bitter und schwer. Der Mann gefallen oder gestorben, die Frau obgeschafft, krank und erholungsbedürftig, ein Häuflein Kinder, das ernährt und gekleidet sein will und die Mutter dauernd in Arbeit hält, die einzige Kuh oder die Ziege und das kärgliche Ackerstück zum Lebensunterhalt längst nicht ausreichend — dieses Bild begegnet uns zu Dutzenden auf dem Lande. Still haben sie es das Jahr hindurch getragen und sich wacker und ehrenhaft durchgeschlagen. Aber an Weihnachten, dem Fest des Gebens und Bescherend, drückt die Not schwerer als sonst; denn die unvermeidbaren Schulden und Arztrechnungen verschlingen das
Geld, das andere für Christbäume und Geschenke verwenden Ist es nicht, als blickten uns weihnachtshungrige Kinderauaen an? Können wir uns freuen an der Krippe zu Bethlehem ohne zugleich der Not unserer Nebenmenschen zu gedenken? Alle sollen sich freuen an Weihnachten! Stille Nacht, heilige Nacht auch im armen Nachbürhause! Die schönste Weihnachtsfreude auch für uns ist es, Freude in andere Häuser zu tragen damit man auch dort singen kann: O du fröhliche, o du selige gnadenbringende Weihnachtszeit! — Der Verein zur Hilfe in außerordentlichen Notstandsfällen auf dem Lande, den der jüngst verstorbene Dr. Paul Lechler vor Jahren ins Leben gerufen hat, möchte auf Weihnachten etwas Besonderes tun und bittet dringend um Gaben, um besonders große Not einigermaßen zu lindern. (Postscheckkonto Stuttgart 1212.)
Vaihingen a. E., 19. Dez. (Arbeiterentlassung.) Vorgestern wurden nuf dem Steinwerk 42 Arbeiter entlassen. Diese Maßnahme ist nuf Austragsmangel zuriickzuführen.
Stuttgart, 19. Dez. (Ein Wechselfälscher.) Der Weinhändler Wilhelm Dochtermann von Lauffen a. N., mit dem sich die Gerichte schon öfters zu beschäftigen hatten, wurde vom Schöffengericht wegen Wechselfälschungen in Höhe von 34000 Mark zu einem Jahr und acht Monaten Gefänis und drei Jahren Ehrverlust verurteilt.
Stuttgart, 19. Dez. (Generalversammlung der Gebrüder Iung- hans A -G. Schramberg.) In der heutigen Generalversammlung der Gebrüder Iunghans A.-G., Uhrenfabriken in Schramberg, auf der 46988 Sliinmen der Stammaktien und 3000 Stimmen der Vorzugsaktien vertreten waren, wurde die Bilanz für das Geschäftsjahr 1924/25, die Verteilung einer Dividende von 8 Proz. auf die Stammaktien und 6 Prozent auf die Vorzugsaktien aus einem Reingewinn von 1041522 341 Mark und die Entlastung des Vorstands und Aussichtsrats ohne Einspruch genehmigt. Ueber die Aussichten des lausenden Geschäftsjahres äußerte sich Direktor Erwin Iunghans, daß das Unternehmen zwar bisher voll beschäftigt war. Doch sei das übliche große Weihnachtsgeschäft in diesem Jahre bescheidener als sonst gewesen. Die Aufträge von England und anderen Ländern seien wesentlich geringer und würden es infolge der dort herrschenden Krisen voraussichtlich auch in den nächsten Monaten sein. Die satzungsgemäß ausscheidenden Mitglieder des Aufsichtsrates wurden wiedergewählt.
Stuttgart, 19. Dez. (Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt.) Der Staatspräsident hat dem Oberprimaner Walter Faulhaber in Cassel, Sohn des Direktors Faulhaber in Neu-Wllrttemberg. Brasilien, dem Dipl.-Ing. Hermann Kiefer in Essen a. Ruhr, Sohn des Oberamtsbaumeisters und Oberamtsstraßenmeisters Kiefer in Horb, dem Gipser Karl Künstle in Wannweil, OA. Reutlingen, und dem Polizeiwachtmeister Ludwig Schambergec beim Polizeipräsidium Stuttgart die Rettungsmedaille verliehen.
Stuttgart, 19 Dez. (Mord und Selbstmord.) Heute früh erschoß der in der Immcnhofec Straße 5 wohnhafte 57 jährige Kaufmann Wilhelm Pfitzer im Schlafzimmer seine Ehefrau. Darauf brachte er sich Schüsse in den Kopf bei, an deren Folgen er im Katharinenhospital starb. Den Grund zur Tat bildet ein unheilbares Leiden der Ehefrau und wohl auch ein Nervenleiden des Ehemannes.
Stuttgart, 19. Dez. (Sanierung der Otto Krumm-A.G.) In einer außerordentlichen Generalversammlung der Otto Krumm A.G.- Fellbach, die sich unter Geschäftsaussicht befindet, wurde ein Bergleichsangebot bekannt gegeben, wonach die nicht bevorrechtigten Gläubiger unter 300 Mark und diejenigen, die ihre Forderung auf 300 Mark ermäßigen, innerhalb 4 Wochen befriedigt werden sollen Die übrigen nicht bevorrechtigten Gläubiger sollen 20 Prozent erhalten. Am 24. September betrug der Verlust 409469 Mark. Ein Verkauf des Werkes würde einen Ausfall von über einer Million verursachen. Es wurde deshalb beschlossen, das bisherige Kapital lm Verhältnis von 20:1 aus 50 000 Mark zusammen zu legen und durch Einzahlung von 1500(41 Mark auf 200000 Mark zu erhöhen. Die Geschäfis- aussicht kostete bisher zirka 50000 Mark.
Schwenningen. 20. Dez. ;Aus der Uhrenindustrie. > Die Uhren- industriellen haben ihrer Arbeiterschaft mitgeteilt, daß die Wirtschaftliche Lage der Betriebe es unmöglich mache, die Belegschaft zu den seitherigen Lohnbedingungen weiter zu beschäftigen. Ab I. Januar sollen die Stundenlöhne in der Spitze um 6 Psg., die Akkorde um 6 Prozent, teilweise auch um 10 Prozent ermäßigt werden. Arbeiter, die mit diesen Lohnbedingungen nicht einverstanden sind, müssen bis zum 24. des Monats mittetlen, daß sie das Arbeitsverhältnis zu lösen wünschen. Eine Erklärung der Betriebsräte gegen diese Maßnahme durste am schwarzen Brett nicht angeschlagen werden.
Heilbronn, 19. Dez. (Kündigungen.) Bei der Firma Schäuffe- len ist den 200 Arbeitern und Arbeiterinnen, die von der Firma noch beschäftigt wurden, lt. „Neckarecho" gekündigt morden. Die Firma steht unter Geschäftsaufsicht.
Schramberg. 19. Dez. (Verlust.) Vor einigen Tagen ging einem Beamten auf dem Wege vom neuen Rathaus bis zu seiner Wohnung die Geldmappe mit größerem Inhalt verloren. Trotzdem aus den Papieren in der Mappe der Name des Beamten zu ersehen war. ist die Mappe mit dem Gelde bis heute nicht zurückgegeben worden.
Da richtete sich Maria Christina aus ihrer bequemen Stellung auf. „Du weißt es? Woher?"
„Ich weiß es von ihm selbst."
„Du hast ihn gesehen?" Fast fieberhaft leuchteten Maria Christinas Augen auf, ihr ganzes Wesen war eine einzige Frage.
Und Ewendoline erzählte von ihrem kurzen Zusammentreffen mit Dr. Jvers und seinem Vorhaben.
Maria Christina saß da, das Gesicht mit der Hand -beschattend.
„Seine Liebe zu dir ist zu groß, Christa, und Deuschland ihm zu klein dafür — er trug mir seine innigsten Grüße für dich auf," schloß Ewendoline.
Die junge Fürstin zitterte; in Entsetzen schloß sie die Augen. „Die Schlafkrankheit erforschen! Es ist sein
sicherer Tod!-Nun liegt das Weltmeer zwischen uns!
Nun soll ich das armselige Glück, ihn wenigstens von Zeit zu Zeit zu sehen, auch nicht mehr haben! Er wollte doch seinen Wohnsitz hier nehmen! Wie Männer doch grausam sind!" klagte sie in erschütternden Tönen.
Schuldbewußt senkte Ewendoline den Kopf. Sie war ja die Ursache seines Entschlusses — doch sie bereute es nicht, ihm abgeredet zu haben, daß er sich m A. niederließ. — Maria Christina wäre ja nie zur Ruhe gekommen.
„Hast du mir auch alles gesagt, Liebe?"
Ja, Ewendoline hatte alles gesagt — nur das eins nicht, daß ihrer Freundschaft mit Maria Christina ihr Glück hatte zum Opfer fallen müssen!
Die junge Fürstin hielt die Augen geschlossen und wieder fiel es Ewendoline auf, wie leidend sie aussah.
„Nun hat mich das Glück ganz vergessen," flüsterte Christa, „für mich wäre es schon Glück gewesen, ihn zu sehen, ich bin ja so bescheiden! Ach, Ewendoline, wie oft habe ich an dieses Wort gedacht, das du mir zuerst gesagt: Ob man reich ist oder arm, ob man auf den Höhen des Lebens steht oder unbekannt in der großen Menge sein Dasein fristet — es ist gleich bitter — —"
„Noch nicht, Christa," widersprach Ewendoline sanft, „die Not, die Sorgen des Lebens sind doch das bitterste! Du kennst weniostens das nicht. Wenn du die Armut in
ihrer nacktesten, traurigsten Gestalt sehen würdest, sagtest du nicht mehr von dir: xom Glück vergessen! Einem jeden dünkt aber seine eigene Last die schwerste — ein jeder hat sein Teil zu tragen."
„Ach, Ewendoline, mit dir trägt dein Axel."
„Nein, Christa, nicht mehr! Das ist vorbei!"
„Aber warum?"
„Frage mich nicht, Christa! Ich kann es jetzt doch nicht sagen, bitte." In mühsam unterdrückter Qual bebte ihre Stimme.
„Nur eines noch, Ewendoline — pekuniäre Gründe? Du weißt doch —"
„Nein, nein, Christa, nicht ums Geld."
Sie blickte trübe vor sich hin. Christa streichelte ihr die Hände.
„Könnte ich dir doch helfen! Wenn es in meiner Macht stünde!"
Ewendoline antwortete nicht darauf. Da sagte die Herzogin, um das Gespräch auf etwas anderes zu bringen: „Erzähle mir von deiner Freundin Hanna, der kleinen Verwachsenen. Zu ihr ist dennoch das Glück gekommen!"
„Nein, Christa, auch sie ist vom Glück vergessen und genarrt, wie wohl keine zweite! Ich mutz meinen Bruder anklagen, wenn ich dir Hannas Schicksal erzähle."
Erschüttert lauschte die junge Herzogin, und eine Träne glänzte in ihrem Auge.
„Sieh', Christa, Hannas Geschick und das meine, es ist gar nichts Besonderes, nur eins von den vielen Tausenden! Und man muß still sein, muß des Herzens Schrei ersticken!"
„Du nicht, Ewendoline, du kannst dir vom Herzen heruntersingen, was dich quält! Sing mir das Lied — du
weißt, welches ich meine-wenn es auch nicht mehr
zutrifft! Dennoch zaubert es mir meinen kurzen Sommertraum vor — — — und morgen wird die Sonne wieder scheinen."
Sie legte sich bequem auf die Chaiselongue, kuschelte sich in die vielen seidenen Kissen, während Ewendoline den kostbaren Stutzflügel öffnete, der das Wohnzimmer der Herzogin zierte.
(Fortsetzung folgr.)