Die Verhandlungen der Konferenz waren durch die vielgestaltige Zusammensetzung sprachlich erschwert. Wohl übersetzte ein schweizerischer Pfarrer, ein wahres "Sprachgenie, jede gehaltene Rede sofort in zwei andere Sprachen, französisch und englisch, oder deutsch und französisch, oder deutsch und englisch. Aber das Reden mit Hilfe eines Dolmetschers erschwert das Zusammenleben und Zusammenarbeiten. Ueberhaupt wurde nach dem Urteil des Vortragenden in Stockholm viel zu viel geredet. Es habe wohl kein Mitglied der Konferenz gegeben, das alle Reden mitangehört habe.
Inhaltlich ging der Vortragende auf die Reden, die die sozialen und die nationalen Fragen behandelten, ein und hob dabei hervor, daß der Ausgangspunkt bei den Deutschen und bei den Angelsachsen ein verschiedener war. Die Angelsachsen wollen jetzt durch menschliche Unternehmungen das Reich Gottes herbeiführen, während die deutsche Auffassung im großen Ganzen die ist, daß erst wenn die Menschen Mundanders geworden sind, Gott durch sie seine Ziele auf Erden verwirklichen kann.
Trotzdem daß eine Einigkeit in diesen alle zur Verhandlung kommenden Fragen berührenden Voraussetzung nicht möglich war, sind sich die Vertreter der christlichen Kirchen doch menschlich näher gekommen. „Wir haben einander ins Herz gesehen", so haben sich viele der Vertreter der Konferenz nachher ausgedrückt. Es ist Hoffnung vorhanden, daß ein aus den Angehörigen der "verschiedensten christlichen Kirchen gebildeter oberster Rat so etwas wie ein christliches VolksHewissen werden und in manchen Fragen Richtung gebend wirken wird. Freilich nur dann, wenn der Wille zur Einheit und die Sehnsucht, in der Piichchmg auf das Reich Gottes hin zu leben, dauernd in den christlichen Kirchen und ihren besten Vertretern rege sein wird, ist Stockholm eine Verheißung "für die Zukunft.
Neuenbürg, 16. Nov. Kommenden Sonntag, nachmittags von 2 Uhr an findet im Gasthof z. „Bären" hier der Gautag des Unt. Schwarzwald-Turngaus statt. Eine reichhaltige Tagesordnung mit zum Teil wichtigen Punkten bedingt eine zahlreiche Beschickung von Vertretern seitens der Gauvereine. Ebenso ist der Besuch des Gautags von den übrigen Turnern sehr erwünscht, denn die zur Beratung stehenden Punkte sind im wesentlichen zumeist Fragen, die besonders die Turner selbst betreffen. Deshalb erscheint zahlreich und beweist auch in dieser Beziehung Euer. Interesse an unserer Turnsachs! Sch.
(Wetterbericht.) Die Wetterlage in Süddeutschland wird von dem Hochdruck im Osten bestimmt. Die Depression bei Island blieb bisher ohne Einwirkung. Für Mittwoch und Donnerstag ist wohl zeitweise bedecktes, auch mehrfach nebliges, im übrigen aber trockenes und ziemlich kaltes Wetter zu erwarten.
Birkenfeld, 16. Nov. Unter den kirchlichen Festen ist das Kirchweihfest dasjenige, das bezüglich seiner Festlegung gewissermaßen am meisten von den örtlichen Verhältnissen abhängig war. Das allgemeine Kirchweihfest) die sogenannte „Lan- deskivwe" fällt gewöhnlich auf den dritten Oktobersonntag. Die Weinbau treibenden Gemeinden des Oberamts Neuenbürg: Grä- senhausen, Obernhausen. Ottenhausen, Niebelsbach, Birkenfeld! (in letzterer Gemeinde ging der Weinbau infolge der in Pforz- j heim aufblühenden Goldindustrie auf ein Minimum zurück)" feiern ihr Kirchweihfest am ersten Sonntag nach Martini, oder wenn der Sonntag auf den 11. November fällt, an diesem Tage. Im württ. Hohenloher Land, wo der Abstand noch größer ist, ist dem Städter Gelegenheit gegeben, in dieser Zeit jeden Sonn- ! -tag eine andere „Kirwe" zu besuchen, um sich gütlich zu tun? am Neuen, an Kuchen, an Kalbs-, Enten-, Gans- und Reh-, braten. Auf den Heimweg darf natürlich der übliche „Kirwe-! Bündel", gefüllt mit diesen guten Sachen, nicht fehlen. Soi hoch gings freilich an der Birkenfelder Kirwe, die am letzten Sonntag stattfand, nicht her. Aber immerhin wurde reichlich > Kuchen gebacken und von den Wirten und Metzgern dem 'Fest " entsprechende Schlachtungen vorgenommen, so daß für die zahl- reich erschienenen Gäste aus Stadt und Land der Tisch reichlich gedeckt war. l
Loffenau, 16. Nov. Bei der heute stattgefundenen Ab-! stimmungstagfahrt über eine Feldbereinigung in 17 Gewänden der hiesigen Markung wurde bei 326 beteiligten Grundeigen- ^ tümern die Durchführung des Unternehmens einstimmig be- > schlossen. ^ l
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Wiesenstetten, OA. Horb, 16. Nov. (Die Rolle vertauscht.)' Bei der Witwe I. Brändle ereignete sich ein heiteres Vor- kommnis. Bei einer Kuh im Stall löste sich die Halskette. Da wegen zu großer Stallwärme die Türe im Hausgang offen war, ging die Kuh im Hausgang eine sehr kurze Treppe hinauf und da die Wohnzimmertüre ebenfalls offen stand, in das Wohnzimmer Einen auf dem Tisch liegenden Zwiebelkuchen und
einen Laib Weißbrot sah die Kuh als ein für sie Hergerichtetes Vesper an und fraß das Gebäck vollständig auf. Dann streckte sie den Kops zum offenen Fenster hinaus und wunderte sich, daß die vom Felde heimkehrenden Leute zu ihr hinauflachten. Die heimkehrende Hausfrau fand die Kuh gemütlich kauend auf dem Zimmerboden liegend an, mußte aber dann sofort eine große Zimmerreinigung vornehmen.
Stuttgart, 16. Nov. (Da- Spiel mit Streichhölzern.) In einem Hause der Moltkestraße spielte ein vier Jahre alter Knabe, der vorübergehend unbeaufsichtigt war, mit Streichhölzern. Hierbei gerieten die Kleider des Knaben in Brand. Er trug so schwere Brandverletzungen davon, daß er am Tage nach seiner Einlieferung in die Olgaheilanstalt starb.
Cannstatt, 16. Nov. (Entlassungen in der Schuhfabrik Haueisen.) Wie wir erfahren, werden in der Schuhfabrik Haueisen hier 300 bis 100 Arbeiter entlassen werden. Die Arbeitszeit, die 'bereits auf 35 Stunden in der Woche gekürzt war, bleibt weiterhin bestehen.
Cannstatt. 16. Nov. (Unvorsichtige Autofnhrcrin.) Es kommt oft vor, daß Kraftwagen beim Ueberholen der Radfahrer nicht links ausbiegen, sondern auf der Mitte der Straße oder gar auf der rechten Seite bleiben, auf die Gefahr hin, den Radfahrer niederzureißen. So machte es auch eine jugendliche Autofahrerin, die Tochter eines Kraftwagenbesitzers aus Fellbach, welche den Führerschein besitzt und am 2. Juli das Auto ihres Vaters selbst steuerte. Sie fuhr beim Ueberholen einer Radf«hrerin, einer 2! jährigen Kaufmannstochter aus Waiblingen, diese über den Hausen, so daß sie nach einigen Stunden starb. Das Gericht in Cannstatt verurteilte sie dafür z» 3000 Mark Geldstrafe — anstelle von zwei Monaten Gefängnis.
Backnang, 16. Nov. (Raubüberfall und Notzucht) Vergangenen Samstag wurde vormittags im Walde zwischen Zell und Backnang eine Frauensperson in räuberischer Weise überfallen und ihrer Barschaft beraubt. Damit begnügte sich der Räuber noch nicht vielmehr vergewaltige er sein Opfer unter Bedrohung mit Erstechen. Bei der Verfolgung konnte der Täter noch am gleichen Tage in der Person des vielfach vorbestraften Taglöhners Karl Kronmüller von MurrharÜt ermittelt und an das Amtsgericht Backnang eingeliefert werden. Er ist in vollem Umfang geständig.
Heilbrann, 16. Nov. (Kündigung.) Die Lederfabrik Gebrüder Viktor hat 44 Arbeitern, einem Fünftel ihrer Belegschaft, gekündigt.
Hall, 16. Nov. (Meineid) Das Schwurgericht verhandelte gegen die 20 Jahre alte ledige Haustochter Wilhelmine Frejmüller von Crailsheim wegen Meineids und die 30 Jahre alte Postschaffnersehefrau Anna Hofmann von dort wegen Anstiftung hiezu. Es handelte sich dabei um falsches Zeugnis in einer Bejeidigunasklage. Die Freimüller erhielt wegen eines Verbrechens des Meineids ein Jahr Zuchthaus, zwei Jahr Ehrverlust, die Hofmann wegen Beihilfe (nicht Anstiftung) sechs Monate Gefängnis, ein Iabr Ehrverlust
Ravensburg, 16. Nov. (Verbrecherische Anschläge auf die Lokalbahn.) Am 25. Oktober 1925 wurde früh vor Abgang des Zuges 1 in der Schussenstraße ein stark gebremster Mistwagen über das Straßenbahngleis gestellt, vorgefunden. Vorübergehende entfernten glücklicherweise vor Eintreffen des Zuges das Hindernis und beseitigten so die Gefahr eines Zusammenstoßes. Am 10. November 1925 wurde abends ein Stück Eisen, das in die Rillenschiene gewaltsam eingeklemmt war, vorgefunden. Das Eisenstück mußte von dem Motorwagenführer 'herausgemeißelt werden, da andernfalls eine Entgleisungsgefahr bestand- Am gleichen Abend wurde bei der Haltestelle Falken nächst der "Wachszieherei König in dem vorüberfahrenden Zug ein heftiger Stoß verspürt. Die sofortige Untersuchung ergab, daß ein Stein in das Rillengleis gewaltsam eingeklemmt war. Das gleiche wurde an der nächsten Haltestelle Charlottenstraße festgestellt.
Das Kriggervereinswesen in Württemberg.
Nach den Napoleonischen Kriegen zu Anfang des vorigen Jahrhunderts bildeten sich in verschiedenen Gegenden Deutschlands Beteranenvereine, durch die der Gxund zu dem ^heutigen Aufbau des Kriegervereinswesens gelegt wurde. Auch in Württemberg entstand damals eine Anzahl solcher Vereine, von denen sich einige bis in die neueste Zeit forterhalten haben. Zu eigentlichem Leben erblühte das Kriegervereinswesen aber erst nach dem Krieg 1870/71 und der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Bald zeigte sich das Bedürfnis nach einem organisatorischen Zusammenschluß dieser Vereine. So entstand im Jahr 1877 der Württembergische Kriegerbund. Im Jahre 1899 erfolgte die Gründung des „Kyffhäuserbundes der deutschen Landeskriegerverbände", dem sofort sämtliche Landesverbände mit 21689 Vereinen und 1804 000 Mitgliedern beitraten. Am 1. April 1924 zählte der Khffhauserbuud 25 Landesverbände mit 25 986 Vereinen und 2236 000 Mitgliedern. Der Württ. Kriegerbund hat in den nahezu 50 Jahren seines Bestehens eine glänzende Entwicklung genommen. Während er nach seiner Gründung 122 Vereine mit 5513 Mitgliedern umfaßte, zählte er
schon nach zehnjährigem Bestehen 827 Vereine mit 31865 Mit- gliedern und war an seinem 25jährigen Jubiläum i. I. 1902 auf 1605 Vereine mit 82 328 Mitgliedern angewachsen. Den höchsten Stand hatte der Bund i. I. 1914 mit 1945 Vereinen und 141520 Mitgliedern erreicht, ein Beweis für die überaus starke Werbekraft des Kriegervereinsgedankens. Am 1. Oktober 1925 zählte der Bund in 1652 Vereinen rund 135 000 Mitglieder, worunter über 70 000 Frontkämpfer des Krieges. 1914/18. Im Jahre 1879 wurde das allgemein beliebte Bundesorgan, die Württ. Kriegerzeitung, geschaffen. Als eine der vornehmsten Aufgaben hat der Bund von Anfang an die Unterstützung seiner Mitglieder, insbesondere der Veteranen in Not- und Krankheitsfällen, sowie der Witwen verstorbener Kameraden angesehen, zu welchem Zweck ihm neben der allgemeinen Bundeskasse verschiedene Stiftungen zur Verfügung standen. Weiter besitzt der Württ. Kriegerbund zwei Kriegererholungsheime in Herrenalb und in Bad Niedernau. Die Gesamtleistungen des Bundes bis 31. Dezember 1919 ergaben die schöne Summe von 2 600 000 Mark ohne die von den einzelnen Vereinen und Bezirkskriegerverbänden zu Unterstützungszwccken und für Sterbegelder aufgcwendeten Mittel im Betrag von etwa 14,5 Mill. Goldmark. Stellt man nun die Leistungen des Bundes an Unterstützungen usw. den Jahresbeiträgen der Vereine an den Bund, deren Höhe bis 1914 für jedes ordentliche Bnndesmit- glied 45 Pfg. mäht überschritten hat, mit 1500 000 Mark gegenüber, so ergibt sich, daß die Vereine für Unterstützungen ihrer Mitglieder 1100 000 M. mehrznrückerstattet haben, als ihre Einzahlungen ausmachen. Die unglückseligen Ereignisse des Herbstes 1916 haben das gesamte deutsche Kriegervercinswesen auf neue Grundlagen gestellt, aber die Liebe znm Vaterland, aus der dis Kriegervereine bisher ihre sittliche und werbende Kraft geschöpft haben, nicht zu erschüttern vermocht. Neu erstarkt nach außen und innen steht der Württ. Kriegerbund heute da. In den Vereinen herrscht neues, reges Leben; überall zeigt sich der ernste Wille zur treuen Mitarbeit an den vaterländischen und kameradschaftlichen Aufgaben des Bundes und besonders auch Verständnis für die neu erstandenen Aufgaben. Denn der Umstand, daß die allgemeine Dienstpflicht und damit die in ihr liegende körperliche und sittliche Schulung unserer Jugend in Wegfall gskommen sind, legt dem Bund die Verpflichtung auf- diese, das kostbarste Gut unseres Volkes, für seine Ziele zu gewinnen, um sie in vaterländischem Geist zu erziehen und zu ertüchtigen. Diesem Zweck sollen das schon in vielen Vereinen geübte Kleinkaliberschießen, die Bildung von Wanderabteilungen und die Förderung des Reitens und Fahrens dienen. Nicht zuletzt ist es aber auch die "Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, der sich mit voller Hingabe zu widmen der Bund für eine seiner wichtigsten Pflichten hält. Mögen die vorstehenden Ausführungen zu der noch vielfach mangelnden Aufklärung über das Wesen und die Tätigkeit des Württ. Kriegerhundes beitragen und dadurch die ihm noch fernstehenden, aber ihrer Gesinnung nach zu ihm gehörenden Kameraden zum Beitritt und zur Mitarbeit zum Wohl des Vaterlandes veranlassen.
Baden
Pforzheim, 16. Nov. Dieser Tage war gemeldet worden, daß einem Pforzheimer Bijouteriefabrikanten kurz vor seiner Ankunft in Berlin aus dem Eisenbahnzug ein Koffer mit Bijouteriewaren im Wert von 26 000 Mark gestohlen worden sein sollte. Jetzt ist dieser Fabrikint verhaftet worden unter dem Verdacht, daß er den Diebstahl nur vorgetäuscht habe, um die Versicherungssumme zu erlangen. Der Fall ist bereits durch die Pforzheimer Fahndungspolizei geklärt.
Neustadt i. Schi»., 13. Nov. Die Reichsbahngesellschaft hat nunmehr die Verhandlungen mit der badischen Regierung wegen Aufbringung der Mittel für den St. Blaffer Bahnbau abgeschlossen, so daß jetzt der Auftrag zur Fertigstellung des Bahnbanes bei Seebrugg erteilt worden ist.
Vermachtes
Wiederaufnahme des Briefnachnahmederkehrs mit Oesterreich. Vom 1. Oktober an sind Nachnahmen auf eingeschriebenen jeder Art, sowie auf Wertbriefen und Wertkästchen zwischen Deutschland und Oesterreich wieder zugelassen. Der Meistbetrag
8k!k8kkHk!l W jMktü haben Sie am besten, wenn Sie Ihren
Bedarf in Anzügen, Winter-Mänteln. Schweden- und Gummi-Mänteln. Lodenjoppen» Windjacken nnd Arbeitshosen bei mir decken.
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1
Bsm Glück vergessen.
Roman von Fr. Lehne.
41. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Sicher war es eine Nachricht von Dr. Jvers für die Prinzessin!
„Brucks und Kronau kommen wahrscheinlich heute wieder; es ist Samstag, da nehmen sich die Herren leicht Urlaub —" warf Blanko beifällig hin. „Lola hat wieder eine Karte geschrieben — sie und Lcll- kommen bestimmt."
Mit Schmerz hörte Ewendoline vas — sollte sie Axel heute wieder nicht sehen? Denn vorhin erst hatte ihr die Kommerzienrätin aus ihre Bitte die Erlaubnis gegeben, nach Tisch wieder zur Prinzessin zu gehen. Dafür hatte sie jetzt genug zu nhas-en; sie hatte für Manka vier feine, dufng-' StickHeivlusen zu bügeln, die man der Wäscherin mast a.i-.er^rrui halte
Das Wetter klärte sich aus; schüchtern durchbrach die Sonne die Wolken, dis noch schwer im Tal hingen. Ewendoline brach gleich nach Tisch aus. Vlanka war schon früher fort, um mit Brucks nn Hotel zu essen. Ob Axel Kronau mit war, hatte sie nicht erfahren können. Sie war voller Unruhe. Sie mußte eilen, um pünktlich auf der kleinen Waldwiese zu sein. Dr. Jvers hatte sie in dem Brief, in dem sür Maria Christina einige Zeilen lagen, um eine kurze Unterredung gebeten. Und sie beeilte sich doppelt in dem Gedanken, heute doch noch Axel zu sehen. Sie sehnte sich nach ihm, nach seinen guten, treuen Augen, nach'seinem Händedruck, der ihr sagte — du gehörst zu mir!
Dr. Jvers wartete schon.
„Sie sind enttäuscht, Herr Doktor, nur mich zu sehen! Doch meine Freundin ist heute verhindert, zu kommen. Nachher werde ich ihr Ihren Brief geben," sagte Ewendoline.
„Sie ist doch nicht krank geworden?"
„Keine Sorge, Herr Doktor, Christa ist gesund."
„Eine Frage, gnädiges Fräulein: warum verschweigt sie mir, wo sie wohnt?"
„Herr Doktor, Sie werden alles erfahren! Doch da sind Verhältnisse stärker als ihr eigener Wille."
»Ist sie gar schon gebunden?" Erregt stieß er die Frage hervor.
„Nein, Herr Doktor, in dem Sinne, wie Sie vielleicht denken, nicht! Dennoch sind so viele Rücksichten zu nehmen; meine Freundin kann nicht bestimmen, wie sie möchte. Darum bitte ich Sie, quälen Sie Christa nicht!"
Sie gab ihm ausweichende Antworten aus seine drängenden Fragen. Wie gern hätte sie ihm die Wahrheit gesagt; aber sie fühlte sich durch ihr Wort gebunden. Viel
besser war es doch, er wußte Bescheid-er tat ihr leid;
denn es war ja klar, daß er an Christa sein Herz verloren hatte.
Er fragte und fragte, bettelte um ein Wiedersehen mit Christa, er müsse sich mit ihr aussprechen, ehe er wieder abreiste. Sie gab ihm die Zusage und reichte ihm verabschiedend die Hand. „Sie wartet schon auf mich!"
„Ich danke Ihnen, gnädiges Fräulein! Wenn auch die Begegnungen der letzten Tage wie ein Roman anmuten, so ziehe ich doch die Folgerungen der Wirklichkeit daraus! Ich bin kühn genug, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Sagen Sie das Christa, meinem holden „Mädchen aus der Fremde", mit tausend innigen Grützen."
Mit einem großen, traurigen, unbestimmten Mick sah sie ihn an und ging zurück, während er sich am Waldesrand auf einen abgehauenen Baumstamm setzte, ein Buch aus der Tasche zog und darin las. Sie beflügelte ihre Schritte, wohl wissend, wie Christa wartete — und der Weg war noch weit. Da hörte sie plötzlich lautes Lachen, Sprechen, und deutlich glaubte sie Vlankas Helle Stimme zu unterscheiden. Wie unangenehm war ihr das; denn Vlanka vermutete sie sicher schon bei der Prinzessin! Sie überlegte, welchen Weg sie einschlagen wollte, um eine Begegnung zu vermeiden, dock schon war es zu spät dazu geworden — Blanko und die oeiden von Brucks kamen ihr entgegen, gefolgt von zwei Herren im Touristenkostüm. Oberleutnant von Bruck und Axel Kronau!
Alle blieben überrascht stehen und ihr schoß das Blut ins Gesicht bei der Begegnung.
„Ah, sieh da, Line! Wo kommst du denn jetzt her?" rief Blanko erstaunt, ich denke, du bist längst bei den
Hoheiten," mißbilligend zog sie die Augenbraunen hoch, „ich war nochmal bei Mama, die sich mit Jeanette plagt, weil sie nach dem Verlobten jammert."
Ewendoline hörte kaum auf Vlankas Schelten; ihr Auge suchte den Geliebten. Er reichte ihr die Hand; aber deutlich sah sie den Ausdruch unliebsamen Staunens auf seinem Gesicht, sie allein hier im Walde zu treffen. Und es peinigte sie unsagbar, ihm keine Erklärung geben zu können.
„Na, Line, so verschwiegen?" meinte Vlanka; das stumme Augenspiel der beiden beobachtend, die strenge Frage in den seinen, das scheue Flehen in den ihren.
„Aha, jetzt weiß ich es! Der Brief von heute morgen, mit dem du so geheimnisvoll tatest, von dem ich nichts wissen durfte." Neckend drohte sie mit dem Zeigefinger. „Wer weiß, wer sich in die schöne Ewendoline verliebt und sie zu einem Rendezvous bestellt hat! Ja, ja, stille Wasser sind tief! Vielleicht kommst du gar als Braut heim und wir können zwei Hochzeiten im Herbst feiern —"
„Es ist nicht an dem, was du denkst, Vlanka, nein, glaube es mir!" Ihr flehender Widerspruch galt aber nicht Vlanka Likowski, er galt dem Geliebten, der mit gerunzelter Stirn dastand und sie zürnend ansah, nach der Erwähnung des Briefes schien er ihren Worten nicht zu glauben, wie auch die anderen nicht, die sich in allerlei Neckereien ergingen.
O über dieses unselige Begegnen! Was mußte man von ihr nach Vlankas hinterhältigen, perfiden Worten denken! Sie stand wie auf Kohlen.
„Kommen Sie mit uns, Baronesse!" sagte Leutnant Bruck, dem das schöne Mädchen sehr gefiel, „wir sind auf dem Wege nach dem Bad, um dort Kaffee zu trinken."
„Ich kann leider nicht, Herr Oberleutnant! Dis Prinzessin Ehrenberg erwartet mich," murmelte sie mit zuckenden Lippen, „ich bin auf dem Wege zu ihr."
„Dann hast du aber einen tüchtigen Umweg gemacht, Line, um nach Villa „Waldflucht" zu gelangen!" lachte Vlanka spöttisch, „na, Servus denn, wir wollen dich nicht länger aufhalten, eile dich, Hofdienst geht vor."
(Fortsetzung folgt.)