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damaligen Herzog Julius Friedrich herrschte große Geldklemme, aber er wußte sich zu helfen. Er benutzte die unruhigen Zeiten (Dreißigjähriger Krieg) und richtete 1622 in diesem alten Schlößchen eine Münzstätte eln, in der innerhalb 9 Monaten nicht weniger als 1 090034 schlechte Hirschgulden geprägt wurden, deren Silberwert statt 60 kaum 10 Kreuzer betrug. Diese Münzstätte wurde aber auf l Anordnung des Schwäbischen Bundes bald zerstört. Die Hirschgulden wurden sür wertlos erklärt und die Besitzer waren um ihr Geld betrogen.
Stand der Weinberge. Auf Grund der Berichte der Vertrauensmänner des Württ. WeinLauvereins berichtet der Weinbau": Uebermächtig hat sich im Juli der Heuwurm in den meisten Gegenden an die reichlich vorhandenen Gescheine herangemacht und seinen Tribut geholt. Die Sorten mit großen Gescheinen wie Limberger, Elbling, Portugieser find am stärksten, Trollinger und Riesling etwas mäßiger, Sylvaner am wenigsten heimgesucht. Die durch nasses und kühles Wetter in der zweiten Junihälfte verursachte Verzögerung des Blütenverlaufs leistete dem Wurmfraß Vorschub. Immerhin hat der Heuwurm noch so viel Trauben übrig gelassen, daß in den meisten Weingegenden noch eine recht befriedigende Weinernte erwartet werden darf, wenn der Sauerwurm nicht auch noch seinen Teil holt. Die nächste Sorge der Weingärtner ist daher die Fernhaltung des letzteren mit allen zu Gebot stehenden Mitteln. Bei Peronospora und Oidium ist es in den Hauptgebieten über Spuren des Befalls bis fetzt glücklicherweise nicht hinausgekommen; nur das vom Hagel betroffene Reutlingen weiß von einem stärkeren Umsichgreifen der Peronospora zu berichten. Weitverbreitet ist die Gelbsucht der Reben, die als Folgeerscheinung der nassen und kühlen Bodenverhältnisse während des Austriebs angesprochen werden muß.
Bade«
Ettlingen, 20. Juli. Zwischen Fischweier und Neuroth stieß ein Lastkraftwagen der Ettlinger Bühnenzüchter mit einem Motorrad zusammen. Beide Fahrzeuge bewegten sich mit großer Schnelligkeit und trotz Beidrehens des Kraftwagens streifte dieser das Motorrad. Auf dem Motorrad saßen Fritz Bard. und Münz aus Ettlingen, die von einem Ausflug zurückkehren wollten. Beide wurden schwer verletzt.
Vom Hohentwiel, 20. Juli. Ein Inspektor aus Konstanz schloß dieser Tage mit Singener Einwohnern eine Wette über einen Geldbetrag ab, mit seinem Fahrrad bis zur Wirtschaft zum „Hohentwiel", die auf halber Höhe des Berges liegt, hin- aufzusahren. Die Wette wurde gewonnen.
Wirsloch, 20. Juli. Ist das Amt eines Vortsvorstehers so begehrenswert? Von den 43 Bewerbern um die hiesige Bürgermeisterstelle hat die Wahlkommission acht Herren ausgewählt, die in den nächsten Tagen vor dem Bürgerausschuß ihr Programm entwickeln werden. Unter den Kandidaten befinden sich folgende vier Karlsruher Herren: Gerichtsassessor Kurt Weidner, Dr. Adolf Bräuning, Verwaltungsinspektor O. Sauer und Volkswirt Dr. Friedrich Schmitt.
Mannheim. 20. Juli. Beim Baden ertranken wiederum zwei Personen. In dem einen Fall handelt es sich um ein frivoles Wagnis. Der 34 Jahre alte Arbeiter Heep versuchte mit seinem sechsjährigen Söhnchen auf dem Rücken den Neckar zu durchschwimmen. Auf halber Strecke kehrte er jedoch zurück, erreichte aber das andere Ufer nicht mehr. Das vom Rücken gleitende Kind rettete ein junger Mann. Heep selbst ertrank. Im zweiten Fall handelt es sich um einen 18jährigen Arbeiter aus Lorch, der im Waldhofer Jndustriehafen ertrank.
Vermischtes
Angerstei« hat dieser Tage auch sein Testament gemacht und ersucht darin, daß der von seinem Vermögen verbliebene Rest zur Herstellung schlichter Denkmäler für die von ihm ermordeten acht Opfer Verwendung finden möge. Es gewinnt den Anschein, als ob Angerstein sich jetzt selbst weiterer Taten bezichtigen will, denn er gab die Erklärung ab, daß er dringend die Vernehmung eines Schneiders aus Gießen wünsche, der über das Verschwinden eines 16jährigen Mädchens aus Marburg aussagen soll.
Trauung der Luisenbräute. Am gestrigen Todestag der Königin Luise wurden, wie der „Montag" meldet, in der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche, zwei Paare getraut, die von der Stiftung Luisendenkmal ausgestattet wurden. Im vor,gen Jahr mußte eine Trauung von Luisenbräuten unterblewen, weil die Stiftung der Inflation zum Opfer gefallen war. Den Bemühungen der Vaterländischen Verbände Potsdams ist es gelungen, die Stiftung zu neuem Leben zu erwecken.
Der Fremdenverkehr in Tirol. Aus Innsbruck wird geschrieben: Der starke Verkehr begann in diesem Jahre schon im Juni, er steigerte sich im Juli und erreichte schon zu dieser außergewöhnlichen Zeit den Höhepunkt. In allen Sommerfrischorten des Landes herrscht Vollbetrieb, auf den Schutzhütten ist guter Besuch, die Züge sind vollbesetzt, besonders jene Kufstein—Innsbruck und die Mittenwaldbahn. Englische Gäste kommen in ansehnlicher Zahl, aber zumeist in geschlossenen Gruppen, ebenso Holländer, Schweden. Der deutsche Reisende ist in der überwiegenden Mehrheit, die Preisbildung in Oesterreich begünstigt ihn gegenüber der Lebensführung in der Heimat. Allerdings ist die Preisbildung in Oesterreich stark verschieden, in Tirol wird aber bis jetzt noch streng auf Stabilität der Preise geachtet, die Schwankungen nach oben haben aufgehört, auch beim stärksten Verkehr. Nur bei der Vermietung von Privatwohnungen herrscht noch Willkür und mitunter auch Unverschämtheit gegenüber den Gästen, die im Notfälle auf Privatwohnungen Anspruch nehmen müssen.
Großfeuer in Göteborg. Göteborg ist, wie der „Montagspost" aus Stockholm gemeldet wird, in der Nacht vom Samstag auf Sonntag von zwei furchtbaren Bränden heimgesucht worden. In einer mechanischen Werkstatt und auf dem Holzlager an der Göta ist ein Grotzfeuer fast explosionsartig ausgebro- chen. Im Innern der Stadt standen Möbellager und Geschäftshäuser in Flammen. Der Sachschaden beläuft sich auf ungefähr fünf Millionen Kronen. Zwei Feurwehrleute ertranken in der Göta. Unter dem Verdacht der Brandstiftung sind zwei Personen verhaftet worden.
Handel und Verkehr
Stuttgart, 20. Juli. (Landesproduktenbörse.) Bei kleinem k schast verkehrt der Getreidemarkt in fester Haltung. In frül Gegenden haben die Erntearbeiten bereits begonnen. Der Erb scheint zufriedenstellend zu sein. Es notierten je 100 Kg.: Weizen bis 25 (am 16. Juli: 21.5—24,5), Roggen 21—22 (21—22,5), Hc 7-22 (uno,), Weizenmehl 39-41 (38,5-40,5), Brotmehl 33- (32,55—34,5). Kleie 12—12,5 (uno,). Wiesenheu 5.5-65 (6.5—6 Kleeheu 6-7 .(6.2-7), drahtgepreßtes Stroh 4.5—5 (uno,) Ma
MeneW NachMMen
, 20- 3uli, Wie der „Kölnischen Zeitung" aus New-Nork
verichiet wird, soll die polnische Anleihe in den Vereinigten Staaten nur zu 40 Prozent untergebracht worden sein.
, , Saarbrücken. 20. Juli. Wie die Neunkirchener Zeitung meldet, yal sich der Bischof von Trier, Bornemann in einem Schreiben an me Bergwerksdirektion in Saarbrücken mit der Bitte gewandt, den wünschen der Bergarbeiter soweit entgegenzukommen als es die Lage der Gruben gestattet.
Berlin, 20. Juli. Zu der vom „Echo de Paris" gebrachten Meldung über eine geplante deutsche Anleihe wird den Blättern mitgeteilt, daß deutscherseits an eine größere Ausländsanleihe nicht gedacht wird.
Berlin, 20, Juli. Wie berichtet wird, erscheinen bei den deutschen Konsulaten in den Ländern mit starkem Reiseverkehr aus Deutschland fast täglich deutsche Reisende, die ihr Bargeld verloren und vom Konsul einen Vorschuß zur Reife haben wollen. Da die Konsulate in ihrem Etat sehr beschränkt sind, kann höchstens ein Vorschuß zur Absendung eines Telegrammes in die Heimat geleistet werden.
Berlin, 20. Juli. In informierten Kreisen nimmt man an, daß das Zollkompromiß zwischen den Regierungsparteien im wesentlichen abgeschlossen ist. — Hier erreichte heute vormittag das Thermometer bereits 34 Grad Celsius im Schatten. Damit ist der heutige der heißeste Tag dieses Sommers. — Am Sonntag wurden im Stadt-, Ring- und Vororts-Verkehr im ganzen 2100000 Fahrgäste befördert. Zur Bewältigung des Verkehrs wurden die Strecken bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit mit Sonderzügen in Anspruch genommen. — Auf der Chausse von Köslin nach Kolberg llberschlug sich ein kleiner zweisitziger Kraftwagen. Der Insasse wurde tot aufgefunden. — Beim Selbecker Bergrennen fuhr ein Kraftwagen in einer Kurve zur Seite und verlor das Gleichgewicht. Der Beifahrer schlug mit dem Kopf gegen einen Baum und war sofort tot.
Salzburg, 20. Juli. Bei der Besteigung des Häusl-Hornes wurde der Sohn eines Arztes Hermann Kahler aus Berchtesgaden von einem schweren Felsblock, der sich plötzlich losriß, getroffen und in die Tiefe gerissen. Sein Begleiter, der Student Leo Matuschka aus München hielt ihn am Seile fest und konnte ihn nach sechsstündiger Arbeit schwerverletzt und bewußlös bergen.
Paris, 21. Juli. Wie Haoas aus Barcelona berichtet, ist bei Resas ein französisches Flugzeug, das den Verkehr zwischen Frankreich und Marokko versieht und von Toulon kam, abgestürzt. Beide Insassen waren auf der Stelle tot.
Paris, 20. Juli. Nach einem französischen Ministerrat über die Marokkoscage erklärte Painleve, daß Abd el Krim Friedensvorschläge unterbreitet würden.
Ein letztes Wort zur Aufwertungsfrage.
Von Dr. Gottlob Egelhaaf, M. d. L.
Seit die Entscheidung über diese Frage im Reichstag am 15. Juli gefallen ist, gehen mir beständig Zuschriften zu, welche unter warmem Dank für das, was ich in der Sache seit Jahren getan habe, von mir zu wissen wünschen, was ich zur Entscheidung des 15. Juli sage. Darauf eine kurze Antwort. Ich beklage tief, daß nicht mehr erreicht worden ist, namentlich daß die öffentlichen Anleihen, an denen Hunderttausende, ja Millionen deutscher Staatsbürger beteiligt sind, mit Beträgen abgewertet worden sind, welche dem völligen Bankerott gleichkommen. Daß gerade die Entwertung der Kriegsanleihen, in deren Zeichnung so viel opferwilliger Patriotismus sich betätigt hat, eine fast völlige ist, schreit zum Himmel; hierüber noch Worte zu machen, geht über mein Vermögen; ich könnte die richtigen kaum finden. Nur eines muß ich sagen: niemand hat jetzt bares Geld verlangt; jedermann wollte dem Reich und den Ländern lange Heimzahlungsfristen zugestehen, vielleicht, obschon der Fall anders liegt, auch den Gemeinden. Nur anerkennen sollten sie ihre Zahlungspflicht, auf bessere Zeiten vertrösten und für sie ehrlich und redlich Besseres verheißen, und jetzt als Pfand einen kleinen Zins zahlen. Warum ist das nicht geschehen? Wenn die Gefahr einer neuen Inflation dadurch heraufbeschworen würde, daß hie Schuldner zu mehr verpflichtet wurden, so beuge ich mich; denn diese Gefahr ist allerdings die größte, auch für die, welche Opfer des 15. Juli geworden sind — sie würde unsere letzten Hoffnungen auf ein Wiederaufkommen vernichten. Ich kann aber nicht glauben, daß diese Gefahr entstanden wäre. Deshalb wird auch der 15. Juli kein Ende der Bewegung bringen, die auf den Sieg von Treu und Glauben und die Anerkennung sittlicher Grundsätze gerichtet ist und aus diesen Beweggründen ihre Kraft zieht.
Der Württ. Lehrerverei« gegen das Schullastengesetz.
Zum Schullastengesetz hat der Württ. Lehrerverein folgende Erklärung beschlossen: „Das Schullastengesetz bedeutet eine große Gefährdung der Bildung unserer Jugend und damit der Wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung unseres Volkes, daß wir in letzter Stunde nochmals unsere warnende Stimme erheben. Wir bitten alle verantwortungsbewußten Bürger dringend, ihren Einfluß bei jedem einzelnen Abgeordneten und den sonstigen maßgebenden Stellen geltend zu machen, um die Gemeinden und Schulen vor diesem schweren Schlag zu bewahren."
Räumungsvorbereitungen in Düffeldorf?
Düffeldorf, 20. Juli. Der Oberkommandierende des Brückenkopfes Duisburg hat dem Regierungspräsidenten mitgeteilt, daß heute, am 20. Juli um 12 Uhr nachts die von belgischen Truppen seit dem 11. Januar 1923 — also seit dem Ruhreinmarsch — besetzten Gebiete geräumt sein werden. Die belgischen Behörden hören von diesem Zeitpunkt an auf, ihre Kontrolle auszuüben. Die Besatzung in Düsseldorf hat das Prinz-Georg-Ghm- nasium und das Lyzeum in der Lindemannstraße geräumt und der Verwaltung wieder übergeben. In der Lindemannstraße werden nur noch einige Büroräume bis zum 25. Juli von der Besatzung weiter benutzt werden. Von diesem Zeitpunkt an steht das ganze Schulgebäude wieder der Stadtverwaltung zur Verfügung.
Die Bochumer Etappe geräumt.
Bochum, 20. Juli. Die französischen Truppen haben heute früh 7 Uhr die Stadt verlassen. Der Abzug vollzog sich ohne jegliche Reibung. Damit ist auch die Bochumer Etappe, zu der Witten, Hattingen, Herne, Bochum, Recklinghausen und Gelsenkirchen gehören, völlig geräumt.
Dinslaken, 20. Juli. Heute mittag ist Dinslaken von den belgischen Truppen geräumt worden.
Kundgebung des Oberpräsidenten von Westfalen.
Münster, 20. Juli. Der Oberpräsident der Provinz Westfalen hat aus Anlaß des Abmarsches der Besatzungstruppen folgende Kundgebung an die Bevölkerung der Provinz Westfalen gerichtet: „Mit dem 21. Juli 1925 ist Westfalen frei! Mehr als zweieinhalb Jahre hat der Druck fremder Besatzung auf dem Ruhrgebiet gelegen. In dieser schweren Zeit hat die Bevölkerung, haben die Behörden mit ihren Beamten ein mustergültiges Verhalten an den Tag gelgt, und erhebende Beispiele ihrer Liebe zur Heimat, zum deutschen Vaterland geliefert. Dafür gebührt ihnen der wärmste Dank. Noch ist es nicht an der Zeit, dem Gefühl der Befreiung von schwerer Last Ausdruck zu geben. Wir müssen eingedenk sein, daß noch Teile unserer Schwesterprovinz auf Befreiung harren. Wir haben jedoch das Bedürfnis, dem geräumten Gebiet an dem Befreiungstage ein herzliches Glückauf zuzurufen!"
Die Parteien und die Note.
Das Echo, das die deutsche Note nach ihrer Veröffentlichung in England finden wird, wird von der Ausnahme in Frankreich und vor allem derjenigen in der deutschen Presse und im Anschluß daran im Reichstag zurücktreten. Die Führer der Regierungsparteien, ebenso aber auch die der Sozialdemokraten sind, wie anzunehmen ist, schon heute im Besitz des Wortlautes der Note, eine Vermutung, die um so berechtigter erscheint als sich doch einzelne Fraktionen bis zum Mittwoch über die Nuancen ihrer kritischen Betrachtung im Klaren sein müssen. Es wäre ja auch zwecklos, die Parteinstanzen erst durch die Presse
von dem wirklichen Inhalt der Note in Kenntnis zu setzen, da sie doch schon seit geraumer Zeit einmal aus der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses, zum andern aus dem Parteiführerempfang durch den Kanzler, im Bilde sind. Ebenso erscheint es auch angebracht, die Parteipresse rechtzeitig zu informieren, damit nicht etwa von dieser Seite bei der Behandlung des sehr komplizierten Materials ein taktischer Fehler gemacht werde. Die Reichsregierung wird, wenn sie am Dienstag abend der Presse die Note übergibt, nicht verfehlen, ihr auch einen entsprechenden Kommentar mit auf den Weg zu geben.
Berlin, 20. Juli. Viele Deutsche sind im Zweifel darüber, ob die Räumung des Ruhrgebiets durch die französischen und belgischen Truppen nicht mindestens um einige Wochen, nämlich bis hart an den kritischen 16. 8. heran, verschoben worden wäre, wenn der neue französische Oberkommandierende in Marokko, General Naulin, nicht gerade die französischen Besatzungstruppen an der Ruhr für die geeignete Verstärkung der französischen Front in Nordafrika gehalten hätte. Es paßt durchaus für den Charakter der Franzosen, daß sie aus der Not eine Tugend machen und das Zurückziehen ihrer Soldaten «or dem letzten Termin als ein Zeichen besonderer Friedfertigkeit und Verständigungsbereitschaft angesehen wissen möchten. Täglich erhalten die Zeitungen Meldungen, daß das französische oder belgische Militär aus dieser oder jener Stadt des Ruhrgebiets unter klingendem Spiel abgezogen sei. Die Bevölkerung hat dem Abzug der Truppen äußerlich ebensowenig Teilnahme entgegengebracht wie ihren aufreizenden und überflüssigen Darbietungen in den Straßen und Plätzen des dicht bevölkerten Bergbau- und Jndustriereviers. Man würde den Deutschen an der Ruhr unrecht tun, wenn man behaupten würde, daß ihre äußere Gelassenheit ein Zeichen innerer Teil- nahmlosigkeit sei, vielmehr sind alle Bewohner des Ruhrgebiets so fest von der Rechtswidrigkeit der Besetzung und von der Selbstverständlichkeit der endlichen Räumung überzeugt, daß sie den abziehenden Peinigern unter keinen Umständen das Schauspiel des Zorns oder der Genugtuung geben wollen. In wenigen Wochen wird es heißen, Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Duisburg und Ruhrort sind geräumt. Und .wie steht es mit Köln?
Verurteilung der Strausberger Räuber.
Berlin, 20. Juli. In dem Prozeß gegen die vier Räuber, die im Februar 1921 abends den Autoomnibus bei Strausberg und eine Woche früher die Wirtschaft „Waldkathe" bei Bernau überfallen hatten, wurden zwei Brüder Heinrich zu 6 und 9 Jahren Zuchthaus und der ehemalige Polizeiwachtmeister Stilck zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Allen drei Angeklagten wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre abgesprochen und außerdem wurden sie unter Polizeiaufsicht gestellt. Das Verfahren gegen den vierten Angeklagten, den Bruder der verurteilten Gebrüder Heinrich, wurde abgetrennt und dieser auf 6 Wochen zur Beobachtung seines Geisteszustandes in eine Irrenanstalt geschickt. Gegen die angeklagten drei Brüder Heinrich schwebt noch ein weiteres Verfahren wegen eines Raubüberfalles in Oranienburg, bei dem ein Verfolger erschossen wurde.
Kredite für die Kleinindustrie des besetzten Gebietes.
Berlin, 20. Juli. Auf Grund von Verhandlungen, die im Reichswirtschaftsministerium mit den beteiligten Stellen stattgefunden haben, wird dem besetzten Gebiet aus Postscheckgeldern ein Kredit von 10 Millionen Mark für die Neubelebung und Förderung der gewerblichen und kleinindustriellen Produktion, sowie auch des Einfuhrhandels zur Verfügung gestellt. Die Postscheckgelder werden von der preußischen Staatsbank im Wege des Postkredits zum jeweiligen Reichsbankdiskont nach der Preußischen Handelsgenossenschaftskasse der Dresdener Bank, Genossenschaftsabteilung, sowie der Deutschen Girozentrale überwiesen. Diese leiten die Gelder dann wieder an die Kreditgenossenschaften und Sparkassen weiter. Verlängerung der Kredite über 6 Monate hinaus ist in Aussicht genommen. Im übrigen dürfen diese Kredite nur auf geschäftlicher Grundlage, besonders nur an kreditwürdige Personen gegeben werden. Darlehen sollen auch grundsätzlich nur gegen Wechsel gewährt werden. ^ i
Die deutsche« Sachlieferungen. -
Berlin, 20. Juli. In den letzten Wochen sind von Frankreich und Belgien neue Sachlieferungsverträge über Repara- tionssachlieferungen im Betrage von etwa 3,8 Millionen Mark abgeschlossen worden. Davon wird Frankreich unter anderem die Einrichtung einer Fabrik von rund 2 Millionen Mark und Werkzeugmaschinen im Werte von 0,75 Millionen Mark erhalten. Belgien erhält für 1,2 Millionen Mark Telegraphenstangen. Die belgische Eisenbahnverwaltung hat einen Posten von verzinktem Eisendraht im Betrag von 655 000 Mark in Auftrag gegeben und läßt für mehrere Hunderttausend Mark Reparaturen von Restitutionslokomotiven ausführen. Im übrigen ist bei Beurteilung der im freien Verkehr zustande gekommenen Sachlieferungen auf Reparationskonto stets im Auge zu behalten, daß diese Lieferungen nur einen kleinen Teil der Gesamtlieferungen bilden und der weitaus größte Teil für Reparationskohle und die Lieferungen an Stickstoff und Farbstoffen in Aussicht genommen wird.
Urteil im Heimstätten-Prozetz.
Berlin, 20. Juli. In dem bereits sechs Wochen dauernden Prozeß der Mitteldeutschen Heimstätten gegen den Herausgeber des „Holzmarkt", Fernbach, wurde dieser in drei Punkten der Anklage und zwar wegen Beleidigung des Volkswohlfahrtsministeriums, des Oberpräsidenten Hörsing und des Holzmaklers Primavesi freigesprochen, dagegen wegen Beleidigung des Geschäftsführers der Gesellschaft zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt.
Vermeidung des drohenden Streikes in der Textilindustrie.
Bautzen, 20. Juli. Nach 13stündigen Verhandlungen auf der Kreishauptmannschast ist es zu einer Einigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der ostsächsischen Textilindustrie gekommen, sodaß einem weiteren Umsichgreifen des Streiks beggnet und die drohende Aussperrung von etwa 40 000 Arbeitern vermieden worden ist.
Drohende Aussperrung in der schlesischen Textilindustrie.
Görlitz, 20. Juli. Die Arbeitgeber der schlesischen Textil-
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