ausgerissen und ausgegraben werden: Gelber Enzian, Berg­lilie oder Türkenband, Frauenschuh. Die nachstehenden wild­wachsenden Pflanzen dürfen weder ausgerissen, noch ausgegra­ben, noch in größerer Menge gepflückt werden: Küchenschelle, Mehlprimel, Eisenhut. Akelei, Stechpalme, Silberdistel, Gold­distel, Rohrkolben und Tausendgüldenkraut.

(Wetterbericht.) Schwacher Hochdruck im Westen wird von einer Depression, deren Kern über England liegt, bedrängt. Für Donnerstag und Freitag ist mehrfach bedecktes, aber nur zu geringen Niederschlägen geneigtes, zeitweise aufheiterndes Wetter zu erwarten.

Freudenstadt, 28. Juli. (Beim Langholzführen verunglückt.) Der 21jährige Karl Hofer von Aach verunglückte dadurch, daß ihm beim Langholzabladen ein Stamm gegen den Kopf schlug. Die hierbei erlittenen Hautschürfungen und sonstigen Verletzungen hatten eine Hirnhautentzündung zur Folge, die so schwerer Natur ist, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.

Stuttgart, 28. Juli. (Der Stuttgarter Gipserstreik beendigt.) Der Streik der Gipser und Stukkateure ist nach achtwöchentlicher Dauer aufgehoben worden.

Stuttgart. 28. Juli (Beendeter Landarbeiterstreik.) Der aus den Gütern der Zuckerfabriken Heilbron» und Waghäusel (Baden) ausgebrochene Landarbeiterstreik wurde für Württemberg nach dein Eingreifen der Landarbeiterorganisation durch Verhandlungen beigelegt. Es wurde eine Lohnzulage von 5 Pfennig pro Stunde erreicht.

Stuttgart, 28. Juli. (Erschwindelte Wohltaten.) Nachdem der Reisende Karl Gcoth aus Hamburg bereits in Hannover wegen Be­trugs bestraft worden war. setzte er sein gleichgeartetes Treiben in Ulm, Mannheim und Stuttgart fort. Er hatte es dabei, obwohl evangelischer Konfession, darauf abgesehen, jüdische Unterstützungs­einrichtungen auszunUtzen. Er übte dieses Tun mit einemKom­pagnon" aus und gab sich als Jude aus; sein Aussehen machte ihm diese Absichten leicht. Er legte sich dabei typisch jüdische Namen zu und erteilte auch über sich selbst telefonische Empfehlungen, natürlich den Sprecher als einen anderen ausgebend. Der Staatsanwalt be­antragte 1»/, Jahre Gefängnis und drei Jahre Ehrverlust. Das Schöffengericht beurteilte aber den Fall milder, indem es den Ange­klagten zu sechs Monaten Gefängnis unter Anrechnung von drei Monaten fünfzehn Tagen Untersuchungshaft verurteilte.

Stuttgart, 27. Juli. (Betrüger.) Der schon vielfach vorbestrafte Schreiner Emil Rentzel von Eckartshausen verlegte sich eine ganze Zeit lang darauf, religiöse Wohltätigkeitskassen um Unterstützungen anzugehen. Bald gab er sich als katholisch, bald als evangelisch aus. Den Geistlichen gegenüber brachte er alle möglichen unwahren Behauptungen vor. Die erhaltenen Unterstützungen bescheinigte er mit falschen N amensunterschriften. So trieb er sein Unwesen in Schorndorf, Nagold, Stuttgart usw. Nebenbei hatte er auch ver­schiedenerlei Papiere, die er alsPrivatpapiere" bezeichnte. Das Schöffengericht Stuttgart verurteilte ihn zu vier Monaten Gefängnis und rechnete ihm an der ausgesprochenen Strafe ein Monat Unter­suchungshaft an.

Stuttgart. 28. Juli. (Meineid.) In einer Alimentensache be­zeichnte die Fabrikarbeiterin Emma Schaal in Heslach einen Un­schuldigen als den Vater ihres Kindes. Der wirkliche Kindsvater, der Gastwirt Emil Friedrich von Untergröningen bestritt gleichfalls unter Eid die Vaterschaft. Später aber empfand die Schaal Gewissens­bisse über den geleisteten Meineid: um sichleichter" zu machen, zeigte sie sich selbst an. Das hatte zur Folge, daß auch gegen Friedrich die Untersuchung Ungeteilt wurde. Beide hatten sich nun vor dem Schwurgericht zu verantworten. Die angeklagte Schaal wurde zur gesetzlichen Mindeststrase von einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Das Gericht empfahl die Verurteilte jedoch der Gnade des Staatspräsidenten. Friedrich erhielt neun Monate Gefängnis unter Anrechnung von zwei Monaten Untersuchungshaft. Ihm wurden die Strafmilderungs­gründe des § 157 des St.-G -B. zu Teil.

Stuttgart, 28. Juli. (Neue Leitung der Schutzpolizei.) Anstelle von Polzeioberst Ruoff ist Oberstleutnant Reich, bisher in Ulm, mit der Führung der Geschäfte der Schutzpolizei betraut worden.

Stuttgart, 27. Juli. (Statistisches vom Wohnungsmarkt.) Im Jahr 1924 sind 913 zwangsbewirtschastete Familienwohnungen voll­ständig frei und mit Genehmigung des Wohnungsamts vergeben worden. Die Ursachen des^Freiwerdens sind verschiedener Art. Es wurden frei: 297 durch Tod, 150 durch Zusammenlegung von Haus­haltungen und Ausnahme in ein hiesiges Altersheim, 263 durch Weg­zug an einen anderen deutschen Ort ohne Tausch, 203 durch Aus­wanderung. Mit auswärts wurde getauscht: in 281 Fällen, in 2197 Fällen wurde ein Wohnungswechsel innerhalb Stuttgarts vorgenommen. Im Jahr 1925 ist die Zahl der durch Auswanderung freiwerdenden Wohnungen sehr erheblich zurückgegangen.

Untertürkheim, 28. Juli. (Betriebseinschränkung.) Bei den Daimlerwerken werden wegen Arbeitsmangels 1500 Arbeiter stufen­weise entlassen.

Eßlingen, 28. Juli. (Den Verletzungen erlegen.) Der vor acht Tagen in Liebersbronn beim Kirchenpflücken von einer zusammenge­

brochene Leiter heruntergefallene 49 Jahre alte Weingärtner Wilhelm Witzig ist jetzt seinen Verletzungen erlegen.

Denkendorf, OA Eßlingen, 28. Juli. (Messerheld.) Am Sams­tag abend gegen ll Uhr wurde in einem hiesigen Gasthaus ein bei der Einrichtung der Gasleitung beschäftigter auswärtiger Arbeiter von einem Eßlinger Händler mit dem Messer gestochen. An dem Messerhelden wurde sofort Lynchjustiz in Form ungebrannter Asche geübt.

Großsachsenheim, 28. Juli. (Gurkenbau.) Da sich der Gurken­bau im Gegensatz zu den nicht zeitgemäßen Preisen für verschiedene andere landwirtschaftliche Produkte rentabler erwiesen hat, haben auch hier eine Anzahl Gllterbefitzer Anbauoertrage mit größeren Firmen abgeschlossen. Mit der Ablieferung ist bereits begonnen worden. Notwendig ist vor allem, daß die Burken rechtzeitig und miteinander geerntet werden, damit der Nachwuchs eine gleichmäßige Größe hat.

Besigheim, 28. Juli. (Brand im Kino.) Im Lichtspielhaus ist der Apparat durch Feuer zerstört worden. Die Sache schien von großer Gefahr zu sein, doch konnte das Feuer bald erstickt werden. Der Zuschauerraum blieb vollständig verschont, auch hatte er sich ganz in Ruhe geleert. Die Feuerwehr konnte bald wieder abrücken. Der Schaden beläuft sich auf etwa 4000 Mark, während die Räum­lichkeiten nur wenig gelitten haben.

Neckarsulm, 28. Juni. (Leichenländungen.) In geistiger Um­nachtung suchte eine 25 Jahre alte Frau von hier, die schon länger zu Schwermut neigte, den Tod in den Fluten des Neckars. Die Leiche wurde bei Wimpfen gekündet. In Iagstfeld wurde die Leiche des 49 Jahre alten Georg Becker aus Mainz geländet. Die Leiche hat bereits vier bis fünf Tage im Wasser geleegen.

Ktrchheim u. T., 28. Juli. (Brand.) Die Scheuer des Land­wirts Renz ist mit samt der Stallung niedcrgebrannt. Das Feuer ist durch Kurzschluß entstanden. Das Vieh konnte gerettet werden, ebenso das Wohnhaus. Dem Feuer fielen Heu- und Strohvorräte zum Opfer.

Kohlberg, OA. Nürtingen, 28. Juli. (Verhängnisvoller Sturz.) Der 15jährige Walter Kittelberger stürzte so unglücklich von einem Kirschenbaum, daß er einen Oberschenkelbruch und erhebliche Ver­wundungen davontrug. Der junge Mann ist nun an den Folgen eines Wundstarrkrampfes gestorben.

Tübingen, 28. Juli. (Auswertung.) Der Kelternverein hat be- schlossen, seinen Gläubigern auf volle 100 Prozent aufzuwerten, und zwar sollen 30 Prozent gleich zur Auszahlung kommen, während die restlichen 70 Prozent spätestens bis 1. Januar zurückbezahlt sein sollen.

Reutlingen, 28. Juli. (Durch den elektrischen Strom getötet.) An der Ecke der Hermann Kurz- und der Hohenzollernstraße wird von der Baufirma Ganz ein Neubau errichtet. Gestern nachmittag gegen 3 Uhr wurden eiserne Balken hochgezogen. Dabei kam das eiserne Seil mit der Starkstromleitung der elektrischen Straßenbahn in Berührung. Die beiden Leute, die den Auszugshebel bedienten, wurden, als der Strom durch ihren Körper ging, auf die Seite ge­worfen. Während der eine mit dem Schrecken davon kam, ist der andere, der 20 Jahre alte Friedrich Flad aus Betzingen tödlich ver­unglückt.

Rottenburg. 28. Juli. (Zum Bischossjubiläum.) Am Montag abend gegen 5 Uhr traf im Äuto Staatspräsident Bazille hier ein, um dem Bischof die Glückwünsche der Württ. Staatsregierung zu seinem Jubiläum zu überbringen. Daran schloß sich eine einstündige Unterredung mit dem Bischof, worauf der Staatspräsident nach Stutt­gart zurückkehrte.

Ebingen, 28. Juli. (Sträflicher Leichtsinn eines Schießbuden­besitzers.) Beim Kinderfest wurde der zwölfjährige Franz Baumeister, als er hinter der Schußbude vorbeiging, von einem Schuß mitten in die Brust getroffen. Der Knabe mußte operiert werden. Sein Be­finden ist befriedigend. Die Verantwortung trifft den Schießbuden- besitzec.

Ulm, 28. Juli. (Landesturnsest.) Am Montag um 4 Uhr war Siegerfeier, der wiederum Oberbürgermeister Dr. Schwammberger anwohnte. Kreisoorsitzender Hegele sprach herzliche Dankesworte an die Stadt Ulm mit ihrem Oberbürgermeister, an die städtischen und Staatsbehörden, die Polizeiwehr, die Gäste aus ganz Deutschland, die Turner und Turnerinnen, den Kreisoberturnwart Rupp und die 600 Kampfrichter und den Rechnungsausschuß. Unsere Arbeit gehört dem deutschen Volk, unsere Treue der Turnerschast, unsere Liebe der eimat, unsere Hoffnung unserem deutschen Vaterland. Mit dem eutschlandlied schloß die Feier. Die noch anwesenden Turnvereine standen im Halbkreis um die Tribüne. Es wurden von jeder Ab­teilung die ersten drei aufgerufen, die den Kranz erhielten. Das Turnfest ist vorüber. Wie man hört, waren die Turner mit der Aufnahme zufrieden. Einen bösen Strich machte das Wetter den Festwirten auf dem Exerzierplatz durch die Rechnung. Sie hatten sich auf einen Massenbesuch vorbereitet mit einer Riesenfestbierhalle, die fortgesetzt leer war. Der Wolkenbruch in der Frühe verwandelte den Festplatz säst zu einem See und man mußte schon Wasserstiefel anhaben, um durchzukommen. Abends war aus dem Festplatz noch großes Feuerwerk. Bester sind die Wirte in der Stadt gefahren. Von der Reichsbahndirektion wird mitgeteilt: Anläßlich des Schwäb. Landesturnsestes in Ulm wurden am 25., 26. und 27. Juli nach und

von Ulm außer den fahrplanmäßigen Zügen zusammen 44 Sonder- zllge ausgeführt und in diesen etwa 70000 Personen befördert. Der gesamte Verkehr wurde ohne Unfall und Störung bewältigt.

Ulm, 28 Juli. (Unfälle beim Landesturnfest.) Die Sanitäts- Kolonne hat während des Landesturnfestes wertvolle Dienste geleistet. Sehr stark in Anspruch genommen wurde sie in der Baracke im Stadion, die allein 252 Fälle zu bewältigen hatte, darunter einige sehr schwere, die die Verbringung der Verunglückten ins Kranken­haus notwendig machten. Im ganzen wurde die Sanitätskolonne in 300400 Fällen in Anspruch genommen. Es waren 150 Mann der Sanitätskolonne in Dienst gestellt.

Badeck

Pforzheim, 28. Juli. Die gestrigen Verhandlungen vor dem stellvertretenden Landesschlichter, Oberregierungsrat Häuß- ner, an denen je sechs Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitneh­mer teilnahmen und bei denen getrennt verhandelt wurde, dauerten von 3 bis X8 Uhr, führten aber zu keiner Einigung. Der Landesschlichter betonte, daß er den Schiedsspruch nicht für verbindlich erklären könne, wenn er nicht bis Ende dieses Jah­res befristet sei. Als Gegenleistung für die Befristung sollte eine Erhöhung des Lohnes vom 15. Oktober an von 69 aus 70 Pfennig erfolgen. Hierauf gingen die Arbeitgeber nicht ein. Sie lehnten auch die Ausdehnung der Erhöhung auf dw Jst- löhne ab.

Nach Scheitern der Verhandlungen wurde dann um ^8 Uhr die Schlichtungskammer gebildet, welche folgenden Schieds­spruch fällte:

Der Stundenlohn beträgt vom 1. August an «8 Pfg., atz 19. September 69 Pfg.

Diese Regelung soll mit dem Vorbehalt bis zum 2. Januar gelten, daß im Falle eines Steigens oder eines Fallens des Reichsindex um mehr als fünf Punkte neue Verhandlungen eingeleitet werden können. Die Erklärungsfrist der Parteien über die Annahme oder Ablehnung des Schiedsspruchs läuft am Donnerstag mittag 12 Uhr ab.

Der Schiedsspruch wurde gegen die Stimmen sowohl der Arbeitgeber- als auch der Arbeitnehmervertreter gefällt. Heute früh 8 Uhr fanden Vertrauensmännerversammlungen der drei Arbeitnehmerorganisationen statt. Wahrscheinlich wird nun morgen über den Schiedsspruch Urabstimmung stattfinden.

Unteröwisheim (Amt Bruchsal), 28. Juli. Hier geriet der 20 Jahre alte Landwirtssohn Hch. Höpfinger auf der Straße mit dem 30 Jahre alten Adolf Frey in Streit, in den sich auch der jüngere Bruder des Frey einmischte. Höpfinger, der sich bedroht glaubte, nahm seine Zuflucht zu einem Metzgermesser, das er eben für eine Schlachtung geholt hatte, und versetzte dem älteren Gegner lebensgefährliche Stiche in Brust und Arme. Adolf Freh wurde sofort in die Heidelberger Klinik verbracht, während sich Höpfinger freiwillig der Gendarmerie stellte. Er wurde aber nach dem Verhör wieder auf freien Fuß gesetzt, da vermutlich Notwehr vorliegt.

Lörrach, 27. Juli. Der bei dem nächtlichen Unfall des Flug­zeuges D 701 der Kurslinie MannheimStuttgartMünchen bei Baden (Schweiz) verunglückte Dr. med. Bror aus West­falen ist am Samstag im Spital in Baden seinen schweren Verletzungen erlegen.

Vermischtes

Ueber das Schicksal seines im Krieg vermißten Sohnes wird demPf. Anz." aus Dietlingen geschrieben:Mein Sohn wurde während des Krieges eines Tages alsvermißt" gemel­det. Bis heute, Juli 1925, wußten wir nichts von ihm. Nun kam Plötzlich ein Brief von einem deutschen Marineoffizier aus London, der Aufschluß gibt über das Schicksal des Vermißten. Der Zufall, der zu dieser Aufklärung führte, ist so groß, daß ich den Vorfall der Oeffentlichkeit Mitteilen möchte. Es heißt in dem Brief u. a.:Ganz durch Zufall lernte ich hier in Lon­don einen Herrn kennen, der den Krieg auf englischer Seite mitgemacht hat. Im Laufe des Gesprächs erzählte er mir dann von einem deutschen Soldatenbuch, das sich in seinem Besitz befindet. Auf meine näheren Fragen, wie er in den Besitz die­ses Buches gelangt sei, erzählte er mir dann folgendes: Am 2. September 1914 sei er (der Engländer) in der Nähe von Mons auf einer Patrouille gewesen. Plötzlich sei geschossen worden und die Kugel wäre dicht an ihm vorbeigesaust, darauf wäre noch ein Schuß gefallen, ohne zu treffen. Nun habe er, der Engländer, Deckung gesucht und auf den deutschen Schützen ge­schossen (mit dem Revolver), wobei er den Deutschen ins Bein getroffen habe, so daß dieser hinfiel. Als er nun auf den still liegenden Deutschen zugegangen wäre, um ihn zu verbinden und dann als Gefangenen mitzunehmen, habe der deutsche Sol-

Dunkle Mächte.

17s Kriminal-Roman von Frievr. L. Zöllner.

WiemannS Zeitungs-Verlag. Berlin W. 66. 1925.

Wieder ergab sich, daß die Kassette mit einem Nachschlüssel kunstgerecht geöffnet worden war.

Tie weniger wertvollen Sachen, einige Spangen und Broschen, waren unberührt geblieben. Nur der Brillantring fehlte, der nach Angabe des Geheimrats einen Wert von 30 000 Mark darstellte, und den seine Frau vor Jahren zum Geschenk erhalten hatte.

Eben waren die Herrschaften ins Wohnzimmer zurückgekehrt, als das Mädchen Herrn Otström meldete.

Ter Hausherr sah erstaunt aus.

So früh schon? Und gleich am Tage nach der Gesellschaft? Das war doch seltsam. Sollte das rn Schweden Sitte sein? Schon wollte er den in diesem Moment äußerst ungelegenen Besuch abweisen lassen, als ihm etnfiel, daß er dadurch sicherlich seinen Freund Scharwächter beleidigen würde.

Er gab also dem Mädchen Weisung, den Herrn eintreten zu lassen.

Otström alias Wallner trat ins Zimmer.

Ter Geheimrat blickte ihn erstaunt an. Das war doch nicht der würdige alte Herr von gestern abend.' Der hier eintrat, war ein junger Mann, der mit jenem anderen eine entfernte Aehnlichkeit aufwies. Er hätte vielleicht feinen Sohn darstellen können. Oder hatte ihn gestern die Gesellschaftstoilette so verändert?

Dem Krtmtnalinspektor war beim Eintreten des Detektivs unwillkürlich ein erstickter Ausruf» halb des Aergers. halb der Verwunderung entfahren.

Geheimrat Ballow sah ihn fragend an, und der Beamte beeilte sich, eine Erklärung abzugeben.

Ich wundere mich höchlichst darüber, daß dieser Herr auch hier bereits feine Hand im Spiel hat. Woher kann er denn nur von diesem neuen Fall wissen?"

Ter Geheimrat schüttelte den Kops.

Sie scheinen sich da in der Person zu irren, Herr Inspektor. Ter Herr kommt gewiß nicht um des Dieb­stahls willen. Er dürfte wohl für solche Tinge wenig

Interesse und Verständnis haben. Er wurde gestern abend durch meinen Freund Scharwächter hier ein- gesührt."

Wie? Was sagen Sie, Herr Geheimrat? Herr Kommerzienrat Scharwächter hätte den Herrn bei Ihnen eingeführt?"

Allerdings. Es ist, wie er mir sagte, einer seiner Geschäftsfreunde."

Ach! Ich begreife den Plan."

Welchen Plan?" fragte der Geheimrat verständ­nislos

Nun, den Plan, der dieser Einführung zugrunde lag. Ich kann Ihnen ja ruhig die Erläuterung geben, denn Herr Wallner wird doch sicherlich gleich sein Inkognito lüsten."

Sein Inkognito? Verzeihen Sie, Herr Inspektor, aber Ihre Worte werden mir immer unverständlicher. Ich mutz also wohl annehmen, daß sich hinter diesem Herrn jemand anders verbirgt. Aber wie sollte das möglich sein? Mein Freund Scharwächter kann mich doch unmöglich hintergangen haben."

Ter alte Herr geriet sichtlich in Erregung.

Beruhigen Sie sich, Herr Geheimrat," lenkte Bae­deker ein.Von Hintergehen ist keine Rede. Was Herr Kommerzienrat Scharwächter tat, indem er Ihnen Herrn Wallner als einen Geschäftsfreund zuführte, geschah» wie ich jetzt schon mit Bestimmtheit sagen kann, zu einem guten Zweck, nämlich zur Verhütung des Diebstahls, der allerdings doch stattgefunden hat. Herr Wallner ist nämlich einer unserer bedeutendsten Privatdetektivs und von Herrn Kommerzienrat Scharwächter mit der Auf­klärung des seinerzeit bei ihm begangenen frechen Rau­bes beauftragt. Ich fange fast an. zu glauben, datz sein so frühes Erscheinen heute morgen uns irgendeine Ueberraschung brrngen wird. Jedenfalls aber waren seine Bemühungen gestern abend nicht ganz erfolglos. Es wäre ja auch" fügte er halb für sich selbst hin­zubei diesem Manne säst em Wunder zu nennen.'

Nur der Sprecher selbst wußte» was ihm diese anerkennenden Worte kosteten, zu denen seine Ehrlich­keit ihn zwang.

Unsere Bestimmung scheint zu sein, Herr In­spektor." sagte Wallner artig,uns gegenseitig den

Rang adzulaujen. Heule tun ich derjenige, der mil der besseren Nachricht kommt."

Schadet nichts. Herr Wallner." gab der Inspek­tor zuvorkommend zurück,die Hauptsache bleibt doch, datz das Ziel erreicht wird. Was haben Sie also Gutes?"

Nur eine Kleinigkeit." entgegnete Norbert Wall­ner lächelnd, indem er seiner Rocktasche einen kleinen, in Seidenpapter gehüllten Gegenstand entnahm. ,Hch möchte den Inhalt dieses Papieres an seinen Besitzer zurückgeben."

Er entfaltete das Papier und reichte dem Geheim­rat einen Ring, dessen Krone mit sechs wertvollen Diamanten von reinstem Glanz besetzt war. in deren Mitte ein prächtiger Rubin funkelte.

Der Ringk" rief der alte Herr mit vor fas­sungslosem Staunen fast versagender Stimme.

Seine Frau war ebenfalls nähergetreten.

Ta, schau her!" forderte er sie auf, ihr den Ring hinhaltend,er ist's! Bei Gott! Er ist's! On­kel Bernhards Geburtstagsgeschenk!"

Es war ein merkwürdiges Bild, wie jetzt die beiden Gatte«, der Kriminalinspektor und das Braut­paar den Detektiv umstanden und ihn mit staunen­den. fast erschrockenen Augen ansahen, um dann wieder den Ring zu betrachten, den die alte Dame in der Hand hielt.

Dann vergingen einige Sekunden in atemlosen Schweigen.

Dann faßte sich als erster der Kriminalinspektor.

--Ich gestehe ehrlich, Herr Wallner," sagte er herz­lich und mit einem Beiklang in der Stimme, der deut­lich genug seine Ueberraschung verriet,daß ich aus diesen Zweck Ihres Kommens nickt vorbereitet war. Wenn ich das Wunder, das Sie da zustandegebracht haben, richtig deute, so wissen Sie also, wer der oder die Spitzbuben sind?"

Leider nein, Herr Inspektor," gab Norbert Well- ner mit einem Lächeln zurück,oder vielmehr noch nicht"

(Fortsetzung folgt.)

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