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liche Angeklagte erhielt 9600 Mark Geldstrafe und eine weitere 4 M Mrrk Geldstrafe.

Vermischtes.

Ei« schweres Brand Unglück ereignete sich Mittwoch nach- Mtag in Britz bei Berlin. In den Betriebsräumen der Film- Kerwertungsgesellschaft Sandt L Co. brach infolge einer Explo­sion ein Feuer aus, das schnell um sich griff. Der Lagerraum, der etwa 2000 Kilometer Filme enthielt, brannte vollständig aus. Das angrenzende Wohnhaus ist ausgebrannt. Die auf der anderen Seite angrenzende Gummifabrik war durch eine Brandmauer geschützt. Dort brannte nur das Dach an. Die Firma Sandt <L Co. verarbeitet alte Filme. Das Feuer ist wahrscheinlich in dem Filmtrockenraum ausgebrochen, dessen Wände nach außen gefallen sind. Die in dem Filmtrockenraum lagernden alten Filme werden in großen Bottichen gekocht, zur Gewinnung von Bromsilber, das zu einem schlammartigen Niederschlag gesammelt und in Tiegeln geschmolzen wird, so- daß reines -sicher übrigbleibt. Man vermutet, daß Zentrifugen sich heiß gelaufen haben. Zwei Arbeiterinnen wurden als ver­kohlte Leichen aus den Trümmern geborgen. Acht Personen wurden verletzt, darunter auch der Mitinhaber der Firma Ru­dolf Reinwarth.

Das Pech des Falschmünzers. In den Straßen von Pa­lermo spielte sich ein seltsamer Vorfall ab. Man sah einen Karren nachschleifendes, durchgehendes Pferd den Korso füh­rerlos entlang jagen. Ein anderer Wagen mit dem aufgereg­ten Kutscher jagte hinterher. Plötzlich fiel aus dem Wagen eine Kiste heraus, aus der sich ein Regen von Hundert-Lire­scheinen ergoß. Sofort stürzte sich das erschrocken ausweichende Publikum auf den ungewohnten Segen, während der Verfolger schließlich Halt machte und den Rückzug antrat. Zu spät erst sahen die Sammler, daß es sich um lauter erst halbfertige falsche Noten, die der Falschmünzer durch die Laune eines Pferdes frühzeitig aus der Hand geben mußte, handelte.

Handel und Verkehr.

Stuttgart, 9. Juli. Dem Donnerstagmarkt am Vieh- und Schlachthof wurden zugeführt: 13 Ochsen, IS Bullen, 140 Iungbullen, 140 Iungrinder, 33 Kühe, 250 Kälber, 586 Schweine, 5 Schafe. Alles verkauft. Erlös aus je I Zentner Lebendgewicht: Ochsen l 50 bis 53 (letzter Markt 49531, 2. 39-47 (3846), 3. 32-38 (3l bis

37) . Bullen I. 48-51 (4951), 2. 42-47 (unv). 3. 35-39 (34 bis

38) , Jungrinder I. 5759 (uno.), 2. 45-53 (unv), 3. 3643 (unv.), Kühe 1. '3240 (30-40), 2. 2029 (2028). 3. 1317 (unv.), Kälber 1. 7174 (69-73). 2. 65 69 (61-67). 3. 55 62 (50-58), Schafe 1. 80 (unv.), 2. 6065 (65), Schweine 1. 8081 (7780), 2. 77- 79 (75-78). 3. 76-78 (71-74). Sauen 68 (5666) Mark. Verlauf des Marktes: Mäßig belebt.

Stuttgart, 9. Juli. (Lnndesproduktenbörse.) Infolge höherer Notierungen Amerikas hat sich auf dem Getreidemarkt eine etwas freundlichere Stimmung eingestellt. In der Hauptsache kommt augen­blicklich nur greifbare oder bald lieferbare Ware in Betracht. Es notierten je 100 Kg.: Weizen 2124 (am 6. Juli: 2124), Sommer­gerste 2124 (unv), Roggen 20.5022 (unv.l, Hafer 16-21.50 (unv.), Weizenmehl 38-40 (unv.), Brotmehl 3234 (unv.', Kleie 1212.50 (unv.), Wiesenheu 5.506.20 (unv), Kleeheu 6.207 (unv.), drahtgepreßtes St roh 4.505 <unv) Mark. _

Neuest» Nach ruhten

Stuttgart, 9. Juli. 2m Landtag hat die sozialdemokratische Fraktion folgenden Antrag eingebracht, das Staatsministerium zu ersuchen, bei der Reichsregierung dafür einzutr-ten, daß unter die Reichsamnestie sämtliche aus politischen Motiven begangene Delikte fallen, daß die aus winschsastlicher Not vor allem der Inflation und ihren Nachwirkungen begangenen Delikte in die Amnestie einbezogen werden und daß die Wirksamkeit der Reichsamnestie sich auf alle diese Delikte bis zum Tage des Inkrafttretens des Gesetzes erstreckt. Ferner soll für Württemberg eine den obigen Grundsätzen ensprechende Amnestie erlassen werden.

Kempten i. A., 9. Juli. In Riedis fiel ein Knabe in eine Fauchegrube. Bei den Rettungsversuchen erlitt der Vater des Knaben, ein Heuer und ein 15 jähriger Postagentensohn das gleiche Schicksal. Es gelang, drei Personen lebend zu bergen. Der Sohn des Post­agenten konnte nur als Leiche aus der Grube gezogen werden.

München, 9. Juli. Gestern wurden hier die beiden Inhaber der Chiemgauer Graphischen Kunstanstalt in Traunstein wegen Herstellung und Verbreitung falscher Zehn-Rentenmarkscheine verhaftet.

Köln, 9. Juli. Nach derKöln. Ztg." hat die schwedische Eisen­bahnverwaltung von ausgeschriebenen 300 Erzwagen der Wagenring G. m. b. H. in Berlin die Lieferung von 100 Wagen zugcteilt, wäh­rend die übrigen 200 in Schweden hergestellt werden.

Köln, 9. Juli. Nach einerKölnischen Zeitung" sind die Ver­handlungen mit der Blairgruppe über eine Anleihe von 10 Millionen Dollar für die Stadt Köln, also nicht 15 Millionen, wie urspiinglich geplant war, zum Abschluß gekommen. Der Zinsfuß beträgt 6>/, 'Prozent. Die Uebernahme- und Ausgabekurse sind ähnlich wie bei der Berliner Stadtanleihe.

Berlin. 9. Juli. In dem Prozeß gegen den Landwirt Rehnig, der den Reichsbannermann Schultz erschossen hat, wurde heute das Arteil gefällt. Der Angeklagte wurde aus Kosten der Staatskasse freigesprochen. In der Urteilsbegründung erklärte der Vorsitzende, daß das Gericht der Ansicht sei, daß Notwehr Vorgelegen habe und daß der Angeklagte die Grenzen der Notwehr nicht überschritten habe. Der Haftbefehl wurde aufgehoben.

Dirschau, 9. Juli. Donnerstag früh 5 Uhr ist bei Scharnau, gegenüber Schultitz, in der Nähe von Bromberg, der Weichseldamm gebrochen. Eine Strecke von 25 Kilometer ist bis Alt-Thorn über­schwemmt. An der Unglucksstelle arbeiten Thorner Pioniere. Es wird befürchtet, daß bei Münsterwalde, in der Nähe von Marien­werder, der unterspülte alte Damm durchbrechen werde.

Metz, 9. Juli. In letzter Zeit fallen die Selbstmorde in der französischen Armee auf. So wurde der aus dem Urlaub zurückge- kehrle Soldat Morenval aus dem Speicherraum der Geniekaserne erhängt ausgesunden. Auch der 21 jährige Soldat Jules Roger hat sich erhängt, am Kasernengebäude in Devant-les-Pents. -

Paris. 9. Juli. Die französische Regierung hat in der Kainmer eine Kreditforderung von 183 Millionen Francs für den Marokko­krieg eingebracht.

Shanghai, 10. Juli. Reuter erfährt, daß die chinesische Handels­kammer bisher 620000 Dollar an das Büro der Streikleitung zur Unterstützung der Streikenden ausgezahlt haben soll. Es werde in­dessen angenommen, daß diese Summe nicht genüge, um den Streik weiter zu finanzieren.

Tokio, 9. Juli. Der Marineetat für das kommende Jahr weist Ausgaben in Höhe von 280 Millionen Pen auf, was eine Zunahme gegenüber dem laufenden Jahr um 60 Millionen Neu bedeutet.

Tokio, 9. Juli. Die Sowjetregierung hat in Tokio um die Er­laubnis gebeten, 70 Handelskommissare mit diplomatischen Vorrech­ten in Japan anzustellen. Das japanische Ministerium des Aeußern hat dieses Ersuchen mit Rücksicht auf die Gefahr einer kommunisti­schen Propaganda, wie Reuter meldet, abgelehnt. Die Polizeioerwal- tung soll 300000 Pen zur Bekämpfung der kommunistischen Umtriebe angefordert haben.

gleichgültig, ob eine Landesgefahrengemeinschaft bestehe oder nicht, da er ftr beiden Fällen den Anspruch auf Unterstützung in gleicher Höhe besitze. Bei Aussperrungen und Streiks trete Erwerbslosenfürsorge nicht ein. Die württembergische Regie­rung sei damit einverstanden, daß die Erwerbslosenfürsorge vom Reich in eine Arbeitslosenversicherung umgewandelt werde. Alsdann begann die Beratung des Justizetats. Hiezu begründete in längerer Rede unter scharfer Kritik an der Justiz der Abg. Karl Müller (Komm.) einen Antrag, in die Reichs­amnestie sämtliche aus politischen Motiven begangenen Delikte, sowie die aus wirtschaftlicher Not, vor allem der Inflation und ihrer Nachwirkungen begangenen Delikte, einzubeziehen und für Württemberg eine entsprechende Amnestie zu erlassen. Daß die Sozialdemokratie, als sie die Macht hatte, das Klassenrecht der Bürgerlichen nicht beseitigte, erklärte der Redner als ein Ver­brechen an der proletarischen Klasse, das nicht mehr gesühnt werden könne. Die Beratung wird morgen nachmittag fort­gesetzt.

Die Arbeitnehmer gegen die Lustfahrlnote.

Wir anläßlich des Schlusses des deutschen Rundfluges in Stuttgart versammelten Flugzeugführer, Flugschüler, Arbeiter, Monteure und Ingenieure der süddeutschen Flugzeugindustrie nahmen voll Empörung Kenntnis von der Luftfahrtnote der Botschafterkonferenz vom 23. Juni. Wir erwarten von der Reichsregierung die strikte Ablehnung der unberechtigten For­derungen, die unserer Luftfahrt und damit uns den Rest ver­stümmelter Existenz rauben wollen.

Baden und der Finanzausgleich.

Karlsruhe, 10. Juli. In der gestrigen Sitzung des badi­schen Landtags begründete der Abg. Schoper (Ztr.) eine von allen Parteien eingebrachte förmliche Anfrage über den Stand der Finanzausgleichsberatungen. In Beantwortung der Inter­pellation erklärte Finanzminister Dr. Köhler nach einem Rück­blick über die Geschichte des Finanzausgleichs, die ei« Ringen der Länder um die Erhaltung ihrer Selbständigkeit auf finan­ziellem und darüber hinaus auch auf staatspolitischem Gebiet darstelle, der jüngste Entwurf für einen Finanzausgleich stelle einen schweren Eingriff in die Rechte der Länder und Gemein­den auf dem Gebiete der Selbstverwaltung dar und trage den berechtigten finanziellen Forderungen derselben in keiner Wesse Rechnung. Es müsse erwartet werden, daß nicht eine Rück- wärtsrevidierung, sondern ein Vprwärtsschreiten auf dem Wege der Erhaltung der finanziellen Selbständigkeit und Länder und der Gemeinden stattfinde und deren volle Verantwortlichkeit für ihre Ausgabenwirtschaft dadurch geschaffen werde, daß auch die Verantwortung für die Beschaffung der Einnahmen in wei­tem Umfang in dieselben Hände gelegt werde. Der Minister gab der Hoffnung Ausdruck, daß noch eine Verständigung zu­standekomme, und schloß, die Länder seien durchaus bereit, dem Reich zu geben, was es notwendig bähe. Sie seien auch bereit, die nötigen statistischen Unterlagen zu liefern. Sie könnten über keineswegs darauf eingehen, ihre finanzielle Abhängig­keit gegenüber dem Reich zu vergrößern und sie würden sich gegen die Absicht einer weiteren Zentralisation und Schemati­sierung wenden, denn sie sähen darin letzten Endes auch ihr Politisches Ende. Reichsfreudigkeit und Reichstreue seien im Lande Baden selbstverständlich, aber diese Selbstverständlichkeit verlange auch von der anderen Seite entsprechendes Vertrauen. Die bayerische Regierung gggen eine Umlegung der fremden

Äuhrtruppen nach dem altbesetzten Gebiet.

München, 9. Juli. Wie der Landesdienst des Südd. Corr.- Büros erfährt, ersuchte die bayr. Staatsregierung die Reichsre­gierung, bei den alliierten Regierungen Schritte zu unterneh­men, daß die von Frankreich beabsichtigte Umlegung der bis­herigen Besatzung vom Ruhrgebiet auf das altbesetzte Gebiet unterbleibt.

Die Behandlung der Aufwertunjgsvorlage.

Berlin, 9. Juni, lieber die voraussichtliche Parlamentarische Behandlung der Aufwertungsvorlage im Plenum weiß die Nachtausgabe desTag" zu berichten. Zwischen den Regie­rungsparteien wird darüber verhandelt, ob bei den Abstim­mungen über die Aufwertungsvorlage Fraktionszwang bestehen soll oder nicht. Man ist darüber einig, daß entweder sämtliche Regierungsparteien Fraktionszwang für die Aufwertungsvor­lage in ihrer jetzigen Form beschließen, oder daß die Abstim­mung bei allen Regierungsfraktionen freigegeben wird. Der gemeinsame Beschluß aller Regierungsfraktionen für Fraktions­zwang ist ziemlich ausgeschlossen. Es besteht also die Möglich­keit, daß die Mehrheitsziffer der Regierungsparteien nicht ganz ausreicht, um die Aufwertungsvorlage in zweiter und dritter Lesung glatt zur Annahme zu bringen. Würde die Aufwer­tungsvorlage scheitern, so würde ein ganz unhaltbarer Zustand eintreten, denn am 15. Juli läuft die Frist für die dritte Steuer­notverordnung ab. Es wäre dann mit einer Notverordnung der Regierung zu rechnen, die wahrscheinlich sich vollständig auf die jetzige Aufwertungsvorlage wieder stützen würde. Angesichts dieser unhaltbaren Lage spricht man in parlamentarischen Krei­sen davon, daß sich auch Mitglieder der Opposition, die sich hisher grundsätzlich gegen die Aufwertungsvorlage eingestellt haben, entschließen könnten, für die Aufwertungsvorlage zu stimmen, um die Mehrheit aus jeden Fall zu sichern.

Um das Zoll-Kompromiß.

Wie dasBerliner Tageblatt" von gut unterrichteter Seite hört, bestehen im Zentrum noch sehr starke Meinungsverschie­denheiten über die Gestaltung der Zollvorlage. Das Zentrum soll nicht beabsichtigen, der Zollvorlage in ihrer jetzigen oder in einer etwas veränderten Form zuzustimmen, wenn nicht vorher von der Regierung alle Sicherheiten für den bisherigen Kurs der auswärtigen Politik gegeben werden. Das Blatt schreibt weiter, es sei ermächtigt zu erklären, daß die demokratische Fraktion sich an keinen Kompromißverhandlungen beteiligen werde. Das gleiche gelte auch für die Sozialdemokraten. Alle Gerüchte über eine Einigung zwischen den Regierungsparteien in der Zollfrage seien in dieser Form nicht richtig.

Die Kriegsbeschädigten.

Berlin, 9. Juli. Im Reichstagsausschuß für die Kriegs­beschädigtenfragen führte der Reichsfinanzminister v. Schrieben, der um ein Urteil über die finanzielle Auswirkung der gestellten Anträge ersucht worden war, u. a. aus, daß er bei allerstärkstem Mitgefühl für die Kriegsopfer doch nicht über die in Aussicht genommen 150 Millionen laufender und 50 Millionen einma­liger Ausgaben hinausgehen könne. Der Fehlbetrag im lau­fenden Etatsfahr habe sich infolge der Bestimmungen in ande­ren Ausschüssen noch vergrößert, so Laß bei den genannten Summen die Höchstgrenze gesetzt sei.

Herabsetzung der Umsatzsteuer.

Württe«ber»ischer La«bta,.

Stuttgart, 9. Juli. Der Landtag beendigte in seiner heu­tigen Sitzung die Beratung des Etats des Arbeits- und Ernäh­rungsministeriums. Eingehender besprochen wurde von meh­reren Rednern die Frage des L-ehrlingswesens und es wurde gewünscht, daß dieser besondere Aufmerksamkeit gewidmet werde. Ein Antrag Dingler (B.B.), das Landesamt für Ar­beitsvermittlung aufzuheben, wurde an den Finanzausschuß uberwiesen. Zur Frage der Erwerbslosenfürsorge erklärte

Berlin, 9. Juli. Der Steuerausschuß des Reichstags nahm heute einen Antrag der Regierungsparteien an, wonach die Umsatzsteuer auf 1,25 v. H. ermäßigt wird. Fm weiteren Ver­lauf der Sitzung wurde ein demokratischer Antrag auf völlige Streichung der Luxussteuer gegen die Stimmen der Demokra­ten, Sozialdemokraten und Kommunisten abgelehnt. Angenom­men wurde der Antrag der Regierungsparteien, wonach es der Regierung überlassen wird, den Satz der Luxussteuer nach eigenem Ermessen auf weniger als 10 Prozent herabzusetzen. Hierauf wurde die Herbergsteuer behandelt. Ministerialrat

daß es wiederum einen Eingriff -er Reichsgesetzgebung in die den Ländern vorbehaltenen Gebiete bedeuten würde, wenn daS Reich Len Gemeinden verbieten wolle, Herbergsteuer« zu er­heben. In der Abstimmung wurde ein Antrag Nolte (W. Ber.) angenommen, wonach die Länder und Gemeinden vom Inkraft­treten des neuen Gesetzes ab keine Steuern mehr vom Entgelt für die Gewährung eingerichteter Schlaf- und Wohnräume in Gasthöfen, Pensionen oder Privathäusern erheben dürfen. Hier­auf vertagte sich der Ausschuß.

Die Beleidigungsklage Dr. Best s abgewiesen.

Berlin, 9. Juli. Im Geschäftsordnungsausschuß des Reichs­tags wurde unter anderem der von dem Abg. Dr. Best (Hospi­tant bei den BölL) gestellte Antrag auf Aufhebung der Immu­nität der Abgg. Rademacher und Oberfohren (Du.) wegen Be­leidigung behandelt. Von dem Berichterstatter Abg. Hamp« (W. Ver.) wurde erklärt, daß der Antrag völlig undiskutabel sei, da er der Reichsverfassung widerspreche, nach der Aeutze- rungen von Abgeordneten im Parlament unverfolgbar seien. Der Ausschuß schloß sich der Auffassung des Berichterstatters einmütig an.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 9. Juli. Nach Annahme eines kommunistischen An­trags auf Einstellung von Strafverfahren gegen die kommuni­stischen Abgeordneten Heckert und Pfeiffer tritt der Reichstag heute in die Beratung des von den Regierungsparteien einge- brachten Gesetzentwurfs über die Erhöhung der Bier- und Tabaksteuer ein. Mg. Simon-Schwaben (Soz.) lehnt den Ent­wurf, der immer noch eine Erhöhung des ursprünglichen Bier­steuersatzes der Regierungsvorlage um 50 Prozent vorsehe, ab, ebenso Abg. Neubauer (Komm.), der grundsätzlich jede Massen­besteuerung verwirft. Abg. Büll (Dem.) erinnert an die pro­grammatischen Erklärungen des Reichskanzlers, daß die die Massen belastenden Steuern abgebaut werden sollten, sowie an die kürzlich beschlossene Herabsetzung der Weinsteuer und fragt, wie man da an eine Zollerhöhung für Tabak plus Erhöhung der Banderolensteuer denken könne, da der Tabak in viel stär­kerem Maße als der Wein ein Bedarfsgegenstand der breiten Massen sei. Außerdem treffe die Zollerhöhung gerade die bil­ligeren Sorten und damit die ärmeren Verbraucher. Eine solche Steuerpolitik mache seine Partei nicht mit. Abg. Fehr (W. Ver.) unterstreicht die Verbesserungen der Vorlage, die den Bier­brauereien zugute kämen, und die den notwendigen Schutz für die Tabakbauer enthielten. Abg. Henning (Völk.) lehnt die Vor­lage als unsozial ab, die alsdann dem Steuerausschuß über­wiesen wird, worauf der Finanzminister den Regierungsent­wurf zurückzieht. Alsdann wird der Gesetzentwurf über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag. mit Amerika dem handelspolitischen Ausschuß überwiesen. Von den hierauf zur Beratung stehenden zwei Verträgen mit Polen, einer über die Benutzung von Baulichkeiten in Kurzebrack und einer über Erleichterungen im kleinen Grenzverkehr, wird der erste auf völkischen Vorschlag angesichts der wirtschaftlichen Differenzen zwischen Deutschland und Polen von der Tagesordnung abge­setzt, der andere aber im Jntersse der deutschen Grenzbevölke­rung in allen drei Lesungen angenommen. Nach Annahme des Gesetzes über den Beitritt Deutschlands zum Spitzbergenver­trag wendet sich das Haus Ler Weiterberatung des Haushalts des Ministeriums für die besetzten Gebiete zu. Die Redner bringen noch eine Reihe von Wünschen vor, so besonders hin­sichtlich der Bekämpfung der Wohnungsnot und der Unter­stützung der Erwerbslosen im besetzten Gebiet. Der Haushalt wird schließlich bewilligt. Bei der dann folgenden Beratung des Etats des Reichstags handelt das Haus sozusagen in eige­ner Sache. Und dementsprechend sind auch die Wünsche. Der Ausschuß empfiehlt nämlich Entschließungen zur Annahme, in denen u a. die Beschaffung von Freifahrkarten für die Abge­ordneten für die Postautolinien und die Dampferlinien auf dem Bodensee verlangt wird. Auch einen eigenen Garten möchten die Reichsboten haben, ferner Freifahrkarten für die kleinen Lokalbahnen und größere Zuschüsse als bisher für die Be­nutzung von Schlafwagen Auch ein Auto muß dabei sein. Für diesen Zweck werden 20 000 Mark bewilligt. Viele Worte werden übrigens nicht gemacht und der Etat genehmigt. Es folgt die Beratung eines Gesetzentwurfs betr. das Recht zum Tragen der Militäruniformen, der dem Reichspräsidenten das Recht geben will, Personen, die schon vor Bildung der Reichs­wehr aus dem militärischen Dienst ausgeschieden sind, das Tra­gen einer Militäruniform zu gestatten. Abg. Kuhnert (Soz.) erklärt, aus der Vorlage spreche der Geist von Potsdam. Seine Partei wende sich gegen alle Vorrechte und deshalb auch gegen den Unfug des Zurschautragens kaiserlicher Uniformen. Reichs­wehrminister Dr. Geßler betont, daß Art. 129 der Verfassung von Weimar dieses Recht schützt. Es sei der verstorbene Reichs­präsident Ebert gewesen, der die Regelung dieser Angelegen­heit durch Gesetz gewünscht habe; der jetzige Reichspräsident habe damit noch nichts zu tun gehabt. Nach längerer teilweise stürmischer Auseinandersetzung über einen sozialdemokratischen Vertagungsantrag beschließt das Haus in vorgerückter Abend­stunde sich auf Freitag nachmittag 2^ Uhr zu vertagen. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung stehen die Aufwertnngsgesetze.

Die Ebertbüste im Reichstag.

Berlin, 9. Juli. Ueber Nacht sind aus dem Reichstag die Büsten Moltkes und Bismarcks verschwunden. An der Stelle der Moltksbüste ist eine Gipsbüste des verstorbenen Reichsprä­sidenten Ebert gesetzt worden, während der Platz der Bismarck­büste freigelassen ist. Kein Mensch im ganzen Deutschen Reich wird etwas dagegen einzuwenden haben, wenn von dem frühe­ren Reichspräsidenten im Reichstagsgebäude eine Büste aufge­stellt wird. Daß aber gerade die Büste Bismarcks und Moltkes, also jener Männer, die das Deutsche Reich aufbauen halfen und die doch für uns eine historische Bedeutung haben, aus dem Bau verschwinden sollen, um vielleicht den Büsten jener Männer Platz zu machen die durch die Wogen des November­umsturzes nach oben getragen wurden, dürste im deutsche Volk allgemeines Befremden Hervorrufen. Schließlich besteht doch zwischen Bismarck und Ebert ein gewaltiger Unterschied. Eberts Verdienste, die wirklich nicht verkleinert werden sollen, halten doch nicht den entferntesten Vergleich mit denen des Gründers des Deutschen Reiches, des Altreichskanzlers Fürsten

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