anwesenden mit gutem Beispiel vorangehen mögen. Der rührige junge Landwirt, Herr Karl Glauner, erbot sich zur Durchführung eines Düngungsversuches, woran sich alle diejenigen Landwirte, die der Kunstdünger-Anwendung noch zweifelnd gegen überstellen» über die günstige Wirkung derselben im Laufe des Sommers überzeugen können.
Stuttgart, 17. Dez. (Von der Handwerkskammer.'- Die Handwerkskammer Stuttgart hielt heute eine Vollversammlung ab, in der Tr. Gerhardt den Tätigkeitsbericht über das letzte halbe Jahr erstattete und eine Entschließung angenommen wurde, die von der Reichs- und Staatsregierung bei allen zu treffenden Gesetzesniaßnahmen weitestgehende Berücksichtigung der Bedürfnisse des Handwerks verlangt, damit es an dem Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft gebührenden Anteil nehmen kann. Insbesondere werden wirksame Maßnahmen zur Förderung der Bautätigkeit, eine durchgreifende Reform der Steuergesetzgebung unter Rücksichtnahme auf die Levensbedürfnisse des Handwerks und die Aufhebung der Preistreibereiverordnung, sowie der Preisstellen und der Wucherämter verlangt.
Stuttgart, 16. Dez. (60 Jahre Rotes Kreuz) Im August 1864 wurde in Genf auf Veranlassung Henry Dunants das Rote Kreuz gegründet. In Württemberg wurde der menschenfreundliche Gedanke sofort mit größtem Verständnis ausgenommen. Was seither das Rote Kreuz, insbesondere 'ein württcm- bergischer Zweig, geleistet hat, ist genügend bekannt. Drei Kriege gaben Gelegenheit, die menschenfreundlichen Gedanken in die Tat umzusetzen. Was hier in erster Linie auf dem Gebiet der Krankenpflege, der Verbringung der Verwundeten und Kranken in die Heimat, der Pflege in den Lazarerten draußen und im Lande selbst mit der Versorgung der Truppen mit Liebesgaben alles geschah, ist noch frisch in der Erinnerung. Nach der Beendigung des Krieges war das Rote Kreuz vor die Notwendigkeit gestellt, sich aiv die neuen, nicht minder wichtigen Friedensaufgaben umzustellen. Vor allem lei hier der Schaffung von Sanitätskolonnen auf dem Lande und die Auslands- kinderhilfe, die erholungsbedürftige Kinder monatelang im Banat, in Kärnten, Dänemark und Holland zur Kräftigung ihrer Gesundheit unterbrachte, rühmend Erwähnung getan. Das Vermögen ist der Inflation zum Opfer gefallen. Unter dem Hinweis auf eine 60jährige, im Krieg und Frieden erprobte, uneigennützige Tätigkeit tritt das Rote Kreuz irr diesen Tagen an die Oeffentlichkeit mit der Bitte um Gaben für feine Iubi- länmsspende heran. Gaben nehmen dankbar entgegen: die Geschäftsstelle des Roten Kreuzes, Büchsenstraße 51, die Geschäftsstellen der Tageszeitungen und die Banken.
Stuttgart, 17. Dez. (Mchlasscn der Tollwut.) Das allgemeine Verbot der Abhaltung von Hundemärkten, Hundeschauen usw. ist mit Wirkung vom 1. Januar 1025 aufgehoben worden. Durch diese Verfügung wird das Verbot der Abhaltung von Hundemärkten und ähnlichen Veranstaltungen in den durch Tollwut gefährdeten Bezirken nicht berührt.
Grotzsachsenheim, 15. Dez. (Einbrecher.) In verschiedenen Geschäftshäusern wurden-hier Einbruchsversuche gemacht. Die Verkaufsstelle an der Bahnstation wurde ausgeraubt. Bm Geisingen wurde der Schäferkarren erbrochen und völlig «us- geplündert. Als der Schäfer empört schimpfte, wurde er von drei Burschen im Alter von 20—25 Jahren mit Erschießen bedroht. Man vermutet, daß die Bande in einer Fcldscheuer ihr Lager hatte. Mehrere Arbeiter sind in der letzten Zeit von jüngeren Burschen angehalten worden.
Biberach, 17. Dez. (Brand.) Im Oekonomieanwesen des Landwirts Georg Bögel brach Feuer aus. Ls griff so »chnrll um sich, daß der Dachstuhl über Scheuer und Stall alsbald herunterfiel. Das angebaute Wohnhaus, das durch einen Feuergiebel vom übrigen Gebäude getrennt war, konnte gerettet werden. Vieh und Pferde wurden ins Freie gelassen und nachher eingefangen. Durch den Brand sind sämtliche Heu- und Strohvorräte vernichtet worden, ebenso eine neue Dreschmaschine. Kleinere landwirtschaftliche Maschinen und Geräte konnten noch entfernt werden. Der Brandfall ist umso bedauerlicher, als dem Betroffenen erst diesen Sommer eine große Feldscheune mit Futter und Maschinen abbrannre. Als Brandursache wird Kurzschluß vermutet.
Ravensburg, 16. Dez. (Erbärmliche Fremdlandsucht.) Wer letzten Sonntag die Marktstraße hinaufging, konnte Misteln ausgelegt sehen und Menschen davor, die sie kauften. Also Misteln kauft man jetzt, einen abscheulichen Schmarotzer in der Pflanzenwelt, der seine Wurzeln gleich den Krallen eines gierigen Raubvogels vor allem in das Fleisch unserer Obstbäume einhackt, ihr Wachstum bald verhindert und den Lebenssaft entzieht, sodaß sie oft sogar sterben müssen. lind diese elenden Blutsauger mit ihren schmutzigweißen Beeren kaufen Menschen, die sich Deutsche nennen, und setzen sie an die Stelle unseres liLben alten Freundes, des herrlichen Tannenbaums, um darunter Weihnachten zu feiern. Welche Geschmacksverirrung! Denken wir uns doch den verkrüppelten zwerghaften Mistelstrauch hingestellt neben die stolze, schlanke Tanne! Aber woher auf einmal diese Liebe zur Mistel? — Nun, weil eben der Engländer sein Weihnachten unter, besser gesagt neben der Mistel feiert, muß es der Deutsche auch so haben.
Engcrazhofen OA. Leutkirch, 17. Dez. (Jubiläum) Diese Woche wird in unserer Gemeinde das 600jähcige Kirchenjubiläum gefeiert. Das schmucke Dorfkirchlein wurde im Jahre 1324 erbaut.
Jsnh, 17. Dez. (Verhaftung.) In letzter Zeit wurde auf Grund eines Haftbefehls des bayerischen Amtsgerichts Osterhofen der Taglöhner Eduard Huber, der seit einigen Jahren in Wolfbuhl, Gde. Maierhöfen, wohnhaft war, durch die Gendarmerie verhaftet und zwar wegen eines beinahe fünf Jahre zurückliegenden Landfriodensbruchs. Huber war Mittäter, als in einem Ort des Landgerichts Osterhofen einem Lehrer öfters seine Wohnung zur Nachtzeit mit Gewehcfeuer scharf beschossen wurde, um den Lehrer zu veranlassen, sich versetzen zu lassen. Ein zum Schutz des Lehrers von dem zuständigen Bezirksamt kommandierter Gendarmerieoberwachtmesstec erhielt, als er das Feuer erwiderte, einen Streifschuß am Kopf Huber hat bereits zugestanden. Laß er sich auch mit einem Karabiner an der Schießerei beteiligte. Er ist schwer vorbestraft. Das Oberamt Wangen hat den sauberen Vogel aus Württemberg ausgewiesen.
Gmünd, 16. Dez. (Ein Urteil über Ameria.) Der Komponist Hugo Hermann, früher hier im Lehrerseminar, in Stuttgart als Musiker und Komponist anerkannt, der zurzeir in Detroit (Mich.) in Stellung ist, urteilt lt. „Remszeitung" über Amerika auf einer Postkarte, die er an einen hiesigen Freund und Kollegen schrieb, folgendermaßen: Obwohl ich finanziell hier eine gute Stellung habe, werde ich doch wieder nach Deutschland kommen, anfangs Januar dann rn Reutlingen anfangen. Dieses Land ist schrecklich gemüts- und kunstarm. Am ärgsten verblüffte mich die völlige Stillostgkeit dieser Menschen hier. Die Deutschen sind Esel, weil sie meinen, der Z R 3 errege größeres Aufsehen. Kein Mensch rühmt dabei die deutsche Arbeit, im Gegenteil, es ist Zeit, daß Deutschland Politisch mehr konservativ wird! Ein wenig mehr Rückgrat ist lehr out, sonst meinen die andere«, man könne alle» mache« mit den Hunnen!
Unterkochen OA. Aalen, 17. Dez. (Eisenbahnunglück) Ter heute früh 7.05 Uhr hier eintreffeude Personenzug stieß kurz vor der hiesigen Station auf eine in einer Weiche 'cstgciahrcne Güterzugslokomotive auf, tvas einen größeren Materialschaden an beiden Maschinen und an der Weiche verursachte. Der Anprall wurde abgeschwächt durch das rechtzeitige Bremsen des Lokomotivführers des Personenzugs. Die Reisenden kamen mit dem Schrecken davon. Nach einistündiger Vecsvätung konnte der' Personenzug seine Fahrt nach Aalen fortsetzen.
Vermischtes,
Gräderschändung. Auf dem Baumgartner Friedhof in Wien wurde die Entdeckung gemacht, daß im Lause der Nacht augenscheinlich Schachtgräbcr erbrochen worden sind. Sie dürften durch Aufreißen einer seitlichen Holzschutzwand geöffnet worden sein. Aus zwei Särgen waren die Leiche eines Kindes und eines Mehrmannes heransgenommen morden und lagen nur mangelhaft bekleidet, neben den erbrochenen Gräbern. Es scheint, daß es sich um den Diebstahl der Kleider der Toten handelt.
Schwerer Auto-Unfall. In Paris ereignete sich in einer der belebtesten Straßen ein entsetzliches Automobilunglück. An der Ecke der Balzacstraße und der Friodlandallee stießen ein schweres Lastauto und ein Autotaxi zusaminen. Der Lenker des Mietautos wurde von seinem Sitze geschleudert und geriet unter das Lastauto, das ihm den Kopf vom Rumpf trennte. Die empörte Menge, die Zeuge des Unfalls war, stürzte sich auf den Lenker des Lastautos und verprügelte ihn derart, daß er ins Spital gebracht werden mußte.
Geschminkte und gepuderte Bräute. Ein bekannter Londoner Bischof, der Right Reverend Arthur Wells hat einen Kampf gegen die Bräute begonnen, die zur Trauungszeremonie mit Puder im Gesicht und Schminke auf den Lippen kommen. In einer Rede sagte er: „Manche Bräute gebrauchen sogar ihre Puderquaste und legen Rot auf, während sie auf den Augenblick warten, in dem sie ihren Namen ins Heiratsregister eintragen. Diese erkünstelten Dummheiten müssen aufhören Es ist nichts schreäslichcr als eine Frau, die sich durch Puder und Schminke verunstaltet, wie es augenblicklich so viele in England tun."
Die neue russische „Zarin" in Amerika. Großfürstin Kyrill von Rußland ist in Newyork von der russischen Kolonie und der Newyorker Gesellschaft als künftige Zarin mit höfischen Ehren empfangen worden. Bei dem Empfang, den die Großfürstin der russischen Kolonie im Palasthotel gab, spielte eine russische Kapelle die Zarenhymne. In der russischen Kathedrale fand ein Festgottesdienst statt. Die angehende Zarin erschien auch in dem Klub ehemaliger russischer Offiziere, um den feierlichen Handkuß der Offiziere entgegenzunehmen. Frau Vanderbilt hat ein Diner zu Ebren der Großfürstin gegeben und eine andere Millionärin, Mrs. Baker, lud sie in die Oper ein. Während des Besuchs der Großfürstin in der Oper hielt eine Motorradabteilung der Newyorker Polizei Wache, nm die von Bolschewisten bedrohte Zarin zu schützen.
Handel und Verkehr.
Oberndorf a. N„ 16. Dez. Dem Viehmarkt wurden zugeführt: 3 Farren, 70 Ochsen, 60 Kühe, 80 Kalbinnen und 73 Stück Jungvieh und 7 Pferde. Der Handel ging ziemlich lebhaft. Bezahlt wurde für ein Paar Ochsen 800—1250, nächtige Kühe und Kalbinnen kosteten 400—600, jährige Rinder 180 bis 240, Halbjährige (sog. Raupen) 120—160 Mark. — Auf dem Schweinemarkt wurde für ein Paar Milchschweine 40—54 Mark bezahlt.
Fruchtpreise. In Ebingen kostete je der Zentner Haber 8.50, Weizen 13, Gerste 11.50 Mark, in Reutlingen Weizen 11—14.50, Gerste 10—12, Haber 8.20—11, Alber Dinkel 9—10, Roggen 9—10 Mark.
Viehmärkte. Gaildorf: Verkauft wurden 6 Paar Ochsen zum Preis von 880—1175 Mark pro Paar, 30 Kühe um 130—480 Mark Pro Stück und 46 Rinder und Jungvieh um 135—510 Mark pro Stück. — Riedl in gen: Zufuhr 275 Pferde, 43 Ochsen, 97 Kühe, 163 Kacheln, 230 Junzrinder und Kälber, 443 Milchschweine. Preise: Pferde 800--1600 Mark, Ochsen 300—400, Kühe 350—420, Kalbeln 450—600, Jungrinder und Kälber 180—280, Milchschweine 25—30 Mark. — Weil- derstadt: Zufuhr 44 Ochsen, 32 Stiere, 7 Kälberkühe, 66 Kalbinnen, 44 Kühe in Milch, 79 Stück Einstellvieh. Bezahlt wurden für Ochsen 1300—1400 Mark, Schaffochien 600—650, Kälberkühe 550—600, Kalbinnen 480—600, Kühe in Milch 350 bis 400, Einstellvieh 110—280 Mark. Der .Handel war flau. Der Schweinemarkt war mit 70 Läufern und 664 Milchschweinen befahren. Bezahlt wurde für Läufer 1. Qualität 150-170, 2 Qualität 140—150 Mark das Paar; Milchschweine 1. Sorte 62—70, 2. Sorte 45—52, 3. Sorte 30—36 Mark das Paar. — Auf dem Schweinemarkt in Aalen kostete das Paar Milchschweine 40—62 Mark, in Oehringen 50—64 Mark.
NerreAk Nachrichten
Stuttgart, 17. Dez. Das Staatsministerium hat den Staatsrat Rau zum ordentlichen Mitglied des Kompetenz- gerichtshofs, den Ministerialrat Dr. Lindenmayer im Finanzministerium zum stellv. Mitglied dieses Gerichtshofs und zum ordentlichen Mitglied des Disziplinarhofs für Staatsbeamte und den Oberlandesgerichtsrat Dr. Freiherr von R nepp recht zum stellvertretenden richterlichen Mitglied des Disziplinarhofs nir Staatsbeamte je für die Dauer ihres Hauptamts ernannt.
Stuttgart, 17. Dez. Der Finanzausschuß befaßte sich heute mit dem Notetat und der Frage der Gebäudecnischuldnngs- steuer, die im wesentlichen durch Annahme BB, BP. und Ztr. mit 8 Ja gegen 4 Nein und 3 Enthaltungen entschieden wurde. Darnach bleibt die Gebäudeentschuldungssteuer für Staat und Gemeinden ab 1. Jan. 1925 unerhoben, wenn die Gebäude dauernd landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, gärtnerischen, gemeinnützigen oder milden Zwecken zu dienen bestimmt sind oder wenn die Einziehung nach Lage der Sache unbillig wäre, insbesondere wenn Eigentümer oder Nutznießer der Gebäude Kleingewerbetreibende mit einem Gebäudesteuerkataster bis zu 150 Mark, Kleinrentner oder ihnen gleichgestellt sind.
Stuttgart, 17. Dez. In der heutigen Sitzung des Kreiswahlausschusses wurden die bereits bekannten Namen der von den einzelnen Parteien gewählten Reichstagsabgeordneten und ihrer Ersatzmänner festgestellt. Es wurde weiter festgestellt, daß auf Grund des Ergebnisses der Reststimmen im Wahlkreis Württemberg-Baden auf Württemberg kein weiterer Sitz entfällt. Es bleibt also bei dem in der letzten Sitzung ermittelten Ergebnis. Die Frage, ob Freiherr von Staufenberg (B B) noch einen Reichstagssitz erhält, wird nicht hier, sondern im Reiche entschieden.
Stuttgart, 17. Dez. In der heutigen Hauptversammlung der Württ. Landwirtschaftskammer wurde nach eingehender Erörterung eine Entschließung zu zahlreichen Steurrfragen angenommen, ferner ein Antrag, die landw. Fachschulen unter die unmittelbare Aufsicht und Verwaltung der landw. Behörden zu stellen, ferner ein Antrag, Richtlinien für den Ausbildungs- Nachweis für landw. Beamte aufzustellen. Außerdem wurde ein Antrag angenommen, zur Durchführung von Entwässe» remgLgräken von der Zentralstelle für die Laichwirtschaft die
Anschaffung einer Baggermaschine Lurch Gewährung von Darlehen zu niedrigem Zinsfuß zu verlangen.
Karlsruhe, 17. Vezbr. Im Haushallsausschuß des Landtages - reichte Finanzministec De. Köhler eine Regierungsvorlage zur Besoldunassrage ein. Darnach sollen mit Wirkung vom l. Januar 1925 ab in Baden die Bezüge der Gruppen 1—6 um 20 Prozent erhöht werden, während siir die übrigen Gruppen eine solche von IO Prozent einttilt. Man erwartet, daß der Reichstag alsbald nach seinem Zusammentritt die unsoziale Besoldungsregelung vom November 1924 einer Revision unterzieht. Der Ausschuß billigte in längerer Aus- ' spräche den Standpunkt des Finanzministers.
München, 17. Dez. Laut „Münchener Neueste Nachrichten" ist dem !m Hitlerprozeß verurteilten Dr. Weber bereits am 1. Dezember eine Bewährungsfrist vom Tage der Haftentlassung ab zugebilligt worden. Die Staatsanwaltschaft hat gegen diesen Beschluß Beschwerde erhoben, sodaß die endgültige Entscheidung ivir im Falle Hitler beim Strafsenat des Obersten Landesgerichts liegt.
Berlin, 18. Dez. Die Spitzenverbände der Beamtenschaft waren gestern laut „Berliner Lokalanzeiger" wegen der Auszahlung der Januargehälter noch vor Weihnachten im Reichsfinanzministerium vorstellig geworden. Mim-Direkror Schlie- ' ben hat den Beamtenvertretern erklärt, daß er infolge der Abwesenheit des Finanzministers nicht in der Lage sei, eine so weitgehende Entscheidung zu treffen. Seiner Ansicht nach werde sich eine Auszahlung vor Weihnachten nicht ermöglichen lassen.
Die Spitzenverbänüe werden am Montag über weitere Schritte beraten.
Berlin, 18. Dez. Die sozialdemokratische Reichtagsfrattion, die heute nachmittag zu ihrer konstituierenden Sitzung zusam- ^ mentritt, -dürfte sich laut „Vorwärts" u. a. mit der Wahl des Reichstags-Präsidenten beschäftigen. Wie das Blatt bemerkt, wird sowohl im Zentrum wie in der demokratischen Panei die Auffassung vertreten, daß der Reichstags-Präsident aus der stärksten Fraktion, also aus der Sozialdemokratie, gewählt wer- den soll.
Rom, 18. Dez. Wie die Blätter melden, ist der „Osservawre Romano" aus dem Besitz des Heiligen Stuhls in den der Mailänder Organisation des Kardinals Ferrari übergegangen, doch hat diese Aenderung nur administrative Bedeutung, denn die Redaktion wird davon nicht berührt und ebenso nicht die bisherige direkte Kontrolle des Heiligen Stuhls über die Richtlinien des Blattes. Diese Aenderung dürfte die erste 2>kaß:mhine der beabsichtigen Reform der katholischen Presse Italiens sein.
Paris, 17. Dez. Die in den letzten Tagen von den Aerzten festgestellte Besserung in dem Befinden des Ministerpräsidenten läßt laut Havas hoffen, daß Herriot in den nächsten Tagen aufstehen kann. Der heute vormittag ausgegebene Bericht lautet: Das Befinden bessert sich fortschreitend. Der Mi- " nisterpräsident hat nahezu kein Fieber mehr. Temperarur 37 2.
Madrid, 17. Dez. General Primo de Rioera erließ einen Aufruf an die Truppen in Marokko, in dem er aus die außer- orderrttich schwierige Beendigung des Rückzugs-von Lauen hinweist, die die Ehre und -das Interesse Spaniens erforderte.
Soft«, 17. Dez. Der Staatsarttvalt des Gerichtshofes von Sofia wurde gestern durch Revolverschüsse schwer Verwundet.
Es wird angenommen, daß die Kommunisten den Anschlag verübt haben, gegen die der Staatsanwalt strenge Maßregeln ergriffen hatte und von denen er Drohbriefe erhalten hatte.
Abschluß der Beweisaufnahme im Magdeburger Prozeß.
Magdeburg, 17. Dez. In der heutigen Sitzung wurde der Ziluge Gobert vernommen. Er erklärte, er >ei der Wann gewesen, der in der Treptower Versammlung Ebcrt den Zettel mit der Frage hinaufgereicht habe, wie man 'ich den Gestellungsbefehlen gegenüber verhalten solle. Ebert habe hierauf, erklärt der Zeuge, geantwortet, man solle jedenfalls den Gestellungsbefehlen nicht Folge leisten. Wenn der Fall eintrete, solle man sich an die Partei wenden, die dann das nötige veranlassen werde. Auf -die Frage des Vorsitzenden, ob Abgeordneter Ebert nicht vielleicht gesagt habe, wenn solche Befehle kämen, so werde sich die Partei für ihre Rückgängigmachung einsetzen, sagte der Zeuge aus, dies könne möglich sein. Er schließe es jedoch aus. Der Zeuge schildert -daun die Einzelheiten bei der Zettelüberreichung und bleibt bei wiederholten Vorhalten des Vorsitzenden, ob nicht ein Mißverständnis versiege, bei seiner Aussage. Auf Antrag des Rechtsanwalts Landsberg wird sodann eine Reichstagsrede des Abgeordneten Eiert vorn 22. Oktober 1918 verlesen, in der sich der Redner an Wilson wendet und darauf hinweist, daß die deutsche Widerstandskraft noch nicht gebrochen sei und er erwarte, daß Wilson sich kür einen gerechten und demokratischen Frieden eins;tzen werde. Es werden ferner verschiedene Reichstagsreden Eberls sowie Flugblätter der S. P. D. verlesen, in -denen die Partei für die "" Landesverteidigung eintritt. Die Beweisaufnahme ist damit geschlossen. Die Plaidoyers beginnen am Freitag vor mittag.
Das Zentrum gegen die RrchtSkoaiition.
Berlin, 17. Dez. Das Zentrum faßte in seiner heutige» Nachmittagssitzung einstimmig folgenden Beschluß: „Die Zrn- trmnsfraktion des Reichstags hält grundsätzlich an dem Ster ben zur Bildung einer Regierung der Volksgemeinschaft fest Sie lehnt vorwiegend aus außenpolitischen Gründen die Beteiligung an einer Rechtskoalition ab. Sie wird sich nur an einer Regierung beteiligen, welche die Gewähr für die unveränderte Fortführung der bisherigen Politik der Mitte bietet"
Streseman« lehnt die Regierungsbildung ab.
Berlin, 17. Dez. Ueber das Ergebnis des nenerliche« Besuchs Dr. Stresemanns beim Reichspräsidenten wird folgende halbamtliche Meldung mrsgegeben: Die Fraktion der Deutschen Bolkspartei hat heute nachmittag nach Bekanntgabe des Beschlusses der Zentrumsfraktion, sich an dev Regierungsbildung führen- nicht zu beteiligen, hierzu Stellung genommen. Aufgrund dieses Beschlusses hat Reichsminister Dr. Strescniann den Reichspräsidenten gebeten, von der Betrauung seiner Person mit der Regierungsbildung abzusehen.
Pressestimmen.
Berlin, 18. Dez. Die „Germania" unterstreicht, daß der gestrige Beschluß der Zentrumsfraktion, der eine BeteiligE der Partei an einer Rechtskoalit-ion ablehnt, einstimmig gefaßt worden ist. Von einem linken und einem rechten Flügel innerhalb der Zentrumspartei könne keine Rode sein. Das Blatt betont dann weiter, der Beschluß sei so zu verstehen, daß weder eine direkte noch eine indirekte Beteiligung des Zentrums an einer Rechtskoalition in Frage komme. .Nach Darlegung der Grürche, die zu dem Beschluß geführt haben, sagt das Zen- trumMatt, daß -der Beschluß der Zentrumsfcaktion endgültig sei und daß die nunmehr einznschlagende Richtung laute: Zurück zur Mitte! Die „Zeit" nimmt an, daß der Reichspräsident sich nunmehr an das Zentrum mit dem Auftrag der Regierungsbildung wenden werde. Das Blatt glaubt im Gegensatz zur „Germania" nicht an eine Fortsetzung des Kabinetts ^ Mitte, da eine solche Regierung bei der numerischen Schwäche > -der Parteien, die hinter ihr stehen würden, keinen Bestand
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