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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung-

Neuenbürg. (Sitzung des Gemeinderats am 30. Septem­ber.) Die Bausache des Paul König, Zimmermeisters hier, und Genossen, Aufbauten betreffend, wird teils genehmigt, teils wird die Genehmigung wegen Einsprache der Nachbarn versagt.

Stadtbaumeister Staiger gab einen Bericht über die in letzter Zeit ausgeführten und den Stand der jetzigen und noch bevorstehenden Arbeiten. Die Entscheidung über einen An­trag des Stadtbauamts, ab 15. Oktober d. Js. einen Bauwerk­meister zur Unterstützung des Stadtbaumeisters (an Stelle des ausscheidenden Bauführers Marquardt) anzustellen, wurde zu­rückgestellt.

Die Preise für elektrisches Licht bleiben unver­ändert; die Preise für elektrische Kraft erfahren eine Ermäßigung, insofern für Großabnehmer ab 1. Ok­tober 1921 der Preis für 1 KW.-St. auf 12 Pfg. flir die ersten 300(1 KW.-St. jährlich, 10 Pfg. für die weiteren 3000 KW.-St. jährlich und 9 Pfg. für alle weiteren KW.-St. festgesetzt wurde. Für Klei nabnehm er bis zu 50 KW.-St. monatlich bleibt der Preis von 20 Pfg., für Kleinabnehmer mit über 50 KW.- St. monatlich tritt Ermäßigung auf 18 Pfg. ein. Der Grund für diese Herabsetzung liegt in der wirtschaftlichen Lage von Gewerbe und Industrie und den zurückgegangenen Erzeu­gungskosten für Kraftstrom aus Dieselmotoren.

4 Rechtssachen sind durch Klagzurücknahme vor dem Termin erledigt. Der Vorsitzende übermittelt den Dank der Feuerwehrkapelle für die ihr von der Stadt gewidmete Ehren­gabe und die Einladung des Feuerwehrkommandanren zu der Hauptübung der freiw. Feuerwehr am nächsten Samstag abend. Nachdem noch eine Anzahl kleinerer Sachen erledigt, wurde die Sitzung um Uhr geschlossen. K.

(Wetterbericht.) Der Hochdruck im Osten behauptet noch seinen Einfluß, so daß in Süddeutschland für Freitag und Samstag Fortsetzung des vorwiegend heiteren und trocke­nen, nachts ziemlich kühlen Wetters zu erwarten ist.

Württemberg»

Stuttgart, l. Oktober. (Von der Eisenbahn.) Der Aushangfahr­plan der Reichsbahndirektion Stuttgart vom I.Iuni 1924 wird auch im Winterabschnitt 1924/25 im Aushang belassen. Die am 5. Oktober eintretende Fahrplanänderungen werden eingebessert. Neu ausgegeben werden der Aushangfahrplan der Dampfschiffahrt auf dem Bodensee sowie der große (rote) und der kleine (gelbe) Taschenfnhrplun, denen am Schluß ein Verzeichnis der bei den größeren Stationen des Be­zirks aufliegenden Sonntagsrückfahrkarten nebst Preistafel beigefügt ist.

Stuttgart, 1. Okt. (Zahlung der Rentenbankzinsen zum 1. Ok­tober 19241 Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Die am 1. Ok­tober fälligen Rentenbankzinsen sind ebenso wie von der Landwirt­schaft auch von Industrie, Gewerbe und Handel einschließlich Banken nur zur Hälfte zu erheben. Die zweite Hälfte der Halbjahrszinsen ist bis zum 16. Januar 1925 zu zahlen.

Stuttgart, I. Oktober. (Winterfahrplan.) Die Handelskammer schreibt uns, nach Mitteilung der Reichsbahndirektion Stuttgart hat die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn genehmigt, daß die ursprünglich nur bis 31. Oktober 1924 und ab 1. Mai 1925 vorge­sehenen D-Züge 277 Stuttgart ab 3.33 Uhr nachm., Zürich an 1(123 nachmittags und 278 Zürich ab 8.13 Uhr vormittags, Stuttgart an 2.28 Uhr nachmittags versuchsweise wäbrend des ganzen Winterfahr­planabschnittes beibehalten werden. Hiermit wurde den langgehegten Wünschen aus Handels- und Verkehrskreisen entsprochen.

Heilbronn, 1. Okt. (Gegen die Preistreiberei auf dem Mostobst­markt.) Von der städtischen Preisprüfungsstelle wird mitgeteilt: In den letzten Tagen macht sich eine erhebliche Preistreiberei in den Preisen von Mostobst bemerkbar. Auf dem Markt am Dienstag wurden Preise bis zu 6,50 Mk für den Zentner verlangt. Dieser Preis steht in keinem Verhältnis zu dem auf anderen Märkten ver- lapgten Preis. Es besteht die Sicherheit für das Heilbronner Markt­gebiet, daß Mostobst von auswärts in allernächster Zeit in einer Preislage von 4,50 bis 5 Mark auf den Markt gebracht wird.

Reutlingen, 1. Okt. (Schwerer Unfall aus Üebermut.) In der Strickmaschinenfabrik von Stoll L Co. ging ein Riemen von der Transmission herunter. Der 15 jährige Lehrling Friedrich Bahnmüller machte eine aufs Hängen bezügliche witzige Bemerkung darüber und streckte den Kopf in die Schleife. Plötzlich zog der ins Laufen ge­kommene Riemen in die Höhe und schleuderte den jungen Menschen gegen die Decke. Mit einem doppelten Schädel- und Kieserbruch fiel der Verunglückte zu Boden. Nach Anlegung eines Notverbands wurde er ins Bezirkskrankenhaus verbracht.

Tübingen, 1. Sept. (Leichen zu Studienzwecken.) Die anato­mische Anstalt kann vom 1. Oktober d. I. ab bis auf weiteres wieder Leichen in unbeschränkter Zahl annehmen.

Horb, I. Okt. (Die Unrichtigen erwischt.) Am Sonntäg abend wurde ein Anwohner am Ihlinger Tor durch fortwährendes, bos­haftes Klopfen an seinen Fensterläden in seiner Sonntagsruhe gestört. Aergerlich über solche Flegeleien suchte er die Ruhestörer zu erwischen und erfaßte auch wirklich drei jugendliche Passanten, die er weidlich Lurchprügelte. Zum guten Schluß stellte es sich heraus, daß das so plötzlich angefallene Trio gar nicht der Uebeltäter und zunächst erstaunt war über den unwillkommenen Empfang.

Baden»

Pforzheim, 1. Okt. Unsere Stadt nimmt für sich in An­spruch, in Tapeziermeister Wolf den ältesten Feuerwehrmann Deutschlands zu beherbergen. Er ist 88 Jahre alt und noch aktiv bei der Spritzenmannschaft tätig. Der ehrwürdige Mann zählt bereits 60 Dienstjahre bei der Feuerwehr. Darin folgt ihm auf dem Fuße der 86jährige Schneidermeister Ditzlin in Schopfheim. Auch Rottweil hat in der Person eines 82jähri- gen Schneidermeisters einen hochbetagten aktiven Feuerwehr­mann auszuweisen.

Pforzheim, 1. Okt. Heute früh brach auf dem Hachst in dem früheren Kernschen Tierpark, der zu Wohnungen umge­baut wurde, auf bis jetzt unaufgeklärte Weise Feuer aus, dem das ganze Gebäude bis auf die Grundmauern zum Opfer fiel. Der Fahrnis- und Gebäudeschaden ist beträchtlich.

Karlsdorf (bei Bruchsal), 1. Okt. Der in den 30er Jahren stehende verheiratete Werkführer Broncker von hier chhr mit seinem beleuchteten Motorrad in ein ihm entgegenkommendes unbeleuchtetes Weinsuhrwerk. Die Deichsel des Wagens drang Broncker in den Unterleib. Die Verletzung war so schwer, daß der Verunglückte alsbald starb.

Philippsburg, 30. Sept. Während sich die Bewohner auf dem Felde befanden, wurde in dem Anwesen des Bauernver­einsrechners Johann Ott eingebrochen und der Betrag von 400 Mark gestohlen. Ws Täter hat man einen 12jährigen (!) Kna­ben erwischt, der sich durch ein Kellerloch Eingang in das Haus verschafft hatte. Derhoffnungsvolle" Jüngling soll übrigens noch mehr Eigentumsdelikte auf dem Kerbholz haben.

Haltinge« (bei Lörrach), 1. Okt. Eine gewisse Tragik um­gibt das plötzliche Hinscheiden des evangelischen Pfarres Wil­helm Glock, der seit 18 Jahren in der Gemeinde Haltingen sein Seelsorgeramt ausübt. Der im Alter von 69 Jahren stehende Geistliche sollte am 1. Oktober in den Ruhestand treten und wurde am letzten Tage seiner Amtstätigkeit, gestern, zur letzten Ruhe bestattet, nachdem ein Herzschlag am Samstag seinem "wirken ein Ende gesetzt hatte. Am Sonntag hatte er von sei-

Pferdeschau und Reiterturnier am 5. Oktober 1924 zu Pforzheim.

Nach intensiver Arbeit der einzelnen Kommissionen sind die Arbeiten zum Fest nahezu abgeschlossen. Es wird so Viel­seitiges geboten, daß jeder Besucher hinreichend befriedigt wer­den dürfte. Wenn nun das Wetter der Festleitung keinen Strich durch die Rechnung macht, so dürfte am 5. Oktober Pforzheim eine Menschenmenge in sich aufnehmen, wie selten zuvor. Und sie werden alle auf ihre Kosten kominen, denn das Gebotene ist eigenartig und hat dabei einen hohen kulturellen Wert. Es ist erfreulich, daß unsere Landwirte von nah und fern trotz der schweren Sorge um die Ernte sich so zahlreich sowohl an der Pferdeschau als auch an den Reitübungen be­teiligen, sie wollen zeigen, aber auch lernen. Mit Freuden ist es zu begrüßen, daß die bestehenden Reitervereine Reit- und Fahrturniere veranstalten, lieber den hohen Wert gerade die­ser Veranstaltungen braucht kein Wort verloren zu werden, er wird von allen rückhaltslos anerkannt, die Sinn für echtes deutsches Volkstum haben. Auch an Prächtigen Luxusgespan- nen fehlt es nicht.

Die Anmeldungen zu dem Festzug sind in überaus großem Maße eingegangen, sowohl seitens der Fuhrgeschäfte als auch seitens der Gewerbetreibenden, die sich des Pferdes bedienen müssen. Insbesondere hat die Grundidee allgemeinen An­klang gefunden, daß das Pferd mit Fuhrzcug zusammen nicht als Mittel zum Zweck, sondern als Selbstzweck in die Erschei­nung treten soll. Danach kommen Aufbauten und Schau­stellungen auf den Wagen nicht in Betracht; es soll vielmehr die Benutzung des Wagens, wie er im täglichen Leben als Beförderungsmittel zu sehen ist, auch im Festzug in vollkom­mener Weise gezeigt werden. Im Rahmen dieser Grundidee ergibt sich natürlich auch die Möglichkeit der Empfehlung für die einzelnen Berufe. Daß die Teilnehmer den Zweck der gan­zen Veranstaltung richtig erfaßt haben, beweisen die zahlreichen Anmeldungen und geäußerten Wünsche in erfreulicher Weise. Es sei an dieser Stelle nochmals wiederholt, daß am Donners­tag, den 2. Oktober, abends 6 Uhr, Schluß der Anmeldungsfrist für Festwagen ist. Nach diesem Termin einlaufende Meldun­gen können den Festzug wohl mitmachen, kommen aber kür die Prämiierung nicht in Betracht. Anmeldungen und Auskunft erteilt Herr Dr. Ostermeher, Marktdrogerie, Pforzheim.

Me Herstellung des Turnierplatzes auf dem Gelände des neuen Schlachthofs (verlängerte Blücherstraße) ist bereits be­endet. Auf geräumigen Tribünen ist Sitzgelegenheit ftir das Publikum geschaffen, während an den Seiten der Tribünen für einige Tausend Zuschauer Stehplätze geschaffen sind. Der ganze Platz ist eingezäunt in tadellosem Zustand, gut chauffiert, so daß er auch bei vorherigen! Regenwetter trocken begangen wer­den kann. Ebenso werden die Pferde eine vorzügliche Bahn vorfinden. Während der Reitübungen konzertiert die Reichs- wohrkapelle, die auch beritten im Festzug mitwirkt. Für die­sen sind schon 50 Wagen und Gruppen gemeldet. Die Veran­stalter legen Wert darauf, daß alle Politischen Anspielungen, gleichviel welcher Art, streng verboten sind. Das Publikum wird gut tun, sich zeitig mit Sitzplätzen zu versehen, denn diese sind nur in beschränktem Maße vorhanden. Konzert der Reichswehrkapelle sowie guter Wirtschaftsbetrieb sorgt mr Unterhaltung.

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Rache ist süß. In derBadischen Presse" Nr. 365 vom 1. September 1924 findet sich folgendes Inserat:Meine Verlo­bung mit Herrn Max Milling erkläre ich hiermit für auf­gelöst. Mimi Schmidt, Kronenstr. 54." Wenige -rage darauf, am 4, September, in Nr. 371 derselben Zeitung erscheint fol­gendeAntwort":Für die zahlreichen, mir von Freunden und Bekannten zugegangenen Glückwünsche anläßlich meiner Entlobung sage ich auf diesem Wege Verständnisinnigen, herz­lichen Dank. Max Milling, Schwarzenbach".

Dammbruch im Nhmphenburger Kanal in München. Im Nhmphenburger Kanal erfolgte ein Dammbruch, der im Nhmphenburger Schloßpark außerordentlich schwere Verwüstun­gen zeitigte. Der Gesamtschaden dürfte 100 000 Mark über­steigen. Das Wasser stand zum Teil mannshoch im Schloßvark.

Benzintürme in den Berliner Straßen. In den nächsten Wochen werden in Berlin an zahlreichen Hauptverkehrspunkten und auf großen Verkehrsplätzen 1 bis Ist) Meter hohe Benzin­türme aufgestellt werden, die aus unterirdischen Tanks Benzin an Automobilisten und Kraftradfahrer zum Teil automatisch abgeben.

Amerika zur Erinnerung. Amerika rüstet sich für den Empfang des Zeppelin-Luftschiffes. Mit Recht hat der deutsche Außenminister die technische Großtat der deutschen Luftschisi- industrie gerühmt und für.Deutschland Befreiung von den ein­engenden Bestimmungen des Versailler Vertrages verlangt. Es wird nötig sein, in diesen Tagen nachdrücklichst hervorzuhe­ben, daß der neueste Zeppelin auf einer deutschen Werft und von deutschen Ingenieuren gebaut worden ist, und daß er unter deutscher Führung seinen Flug über den Ozean antritt. Die Amerikaner sind in dieser Hinsicht etwas vergeßlich. Kürzlich brachte eine amerikanische technische ZeitschriftPower" eine Abbildung desLeviathan" mit der Unterschrift:Wenn der Leviathan eine Fahrt antritt, so verkörpert dieser Stolz der amerikanischen Handelsflotte die höchste Vollendung amerika­nischer Wissenschaft und technischen Könnens". Dabei sollte doch eigentlich noch allgemein bekannt sein, daß derLeviathan" weiter nichts ist als der gestohlene deutsche RiesendampstcVa­terland". Wenn der Zeppelin Z. R. 3 erst einen indianischen Namen trägt, werden die Amerikaner bald nicht mehr gern daran erinnert sein, daß seine Wiege in Friedrichshasen ge­standen hat.

Der Kluge und der Narr. Zwei Menschen begegneten einander in einer engen Gasse und keiner schien dem anderen aus dem Weg gehen zu wollen. Trotzig rief der eine:Ich weiche keinem Narren aus!"Aber ich", rief der andere, in­dem er auswich und sich höflich verbeugte.

Handel und Derkebe.

Fruchtpreise. In Aulendorf kostete der Ztr. Haber alt 11, Weizen neu 12,50, Roggen neu 12.50, Gerste neu 12,50 Mark, in Mengen Roggen 10,Gerste 13, HabsrII, in Ried lin genRoggen 10,50, Gerste alt 13, Haber 11,5012, in Heidenheim Weizen 10,50, Gerste alt 12, Haber alt 11,50-13,50, neu 8-8,80, in Reut- ringen Weizen 1315, Gerste 1013, Haber 913,50, Unterländer Dinkel 12-16 Mark pro Zentner.

Neueste Rackeickten

München, 1. Oft. Wie die Korrespondenz Hoffmann halb­amtlich meldet, fand sich auf Einladung des Handelsministeri­ums im Rathaus ein großer Kreis Interessenten zu einer Besprechung über die Gründung einer bayerischen Flughafen- Gesellschaft ein. Den Ausführungen des Handelsministers war zu entnehmen, daß sich Bayern auch materiell mit einem größe­ren Geldbeträge an der Errichtung der Gesellschaft beteiligen und ihr die bereits bestehenden großen Flughäfen überlassen wird. Der Vertreter des Reichs führte aus, daß auch das Reich sich an der Gesellschaft beteiligen werde. Auch von Städten wurden mehrfach Beitrittserklärungen abgegeben. Vom Han-

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schaft ausgearbeitet und zu diesen! Zwecke eine engere Kom­mission einberufen.

Berlin, 1. Okt. Der Ministerpräsident nnd Kriegsminister von Persien, Reza-Khan, schloß nach längeren Verhandlungen einen Ver­trag mit der Innkers-Luftverkehrs-A.-G. ab, wonach diese die Or­ganisation großer subventionierter Luftverkehrsstrecken in Persien übertragen erhält. Bereits in diesem Monat ivird die Linie Baku - Enselin Teheran in Betrieb genommen. Die Fortsetzung dieser Strecke von Teheran nach Busehir am persischen Golf ist ebenfalls noch in diesem Jahr erwartbar.

Berlin, 2 Okt. Die drei freigewerkschastlichen Spitzenoerbände veröffentlichen imVorwärts" einen Aufruf, in dem sie darauf Hin­weisen, daß sie den Volksentscheid über die Ratifizierung des Was- hingtoner Abkommens vorbereitet haben. Um den Volksentscheid so- fort durchzuführen, wenn der Reichstag bei der Schaffung der Gesetze versage, müßten die bereits eingeleiteren Geldsammlungen zur Deckung der erheblichen Kosten des Volksentscheids mit größter Beschleunigung fortgesetzt und durchgeführt werden.

Berlin, 2. Okt. Wie die Rassische Zeitung aus London meldet, wurde in einer Fraktionssitzuug der Arbeiterpartei beschlossen, daß das von den Konservativen angekündigte Mißtrauensvotum gegen den Generalstaatsanwalt als gegen die Gesamtregierung gerichtet auf­zufassen sei. Dem gleichen Blatt zufolge ist die Mehrheit der Liberalen entschlossen, für einen konservativen Mißtrauensantrag gegen den Generalstaatsanwalt zu stimmen, auch wenn die Regierung erklären sollte, daß sie bei seiner Annahme das Parlament auflösen werde.

Wien, 1. Okt. Heute früh wurde im Schloß Schönbrunn ein von bisher unbekannten Tätern verübter Einbruch in die Gemächer Kaiser Karls entdeckt. Es fehlen Gegenstände im Werte von 16 Millionen Kronen.

Wien, 1. Okt. Heute vormittag erschien der Vertreter der Banca Commerciale, Rossi, und ein Bevollmächtigter Castiglionis beim Vize­kanzler Frank und teilte ihm mit, daß Castiglioni heute abend von Mailand nach Wien abreisen werde. Rossi erklärte, daß Castiglionis Anwesenheit notwendig fei, doch könne eine Kaution von vielen Milliarden nicht geleistet werden. Er bat, Castiglioni freies Geleit zu bewilligen. Inzwischen ist ein zweiter Vertreter der Banca Com­merciale hier eingetroffen, um bei der Aufstellung des Vermögens und der Verbindlichkeiten Castiglionis mitzuarbeiten. Die italienische Bank erklärte, wie die Blätter inelden, daß Castiglioni bereit sei, die Ordnung der ganzen Angelegenheit in die Hand zu nehmen

Genf, I. Okt. In der heutigen Nachmittagssitzung der Völkcr- bundsversammlung ergriff der Führer der französischen Delegation, Briand, das Wort, und erklärte sogleich, daß Frankreich dein Proto­koll beitrete. Alle Völker, so erklärte der Redner, die den abscheu­lichen Krieg miterlebten, sind heute von dem Willen beseelt, daß eine derartige Katastrophe nicht wiederkehren darf. Frankreich will nicht Krieg, sondern Frieden. Sein Wunsch ist, seine Heereslasten zu ver­ringern. Briand gab dann einen kurzen Ueberblick Uber den Me­chanismus des Protokolls und fügte hinzu, es sei seine tiefste Ueber- zeugung, daß das Protokoll, dem Frankreich ohne Vorbehalt zustimme, einen entscheidenden Schritt zur Aufrichtung des Weltfriedens bedeute.

Paris, I. Oktober. Das Ministerium des Aeußeren veröffentlicht folgende Note: Es wurde eine Nachricht veröffentlicht, wonach Frank­reich den Protokollentwurf betreffend die Echiedsgerichtbarkeit nur mit einem Vorbehalt annehmen würde. Diese Nachricht ist falsch.

Paris, I. Oktober. Zum ersten Mal nach dem Kriege wird eine deutsche Fußballmannschaft gegen eine französische Mannschaft spielen. Dieses französisch-deutsche Wettspiel findet am II. 10. in Paris selbst statt und wird zwei Arbeitermannschaften Deutschlands und Frank­reichs zusammenfuhren.

Paris, 1. Ott. Loucheur soll demTemps" zufolge als Nachfolger de Margeries, der noch Rom geht, zum französischen Botschafter in Berlin ernannt werden.

London, 2 Oktober. Das Unterhaus hat die Gesetzesvorlage be­treffend die irische Grenzsrage in zweiter Lesung angenommen. Ein Antrag der Ulsterabgeordneten, die Vorlage nicht anzunehmen, wurde mit 291 Stimmen gegen 124 Stimmen abgelehnt.

London, 1. Oktober. Die deutsche Anleihe wird Reuter zufolge wahrscheinlich Mitte Oktober in allen Ländern gleichzeitig ausgegeben werden.

Chriftiania, 2. Okt. Gestern Nachmittag fand man im Keller des Iustizgebäudes unter den Diensträumen der Staatsanwaltschaft ein Paket, das etwa 1 Kilo Dynamit enthielt. An dem Paket war eine Zündschnur befestigt, wovon ein Stück bereits abgebrannt war. Athen, 1. Oktbr. Die Regierung ist heute mittag zurückgetreten. Konstantinopel, 1. Oktbr. Die Regierung von Angora beschloß ihre Flotte zu verstärken und sofort zwei Torpedoboote und ein Unterseeboot zu Kausen. Eine eigene Kommission ist aus Angora nach England abgereist. (Und das trotz Friedensvertrag! Schrift!.)

Der Eisenbahnerstreik vor Gericht.

Stuttgart, 1. Oft. Vor dem Schwurgericht standen ge­stern und heute Max Wünsch, der Bezirksleiter für Württem­berg der Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahner, Friedr. Schmidt vom Deutschen Eisenbahnerverband, Christian Kirsch von der Ortsverwaltung Stuttgart des Deutschen Eisenbahner­verbandes, Paul Münz (Reichsgewerkschaft), Lokomotivführer und der Eisenbahnsekretär Josef Vögele. Die Anklage lautete auf Aufforderung zur Gehorsamsverweigerung und gegen die vier ersten Angeklagten auch noch auf ein Vergehen gegen das Pressegesetz. Im März d. Js. erließ die Reichsbahndirektion Stuttgart anläßlich des Eisenbahnerstreiks einen Aufruf an die Beamten, worin ihnen zur Pflicht gemacht wurde, alle Arbei­ten auszuführen, die ihnen ihrer Dienststellung gemäß obliegen oder die von der zuständigen Stelle verlangt werden, wozu auch Arbeiterverrichtungen im engeren Sinne gehören. Jede will­kürliche Dienstverweigerung sollte als Verletzung der Dienst- und Amtspflicht angesehen werden. Daraufhin erklärten die vier Gewerkschaftsbeamten in einem Flugblatt, die Beamten hätten Neutralität zu üben und keine Arbeiten zu verrichten, die bisher von Arbeitern ausgeführt worden seien. Kommandie­rungen zu den bestreikten Dienststellen seien abzulehnen. Die Angeklagten sind auch beschuldigt, in einer Versammlung im Sieglshaus zur Verweigerung von Dienstleistungen aufgefordert zu haben, die nicht in ihre unmittelbare Amts- und Dienst­pflicht gehören. Der erste Tag der Verhandlung war Vorwie­gend mit der Vernehmung der Angeklagten ausgefüllt. Nach­mittags begann noch die Vernehmung der Zeugen, die heute fortgesetzt wurde. Unter den Zeugen befindet sich auch der Präsident der Rsichsbahndireftion, Dr. Sigel.

Ist der Beamte zur Streikarveit verpflichtet?

Stuttgart, 1. Okt. In dem gemeldeten Eisenbahnerprozcß vor dem Schwurgericht führte der als Zeuge vernommene Prä­sident der Reichsbahndireftion Stuttgart, Dr. Sigel, aus, die Verwaltung stehe auf dem Standpunkt, daß die Beamten wenn nötig, Arbeiterdienste verrichten müßten. Zu dieser Forderung halte sich die Verwaltung in Zeiten einer Notlage, wie sie im März d. Js. bestanden habe, für berechtigt. Eine Vorschrift im Reichsbeamtengefetz mit der nackten Bestimmung, der Beamte ist zu Streikarbeit verpflichtet, bestehe nicht. Dr. Sigel glaubte aber, die gesetzlichen Vorschriften, wie geschehen, interpretieren zu dürfen. Der Aufruf sei als eine amtliche Anweisung an die Beamten zu verstehen gewesen. Freiwilliges Zurverfü­gungstellen der Beamten zu Arbeiterdiensten wurde von Dr. Sigel abgelehnt. Auf entsprechende Anfrage von Seiten der Verteidigung erklärt Dr. Sigel das Reichsverkehrsministerium sei von ihm in der fraglichen Zeit ständig auf dem Laufenden gehalten worden und habe den von ihm erlassenen Aufruf an die Beamtenschaft durchaus gebilligt. Die Verhandlungen gehen weiter.

Die letzten Vorbereitungen für die Amerikafahrt, bsbafen. 1. Okt. Man ist eifrig am Werke,

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