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seiner Begleitung erlitten Schaben. Ein Attentäter wurde ver­haftet, zwei andere entwichen. Der Verhaftete ist der Sohn eines Glasermeisters Steiger, der in Wien studiert und der zio­nistischen Organisation angehört. Im Lemberiger Ghetto herrscht große Erregung und Besorgnis wegen der Rückwirkung des At­tentats, das man politischen Ursachen zuschreibt. Die Nachricht vom Attentat erregte auch deshalb so großes Aufsehen, weit der Vorgänger des Staatschefs bekanntlich als Opfer eines Atten­tats starb.

Die elsässische Industrie für deutsch-französische Handelsverträge.

Paris, 6. Sept. DerMatin" veröffentlicht ein Interview mit dem Vorsitzenden der Handelskammer von Mühlhausen, Dollfuß, der im Interesse der elsässischen Industrie, insbesondere im Interesse der Textilindustrie, für ein Wirtschaftsabkommen zwischen Frankreich und Deutschland eintritt und sich vor allen Dingen über die Haltung Englands, insbesondere Snowdens, in dieser Frage, die für das Elsaß vollkommen unverständlich sei, beschwert. Daß gerade die Industriellen Mühlhausens, die bis zum Kriege und im Kriege ihre Sympathien für Frankreich nicht laut genug betonen konnten und die leidenschaftlichen Par­teigänger der Wetterte und Genossen waren, jetzt so eifrig auf den Abschluß deutsch-französischer Vereinbarungen drängen, hat seinen besonderen Reiz. Deutschland wird sich bei seinen Ver­handlungen von der Rücksicht auf diese Leute jedenfalls nicht drängen lassen dürfen.

Rußland in Sorgen um seine Pariser Archive.

Paris, 6. Sept. Tschitscherin hat, wie dieEre Rondelle" mitteilt, nachstehendes Telegramm an Herriot gerichtet:Ange­sichts der drohenden Möglichekit, daß die Archive unserer frühe­ren Botschaft entwendet oder ungesetzlicherweise in fremde Hände gelangen können, erlaube ich mir, der Hoffnung Aus­druck zu geben, daß Sie alle notwendigen Maßnahmen ergrei­fen werden, um dieser Möglichkeit vorzubengen." Herriot hat darauf geantwortet:Ich werde bei meiner Rückkehr nach Pa­ris mich mit der Frage der Archive der russischen Botschaft be­fassen. Ich habe bereits die nötigen Anweisungen erteilt, da­mit diese Frage geprüft und im Einklang mit den Bestimmun­gen des Völkerrechts geregelt wird." Eine solche Beraubung befürchtet Tschitscherin offenbar, weil er annimmt, daß die fran­zösische Regierung nichts unversücht lassen wird, um die Zeugen der russischen und französischen Schuld am Kriege aus der Welt zu schaffen, die die Korrespondenz, insbesondere des früheren russischen Botschafters Jswolski, bieten wird.

Mexikos Dank an Deutschland.

Mexiko, 6. Sept. Der mexikanische Senat hat in seiner gestrigen Sitzung auf Antrag des Senators Graviote beschlos­sen, dem Reichspräsidenten Ebert durch den mexikanischen Ge­sandtem in Berlin den Dank des mexikanischen Volkes für den überaus herzlichen Empfang auszudrücken, der dem neugewähl­ten mexikanischen Präsidenten seitens der Reichsregierung, der Volksvertretung und des gesamten deutschen Volkes bereitet worden ist. Die zahlreichen Sympathiekundgebungen für den neuen Präsidenten und das mexikanische Volk haben irr Mexiko einen lebhaften Widerhall gefunden, der sich u. a. auch in um­fangreichen Berichten der mexikanischen Presse über die dem Präsidenten in Deutschland zuteil gewordenen Ehrungen aus­spricht. Senator Graviote sagte in der Begründung seines Antrages, er sei früher ein Freund der Alliierten gewesen, heute aber sei er ein ehrlicher Bewunderer der großen deutschen Na­tion und der hervorragenden Leistungen des deutschen Volkes auf dem Gebiet der Industrie, des Handwerks, der Wissenschaf­ten, der Künste und der Musik.

Aus Stadt. Bezirk und Umgebung

Neuenbürg, 8. Sept. Was unsere Flora in der Lerbstzeit noch bietet und in den Gärten gezogen wird, das wurde gestern durch die Herbst-Blumenschau des Obst- und Gartenbau-Vereins Ortsgruppe Neuenbürg vor Augen geführt. Die Veranstaltung zeugte von ebensoviel Geschmack wie Kunstsinn, die ganze Anordnung darf als eine gelungene bezeichnet werden. Im Sonnensaal waren in reicher Fülle den Wänden entlang ausgestellt Astern, Gladiolen, Rosen, Levkojen, Dahlien usw. in den verschiedensten Arten und Sor­ten. Sie machten in ihrer reichen Fülle und Farbenpracht ei­nen erhebenden Eindruck auf Herz und Gemüt. Namentlich überraschten in der schon vorgerückten Zeit die vielen farben­prächtigen Rosen. Die Vielseitigkeit, wie sie durch die Mitglie­der, welche keine Berufsgärtner sinb geboten wurde, zeugte von viel Liebe und Hingebung für die Blumenzucht, sonst wäre eine derartige Reichhaltigkeit, wie sie dem Auge des Besuchers ge­zeigt wurde, nicht möglich. Der Bedeutung der Ausstellung entsprach auch der Besuch, der erfreulicherweise den ganzen Tag über ein sehr reger war. Ein voller Raum von Gewinnen lockte verführerisch, sein Glück zu versuchen. Nach Schluß der Veranstaltung um 4 Uhr sprach Obstbauinspektor Hiller, Stuttgart, in einer Art Werbevortrag über Gartenbau im Zu­sammenhang mit Gemüse- und Blumenzucht in etwa fünf­

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Ich Hab dich lieb.

Roman von Erich Eben st ein.

Urheberschutz durch Stuttgarter Romanzcntrale C. Acker­mann, Stuttgart.

Ja, er hatte viel für sie getan. Gedarbt und gearbeitet jahrelang. Alles Schwere auf sich genommen, um ihr und Jella das Leben leicht zu machen. Er war ihr Stütze, Berater und Ernährer gewesen. Aus ihrer zertrümmer­ten Existenz hatte er sie wieder emporgeführt zu behag­licher, angesehener Lebensstellung . . .

Dankbarkeit zwang sie zum Gehorsam. Und sein Blick hatte sie nun daran gemahnt.

Gib mir den Brief, Mama!" mahnte Bernd milder, denn ihre gebrochene Haltung flößte ihm Mitleid ein.

Stumm reichte sie ihm die Blätter. Er trat an den Ofen, in dem ein schwaches Feuer brannte und warf die Bogen hinein.

Sie noch einmal mit einem mitleidigen Blick streifend, tt andte er sich dann zum Gehen.

Zürne mir nicht, Mama! Es mußte sein. Wenn du erst wieder ruln^r fein wirst, siehst du das gewiß selbst ein!"

Sie antwortete nicht. Aber als die Tür hinter ihm zusiel, barg sie bitterlich weinend den Kopf in beide Hände.

Ihr war, als wären in dieser Stunde die Worte, die er vorhin inbezug auf den Vater gebracht hatte, Wahrheit geworden zwü^m ihr und dem Sohn: da ist ein Abgrund, über den es keine Brücke gibt!

Immer wieder tat sich die Kluft zwischen ihnen aus, trennte sie voneinander. Ueberall tauchte sie unvermutet zwischen Mutter und Sohn auf. Bei Tisch, wenn sie ein­ander schweigsam gegenüber saßen. In der Dämmer­stunde, wenn Bernd wie sonst aus seiner Kanzlei herüber­

viertelstündigem Vortrag, auf den wir noch zurückkommen. Er erntete für seine klaren, leichtverständlichen Ausführungen war­men Beifall und Dank, den der Vorsitzende des Bezirks-Obst- und Gartenbauvereius, Stadtschultheiß Knödel, namens der Versammlung zum Ausdruck brachte. Abends fand für die Mitglieder eine Herbstfoier statt, die einen harmonischen Ver­lauf nahm.

Neuenbürg, 8. Sept. (Mariä Geburt.) Am 8. Sevrember begeht die katholische Christenheit das Fest des Geburtstages Mariä. Das Fest muß im 4. Jahrhundert noch unbekannt ge­wesen sein, denn Augustin behauptet, daß die Kirche keines Men­schen Geburt feiere und daß nur bei Jesus und Johannes eine Ausnahme gestattet sei. Im Jahre 698 wurde dieser Tag durch Papst Sergius zu einem der vier Hauptfesttage der Muttergottes gemacht. Er wird zum Unterschied von Mariä Himmelfahrt oder dem großen Frauentag als der kleine Frauentag bezeichnet und noch heute in verschiedenen Gegenden feierlich mit allerlei seltsamen Gebräuchen begangen. Auch in alten Bairernregeln wird auf diesen Tag Bezug genommen, so wenn es heißt: Ma­riä Geburt, Bauer' dein Korn. Oder: Wird Mariä Geburt gesät, ist's nicht zu früh und nicht zu spät. Der Tag Mariä Geburt kündigt auch den Abschied der Schwalben an: Mariä Geburt, ziehn die Schwalben furt.

Neuenbürg, 8. Sept. Hudsons große Arena- Schau mit ihrer berühmten SeiltänzergruppeBloudiu" traf hier ein, um auf dem Turnplatz einige Vorstellungen zu geben. Heute Montag abend findet die erste Vorstellung statt mit einem erstklassigen Weltstadtprogramm. Die Gesellschaft ist an allen größeren Plätzen mit bestem Erfolg aufgetreten, der Be­such kann daher jedermann empfohlen werden.

Herrenalb, 4. Sept. Von den beiden Sportvereinen Motorklub Karlsruhe und Herrenalb in Verbindung mit der hiesigen Kurverwaltung wird in Herrenalb am 13. und 14. September ein Automobilturnier abgehalten mit Zu­verlässigkeitsprüfung (Bergfahrt HerrenalbDobel) und Ge- schicklichköitsprüfung im Kurpark. Eine Reihe wertvoller Preise harrt der Sieger. Meldungen sind ^bereits zahlreich Zugelaufen. Kurveriraltung und Hotelier-Vereinigung werden für anre­gende Unterhaltung Sorge tragen.

Friedrichstal, OA. Freudenstadt, 7. Sept. (Schlechter Geschäfts­gang.) 2m Hüttenwerk Friedrichstal, wo seit Jahren Kurzarbeit eingeführt ist, steht eine weitere Verschlechterung der Arbeitsoerhältnisse bevor. Die Hauen- und Schaufelfabrikation sowie die Gießerei werden wegen ungenügenden Auftragseingangs stillgelegt. Die Sen­senfabrikation geht weiter.

Maulbronn, 6. Sept. (In Geldschwierigkeiten.) Die vor wenigen Monaten hier neu erstellte Zigarrenfabrik ist durch Feuer teilweise zerstört worden. Die Gesellschaft, der die Fabrik gehört, ist schon eit einiger Zeit in großen Geldschwierigkeiten und erst vor wenigen Wochen wurde ein im Entstehen begriffener Brand in der Fabrik noch rechtzeitig entdeckt. Einer der Inhaber ist dem Amtsgericht eingeliefert worden.

Stuttgart, 6. Sept. (Württ. Bauerntag in Verbindung mit dem Landwirtschaftl. Hauptfest.) Im Rahmen der Landwirt­schaftlichen Woche veranstaltet der Landwirtschaftliche Haupt- Vevbanü am Sonntag, den 28. September, vormittags 9 Uhr, im Großen Cwnnstatter Kursaal eine Landes-Mitglieder-Ver- fammlnng. Dieselbe soll eine machtvolle Kundgebung des schwäbischen Landvolkes werden. Bedeutende Redner und Füh­rer des Bauernstandes werden Vorträge halten über die gegen­wärtigen brennenden Agrarfragen-

Stuttgart, 6. Septbr. (Zum Kapitel Aufwertung.) Wie wir hören, haben sich die Stuttgarter Lebensversicherungsbank a. G. (Alte Stuttgarter) und dieNeue Stuttgarter" Lebensversicherungs­bank, Aktiengesellschaft, beim Aufwertungsausschuß des Reichstags in einer eingehend begründeten Eingabe für eine grundlegende Besse­rung der Äufwertungsbestimmungen eingesetzt. Die Gesellschaften haben insbesondere heroorgehoben, daß sie die Bedenken, welche vor Kurzem im Aufwertungsausschuß gegen eine Aenderung der dritten Steuernotverordnung erhoben wurden, keineswegs teilen und daß es ein elementares Gebot der Billigkeit und Gerechtigkeit sei, allen denen, welche ihre Ersparnisse in der Lebensversicherung angelegt haben, eine angemessene, gegenüber der bisherigen Regelung erheblich höhere Aufwertung zuteil werden zu lassen.

Stuttgart, 6. Sept. (Unfall bei den Ringkämpfen). Bei den im Stadtgarten zurzeit staitfindenden Meisterringkämpfen fiel der Holländer Fuchem mit dem Hinterkopf außerhalb des Teppichs heftig auf den Boden auf und erlitt eine Gehirnerschütterung, so daß er bewußtlos von der Buhne getragen werden mußte. Als der Fran­zose Bensch durch Kunst-Elberfeld blitzschnell aus beide Schultern ge­worfen wurde und eine Niederlage erlitt, geriet der Franzose in Wut und wollte sich auf Kunst stürzen. Es kostete Mühe, den lärmenden Franzosen von der Bühne zu bringen.

Stuttgart, 6. Sept. (Besichtigung des Erolzheimer Ueberschwem- mungsgebiets durch den Innenminister.) Von zuständiger Seite wird mitqeteilt: Der Minister des Innern, Bolz, besuchte gestern in Beglei­tung einiger Referenten seines Ministeriums und in Anwesenheit von Vertretern der O.E.W. das Uebecschwemmungsgebiet von Erolzheim,

ll Unterdettingen und Kirchberg, um sich persönlich über den Stand der Dinge zu orientieren. Unter dem Vorsitz des Ministers war im Erolzheimer Rathaus mit den Ortsvorstehern und einzelnen Gemein­deräten der in Betracht kommenden Gemeinden eine Beratung über einen von Oberbaurat Maier beim Kulturbauamt Ulm ausgearbeiteten Entwässerungsplan. Die Gemeinden sollen diesen Plan mit staat­licher finanzieller Unterstützung durchführen.

Heilbronn, 7. Sept. (31. Deutscher Weinbaukongreß). Der m diesen Tagen hier stattfindende 31. Deutsche Weinbaukongreß begann gestern vormittag durch Eröffnung der Weinbausachausstellnng. Die Stadt ist reich beflaggt und teilweise mit Blumen geschmückt. Um 10 Uhr vormittags versammelten sich die Spitzen der Behörden in der Ausstellung. Oberbürgermeister Beutinger begrüßte die Erschie­nenen, beglückwünschte den Deutschen Weinbauverband zu seinem 50. Jubiläum, den Württ. Weinbauoerein zu seinem 100jährigen Be­stehen und wünschte der Ausstellung einen guten Erfolg, worauf er die Ausstellung für eröffnet erklärte. Der Generalsekretär des Deut­schen Weinbauverbandes, Dr. Farnschon, dankte namens des Ver­bandes für die Glückwünsche und wies auf die Notwendigkeit des Zollschutzes für die Weinproduktion hin. Die Ausstellung sei beru­fen, den Winzern alle technischen Neuerungen zu zeigen, um sie m Stand zu setzen, ihre Produktionskosten zu verringern und dadurch den deutschen Wein konkurrenzfähig zu machen. Namens der Aus­steller dankte ein Vertreter der Rheinischen Maschinenfabrik Streng L Co. Mannheim der Stadt für die Vorbereitungen, worauf ein Rundgang durch die Ausstellung erfolgte, die in ihrer Aufmachung alle ihre Vorgängerinnen weit überlraf.

Gmünd, 6. Septbr. (Hochwasserschaden.) Das Hochwasser des Iosefsbachs hat auf der Strecke an der Gutenbergstraße an den Siedlungshäusern schweren Uferschaden verursacht. Namentlich auf der Seite der Weißensteinerstcaße wurden erhebliche Stücke der hohen Böschung fortgerissen. Teile der Ufermauern stehen jetzt mitten im Bachbett. Die Wiederherstellung wird nicht geringe Kosten verur­sachen, denn eine gründliche Regulierung erweist sich dort als nötig. Die am Iosefsbach gelegenen Häuser der Klarenbergstraße und die dortigen Gärten haben wieder, wie schon öfters, trotz der hohen Ufermauern sehr gelitten. In dem Haus Nr. 22 Hth. wurde ein be­tagtes Ehepaar, das in der tiefgelegenen Wohnung haust, vom Hoch­wasser im Schlaf überrascht und durch hilfsbereite Nachbarn gerettet. Die Wohnung mit dem Hausgerät ist völlig durchnäßt und ver­schlammt. Auch hier ist Unterstützung der Geschädigten sehr nötig.

Gmünd, 6. Sept. (Der Hochwasserschaden.) Der Schaden, den das Hochwasser in Waldstetten angerichtet hat, ist größer, als ein flüchtiger Ueberblick gestern vermuten ließ. Denn fast jedes Haus im Mitteldorf hat über bedeutende Verluste an landwirtschaftlichen Geräten, an Aussteuer und Vorräten zu Klagen. So wurde mancher ärmeren Familie der ganze Hausrat vernichtet, mehreren Hand­werkern die Werkstatt überschwemmt und viel Material und Werk­zeug von den Fluten mitgerissen. Dazu kommt der Schaden, den die Gemeinde auf Feldern und Fluren und durch Beschädigung der Gebäude und Straßen erlitten hat. In ihrer Notlage wandte sich die Gemeinde an das Staatsministerium, das für heute früh den Besuch des Iustizministers Beyerle angekündtgt hat. Oberamtmann Paradeis sprach der Gemeinde sein Mitgefühl aus und versprach, alles zu tun, um die Schäden zu heilen. In den überschwemmten Häusern wird eifrig gearbeitet. Das Wasser wird ausgepumpt.

Biberach, 6. Sept. (Auf der Spur der Flüchtlinge.) Im Walde zwischen Untersulmetingen und Schaiblishausen wurde ein Bürger von Untersulmetingen von zwei Männern nach dem Weg nach Schaiblishausen befragt. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die beiden Diebe, die in Laupheim aus dem Gefangenenwagen ent­wichen sind. Sie hatten keine Gefangenenkleidung mehr an. Es wurde deshalb ein größeres Aufgebot von Landjägern und Schutz­polizei von Biberach, Laupheim und Ulm auf die Suche nach den Beiden abgesandt.

Ravensburg, 6. Sept. (Eine energische Greisin) Ein gefähr­licher Einbrecher machte sich im Hause der Schuhmacherswitwe Staudacher in der Rosenstraße zu schaffen. Nachmittags war die Frau in ihrem Schlafzimmer tätig und hatte die Tür abgeschlossen. Plötzlich kam der Kerl herein, nachdem er mit einem Dietrich geöff­net hatte. Er ging schnell an die Kommodeschublade und fing an auszuräumen. Da erfaßte ihn die 74jährige Witwe im Genick, sodaß der Dieb schleunigst die Flucht ergriff. Auf das Hilferufen der Frau gelang es Nachbarsleuten, den Burschen zu fassen und auf die Polizei­wache zu bringen. Bei der Untersuchung fand man bei ihm ein langes Stilettmesser, Uhren, Ketten und andere gestohlene Gegenstände. Es ist ein auswärtiger, hier zugereister Gauner.

Rotzberg, OA. Waldsee, 6. Sept. (Wie sie aus lauter Zuvor­kommenheit um ihre Armbanduhr kam.) Stand auf hiesigem Bahn­hof ein Mädchen vom Lande auf dem Perron, deren eine Hand ein niedliches Damenührchen schmückte. Ein Gauner sah das Schaustück daran blinken, gesellte sich zu ihr, knüpfte ein Gespräch an und be­merkte, er habe seine Taschenuhr vergessen, sei deshalb in Verlegen­heit, fahre nur nach W-, bat das Mädchen, ihm die Uhr solange zu überlassen, er werde sie abends sicher wieder zurückbringen und zu­dem .ein Geschenk für erwiesene große Gefälligkeit. Das vertrauens­selige Mädchen übergab ihm die'Uhr, kam dann abends pünktlich auf den Bahnhof, um sie wieder in Empfang zu nehmen und freute sich schon zum voraus auf das versprochene Präsent. Allein der feine" Max kam nicht mit diesem und auch nicht mit den Zügen des nächsten und übernächsten Tages und so wartet das geprellte Mädchen heute noch immer vergebens auf seine ihm so teuere schöne Armbanduhr.

trinken, an den Abenden, die er fast immer daheim ver­brachte, und die nun plötzlich so endlos lang und einsam geworden schienen. Denn das harmlos muntere Geplau­der, mit dem die alte Frau den Sohn sonst immer zu zer­streuen bemüht war, fehlte.

In sich gekehrt fand er sie jetzt, stumm ihre Nflicht tuend, ohne Freudigkeit, in Gedanken versunken.

Worüber sollten sie sich auch unterhalten? Von seinem Beruf sprach er nie. Maja, die er manchmal bei Klaudys traf und die seine Gedanken immer sehnsüchtiger beschäf­tigte, kannte Mutter nicht. Davon aber, was in ihr vor­ging, wollte er lieber gar nichts erfahren.

Jella oder der Mann in Buffalo das waren für ihn erledigte Dinge.

Manchmal reckte sich etwas gewaltiges in ihm empor eine Ungeduld: das kann nicht so bleiben: Das er­trage ich nicht länger, dieses stumme Nebeneinanderhin- gehen ohne inneren Einklang! Oder eine süße, erwar­tungsvolle Sehnsucht klang: Maja! Wann sehe ich dich wieder? Ist es möglich, daß sie mich wirklich liebt?

In solchen Stunden hatte er das Gefühl, bisher ziel­los durch Wüsten gewandert zu sein und nun plötzlich vor einem verschlossenen Tor zu stehen, hinter dem erst das wirkliche Leben sich ausbreitete: herrlich, blendend, ein unübersehbar weites Land, prangend in Farbenglanz und leuchtender Schönheit . . .

Dann stürmte er Wohl unter irgend einem nichtigen Vorwand zu Klaudys, saß dort stundenlang in fiebernder Erwartung und hörte Frau Klaudys Geplauder zu oder Grell, die abwechselnd von ihrem Liebsten und Maja sprach.

Und manchmal kam Maja dann auch wirklich, denn ihre Freundschaft für Grell hatte in den letzten Wochen

lmen.

VI.

Maja Rehmen war verstimmt von Haus fortgegangen. Seitdem sie absolut keinen Gefallen mehr an der ausge- brciteten Geselligkeit fand, die Tante Madeleine so viel Vergnügen bereitete, seitdem sie Flor mied, wo es nur immer anging, gab es daheim alle Augenblicke solch' kleine Auseinandersetzungen, die in Verstimmung endeten.

Maja tröstete sich dann darüber bei Büchern und Mu­sik. Sie spielte sehr gut Klavier und besaß eine wohl- ausgebildete Stimine, Dinge, die sie bisher kaum beachtet hatte, nun aber sorgfältig pflegte.

Dazu kam eine plötzlich erwachte Leidenschaft für Lek­türe. Bernd, der selbst gern und viel las, hatte diese in ihr geweckt. Er sprach ab und zu mit ihr über Bücher, die ihm besonders wertvoll erschienen, und mußte dann zu seinem Erstaunen merken, daß sie kaum irgend etwas davon kannte, was er seinegeistigen Schätze" nannte.

Aber haben Sie denn nie gute Bücher gelesen?" fragte er eines Tages ganz betroffen, als sich herausstellte, daß sie Gustav Freitag, Dahn, die Ebner-Eschenbach nur dein Namen nach kannte.

O ja. Im Institut die Klassiker natürlich und fremde Autoren der Sprachübung wegen. Später du lieber Gott, wann hätte ich da viel Zeit zum Lesen finden sollen? Wir lebten doch immer wie auf der Hetzjagd. Ausstellun­gen, Bälle, Routs, Diners, Besuche, Jours, Theater das drängte einander fortwährend."

Und abends?"

Waren wir doch fast nie daheim oder wenn, so nie allein! Uebrigens sagte Tante Madeleine immer, es sei gerade genug, wenn wir das jeweilige Buch der Saison gelesen hatten!"

Armes Weltkind!" murmelte er mitleidig. (Fortsetzung solar.)