584

liegt der junge Mann hoffnungslos, ohne Bewußt­sein im Krankenhaus.

Eßlingen, 8. Aug. Die allgemeine Ernte neigt sich dem Ende zu und die Landwirte sind in den von Hagel verschont geblkebenen Flächen mit dem Resultat zufrieden. Bei anhaltend guter Witterung dürfte die Oehmdernte auf dem Fuße folgen. Doch ist der Ertrag teilweise sehr minimal, da durch anhaltende Trockenheit der Nachwuchs sehr gelitten hat. Die Gmkenernte liefert einen solch reichlichen Ertrag, daß die Preise jetzt schon auf 20 ^ pro hundert Stück (Einmachgurkeu) gesunken sind. Bei den seither sehr üppig stehenden Kartoffeln macht sich bei verschiedenen Sorten Fäulnis bemerk­bar. Auch unsere Winzer, besonders diejenigen, welche die Reben nicht rechtzeitig bespritzt oder be- schwefelt haben, dürften an dem gehofften reichen Ertrag starke Einbuße erleiden, da durch das Auf­treten verschiedener Krankheiten viel vernichtet wurde.

Tübingen, 7. Aug. (Strafkammer). Wegen Diebstahls elektrischer Arbeit im Sinn des Gesetzes vom 9. April 1900 ist ein Schmied in Rottenburg heute zu 15 ^ Geldstrafe verurteilt worden. Er hatte im Haus seines Schwagers die elektrische Arbeit des Junghans'schen Elektrizitäts­werks durch Anbringung einer Zweigleitung an den gelieferten Strom zur Beleuchtung seines Schlafzimmers entwendet.

Tübingen, 8. Aug. Auf der Gönninger Lokalbahn wollte in Mähringen der Wagner Kaspar Schucker von Germaringen in den Eisen­bahnzug springen, als sich derselbe schon in voller Fahrt befand. Er geriet unter die Räder und wurde sofort getötet.

Schramberg, 8. Aug. Der 50jährige italienische Bauarbeiter Luigi Alessi stürzte aus einem Fenster des städt. Krankenhauses auf die Straße herab, wodurch er so schwere Verletzungen erlitt, daß er nach kurzer Zeit verschied.

Kirchheim i. R., 8. Aug. Vorgestern nacht gerieten zwei junge Burschen in Streit, wobei der ledige Käser Paul Strobel von Dtrgenheim durch Messerstiche so schwer verletzt wurde, daß er sofort ins Krankenhaus überführt werden mußte.

Spaichingen, 8. Aug. Das unweit der Baron v. Enzberg'schen Mühle in Lippach-Mahl- stetten gelegene Schafhaus wurde mitsamt den sich darin befindlichen landwirtschaftlichen Maschinen vollständig durch Feuer zerstört. Die Entstehungs­ursache ist zur Zeit noch unbekannt.

Grolsheim, 8. Aug. Am Samstag Abend um 7 Uhr ging ein heftiges Gewitter über unsere Gegend nieder. Während desselben schlug der Blitz in den Turm der Kapelle in Bechtenrot und nahm durch das Uhrwerk seinen Weg. Kette und Rolle am Mirutenwerkaufzug schmolzen, das Pendel und die Pendelscheibe wurden beschädigt. Dadurch löste sich das Gehwerk und die Zeiger drehten sich in rasendem Laufe, während die Glocken zu schlagen anfingen, und eist oufhörten, als das Werk abge­laufen war. So hat der Blitz selbst dazu beigetragen, daß Sturm geläutet wurde.

Spremberg, 8. Aug. Der gestern abend von hier nach Berlin abgehende Schnellzug rannte

20 Minuten von der Station Spremberg entfernt auf einen von Berlin kommenden Nachtzug. Um 10 Uhr abends waren 7 Leichen geborgen und 6 Schwerverwundete mittelst Krankenzugs noch Kottbus gebracht. Die Zahl der Toten dürfte 20 betragen.

Spremberg, 8. Aug. Tausende von Menschen umstehen die Unfallstelle. Die Rettungs­arbeiten nehmen ihren Fortgang, da noch nicht alle Toten und Verwundeten unter den Trümmern hervorgeholt werden konnten. Die Hilfe der Sprem- berger Feuerwehr mußte auch heute wieder in An­spruch genommen werden. Die Liste der auf dem Bahnhöfe zur Rekognoszierung ausgestellten Leichen weist 13 Tote auf, die fast sämtlich erkannt find:

I) Justizrat Krockau, 2) Frau Justizrat Krockau, 3) der vierjährige Sohn Krockau, 4) Arzt Dr. Nectzke aus Landshut, 5) eine Dame, wahrscheinlich Frau Neetzke, 6) Heinrich Pelas, Graf von Plauen, könig­licher Akademist aus Jenkendorf, 7) Oberstleutnant a. D. Cretius aus Berlin, 8) Herr Grüning, ca. 60 Jahre alt, Wohnort unbekannt. 9) ein Knabe von etwa 10 Jahren, 10) eine 50jährige Dame,

II) Hilfsschvffner Noack-Kottbus, 12) Lokomotiv­führer Scidcl-Kottbus, 13) Heizer Walter-KottbuS. Schwer verletzt sind Hildegard Krockau, Berlin, Lokomotivführer Krug, Heizer Fröse, Schaffner Hagen und Packmeister Schefter.

Der Lokomotivführer Krug ist im Krankenhaus« zu Kottbus nachts an den erlittenen Verletzungen gestorben. Ihm war das Rückgrat gebrochen. Schwer verletzt wurde auch der Zug­führer Ruch.

Berlin, 8. Aug. Nach den letzten Mel­dungen find bei dem Sprcmberger Eisenbahnunglück 18 Personen geiötet und 6 schwer verletzt worden. Wie bei ollen Eisenbahnunglücken sind auch bei diesem die Verletzungen der unteren Gli.dmaßen besonders schwer und totbringend gewesen. Unter der Beschuldigung, das Unglück verursacht zu haben, ist der hiesige Stationsasfistent Stolljusz vom Dienste suspendiert worden. Er soll den Berliner Schnellzug vorzeitig aus Spremberg herausgelassen haben.

Paris, 7. Aua. Nach Washingtoner Privatmeldungen konnte Witte sich mit den japa­nischen Delegierten Komura und Takahira, die einigermaßen deutsch sprechen, vor dem Verlassen der JachtMcyflower" kurze Zeit unterhalten. Die japanischen Militär-Attachös können mit den russischen ohne Beihilfe die Unterhaltung in deutscher Sprache führen. Das Schriftstück, welches die japanischen Bedingungen enthält, wird von Witte mit der Er­klärung übernommen werden, daß seine prinzipielle Gegenäußerung in den nächste» 24 Stunden schrift­lich erfolgen werde. Für die Delegierten wurde in Portsmouth ein besonderer Sicherheitsdienst ein­gerichtet, weniger aus Besorgnis vor Gewaltakten gegen ihre Person, als aus Furcht, daß ihnen wichtige Dokumente gestohlen werden könnten.

Paris, 7. Aug. DerMatin" berichtet aus New-Jork, daß in einer Woche die Friedens­konferenz stch anflöscn werde und zwar wegen Uneinigkeit. Diese Ansicht stützt sich auf die Ueber- zeugung, die hier allgemein verbreitet ist, daß die japanischen Bedingungen eine Entschädigungssumme

Prüfung hat sich mit Erfolg beteiligt: Rentschler, Christian, von Oberhaugstett.

-u. Liebenzell, 6. Aug. Schon zum zweitenmale mußte der hiesige Krieger- und Militärverein die traurige Pflicht erfüllen, seine am 4. Juni d. I. nen eingewethte Fahne mit dem Trauerflor zu schmücken, nm einem Kameraden die letzte Ehre zu erweisen. Am 24. Juni d. Js. starb der noch in jugendlichem Alter stehende Oskar Koch, Besitzer des Unteren Bades, und gestern galt es, den Vorstand des Vereins, Gemeinderat Jakob Kappus, Teilnehmer der Feldzüge von 1866 und 1870/71 zur letzten Ruhestätte zu begleiten. Kappus stand im 63. Lebensjahr und war 23 Jahre lang an der Spitze des Vereins, dessen umsichtige und gewissenhafte Leitung auch durch das BundeS- prästdialmitglied Major v. Manch bei der Doppel­feier am 4. Juni hervorgehoben wurde. Auch durch seine Tätigkeit für das Wohl der Gemeinde hat er sich durch seine ruhige und entschlossene Handlungs­weise die Herzen aller Gemeindebürger erworben, was die überaus zahlreiche Letchenbegleitung, sowohl von hier als auswärts bewies. Er war 30 Jahre lang Gemeinderat und 16 Jahre lang Waldmeister und Rechner der Wald- und Holzgerechtigkeitskasse, außerdem bekleidete er noch verschiedene Ehrenämter in der Gemeinde. Etadtpfarrer Marquardt hob in seiner Rede hervor, er habe nicht gedacht, daß er dem Manne, der bei der Fahnenweihe vor 8 Wochen noch die Festrede gehalten habe, schon heute die Grabrede halten müsse. Stadtfchultheiß Mäulen widmete dem Entschlafenen einen warmen NaLruf, in dem er hervorhob, daß dieser, getreu dem Eide, sein Amt als Gemeinderat und Waldmeister in treuer und gewissenhafter Pflichterfüllung versehen habe und legte im Namen der Gemeinde den wohl­verdienten Lorbeer nieder. Auch der stellvertretende Vorstand des Krieger- und Mtlitärvereins legte unter Dankesbezeugung für die dem Verein während seiner 23jährigen Vorstandschaft geleisteten Dienste einen prächtigen Kranz nieder. Ehre dem Andenken des Verstorbenen.

K Neubulach. Seit 22. Juli befindet sich wieder eine Ferienkolonie von Stuttgart hier, 22 Mädchen unter Führung von Frl. Stengel. Dieselben find im Gasthaus zur Sonne bestens untergebracht. Man freut sich hier allgemein der munteren Schar und wünscht den Kindern recht schöne und erfolgreiche Erholung.

Zwerenberg, 8. Aug. Der Dienstknecht Adam Bäuerle stürzte beim Garbenaufziehen in die Tenne und erlitt dadurch einen Schädelbruch, an dessen Folgen er am gleichen Abend starb.

Leonberg, 8. Aug. Die Ehefrau des Schuhmachers Früh, welcher in der letzten Woche wegen des Verdachts der Brandstiftung verhaftet wurde, ist heute Vormittag ebenfalls nach Stuttgart eingeliefert worden. Vor einigen Jahren ist schon einmal im Holzraum der Frau Früh während der Abwesenheit ihres Mannes Feuer ausgebrochen. Der überaus tüchtige und brave Schreinergeselle Bauer von Ludwigsburg hatte sich bei dem letzten Brand als Nachbar bei den Rettungsarbeiten be­teiligt, er hat sich dabei, wie es scheint, sei es durch einen kalten Trunk oder aus anderer Ursache, er­kältet und klagte sofort über Unwohlsein. Heute

Sie Arrmsttr I Man soll Ihnen einen Fiaker aus der Stadt holen; ich gebe sofort die Ordre!"

Afra sah mit Erstaunen den sonderbaren Blick, mit dem er sie ««schaute; aber sie schob ihn auf Rechnung seines Unwohlseins.

Auch Dagobert sah ihn überrascht an; Blenke war sonst in seiner Gesund­heit sehr stichfest. Indes, er vermutete, daß dieser das Unwohlsein nur fingiere, um ihn allein mit Afra zu lassen.

Ich begleite Sie, wenn eS ernstlich . .

Ein heftiger Druck von Afra'S Arm unterbrach ihn.

Nein, bleiben Sie; eS wird vorübergehen! Ich würde nie vor der schönen Frau wieder Gnade finden! . . ."

Blenke nahm die Hand derselben und führte sie galant zu den Lippen, ohne sie jedoch zu berühren; er drückte die Dagobert's, ohne ihn anzuschauen, und schwankte müde den Garten hinab.

Draußen in der Allee schaute er nach einem Fiaker aus, erwischte am Ende derselben ein Gefährt und eilte zur Stadt.

In einer halben Stunde sollte er mit Leo v. Wiedenstein im Kaffeehause zusammentreffen; er hatte bis dahin noch Zeit, zu erledigen, was ihm zu aller­nächst notwendig erschien.

19. Kapitel.

Für Leo von Wiedenstein hatte der Tag schon übel genug begonnen.

Mit wüsten Sinnen hatte er lange nach Mitternacht sein Lager gesucht, und al« er dir Augen geöffnet hatte, schon «inen seiner ungeduldigsten, weil ältesten Gläubiger vor sich gesehen, der schonungslos wenigsten« wieder eine Teil­zahlung begehrt« nnd ohne die nicht weichen zu wollen erklärte.

Leo, in seinem Kampf« mit diesen Feinden ein erwogt» Stratege, sah

heute doch alle seine Mittel nicht mehr verfangen. Er erinnerte sich seines neuen Freundes, er hatte aber von dergleichen schon so viel gcflunkert, daß er keinen Glauben mehr fand.

Trotzdem gelang es ihm, seinen Bedränger bis zum Nachmittag zu ver­trösten und ihn zur verabredeten Stunde in daS Kaffeehaus zu bestellen, wo er sich von der Wahrheit seiner Worte persönlich überzeugen solle.

Aufatmend kleidete er sich an, um Afra noch einen Besuch zu machen. Er konnte nach reifer Urberlegung nicht glauben, daß sie in vollem Ernst ge­sprochen habe. Sie hatte in übler Laune ihm schon mehrmals Bitterkeiten gesagt, die sie danach selbst bereitwillig wieder vergessen, wie er sie ihr verziehen hatte.

Hoffnungsvoll begab er sich auf die Promenade und erschien in Afra'S Villa um die Stunde, um welche sie ihn oft empfangen.

Jane trat ihm schon mit der unfreundlichsten Miene entgegen. I» Be­tracht ziehend, wie die Sachen standen, brachte sie ihm einen Bescheid, aus dem er schließen konnte, daß er überhaupt verabschiedet sei, und mit einem impertinente» Gesicht wandte sie ihm den Rücken.

Schäumend vor Wut entfernte er sich. Der Bruch war also dennoch ernst gemeint und selbst die Beleidigung durch eine Dienerin war ihm nicht erspart worden.

In dem Umkreise der Villa umherschlendernd und Rachepläne schmiedend, sah er endlich den Grafen Scsto und seinen neuen Freund Bodenberg auf diese zuschreiten.

Der letzt«« hatte also dir Wahrheit gesprochen, als er ihm gesagt, er solle sie heute noch kennen lernen. Es war das seinerseits eine Convenieaz-Bifit,; aber Sesto I ... Sie erwartete ihn und deshalb war er, Leo, ein Ueberflüssiger!

(Fortsetzung folgt.)