halten sich aller Bemerkungen und verzeichnen nur die nackten Tatsachen, ohne ein Wort der Anerkennung für die Leistungen selbst. Me Blätter Rothevmere fügen natürlich höhnische Be­merkungen hinzu, daß Deutschland den Zeppelin nicht behalten dürfe.Evening News" brachte es gestern abend sogar fer­tig zu sagen, daß die Freude der Deutschen über die Leistungen des Zeppelin ein neuer Beweis dafür sei, daß dieKriegslust" in Deutschland wieder vorherrsche.

Aus Stadt» Bezirk und Umgebung

Neuenbürg, 29. Sept. Für auf der landwirrschaslichen Ausstellung ausgestelltes Geflügel wurden Herr Guido Zim­mermann, für Obst Herr Karl Schee rer hier und für Bienen Herr Oberbahnhofvorsteher Süß in Rotenbach mit Preisen ausgezeichnet.

Neuenbürg, 29. Sept. Me Nacht von Sonntag am Mon­tag war empfindlich kühl und brachte leichten Reif; umso schö­ner ist der heutige Vormittag, wo die Sonne vom blauen Him­mel hernieder strahlt und einen Prächtigen Herbsttag verspricht.

(Wetterbericht.) Die Luftdruckverteilung ist unausge­glichen. Süddeutschland wird von Randstörungen berührt. Für Dienstag und Mittwoch ist deshalb zeitweise bedecktes, nur vorübergehend aufheiterndes, aber auch noch zu vereinzelten Regenfällen geneigtes Wetter zu erwarten.

Die Feier des 3V jährige« Bestehens der Feuerwehrkapelle Neuenbürg.

Neuenbürg, 29. September 1924.

Im Menschenleben stellen 30 Jahre eine verhältnismäßig kleine Zeitspanne dar; aber im Vereinsleben schließen sie so mancherlei ein, namentlich wenn, wie bei der Feuerwehr- Kapelle, nicht unbedeutende Schwierigkeiten mannigfacher Art zu überwinden waren, wie überhaupt die ganze Zeitperiode eine Fülle von Arbeit darstellt, bei welcher sich zähe Energie, Fleiß und Geschick miteinander zu einem guten Gelingen ver­banden, um nach drei Dezennien auf eine Zeitspanne zurück- blicken zu können, wo jeder einzelne mit Recht sich sagen kann, auch ich habe meine Schuldigkeit getan, meine Pflicht erfüllt, gute Arbeit geleistet. Das darf sowohl von den Gründern wie von den heutigen Mitgliedern der Feuerwehrkapelle gelten, die am gestrigen Tage auf 30 Jahre des von ihnen gegründeten und gepflegten musikalischen Instituts zurückblicken konnten. Es waren 30 Jahre, die so manche Anforderung an den einzelnen stellten, reich an musikalischer Arbeit, aber auch reich an musikali­schen Erfolgen und Beweisen der Anerkennung durch dre Oef- fentlichkeit.

So bildete der gestrige Sonntag einen Jubel- und Ehren­tag für die Kapelle, aber auch einen Tag der Arbeit von früh bis spät. Schon in der Frühe trat die Pflicht an sie heran; es galt die

Ehrung älterer Mitglieder und Gönner durch ein Ständchen,

eine Leistung, die rund -drei Stunden beanspruchte. Stadtschultheiß Knödel und Stadtschultheiß a. D. stirn wie der damalige Feuerwehrkommandant, Oberamtsbanmeister a. D. Link, und die älteren Mitglieder waren sichtlich erfreut ob die­ser Aufmerksamkeit. Von 10 ^ Uhr ab war Konzert vor dem Rathaus,

eingeleitet mitDas ist der Tag des Herrn", dem die Kapelle eine Reihe weiterer musikalischer Perlen folgen ließ. Eine zahlreiche Zuhörerschaft hatte sich hierzu eingefunLen und spen­dete den Borträgen lebhaften Beifall. Während des Konzerts hielt Stadtschultheiß Knödel vom Balkon des Rachauses eine Ansprache, in welcher er die Feuerwehrkapelle als einen Bestand der Freiwilligen Feuerwehr bezeichnete und auf ihre vielseitige Tätigkeit hinwies sowohl bei den Hebungen des Korps und dessen Ausflügen, wie bei sonstigen Anlässen vater­ländischer Art, am Jahresschluß und Jahresbeginn. Bei al­len Veranstaltungen ernster und heiterer Natur war die Ka­pelle stets bereit, mitzuwirken und gab dazu ihr Bestes. Deshalb gebühre ihr am heutigen Jubeltaa Dank für das bisher Ge­leistete, und er spreche namens des Gemeinderats die herzlichsten Glückwünsche der Jubilarin aus für ihre künftige fortschritt­liche Weiterentwicklung. Weil aber die Feuerwehrkapelle nicht ohne Unterstützung der Einwohnerschaft bestehen und ihrer Aufgabe., gerecht werden könne, sei er vom Gemeinderat be­auftragt, der Jubilarin mit den herzlichsten Glückwünschen eine kleine Gabe zu überreichen zur Förderung ihrer Ziele. Alle mögen heute mitfeiern und die Kapelle durch zahlreichen Besuch ihrer heutigen Veranstalungen unterstützen und ehren. Der Kapelle wünsche er mit Dank für das bisher Gebotene einen guten Erfolg des Jubeltages und für die Zukunft Blühen und Gedeihen und Verständnis ihrer Aufgaben innerhalb und außerhalb des Feuerwehrkorps. An das Konzert schloß sich ein solches auf dem Marktplatz des als Gastverein anwesenden Musikvereins Calmbach unter Leitung von Herrn Raimann, Pforzheim, an, der in 7 Nummern treffliche Proben seines musikalischen Könnens gab und ebenfalls reichen Beifall einer zahlreichen Zuhörerschaft einheimsen durfte.

hi Ich Hab dich lieb.

Roman von Erich Eben st ein. Urhcöcrichutz durch Stuttgarter Romanzentrale C. Acker­mann, Stuttgart.

Gustav Flamm atmete erleichtert auf, als er Jellas Erklärung vernahm. Gottlob, sie ahnte nichts!

Dann schlug er vor, eine Pflegerin aus der Stadt kommen zu lassen.

Ich kann absolut nicht dulden, daß du dich meinet­wegen ins Zimmer verbannst", meinte er erregt.

Aber Jella fragte mit so sanfter Bescheidenheit und mühsam verhaltener Trauer im Blick:Ist es dir so un­angenehm, wenn ich bei dir bin? Nur in diesem Fall würde ich meinen Platz einer Fremden abtreten!"

Beschämt antwortete er:

Was denkst du? Ich schlug es nur aus Rücksicht für dich vor!"

Dann laß mich dich pflegen, so gut ich's kann."

Und als ahne sie den Zwiespalt seines Innern, der ihn ihre Nähe als Beruhigung und Qual zugleich empfin­den ließ, beschränkte sie sich mit wunderbarem Takt aus die Tätigkeit einer Pflegerin.

Kein überflüssiges Wort kam über ihre Lippen dabei, und wenn er sie nicht brauchte, saß sie still im Neben­zimmer oder eilte rasch nach dem Wirtschaftshof, um dort nach dem Rechten zu sehen. Manchmal auch las sie ihm vor oder spielte Schach mit ihm. Und jeder Wunsch, der in ihm aufstieg, wurde sofort erfüllt.

Alles dies tat Flamm wohl, wenn er es sich auch nicht eingestand. Denn Flor sorgte schon dafür, daß sie nicht vergessen wurde.

Fast jeden Tag brachte die Post einen Brief von ihr,

' en Kranken

Das -

Stuhlkonzert am Nachmittag

imBären" hatte sich eines zahlreichen Besuches zu erfreuen. Dirigent Max Eitel bot mit einer auserlesenen Stückfolge wirklich Gediegenes. Von den 8 Nummern nennen wir als GlanzstückeFata Morgan«", Ouvertüre von Finke, Mozarts Fantasie über das LiedIn diesen heil'gen Hallen" und vor allem WagnersZug der Frauen zum Münster" (aus Lohen- grin). Alle diese wie die übrigen Nummern zeugten von viel Liebe und Hingabe zur Musik und von intensiver Arbeit, die im Hinblick auf das Uebermatz an musikalischer Leistung, das die Mitglieder schon am Vormittag zu bewältigen hatten, um so höher einzuschätzen ist. Reicher Beifall lohnte die einzelnen Vorträge.

Die für den Abend vorgesehene

gesellige Unterhaltung

imBären" sah übervolle Räume unter Beteiligung aus al­len Kreisen. Eine festes;rohe Stimmung beherrschte den gan­zen Abend, die Lurch die Vorträge der Kapelle unter Leitung des großen und deskleinen" Dirigenten noch gehoben wurde. Feuerwehrkommandant Müller nahm Veranlassung, der Ka­pelle anläßlich ihres Jubeltages Dank und Anerkennung für- all das auszusprechen, was sie in den 30 Jahren ihres Bestehens auf so vielseitige Art wirkte. Sie habe nicht nur die verschie­denen Veranstaltungen verschönt, sondern -auch dazu veigeiragen, den Kameradengeist unter den Mitgliedern der Feuerwehr zu fördern und zu Pflegen. Mit dem Danke namens des Vcr- waltungsrats der Freiwilligen Feuerwehr für diese ihre Tätig­kett unter spezieller Hervorhebung der Verdienste der Dirigenten Schäfer und Eitel überreichte er der Jubilarin einen prächtigen Humpen mit dem Wunsche dauernder Treue für das Institut der Freiwilligen Feuerwehr. Dirigent Eitel dankte für die Ehrengabe und gelobte namens der Kapelle die volle Kraft em- zusetzen für die Fortbildung derselben unter treuer Anhänglich­keit an das Korps. Oberamtsbanmeister Link schilderte die Geschicke der Kapelle von ihren Anfängen an bis zur Heringen Zeit, wobei er am Schlüsse ehrend der Gründer gedachte, durch deren aufopfernde Mitarbeit die Kapelle sich aus mühevollen, bescheidenen Anfängen zu einem musikalischen Institut entwickeln konnte, das alle Anerkennung verdiene. Sein Hoch galt dn Gründern, die beinahe vollzählig anwesend waren und im Verlauf des Abends zeigten, daß sie nicht nur das Tanzbein noch schwingen konnten, sondern, von donnerndem Beifall umtost, durch Sondervorträge alsAlte" bewiesen, daß das, was sie vor langen Jahren gelernt, noch immer gut bei ihnen saß. So ver­lief der Albend in schönster Harmonie und hinterließ Eindrücke, die bei allen Anwesenden in angenehmster Erinnerung bleiben werden.

Württemberg

Freudenstadt, 26. Septbr. Brand.) In Grömbach ist in einer der letzten Nächte das GastwirtsgebäudeZuin Hirschen", eines der größten Gebäude des Ortes, vollständig niedergebranur. Das Feuer verbreitete sich unheimlich schnell, so daß auch die Nachbargebäude in größte Gefahr kamen. Der Schaden ist sehr bedeutend, da das ganze Inventar dem Feuer zum Opfer fiel. Ebenfalls zu Schaden kam der Schreinermeister Diedterle, der in dem abgebrannten Hauses Möbelstücke untergestellt hatte. Ebenso ein Raub der Flammen wur­den auch die für den Herbst hergerichteten Fässer.

Stuttgart, 26. Sept. (Jahresversammlung der landw. Ge­nossenschaften.) Der Verband landw. Genossenschaften Würt­tembergs hielt heute im Festsaal der Liederhalle in Gegenwart von etwa 1000 Delegierten seine 43. ordentliche Verbandsver­sammlung ab. Oberregierungsrat a. D. Baier begrüßte die Erschienenen und betonte die Notwendigkeit, die Leistungsfähig­keit des landw. Genossenschaftswesens zu stärken. Dem Ver­band gehörten am 31. Dezember 1923 1976 landw. Genossenschaf­ten mit rund 244 800 Mitgliedern an. Der Zuwachs betrug im vergangenen Jahre 42 Genossenschaften. Am 1. September 1924 betrug die Zahl der Genossenschaften 2003 mit rund 246 MO Mitgliedern. Unter den Einzelgenossenschaften wurden namentlich die Darlehenskassenvereine durch die schwierigen Verhältnisse des vergangenen Jahres in Mitleidenschaft gezo­gen. Als nach deni nervenzerrüttelnden Trubel der Inflations­zeit mit Einführung der Rentenmark die langersehnte Beruhi­gung auf dem Geldmarkt sich bemerkbar machte, hatten viele Darlehenskassenvereine nach Verlust der Betriebsmittel den Ge­schäftsbetrieb geschlossen. Bei einer großen Zahl der Darle­henskassenvereine gelang es jedoch, den Betrieb alsbald auf Rentenmark umzustellen und durch die Kredithilfe der Zentral­kasse wieder in Gang zu bringen. Im laufenden Jahr dürste die Umstellung nun durchgängig erfolgt sein. Landesökonomie­rat Hohenegg-München, der stellv. Vorsitzende des Ge'amtaus- schusses des Reichsverbandes der Deutschen landw. Genossen­schaften, sprach über das Thema: Aus tiefster Not zu neuer wirtschaftlicher Gesundung. Der Redner betonte, daß in der Landwirtschaft gegenwärtig eine Produkttonskrisis, eine Preis­krisis, eine bedenkliche Betriebsmittelnot und dazu ein fast un­erträglicher Steuerdruck bestehe. Die Genossenschaften müßten

auf die neue Zeit und die neue Währung umgestellt werden, eine Neubelebung der Spartätigkeit müsse einsetzen und -beson­deres Augenmerk sei auch dem genossenschaftlichen Warenbezug und dem genossenschaftlichen Absatz der landw. Erzeugnisse zu schenken. Nicht politische Zerrissenheit, sondern nur wirtschaft­liche Geschlossenheit könne den Bauernstand retten. Der Vev- bandsbeitrag wurde in drei Stufen, je nach der Größe und dem Geschaftsumfang der Genossenschaft, auf 10, 20 und 30 Mark festgesetzt. Im Anschluß an diese Verbandsversammlung fand die 31. ordentliche Generalversammlung der landw. Genossen- schaftszentralkasse statt. Im Jahre 1923 betrug der llnttatz rund 37,6 Trillionen Papiermark, der Reingewinn 128 238 Billionen Papiermark. Davon wurden je 13 OM Billionen dem Reserve- und dem Betriebsfonds, 102 MO Billionen dem für Aufwertung bestimmten Berichtigungsfonds zugewiesen. Für die Aufwer­tung sind im Berichtigungsfonds bereits 302 000 Goldmark ausgcworfen. Der Geschäftsanteil wurde von 300 aus 15M, die Haftsumme von 10 000 auf 20 MO Goldmark erhöht. Die Höchstzahl der Geschäftsanteile wurde auf 20 festgesetzt.

Stuttgart, 26. Sept. (Der Dank der Studentenschaft an die Landwirtschaft.) Anläßlich des 779. Landw. Hauptfestes haben die Studentenhilfen der drei württ. Hochschulen eine Adresse an die württ. Landwirtschaft gerichtet, in der sie noch einmal zu- sammenfassend den Dank der Studentenschaft aussprechsn für die reiche Hilfe, die sie während der letzten 3)4 Jahre von der schwäbischen Landwirtschaft erfahren durfte. Sie schließt mit den Worten:Daß die Landwirtschaft in schwerster Zeit für die Not der jungen Akademiker tiefes Verständnis gezeigt und reiche Mittel tatkräftig eingesetzt hat, sie zu beheben, das wird in der dankbaren Erinnerung der Studentenschaft fortleben und immer ein Ruhmestitel der schwäbischen Landwirtschaft sein." Das Dokument ist in der Buchdruckerei der Tübinger Stu­dentenhilfe gedruckt in künstlerischer Form und in der studen­tischen Buchhinderei in eine geschmackvolle Mappe eingebunden worden. Die Adresse wurde dem Landw. Hauptverband für Württemberg und Hohenzollern übersandt.

Rottweil, 28 Sept. (Der Deserteur.) In einem Städtchen am oberen Neckar hat es sich zugetragen. Er. der Ehemann, gehört dem Beamtenstande an und lebt mit seiner jungen, hübschen Frau recht gut. Nur ist sie etwas launenhaft und überempfindlich und hat des öfteren schon gesagt:Ich gehe einfach heim zu meiner Mutter!" Ausgesiihrt hat sie es aber bis jetzt noch nie, denn der gute Herr Gemahl wußte sie jedesmal in liebenswürdiger Weise von ihrem Vor­haben abzubringen. Uebrigens glaubte er nie ernstlich an eine Ver­wirklichung. Heute morgen, so erzählt der Schwarzwälder Volks­freund, ist er in die Landeshauptstadt abgereist. Er hat etwas ver­gessen und will seine Frau ans Telefon rufen. Das Dienstmädchen erscheint:Könnte nicht ich die Sache besorgen? Die gnädige Frau desertiert soeben!"Waaas?" schreit er heraus,sie desertiert so­eben? Also doch! Himmelkreuzmillionen! Schluß!"Kellner, zah­len, aber schnell, schnell!" Im Sturmschritt gehts nach dem Bahnhof. Dort packt er den Schnellzug und ist in zwei Stunden zu Hause. Er hört Klavierspiel.Zum Kuckuckholen, die Karoline spielt doch nicht die Mondscheinsonate von Beethoven?" Er fliegt die Treppe hinauf, drei Stufen auf einmal nehmend. Da sitzt sie, sie der liebe, gute Deserteur am Pianino. Die Sache klärt sich rasch wie der Himmel nach einem Gewittersturm. Die Gnädige ist nicht sondern sie hat desertiert, aber mit ff, d. h. sie hat nach dem Mittagessen das Dessert, den Nachtisch eingenommen, und die hochweise Karoline hat zur Bereicherung der Sprache und der Sprachreinigung zum Trotz aus Dessert ein neues Wort gebildet, eine hochbedeutsame Tat, um die sie die berühmten Sprachforscher Gebr. Grimm ganz sicherlich beneidet hätten.

Schwenningen, 27. Sept. (Verhaftung von Kommunisten.) Auf Veranlassung des Polizeipräsidiums Stuttgart wurde der Kommu­nistenführer und Redakteur der Arbeiterzeitung in Singen, Jakob Sulan, sowie ein weiterer Kommunist mit Namen Ulmschneider fest­genommen. Während die Verhaftung des Ulmschneider keine wei­teren Schwierigkeiten bereiter hat, ist die Verhaftung des Sulau unter äußerst schwierigen Umständen vor sich gegangen. Und zwar hat Sulan zunächst versucht, sich durch Abspringen aus dem Abort­fenster der Hast zu entziehen. Nachdem dieses Vorhaben mißlungen war, versuchte Sulan durch einen Sprung aus dem Küchenfenster zu entkommen. Auch an diesem Vorhaben wurde er durch einen be­reitstehenden Polizeibeamtcn verhindert. Als der Polizeibeamte zur Haft schreiten wollte, machte Sulan sofort einen Angriff auf den Polizeibenmten, indem er sich der Waffe des Beamten bemächtigte. Durch rechtzeitige Unterstützung eines weiteren Polizeibeamten konnte jedoch Sulan der Arm sestgehalten werden, so daß er in seiner Bewegungsfreiheit behindert ivar. Es entspann sich hierauf ein regelrechtes Ringen, in dessen Verlauf es Sulan gelang, dreimal die Waffe abzufeuern, ohne jemand zu treffen. Ein Schuß ging über die linke Schulter des Polizeibeamten, während ein anderer Schuß zwischen den Füßen hindurch seinen Weg in den Boden nahm. Sulan hat sich in großer Aufregung befunden und eine große Kraft entfaltet, sodaß es nur mit großer Mühe gelungen ist, ihn zu fassen. Er wurde mit Ulmschneider nach Stuttgart eingeliefert.

Reutlingen, 28. Sept. (Lebensrettung.) In der Nähe des Bruderhauses fiel ein 8 Jahre altes Kind in den Fabrikkanal. Litograph Josef Dirner von Tübingen, der zufällig des Weges kam, hörte die Hilferufe der Spielgefährten des dem Ertrinken nahen Kindes. Kurz entschlossen zog'Dirner seine Iuppe aus sund sprang

ein herrliches Arrangement weißer Rosen, die aus der ersten Blumenhandlung G.'s stammten und Unsummen kosten mußten.

Weiße Rosen! Das war der Duft, der den Gewän­dern jener Frau mit den rotgoldenen Löckchen entströmt war. Es hätte Flamms verlegener Unruhe gar nicht be­durft, um sie die Absenderin erraten zu lassen.

Darum gab sie sich auch keinerlei Illusionen hin, ob­wohl ihre Mutter immer wieder schrieb:

Ich hoffe, dieses Unglück hat dir der Himmel nicht umsonst geschickt. Gustav kann doch nicht so blind sein, jetzt, wo er dich beständig um sich hat und dem Einfluß der anderen entzogen ist, nicht zu merken, was er an dir hat!"

Wenn Jella solche Worte las, lächelte sie wehmütig vor sich hin. Ach, die Mutter kannte eben den lockenden Reiz jener anderen nicht! Sie selbst aber sah und fühlte es täglich: Wie die Weißen Rosen neben seinem Lager, so stand das Bild dieser Frau beständig zwischen ihnen.

All' ihr Tun hatte ihr wohl den Frieden wiederge­bracht und seine Achtung, nicht aber seine... Liebe!

Während so in Jella sich alles in ergebene Resignation gewandelt hatte, die nicht vor noch rückwärts schauen, son­dern nur ergeben den Weg der Pflicht weiter wandeln will, litt der Mann an ihrer Seite Höllenqualen.

Er war weder Kind noch gewissenlos, und er hatte Jella aus Liebe geheiratet.

Immer öfter, während er nun so in Gedanken ver­loren dalag, tauchten die schönen Jahre ihrer ersten Ehe­zeit vor ihm auf.

Er sah Jella wieder, heiter, strahlend, in blühender Schönheit, und sich selbst neben ihr so verliebt, glückselig und übermütig. Närrisch wie die Kinder waren sie oft gewesen...

Dann trat allmählich eine Aenderung ein. Er selbst begriff es zuerst: Die grauen Schatten einer gewissen Leere breiteten sich über sein Glück. Er langweilte sich.

Das, was ihn damals beständig beschäftigte, der Ge­danke, aus Eberswalde eine Musterwirtschaft zu machen, war Jella gleichgültig. Sie verstand nichts von Land­wirtschaft, und so konnte er auch mit ihr darüber nicht sprechen.

Und worüber sonst? Sie hatten weder Kinder noch Sorgen. Das Thema Liebe war, wie sie beide meinten, in allen Formen zur Genüge abgewandelt. Für Gesellig­keit in größerem Maß, als es der nachbarliche Verkehr be­dingte, waren sie beide nicht veranlagt.

So wurden sie beide gleichsam über Nacht launisch, nervös, voll heimlicher Gereiztheit gegen einander.

Er fühlte: Jella war innerlich genau so enttäuscht, wie er selber. Auch in ihr spukten Fragen, wie: So soll es immer fortgehen einen Tag wie den andern? Welchen Zweck, welches Ziel hat denn unser Leben? Wo bleibt das Große, von dem wir träumten, das uns über uns selbst hinaus erheben sollte?

Dazu kam, daß er sich mit ihrer Familie nicht gut ver­stand. Die vergrämte Mutter, die mit sorgenvoll ängst­lichem, der schroffe Bruder, der mit argwöhnischem Blick jede Phase ihres Zusammenlebens beobachtete, weckten Flamms Reizbarkeit, so daß er sich immer mehr von bei­den zurückzog.

Und dann flatterte in die graue Nüchternheit seiner Tage plötzlich das Paradiesvögelchen Flor Sieberl . . .

Er hatte sie ganz zufällig bei einem Bankett kennen gelernt, wo sie seine Tischnachbarin war. Jellq, die etwas unwohl war, hatte es vorgezogen, in Eberswalde zu blei­ben.

(Fortsetzung folgt.)