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Md AKzeißMM Mr den Bezirk Gakw. 80. Jahrgang.
8-stzeiWMLrtag«: Lirastas, Donnerstag, SamS» t«g, Sonntag. Ansertionspreis IÜ Mg. pro Zeile für Stadt M7L »qirüssrt,; miß«» »ejirt IS Mg.
Sonntag, den 3. September 1905.
! Lbonnenirntspr. in d. Stadt pr.Mertelj. Mk. l.lllincl.TrSgerl.
Bierteljiihrl. KostbijUgsvreiZ ohne vestella. f. d. Orts- u. Nachbar. ortS-erlehr 1 Wk., f. d. sonst. Berrchr Ml. 1,10, Bestellgeld SO Pfg,
Uagesnemgkeite«.
Calw, 30. Aug. Die Handelskammer hat in ihrer heutigen Sitzung über die Neuordnung des gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulwesens beraten. Sie hat dabei in Uebereinsttmmung mit dem 46. Ver- bandstag der württ. Gewerbevereine die Einführung des Tagcsunterrichts als ein unbeweisbares Bedürfnis bezeichnet und der Ausdehnung des Unterrichts auf 3 Jahre, sowie der Forderung von 240—280 Ich res- stunden und deS ganzjährigen Unterrichts zugestimmt. Die engere Verbindung des Unterrichts mit den Anforderungen des gewerblichen Berufes wurde mit der Einschränkung als notwendig bezeichnet, daß der Unterricht zur Vermeidung einer allzueinschneidenden Abhaltung des Lehrlings vom praktischen Dienst nicht mit Lehrstoffen belastet werde, die besser in der praktischen Lehre angeeignet werden. Die Heranbildung von Berufsgewerbelehrern wurde als wünschenswert bezeichnet, deren Anstellung soll aber nur von den Gemeinden verlangt werden dürfen, in welchen nach Schüler- und Stundenzahl eine wirtschaftliche Ausnützung der Lehrkraft möglich ist. Zur Durchführung dieser Forderungen hält die Kammer den staatsgesetzltchen Zwang für notwendig, versteht sich aber zu der Staatsregiernng, daß sie bei der gesetzlichen Festlegung dieser Grundlagen des Unterrichts eine weitgehende Berücksichtigung lokaler und individueller Verhältnisse zulaffe. — Ein von den Abgeordneten Gröber und Trimborn angeregtes Spezialgesctz gegen die aktive und passive Bestechung der Angestellten kaufmännischer und industrieller Betriebe durch Lieferanten fand nicht die Unterstützung der Kammer. Sie ist der Ansicht, daß den Prinzipalen im Bürgerl. Gesetzbuch und der Gewerbeordnung genügende Hilfen gegen den beklagten Mißstand zu Gebot stehen. (Schw. M)
K N-eubulach. Seit 15. August weilt hier wieder eine Ferienkolonie, die zweite
in diesem Sommer; 20 Mädchen von Stuttgart unter Führung von Frau Scheck, Lehrerin in Stuttgart. Auch find sie gleich ihren Vorgängerinnen im Gasthaus z „Sonne" untergsbracht. Sie sind von der I. Stadtarztstelle in Stuttgart ausgewählt und hieher gesandt. Die muntere Schar macht und findet hier oben viele Freude. Man wünscht ihnen allen nachhaltige Erholung auf unserer Höhe. Am 4. September müssen sie uns wieder verlassen.
Sindelfingen, 1. Sept. Durch den landwirtschaftlichen Bezirksvsrein wurden auch Heuer wieder für die Gemeinden des Bezirks in der Schweiz Farren aufgekauft. Gestern nachmittag kamen die bezogenen 10 Stück unter den Bestellern zum Verkauf und wurde für die durchweg schönen Tiere 520—1010 pro Stück erzielt, wozu die Amtskorporatton je 70 Beitrag gibt.
Stuttgart, 31. Aug. Die auf den 9. September vom Württ. Kriegerbund geplante Fahrt nach den Schlachtfeldern bet Weißsnburg und Wörth und nach dem Niederwalddenkmal maßte um 8 Tage verschoben werden, weil die preußische Eisenbahnverwaltung durch die Truppenbeförde- ruugen für die Kaisermanöver in der nächsten Woche stark in Anspruch genommen sind. Für die Kriegerfahrt haben sich 700 Teilnehmer gemeldet.
Stuttgart, 1. Sept. Die ungewöhnlich hohen Fleischpretse haben nochmals eine bedeutende Steigerung erfahren. Nach einer Bekanntmachung der Kommission für die Fleifch- pretse werden diese von heute ab bei Kalbfleisch und bei Schweinefleisch pro Pfund um 5 A erhöht. Es kostet nun Kalbfleisch I. Qualität 80 A II. Qualität 75 A Schweinefleisch 85 A
Reutlingen, 31. Aug. Einem Gesuch des Wirtsvereins entsprechend, beschloß der Gemeinderat. an das Ministerium des Innern eine Eingabe mit der Bitte um Oeffnung der Grenzen für dis freie Einfuhr von Schlachtvieh zu richten.
Ueberlinge». Die E r g e b n is s e der Bodenseefischerei find in diesem Sommer schlecht gewesen. Infolge der hohen Temperatur des Wassers haben sich die Fische von der erwärmten Oberfläche in so große Tiefen zurückgezogen, daß Netze nicht bis zu ihnen htnunterreichten.
Frankfurt a. M, 1. Sept. Der Nacht- personenzng Nr. 302 Köln-Frankfurt, der um 6 23 Uhr hier eintrifft, zerriß während der Fahrt oberhalb der Haltestelle Eddersheim in zwei Teile, ohne daß es der Führer bemerkte. Durch Signal eines Bahnwärters wurde das Personal auf den Unfall aufmerksam. Der vordere Teil fing die abgerissenen Wagen durch Znrückfahren wieder auf, ohne daß eine größere Störung entstand. Es kam niemand zu Schaden.
Essen, 1. Sept. Nachdem im Baugewerbe der Arbettsvertrag für das gesamte rheinisch-westfälische Gebiet vom Arbeitgeberbund und der Arbeiterorganisation unterschrieben worden ist, wird die Arbeitszeit für das ganze Gebiet einheitlich auf 10 Stunden festgesetzt. Der Lohn beträgt 44—45 und ist für die beteiligten 200 bis 250 Ortschaften je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen verschieden abgestuft. Der Vertrag läuft bis zum 30. April 1908. Damit ist der 3monatige Kampf im Baugewerbe beendet. Die Bauarbeit wird heute im ganzen Gebiet wieder ausgenommen.
Kamen; (Sachsen), 31. Aug. In dem Hause des Glasmachers Linke brach heute früh ein Brand aus, der einen Schuppen und den Dachstuhl teilweise vernichtete. Die in der Parterrekammer schlafenden 6 Personen, die Ehefrau, die Schwiegermutter und die 4 Kinder des Linke im Alter von 4 bis 11 Jahren wurden in ihren Betten mit zertrümmerten Schädeln aufgefunden. Der Ehemann Linke ist als des Mordes verdächtig verhaftet worden.
Berlin, 30. Aug. Wie der „Lokal-Anzeiger" mitteilt, hat der Kciegsminister v. Einem
Dis schwarze Dame.
Roman von Hans Wachenhusen.
(Fortsetzung.)
Entschlossen erhob sie sich, warf die Hausrobe von sich und kleidete sich in ein Promenadenkostüm.
„Fort mit all' dem, was mich hier anwidert! Es erdrückt mich, es macht mir Angst! Warum umgab ich mich mit all' dem Ballast? Wer hieß mich hier Rast suchen! Ich will fort, aber nicht ohne ihn! Ist er nicht frei, wie ich? Fremder Einfluß macht ihn mir streitig; ich sah, wie er mit sich selbst kämpfte: aber ich gebe ihn dennoch nicht auf! Jetzt nicht! Auch er hat Sorge! Vielleicht übertrieb man, wenn man von seinem Reichtum sprach, er selbst schwieg darüber! ... Ich war eine Törin, ihn verloren zu geben!" lächelte sie, das geschreckte, kummerschwere Herz beruhigend . . . „Nur fort von hier, wo es mir so bange ist! Mir ist, als umschleiche mich etwas. Und er!".. Sie blickte, hinter den Vorhang tretend, scheu in den Garten hinab .. „Morgen," sagte sie. „Die wenigen Stunden werden ja vorübergehen; Niemand soll mich mehr sehen. Niemand erfahren, wohin ich gehe; wie ich gekommen, will ich verschwinden und wie bald werde ich hier vergessen sein! . . .
26. Kapitel.
Zur bestimmten Stunde, mit dem Glockenschlag, hatte sich Leo inzwischen bei »lenke eiugefnnden. Der Kellner war eben im Begriffe, ein Frühstück im Zimmer z« servieren.
„Willkommen, Herr von Wtedenstein!" rief Blenke diesem in heiterster Laune entgegen. „Ich rechne darauf, daß Sie einen kleinen Imbiß mit mir teilen; es ist dies gerade meine Stunde. Ganz frugal! Ein paar Sardinen, rin bischen kaltes Fleisch und ein GlaS Teres-Wein! Er ist gut hier im Hotel!"
Leo war auf einen ernsteren Empfang vorbereitet und brachte dis Stimmung dafür mit.
„Ich danke Ihnen, Herr von Bodenberg l" Ec lehnte nicht gerade ab, hätte aber eine sofortige Erörterung vorgezogen, um deren willen er ja gekommen war.
„Was wir zu besprechen haben, können wir beim Frühstück abmachen," fuhr Blenke leichthin fort, ihn zum Tische führend. „Mein Freund Sesto hat mir Vollmacht gegeben ... Ich bitte, greifen Sie zuI . . . Ich brauche Ihnen nicht zu versichern (Blenke tat, als speise er mit großem Appetit), daß der Graf ein Mann von unerschütterlichen Grundsätzen in Sachen der Ehre ist; wie mir aber scheint — verzeihen Sie meine Offenheit, sie ist notwendig — glaubt die bewußte Dame, Ihnen keinerlei Rücksichten oder Verpflichtungen schuldig zu sein, die sie hindern könnten, über ihr Herz zu verfügen . . . Aber trinken Sie doch, Herr von Wiedenstein; ich versichere Ihnen, der Wein ist gut . . . Wenn Sie mir versprechen, mich mit all' der Ruhe anzuhören, die ich von Ihnen erwarte, so darf ich sogar hinzufügen, daß sie ernstlich erzürnt auf Sie ist und erklärt hat, sie habe Ihnen das Wiederbetreten ihrer Schwelle untersagt."
Leo stieg das Blut ins Gesicht, das Messer zitterte in seiner Hand. Er leerte sein Glas in einem Zuge und auch der schwere Wein sollte seine Wirkung tun.
„Sie geben die» zu, Herr von Wiedenstein? Erwägen Sie also, wenn Frau Rothenhelm sich über Sie äußert, welche Bedenken hat danach ein Kavalier zu hegen, in und an dem sie alle Eigenschaften zu finden glaubt, die sie in einem Gatten sucht! Sie ist reich und unabhängig; sie hat frei über Herz und Hand zu verfügen und tut die», nachdem sie — ich bediene mich Ihrer eigenen Worte und bitte um Verzeihung dafür — Sie, ihren alten Freund wie einen Kammerdiener verabschiedet."
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