(Wetterbericht.) Eine Depression Wer Skandinavien dürfte auf die Wetterlage in Süddeutschland keinen entscheidenden Einfluß gewinnen, so daß für Freitag und Samstag, wenn auch noch unbeständiges, so doch zeitweise aufheiterndes, vielfach trockenes Wetter zu erwarten ist.
Herrenalb, 9. Seht. (Ehren abend der Kurkapelle.) Für das letzte große Konzert der Kurkapelle in dieser Kurzeit hatte Kapellmeister W. Padoni ein knapp gefügtes, aber desto trefflicheres Programm aufgestellt, das wie immer mit Meisterschaft zur Durchführung kam. Es galt zugleich als Benefiz für die Orchestermitglieder. Der Besuch war befriedigend, und die dargebotenen Stücke „Mignon" von Thomas, „Orpheus" von Liszt, Peer Gynt-Suite von Grieg und Donauwalzer von Strauß wurden mit wärmstem Beifall begrüßt, ja mit allerlei willkommenen Spenden konkreter Art belohnt. Es kam noch einmal anschaulich klar zum Ausdruck, wie sehr das diesjährige Orchester unter Padonis vorzüglicher Leitung die Anerkennung aller Musikfreunde gefunden hat, so daß kein anderer Abschiedsgruß mehr am Platze ist als dieser: „Auf Wiedersehen im nächsten Jahrei" Für alles entgegengebrachte Vertrauen fand Kapellmeister Padoni herzliche Dankesworte.
Württemberg
Weilderftadt, lO. Sept. (Brand.) Nachts I Uhr brannte das dem Valentin Härter zum „Ochsen" gehörige Anwesen bis auf den Grund nieder. Der Brand entstand in der angebauten Scheuer.
Stuttgart, 10. Sept. (Tödlicher Unfall.) Dienstag abend gegen r,8 Uhr ereignete sich Ecke Kanonenweg und Schwarenbergstraße ein bedauerlicher Unfall. Ein in den 50 er Jahren stehender Mann wollte die Straße überschreiten, wobei er im gleichen Augenblick von einem den Kanonenweg abwärtsfahrenden Kraftwagen erfaßt und ihm dabei beide Füße und Arme abgefahren wurden. Auch einen Schädelbruch trug der Verletzte anscheinend davon, was nach kurzer Zeit seinen Tod zur Folge hatte. Wen die Schuld an dem Unglück trifft, muß die Untersuchung ergeben.
Stuttgart, 10. September. (Der Arbeitsmarkt in Württemberg.) Ueber die Lage des Arbeitsmarktes in Württemberg schreibt das Landesamt für Arbeitsvermittlung: Die Zahl der Erwerbslosen betrug am 15. August 5320 gegenüber 4850 am 1. August. In der zweiten Augusthälfte hat sich die Lage des Arbeitsmarkts in Württemberg nicht wesentlich geändert. Auch die leichte Besserung im Spinnstoffgewerbe, in der Lederindustrie und in den Schuhfabriken hat angehalten. Auch sonst zeigen sich Anzeichen einer gewissen Besserung, zum mindesten aber wird man eine weitere Fortsetzung der seit Mitte Mai zu beobachtenden rückläufigen Bewegung für die nächste Zukunft kaum befürchten müssen. Ungünstig beschäftigt sind besonders noch die kleineren Metall- und Maschinenfabriken und die Möbelindustrie. Nicht einheitlich ist die Lage in den Steinschlag-, Gips- und Ziegelwerken. Während von einigen Betrieben Besserung berichtet wird, sind andere zur Kurzarbeit, ja zu Entlassungen über- gegangen. Im Baugewerbe sind, hauptsächlich in den größeren Städten, noch Umbau- und Instandsetzungsarbeiten im Gange, die eine Erwerbslosigkeit im Baugewerbe bis jetzt verhindert haben. Immerhin sind vereinzelt Maurer und Zimmerleute überschüssig. Die Landwirtschaft hat wegen des schlechten Wetters verminderten Bedarf an Arbeitskräften. Im Wirtschastsgewerbe führte das schlechte Wetter dazu, daß in den Kurbetrieben zahlreiche Servier- und KUchenmäd- chen entlassen wurden. Für häusliche Dienste bieten sich ungelernte Kräfte in großer Zahl an. Für die Angestellten aller Berufe, insbesondere aber für Bank- und Büroangestellte und für Techniker aller Art, ist die Lage durch erneute Kündigungen und Entlassungen weiter verschlechtert worden. Und zwar hat es den Anschein, daß viele Betriebe sich auf die Dauer, also auch für Zeiten einer besserenAi wirtschaftlichen Lage, mit einer erheblich verminderten Zahl von Angestellten sich behelfen wollen.
Stuttgart, 10. Sept. (Mitwirkung der Schuljugend bei den Ernte- und Herbstarbeiten.) Die ungünstige Witterung der letzten Wochen hat die Erntearbeiten außerordentlich erschwert und verzögert. Es ist deshalb notwendig, daß bei eintretender besserer Witterung auch die arbeitsfähigen Kinder auf dem Lande zur Bergung der Ernte herangezogen werden. Das Kultministerium hat demgemäß die Schulvorstände und Schulleiter der Schulen in den Landgemeinden angewiesen, die noch ausstehenden Herbstferien in der Weise anzusetzen, daß sie für die Mitwirkung der Kinder bei den Ernte- und Herbstarbeiten in möglichst zweckmäßiger Weise nutzbar gemacht werden können. In besonderen Fällen können auch weitergehende Schulbefreiungen gewährt werden.
Stuttgart, 10. Sept. (Verhaftung von Redakteuren.) Die Redakteure Schaible, Queck und Schwab von der „Süddeutschen Arbeiterzeitung" wurden heute früh verhaftet.
Stuttgart, 10. Sept. (Erhöhung des Schweinefleischpreises.) Der Preis für Schweinefleisch, der seit Mitte August 1,10-1,20 Mark betrug, ist von der Metzgerinnung infolge des weiteren Steigens der Schweinepreise mit sofortiger Wirkung auf 1,30 Mk. für das Pfund erhöht worden.
Stuttgart, 10. Septbr. (Warnung vor einem Schwindelunternehmen.) Die Polizei warnt vor einem Versandhaus Alag in Aachen, das durch Inserate unter dem Stichwort „Versandfiliale" viele Berdienstmöglichkeit anbietet. Die Firma ist ein Deckname für ein Schwindelunternehmen in Valkenburg bei Limburg (Holland), das wertloses Zeug auf den Markt bringt.
Eßlingen, 10. Sept. (Tödlicher Unfall.) Dienstag mittag wurde in der Baumwollspinnerei von Merkel und Krenlin die 18jährige Arbeiterin Gertrud Tittel von hier von einem laufenden Riemen erfaßt und zu Boden geschleudert. Die Verunglückte erlitt schwere innere Verletzungen, an deren Folgen sie in vergangener Nacht im Krankenhaus starb. Die Ermittelungen Uber die Schuldfrage sind noch nicht abgeschlossen.
Reutlingen. 10. Sept. (Todesfall.) Im Alter von 85 Jahren ist in Pfullingen der Papiersabrikant Josef Kraus gestorben. Er stammte von Adolzheim OA. Oehringen und gehörte von 1895 bis 1900 als Mitglied der Deutschen Partei für den Bezirk Reutlingen- Amt dem Landtag an Jahrzehntelang war er auch Mitglied der Rcutlinger Handwerkskammer und von 1904 bis 1914 deren stellvertretender Vorsitzender, ferner Beirat der Berkehrsanstalten. Der Heimatschutz lag dem in weiten Kreisen hochgeachteten und beliebten Manne besonders am Herzen.
Rottenburg, 9. Sept. (Heiteres aus der Schule.) In einer Schule des Bezirks sagten kürzlich die Kleinen <1. und 2. Schuljahr) zum Katecheten: Jetzt kommet miar nimma in de Schual, miar miiaßat Hopsa zopfla. Dieser sprach lächelnd: Ja, dann verdient ihr viel Geld, ihr bekommt für den Korb einen Pfennig. (Es handelt sich um Kinder, welche bei den eigenen Eltern zopfeln.) Da hatte er aber in ein Wespennest gestochen und die erwartete Wirkung blieb nicht aus. Schlagfertig erhob sich eine Vertreterin des schönen Geschlechts aus dem zweiten Schuljahr und erwiderte ganz energisch: „Ha, dau wärest gscheid, s o zopfled miar koane Hopsa." Es gibt also in unseren trübseligen Tagen doch noch Humor — und kleine Amazonen, welche später einmal dem starken Geschlechts die Zähne zeigen, wenn es notwendig wird. (Rottbg. 3tg)
Alt-Oberndorf, 10. Sept. (Kindersegen.) Staatspräsident Bazille hat dem Mechaniker Wilhelm Rohr und seiner Frau anläßlich der Geburt ihres achten Knaben die Glückwünsche der württ. Staatsregierung unter Uebecreichung einer Ehrengabe ausgesprochen.
Schwenningen, 10. Sept. (Betriebsabbruch.) Die Firma Stahl und Nölke, Zündwarenfabrik hier, hat den erst wieder neu aufgenommenen Betrieb nunmehr endgültig eingestellt. Die Maschinen wurden bereits abtransport.
Balingen, 10. Sept. Wcand.) Das außerhalb der Stadt gelegene Anwesen von M. Basiert ist, wie schon kurz gemeldet, völlig niedergebrannt. Das Feuer ist aus noch nicht aufgeklärter Ursache, vielleicht durch Selbstentzündung, im Stallgebäude entstanden und griff, da die Familie Basiert durch die Erntearbeiten der letzten Tage ermüdet und im tiefsten Schlaf den Ausbruch des Feuers nicht wahrnahm, auf das Wohngebäude über. Sozusagen mit einem Schlag stand das ganze Anwesen in Brand. Darauf sprang es auf die gegenüber in der westlichen Ecke des Anwesens befindliche Bretterhütte über. Ueberall fand es reichliche Nahrung. Die Erntevorräte und die namhaften Holzvorräte brannten sofort lichterloh. Die Bewohner wurden erst durch das schrille Geschrei der im Gehöft befindlichen Gänse wach. Notdürftig aus der brennenden Wohnung entkommen, fanden sie vor dem Hause bereits einen Retter vor, den Wagenführer eines Lastautos der Adlerbrauerei, der von auswärts heimgefahren war, das Feuer beobachtete und kurz entschlossen mit seinem Wagen vorsuhr und sich tatkräftig an den Bergungsarbeiten beteiligte. Ein guter Teil Hausrat und namentlich das ganze Vieh mit Ausnahme eines Kälbchens konnte gerettet werden. Die Feuerwehr traf bald ein, doch konnte das Feuer erst gegen 5 Uhr morgens gebändigt werden. Die Abgebrannten sind einigermaßen versichert.
Ulm, 10. Sept. (In den Ruhestand.) Der Staatspräsident hat den Oberamtmann Maier in Ulm seinem Ansuchen entsprechend in den dauernden Ruhestand versetzt.
Laupheim, 10. Sept. (Rohe Burschen.) Als zwei 15 und 16 Jahre alte Burschen aus Mietingen von einer Fahnenweihe in Laupheim heimwärts gingen, wurden sie unweit Baustetten von zwei Lima 28 Jahre alten Männern ohne jeden Anlaß überfallen und verprügelt. Einer der Rohlinge bediente sich eines Gummiknüppels. Zwei Mietinger, die auf dem Rad daherfuhren, kamen den jungen Leuten zu Hilfe. Der Besitzer des Gummiknüppels ergriff die Flucht, der andere wurde gefaßt und sofort mit gleicher Münze bezahlt. Die beiden Rohlinge stammen aus Baustetten.
Bellamont, OA. Biberach, 10. Sept. (Ueberfahreno Der ledige, 42 jährige Josef Föhr geriet auf der Fahrt nach Ochsenhausen unter seinen leeren Wagen, der ihm über die Brust wegging. Föhr setzte trotz der schweren Verletzung seine Fahrt zum Bahnhof Ochsenhausen fort und begab sich zu einer am Bahnhof wohnenden befreundeten Familie. Der alsbald herbeigerufene Arzt stellte schwere innere Verletzungen fest, denen Föhr nachmittags erlag.
Winterstettenstadt, OA. Waldsee, 10. Sept. (Unfall.) Ein hiesiger Einwohner verunglückte dadurch schwer, daß beim Ausschwefeln eines Fasses der Boden des Fasses abgesprengt wurde und ein Stück ihm an den Kopf flog. Seine Verletzung ist schwer, aber wahrschein- scheinlich nicht lebensgefährlich.
Friedrichshafen, 10. Sept. (Die Zeppelinwerft bleibt. , Wie der „Tag" erfährt, ist die Befürchtung, daß die Friedrichshafener Zeppelinwerft nach Ablieferung des Amerika-Zeppelins auf Gruud der Bestimmungen des Versailler Friedensvertrags geschlossen werden muß, erfreulicherweise hinfällig. Frankreich besteht zur Zeit nur darauf, daß die große Halle 2, in der heute noch der Z.R. 3 verankert ist, abgerissen wird, dagegen sollen die kleinere Halle und die sonstigen Fabrikanlagen der Werft bestehen bleiben. Seitens der Zeppelingesellschaft beabsichtigt man übrigens, in Vorbereitung der in Aussicht genommenen Atlantik-Luftlinie Spanien—Südamerika ein Versuchsluftschiff zu bauen, das die notwendigen Versuche für die Auf
hören unzertrennbar zusammen in der jetzigen Zeit der wirtschaftlichen Notlage. Die reinen Luxusgärten seien heute nicht mehr am Platze, sie müßten umgestaltet und aus ihnen Zier- unü Nutzgärten gemacht werden. Diese nehmen außer den Blumen auch Obst und Gemüse auf als wertvolles Nahrungsmittel, sie ergänzen die anderen Hauptnährstofse auf das beste; Obst- und Gemüsegenuß fördern die Gesundheit. Obst- und Gemüsebau erheischen eine gewisse Schulung und Erfahrung. Man müsse nach gewissen Grundsätzen Vorgehen, das Bedürfnis der einzelnen Kulturpflanzen kennen, um zu einen: Erfolg zu kommen. Die Vorteile des Obst- und Gemüsebaus liegen nicht nur darin, daß wir frische Erzeugnisse bekommen, sondern daß wir auch die Obst- und Gemüseverwertung im Laushalt pflegen. Gewisse Zeiten im Jahr sind wir gemüsearm, da müssen wir sehen, daß wir diese nicht entbehren. In dem nun folgenden Teil seines Vortrags gab Redner praktische Winke über Anlage eines Hausgartens, Kultivierungsanweisungen, Auswahl der Grundstücke, Arbeitsaufwand. Lieber einen kleinen Garten intensiv bearbeiten, als einen größeren Garten oberflächlich. Für eine Familie von 3—5 Köpfen genüge eine Fäche von 250 bis 300 Quadratmeter, intensiv betrieben und mit Gemüse und etwas Blumen bepfanzt. Obstbäume bedürfen 6—8 Jahre, ehe sie zum Ertrag herangezogen werden können. Lage des Grundstücks, Bodenbeschaffenheit, Wasserverhältnisse spielen bei der Anlage eines Gartens eine wichtige Rolle. Die Wegeführung soll einfach aber Praktisch sein. Gemüse gedeihe am besten, Wenn es auf Freibeeten gepflanzt werde, Obstbäume tollen nicht zu dicht angelegt werden. Beim Bau von Gemüse soll die Auswahl so getroffen werden, daß man das ganze Jahr frisches Gemüse im Haushalt halbe. Wechselwirtschaft steigere wie beim Getreide so auch beim Gemüsebau die Erträge, qualitativ und quantitativ. Die Mstandsfrage beim Blumen- und Gemüsebau sei sehr wichtig. Die Düngung soll in der Regel im Herbst geschehen. Im allgemeinen sei die Reihensaat der Breitsaat vorzuziehen, dabei sei richtige Saattiefe zu beachten, größere Samen tiefer, kleinere Samen etwas höher. Der Bekämpfung des Unkrauts komme erhöhte Bedeutung Zu, Unkraut beeinträchtige die Kultivierung und behevberge auf seinem Leibe viele Schädlinge und Pilze, die sich auf Las Gemüse verbreiten. Die Aufbewahrung von Wintergemüse brauche nicht im Keller zu geschehen, je nach der Sorte auch im Garten in einer 30—45 Zentimeter tiefen Grube, Kopf an Kopf mit dem Wurzeln nach unten, bei zunehmender Kälte etwas Stangen und Reisig darüber decken. Die. Blumenzucht, die im Garten ausgeübt werde, bilde einen gewissen Teil der Arbeit des Hausgartenbesitzers; deswegen werde dieser auch der Blumenzucht einen Platz einräumen. Als schönste der Blumen sei die Rose, die Königin der Blumen, zu bezeichnen. Weiter seien zu nennen Strauchpflanzen, Schwertlilien, Astern. Pechnelken, Dahlien in ihren verschiedenen Sorten. Praktische Winke gab Redner über Einfriedigungen, solche mit Bierflaschen seien unschön, über Blumenaussaat, Pflege der Blumenrabatte, Düngung. Der Gartenobstbau müsse im richtigen. Verhältnis zu der Fläche erfolgen. Die Sortenfrage sei noch immer in der Lösung begriffen, Bodenart und Lage spielen eine wichtige Rolle. Am Schluß seiner Ausführungen wies der Redner nochmals auf die große Bedeutung des Gartenbaus einschl. Gemüse- und Blumenzucht hin, sowohl in idealer wie namentlich auch in praktischer Hinsicht. Ohne Blumen würden die Menschen etwas ermangeln, auch solche, die bisher achtlos an den Blumen vorübergingen. Darum soll es unsere Aufgabe sein, die Liebe zur Natur, zur Blumen- und Pflanzenzucht bei unseren Schutzbefohlenen, unseren Kindern, zu Wecken und zu vertiefen. Es dürste Wohl gesagt werden, daß dies ein Mittel dazu sei, um unsere geknechtete Wirtschaftslage und die Depression, die auf unserem Volke laste, weniger hart zu empfinden. Dem Verein wünsche er Lei seinen anzuerkennenden Bestrebungen weitere Erfolge und eine noch größere Mitgliederzahl.
Den Beifallsäußerungen der Versammlung schloß sich der Vorsitzende mit Dankeswörten für den gediegenen Vortrag an, von dem sicher jeder etwas Nützliches für die Zukunst mit nach Hause nehme, er wünschte, daß das Gehörte in der Praxis beherzigt würde. Auch er wies auf die große Bedeutung hin, welche der Obst-, Gemüse- und Blumenzucht zukomme und machte nützliche Mitteilungen aus seinen praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiet. Schließlich legte er der Ortsgruppe nahe, um auch bei jenen,' welche nicht im Besitze eines (Härtens sind, die Freude und das Interesse an der Blumenzucht mehr und mehr zu Wecken, künftig einen Wettbewerb in Topfpflanzen an den Fenstern anzuregen, wie dies vielfach schon an anderen Plätzen der Fall sei. Gerade hier bei unserer geschlossenen Bauweise würde eine Ausdehnung dieses Zweiges sehr gut wirken und der Stadt ein noch gefälligeres Aussehen geben. Wenn man seitens des Vereins vielleicht im kommenden Frühjahr eine Prämierung der schönsten Dekorationen in Aussicht nehme, würde man einen prächtigen Blumenflor erhalten, der seinen günstigen Eindruck auch auf Len Fremdenverkehr nicht verfehlen würde.
" Ich Hab dich lieb.
Roman von Erich Ebenster«.
Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzentrale L. Ackermann, Stuttgart.
Flor soll ihr so sehr gleichen — Zug um Zug, sagt Tante Madeleine. Darum war ihm Flors Anblick auch immer eine Qual, und sie hat sich oft bitter beklagt über Papas „ungerechte Abneigung" gegen sie, wie sie es nennt. Dazu kommt noch, daß er sich mit Tante Madeleine schlecht versteht, obwohl sie seine Schwester ist."
„Wieso?"
„Ach Gott, sie sind so verschieden! Daß Tante nur in Aeußerlichkeiten aufgeht und fortwährend Geselligkeit braucht, erzählte ich dir ja schon. Papa ist ganz anders. So viel, viel ernster! lind fremde Leute um sich zu haben, sich den Zwang gesellschaftlicher Pflichten aufzuerlegen, ist ihm gräßlich. Da sind sie eben immer schon in den ersten vierundzwanzig Stunden in Streit miteinander. Als er vor zwei Jahren das letztem«! hier war, sagte er beim Fortgehen so traurig zu mir: „Schade, daß du kein Junge bist, kleine Maus, und ich dich nicht mit mir nehmen kann! Ich glaube, wir beide würden uns ganz gut verstehen- und du könntest mir sogar das Leben wiäer sieb machen. Aber die beiden drüben" — damit meinte er Tante Maix- leine und Flor — „die werden ja immer verrückter!"
„Und doch überließ er dich ganz ihrem Einfluß!" warf Bernd bitter hin.
„Was sollte er denn tun? Wir besitzen ja keine anderen Verwandten mehr als Madeleine. Und selbst die Gouvernante zu machen, das hat nie in Papas Art gelegen, auch wenn er keinen großen Kummer in sich trüge und nicht so sehr für alte Ausgrabungen eingenommen wäre."
„And wie sollen wir einander nun sehen, bis dein Vater zurückgekehrt ist? Mit Zufällen können wir uns doch nicht mehr begnügen jetzt!"
„Nein. Aber könnten wir nicht zuweilen wie heute hier. . .?"
„Auf keinen Fall!" unterbrach er sie ernst. „Du bist meine Braut, und dein Ruf ist mir nun noch viel heiliger als mein eigener. Nein, uns heimlich treffen, wie ein Liebespaar, das auf verbotenen Wegen wandelt, können wir nicht, du mußt mich so bald als möglich deiner Tante vorstellen, damit ich Zutritt bei euch bekomme. Mag sie dann merken, daß ich als Bewerber komme — daran liegt am Ende nichts. Sobald dein Vater heimgekehrt ist, erfährt sie ja ohnehin, wie die Dinge liegen ..."
Er brach ab und blickte scharf auf ein Paar, daß soeben an der Brücke ein Auto verlassen hatte und langsam auf sie zukam.
Alle Weichheit war aus seinen Zügen geschwunden. Finster und drohend zuckte es um seine streng geschlossenen Lippen.
Die beiden waren so eifrig in ihr Geflüster vertieft, daß sie Bernd und Maja gar nicht bemerkten. Er aber hatte in dem Manne auf den ersten Blick seinen Schwager Gustav Flamm erkannt.
Die Dame, dicht verschleiert und in einen sehr eleganten hellgrauen Staubmantel aus Seide gehüllt, war ihm unbekannt. Aber er hoffte, wenn sie einander erst näher wären, irgend einen Anhaltspunkt zn entdecken, der ihm weitere Nachforschungen ermöglichte. Und dann — wenn er Jella erst mit Tatsachen kommen konnte, dann würde sie ja Wohl endlich wissen, was sie zu tun hatte.
Den Schritt beschleunigend, ging er direkt auf das Paar zu. Aber auch Maja hatte, seinem Blicke folgend, die beiden nun erblickt, und das Herz Meb ihr vor Schreck still stehen, als sie in Ser Dame ihre Schwester erkannte.
Bernd fühlte seinen Arm plötzlich förmlich umklammert und sich selbst unwiderstehlich über die Straße hinübergezogen in den Schatten der Häuserreihe.
„Was ist? Was hast du?" fragte er, betroffen in ihr bleiches Gestchtchen starrend. „Warum zogst du mich von drüben fort?"
„Es ist so hell dort — ... Du siehst doch . . . wenn mich jemand erkennt — hier — um diese Stunde." —
Bebend fielen die Worte von ihren Lippen, die die Lüge haßten und nun doch gerade ihn belügen mußten!
Aber ihre Angst schien ihm sofort begreiflich und na- türlich.
„Du hast recht. Vergib, daß ich einen Augenblick dich vergessen konnte! Warte hier auf mich. Ich muß sehen, wer diese famose Dame ist, die da .. ."
Maja umklammerte seinen Arm in wahrer Todesangst. Wenn er Flor jetzt sah und dann später als ihre Schwester wiedererkannte, dann wußte er alles, und ihr ganzes süßes Glück wurde vielleicht dadurch in Frage gestellt oder doch mindestens erschüttert. Kannte sie doch seine strengen Grundsätze!
„Nein, bitte, bitte, bleibe bei mir! Laß mich nicht allein hier! Ich fürchte mich so!" flehte sie. Und er hatte nicht das Herz, ihr diese erste Bitte abzuschlagen. Sie war so süß und rührend in ihrer Angst!
„Gut. Aber dann komm, ich bringe dich jetzt heim. Wir dürfen uns nicht länger auf eine Stufe stellen mit derlei flanierenden Liebespaaren!"
VII.
Fräulein Madeleins Rehmen war wohl etwas erstaunt, als Maja ihr am nächsten Tage erklärte, sie walle den in einigen Tagen stattfindenden Geburtstag ihrer Freundin Grell durch eine kleine Feier im intimen Kreis festlich begehen. ' (Fortsetzung folgt.)