588
OrtSkommifsaren, welche im Benehmen mit den Ortspolizeibehörden an Straßenkreuzungen, Kurven, Gefällen u. s. w. Richtungs- und Warnuvgsflaggen anzubringen beabsichtigen, ist geeignete Unterstützung angedeihen zu lassen. De» Lenkern von Zugtieren aus den in Frage stehenden Straßen ist Vorficht anzuraten und die Einhaltung der Bestimmungen in M 6 und 7 der K. Verordnung vom 10. Juli 1873, betreffend Vorschriften über die Benützung öffentlicher Straßen (Reg.-Bl. S. 295) über das Ausweichen und die Beaufsichtigung der Fuhrwerke besonders einzuschärfen.
Ueber besondere Vorkommnisse bei der Fahrt ist zu berichten.
Calw, 3. August 1905.
K. Oberamt.
J.V.: Amtm. Rippmann.
Bezirkspolizeiliche Vorschrift
beireffe«- die Beför-erurrg vs« Pflüge« «nd Egge« auf chauffierte« Straßen
Auf Grund des 8 366 des R.-Str.-G.-B. und der Art. 19, 51 bis 53 dcS Wärtt. Polizei- strafgesetzeS wurde unterm 16. Juni 1905 mit Zustimmung des Amtsversamwlungsausschusses für den Oberamtsbezirk Calw folgende bezirkspolizeiliche Vorschrift erlassen:
„Das Schleifen vor: Pflüge« und Egge« auf chauffierte« Straße« -es O-erarnt-- bezirtt Calw — Staarsstraßen wie Nachbarschaftsstraßen — ist verboten.
Zuwiderhandelnde werden nach Maßgabe des 8 366 Z. 10 des R.-St.-G.-B. mit einer Geldstrafe dis zu 60 oder mit einer Haftstrafe bis zu 14 Tagen bestraft."
Die Ort-pottzei-rhör-s« werden aufgefordert, vorstehende bezirkspolizeiliche Vorschrift, welche durch Erlaß der K. Regierung des Schwarzwaldkreises vom 31. Juli d. I Nr. 5068 für vollziehbar erklärt worden ist, in ihren Gemeinden auf ortsübliche Weise bekannt zu machen und dieselbe gehörig zu handhaben.
Den Polizeibediensteten insbesondere den Srraßenwärtern ist hievon unter Eintrag in das Schuttheitzeuamtr - Protokoll Eröffnung zu machen.
Calw, 11. August 1905.
K. Oberamt.
Vo elter.
Bekanntmachung.
Es wird hiemit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der zwischen der Jrre«a«staU Christophsbad i» Göppingen, — Inhaber Sanitätsrat vr. Länderer in Göppingen — und der Amtskorporatio« Calw behuf» vorläufiger Aufnahme vo« GeisteSkra«ke« abgeschlossene Vertrag — Calwer Wochenblatt Nr. 85 von 1902 — insofern eine Sleu-eruttg erfahren hat, als durch Beschluß der Amtsversammlung vom 28. Juni 1905 dem Verlangen des vr. Länderer entsprechend die Verpflcgungsgelder erhöht wurden und zwar:
u) für die orts- und landarmen Geisteskranken von 460 auf 500 pro Jahr; d) für die Pnvatpfleglinge
rn Klasse 1 von 5 ^ auf 6 „ „ H „ 3v^tl50A „ 4
pro Tag.
Calw, 10. August 1905.
K. Oberamt.
Voelter.
ragerNesiBritrn.
* Calw, 11. Aug. Die Herkomer- Tourensahrt (Automobilfahrt) nimmt vom 14.—16. Aug., wie schon berichtet wurde, ihren Weg auch durch Württemberg. Die hiesige Stadt wird am 15. ds. Mts. von den Kraftwagen durchfahren werden. Am nächsten Dienstag geht die Fahrt von Baden-Baden (Startzeit 5—7 früh) über Herreualb, Dobel, Höfen, Calmbach, Hirsau, Calw, Althengstett, Simmozheim, Weilderstadt, Renningen, Eltingen, Solitude, durch die Rotenwaldstraße nach Stuttgart und von dort aus noch Nürnberg. Der erste Wagen wird etwa um V'7 Uhr hier durchkommen; im ganzen werden sich etwa 100 Wage» au der Fahrt beteiligen. Zuerst kommen die schwersten, dann'die leichtesten Wagen; die ersten Wagen haben eine Leistungsfähigkeit von 80—100 Pferdekräften, die letzten von 10—20. Zur Beruhigung des Publikums können wir miüeilen, daß die Fahrgeschwindigkeit durch die Stadt verlangsamt wird und daß eS sich überhaupt nicht um ein eigentliches Wettfahren sondern um Feststellung der Leistungs
fähigkeit der einzelnen Wagen handelt. Es find olle Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Unglücksfällen getroffen. Wenn auch das Publikum diese Vorschriften beachtet, wenn namentlich Kinder in dieser Zeit nicht ohne Aufsicht im Bischofs und der Stuttgarter Straße sich Herumtreiben, so darf jede Gefahr für ausgeschlossen erachtet werden. An den Zugängen zu den genannten Straßen werden Ord- nungSmänner aufgestellt werden. Verschiedene Flaggenzeichen sollen sowohl die Fahrenden als auch das Publikum zur Vorsicht mahnen. Weiße Flaggen bedeuten Richtungsflaggen bei Wegkreuzungen, blaue Flaggen mahnen die Fahrer zum vorsichtigen Fahren, gelbe Flaggen dienen dem Ortskommissär zum Anhalten der Wagen. Am Standort des OrtS- komwissärs (Hrn. Alex. Kuom) wird über die ganze Straße hinüber ein weißes Flaggentuch gezogen. Der Ortskommissär hat von jedem Wagen die genaue Ankunftszeit zu notieren. Die jedenfalls interessante Tourenfahrt beginnt am Montag früh 5 Uhr in München und schließt daselbst am Mittwoch abend um 6 Uhr.
Stammheirn, 10. Aug. (Egsdt.) Da mehrfach der Wunsch ausgesprochen worden ist, es möchte eine öffentliche Mitteilung über die finanziellen Verluste, welche die hiesige Kinderrettungs- anstalt durch den Brand im Juni ds. Js. erlitten hat, gemacht werden, so können wir nunmehr Folgendes mitteilcn: An Stelle der abgebrannten Scheuer mit Stallung ist die Errichtung von zwei neuen Gebäuden (Scheuer und Stall) notwendig geworden. Die Kosten sind auf etwa 16 000 veranschlagt, während die Entschädigung für das abgebrannte Haus nur 7162 beträgt. Daher müssen zu den bisherigen 8250 ^ Schulden der Anstalt noch weitere 8000 ausgenommen werden. Indem wir für die bis jetzt schon eingelaufenen Gaben herzlich danken, bitten wir die Freunde der Anstalt, auch fernerhin unserer Notlage freundlich zu gedenken.
Neuenbürg, 10. Aug. In Birkeufeld sprach ein reisender Knecht um Arbeit vor, wurde in einem Bauernhaus eingestellt und erhielt seine Schlafkammer angewiesen. Als am Morgen der Bauer den Knecht zur Arbeit Wecken wollte, war derselbe verschwunden und mit ihm der Sonntagsanzug und andere Sachen des Herrn. — In Dob el hielt sich in der letzten Zeit ein Schwindler auf und prellte mehrere Wirte um die Zeche. Er gab sich für einen erholungsbedürftigen Münchener Kaufmann aus.
Hemmingen OA. Leonberg, 9. Aug. Beim Aufbcwahren von Garben stürzte der bei der Freiherr!. v. Barnbüler'schen Gutsverwaltung angestellte Taglöhner Friedr. Ratt infolge Fehltritts auf die Tenne ab. Der Sturz hatte seinen Tod zur Folge.
Stuttgart, 10. Aug. Gestern wurde hier ein 21 Jahre alter Notariatskandidat festgenommen und dem Gericht übergeben, der mit gefälschten Papieren einen hiesigen Geschäftsmann zur Ausfolge eines Darlehens von 2000 zu bestimmen gewußt hat. Nach eigenem Geständnis hat er am Tage seiner Entlassung aus dem Gefängnis unter dem Vorgeben, er müsse als Assistent des Notars das Grundbuch einsehen, sich in Abwesenheit des OrisvorsteherS Eingang ins Rathaus verschafft und sich dort, während er sich durch den Amtsdiener ein Vesper holen ließ, die nötigen amtlichen Formulare und das Amtssiegel ungeeignet.
Stuttgart, 10. Aug. Das 3jährige Söhnchen des Gepäckträgers Hirrlinger geriet heute Vormittag in der Eßlingerstraße unter einen Motorwagen der Straßenbahn, wobei ihm ein Bein abgefahren wurde. An dem Aufkommen des Kindes wird gezweifelt.
Cannstatt, 10. Aug. In selbstmörderischer Absicht stürzte sich gestern Vormittag ein verheirateter Eisengießer von hier über die König-Karlsbrücke in den Neckar und verschwand in den Wellen. Die Leiche wurde bald darauf geländet.
Tübingen, 9. Aug. (Strafkammer.) Der Kredit des 26 Jahre alten verheirateten Kaufmanns Christian Süßer von Gechingen AO. Calw war infolge Nichtbefriedigung der zahlreichen Geschäftsleute, die ihm Waren geliefert hatten, derart gesunken, daß er sich nur noch auf betrügerische Weise Waren verschaffen konnte. Als er auf solche Art mit dem Fettwarenfabrikanten Fink in Asperg
wegen Warenlieferung in Unterhandlung getreten war, sagte ihm dieser einen Warenkredit von 500 zu unter der ausdrücklichen Bedingung, daß ihm Süßer entweder durch Pfand oder Bürgschaft Sicherheit gebe, auch verlangte er im Fall der Stellung eines Bürgen, daß dessen Unterschrift und insbesondere dessen Zahlungsfähigkeit amtlich beglaubigt sein müsse. Süßer sagte die Erfüllung dieser Bedingungen zu und sandte alsbald dem Fink eine Bürgschaftsurkunde zu, die der Vereinbarung entsprach. Der Vater des Angeklagten hatte sich nämlich für 500 ^ Warenlieferung verbürgt. Dessen Unterschrift war vom Schultheißenamt beglaubigt und enthielt den Beisatz, daß der Bürge für 500 gut sei. In der Folge lieferte Fink dem Angeklagten für 496 48 Waren, hat
aber für sie bis heute nichts erhalten; denn auch der Bürge war zahlungsunfähig und hatte schon einmal den Offenbarungseid geleistet. Jene Bürgschaftsurkunde war gefälscht, der Angeklagte hatte nach der Beglaubigung der Unterschrift des Bürgen den Beisatz „ist für 500 gut" fälschlich selbst bei- gesetzt. Auf die gleiche und ähnliche betrügerische Weise versuchte der Angeklagte, sich von einem Schuhwarenfabrikanten in Frickenhausen für 500 und von Fabrikanten in Betzingen für 200 Waren zu verschaffen. ES blieb aber hier beim Versuch. Der wegen Betrugs und anderer Verwögensdelikte schon vorbestrafte Angeklagte wurde zu 1 Jahr und 2 Mon. Gefängnis verurteilt.
Göppingen, 9. Aug. Der hiesige Postsekretär Karl Müller ist Ende voriger Woche, einer Meldung aus Elbigenalb zufolge, von der Leitsrspitze in den Lechtaler Alpen abgestürzt und war alsbald tot.
Göppingen, 10. Aug. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich auf der Strecke zwischen Uhingen und Eöersbach. Au dem Bahnübergang an der Nassachmühle fuhr gestern Abend gegen 10 Uhr der Dienstknecht Johann Frösch er aus Baireck mit einem mit 2 Pferden bespannten Wagen gerade in dem Augenblick über das Bahngeleise, als der Lokalzug heranbrauste. Die Pferde waren schon über dem Bahngeleise, als der Zug den Wagen erfaßte, auf dem Fröscher saß. Er wurde überfahren und getötet. Der Wagen wurde gänzlich zertrümmert. Tie Pferde erlitten keine Verletzung. Wen die Schuld trifft, ist noch nicht festgestellt.
Zuffenhausen, 9. Aug. Gestern vorm, rannten, dem „Anz. f. Zuff." zufolge, 12 Pferde des Dragoner-Regiments Nr. 25 in vollem Galopp schweißtriefend ohne Satte! und Reiier durch den hiesigen Ort, Ludwigsburg zu. Alle Bemühungen, die Tiere, welche beim Schwemmen in Hofen durch- gegangen waren und ihren Weg über Münster, Cannstatt und die Prag genommen hatten, anzu- halten, waren vergebens, da sie in wilder Jagd über alle ihnen entgegengehaltenen Hindernisse, wie Stangen, Lettern rc. hiriwegsctzten. Ein Unfall ist glücklicherweise bis hieher nicht vorgekommen. Die Durchgänger wurden sofort von einigen Unteroffizieren desselben Regiments verfolgt, konnten aber von ihnen nicht mehr eingeholt werden.
Schorndorf, 8. Aug. Im Gasthaus zum „Rößle" hier kehrten zwei fremde Metzgerburschen ein, die alsbald mit dem beim Wirt be- diensteten Hausknecht und dessen Vater in Streit gerieten. Der Hausknecht Stengle wurde von den beiden in der nebenanliegenden Wurstküche, wo er beschäftigt war, angegriffen, und er wehrte sich mit seinem offenen Messer, das er gerade in der Hand hatte. Hiebei erhielt einer der Metzgerburschen einen gefährlichen Stich in den Unterleib, so daß die Gedärme heraustraten und der Verletzte in das Krankenhaus nach Gmünd verbracht werden mußte. Der Täter wird als ruhiger, fleißiger und solider Mensch geschildert.
Backnang, 10. Ang. Heute Nachmittag 1 Uhr hatten wir ein schweres Gewitter, welches nicht ohne Schaden verlief. Dasselbe entlud ca. 5 Minuten lang große Hagelkörner in Größe von Taubeneiern, welche die Bäume schwer beschädigten und die Gartenfröchte vollständig vernichteten.
Heilbronn, 10. Aug. Der Raubmörder Mo gler ist der Neckarzeitung zufolge von der K. Heilanstalt Weinsberg wieder zurück nach Heübronn in das Untersuchungsgefängnis des K. Landgericht