frisch gestärkt in Freiheit gesetzt. Zwei verendete Hühnle wur­den in Gärten gefunden und ein Mturfreund versicherte mir, daß ein Rebhahn täglich zur Fütterung am Fensterbrett gekom­men sei. Die Feldhühnle leben in strenger Einehe; diese ist für das ganze Leben geschlossen, sie ist musterhaft und verdient geradeso gut sprichwörtlich wie 'Lei den Turteltauben genannt zu werden. Hahn und Henne teilen Leid und Freud getreulich miteinander. Wenn der Hahn sein Dasein beendet, so überlebt ihn seine Gattin nicht lauge. Ende Mai legt die Henne in einem kunstlosen Neste bis zu 20 Eiern, die von der Madam allein in 21 Tagen ausgebrütet werden. Sie verläßt ihr Ziest nur auf kurze Zeit, um die notwendigste Nahrung zu sich zu nehmen. Während der Brutzeit bleibt der treue Gatte stets in der Nähe seiner Allerliebsten, bewacht und warnt sie rechtzeitig vor jeder drohenden Gefahr. Haben dann die Biberle das Licht der Welt erblickt, so werden sie von den Eltern mit hingehender und auf­opfernder Liebe gefüttert und bewacht. Mutig stellen sich die Eltern auftretenden Feinden entgegen und suchen deren Auf­merksamkeit auf sich zu lenken, stellen sich auch, als ob sie ver­wundet, namentlich flügellahm seien, um den Feind zum An­griff auf sie zu reizen. Auch nachdem die Jungen ausgewach­sen sind, bleiben sie mit den Eltern familienweise zusammen und bilden eine Kette oder ein Volk, wie der Jäger sagt. Die­sen Eltern schließen sich gern andere kinderlos gewordene El­tern, alte Junggesellen und namentlich auch dieVerhockten" an. So heißt man im Schwaben- und Frankenlande diejenigen Damen, die keinen Mann gefunden haben. Wenn die erste Brut zu Grunde geht, erfolgt nochmals eine solche, die aber nicht mehr als 68 Eier liefert. Das gibt dann die kümmer­lichen Spatzen von Hühnern, die wir so oft im September auf der Hühnerjagd antreffen. Der richtige Jäger schießt die Hüh­ner nur dann, wenn sie blaue Federn haben.

O könnt es Herbst im ganzen Jahre bleiben,

Dann hätt' ich alles, was mein Herz begehrt."

v. B.

Baden

Lahr, 25 Aug. Die der kommunistischen Landtagsfraktion an­gehörende Frau Unger aus Lahr, gegen die ein Verfahren wegen Hochverrat schwebt, ist abermals flüchtig geworden. Sie nahm wohl nicht mit Unrecht an, daß sie nach beendeter Tagung des Landtags gleich ihrem Fraktionskollegen Bock wieder verhaftet werden würde. Dieser Verhaftung hat sie sich durch die Flucht entzogen. Bekannt­lich ist Frau Unger früher schon einmal flüchtig gegangen. Sie suchte damals ihr Heil in dem von den Franzosen besetzten Offenburg. Ge­legentlich eines Ausflugs wurde sie dann später in Wolfach festge­nommen. Infolge eines Landtagsbeschlusses wurde sie damals zu­sammen mit dem Abg. Bock während der Dauer der Landtagssession auf freien Fuß gesetzt.

Heidelberg, 25. August. Gestern nachmittag haben sich auf dem Neckar zwei schwere Bootsunfälle zugetragen. Oberhalb der Alten Brücke kippte infolge eines starken Windstoßes ein Segelboot um, in dem sich ein Mannheimer Kaufmann befand. Man konnte zwar den Herrn binnen kurzer Zeit bergen, doch blieben die sofort ange- stellten Wiederbelebungsversuche ohne Erfolg. Das zweite Unglück ereignete sich bei der Rohrmannschen Fähre. In einem Ruderboot hatten zwei Herrn und zwei Damen so ungeschickt Platz genommen, daß der Hintere Teil des Nachens fast im Wasser hing. Die Leute schenkten den Warnungsrufen kein Gehör, sodaß das Boot bald voll Wasser lief und kentertc. Dabei ist ein l Vjähriges Mädchen namens Johanna Salm aus Neckargemllnd ertrunken. Die übrigen konnten mit großer Schwierigkeit gerettet werden.

Vermischtes

Der Viehhändler nnd der betrunkene junge Mann. Ein

glänzendes Geschichtchen erzählt ein Leser imFränkischen Ku­rier": Ort der Handlung: D-Zug NürnbergPassau. Ich saß von Nürnberg her in einem Abteil 3. Klasse allein. In einer Ecke an der Gangseite hatte ich es mir bequem gemacht. In Regensburg es war gegen Morgen, als wir dort ankamen erwarteten nur wenig Reisende den Zug. Ich glaubte schon, meine Fahrt weiter allein fortsetzen zu müssen, da stolperte kurz vor Abgang des Zuges ein junger Mann über meine Beine ins Abteil, fiel in eine Fensterecke und blieb liegen. Ich nahm zunächst meine mißhandelten Extremitäten in Augenschein und stellte deren Unversehrtheit fest. Da nahm ich mir den sonderbaren Patron in der Fensterecke vor, d. h. ich beäugte ihn zunächst nur, denn auf den ersten Blick konnte ich feststellen, daß der junge Mann in seiner augenblicklichen Verfassung sich seiner fünf Sinne nur mangelhaft bedienen konnte. Ich hatte also Zeit, ihn zu betrachten. Der Jüngling mochte seine 17 Lenze zählen, beruflich konstatierte ich Banklehrling und im übrigen hatte sich der junge Herr in Regensburg einen Affen zugelegt, der alle Aussicht hatte, sich bis Passau dem vermutlichen Ziel des Jünglings in einen respektablen Kater zu verwan­deln. Plattling! Es kam Zuzug. Ein dicker Herr. Typ: nie- derbaherischer Viehhändler. Er steuerte zur leeren Fensterecke. Die als Hindernis im Wege liegenden Beine des bleichen Jünglings bekamen einen derben Tritt, was diesen veranlaßie.

k seine Spazierhölzer an sich zu nehmen und sich in seiner Ecke I klein und häßlich zu machen. Der Viehhändler brummte etwas von Haxen und versoffenen Lausbuben, machte es sich in seiner Ecke bequem, faltete die Hände Handschuhnummer 10, Wenns das gibt über der bierbetropften Weißen Weste, hakte dabei einen Daumen in das Monstrum von einer llhrkctte und schlief den Schlaf des Gerechten. Was nun folgte, kam Schlag auf Schlag. Der Jüngling riß plötzlich die Augen auf, er wurde noch einige Nuancen bleicher, neigte sich etwas vor, und was nun kam fand alles Platz auf der Weißen Weste seines schla­fenden Gegenübers. Den Dicken hatte diese kräftige Eruption

nicht zu Wecken vermocht.-Der Jüngling ward jetzt etwas

nüchern und besah sich das angerichtete Unheil. Seine Augen hingen wie gebannt an den gewaltigen Dimensionen der nach­barlichen Pratzen. Er stellte sich wohl damit eine Jdeenver- bindung her, die ihm für die nächste halbe Stunde eine nichts weniger als angenehme Perspektive offen ließ. Wie wird er sich wohl aus dieser Patsche ziehen? Ich war gespannt. Eine Kurve. Der Wagen bekam einen leichten Stoß. Der Viehhändler erwachte. Er rieb sich die Augen. Doch ehe noch sein Blick das Unheil auf der Weißseidenen gewahrte, hatte der Jüngling sich mit dein unschuldigsten Gesicht von der Welk an sein Gegenüber gewandt und fragte teilnahmsvoll:Js Eahna jetzt wieder gut, Herr Nachbar-?"

Der Dank eines Auswanderungsschwindlers. Die Dummen werden nicht alle. Das bezeugt mit rührender Dankbarkeit ein Auswanderungsschwindler, der von London aus, unter dem Decknamen W. Wellmann und Wilhelm Weehler, durch Inserate in deutschen Tageszeitungen Landarbeiter zur Ernte in Kanada suchte und gegen Einsendung von 5 Billionen freie Ueberfahrt gegen sechsmonatige Arbeitsleistung versprach. Nachdem dem Mann, der sich jetzt A. Schwiederskh nennt, infolge der Auf­merksamkeit der deutschen Behörden der Boden in London zu heiß geworden ist, hat er sich nach Rotterdam begeben und schreibt von dort in schlechtem Englisch, daß er trotz der öf­fentlichen Warnungen der Reichsstelle für das Auswanderungs­wesen von vertrauensseligen Deutschen bereits soviel Renten­marknoten erhalten habe, daß er das Reisegeld nach Kanada für sich reichlich beisammen habe. Er könne es nicht unterlassen, allen Spendern herzlichen Dank zu sagen.

Eine schlagfertige Antwort. Kürzlich hatte ein Reisender an einer Grenzstelle eine ebenso gründliche wie martervolle Revision über sich ergehen zu lassen, bei der zu seinem Glück der strenge Mann, der diesem Amte mit wahrer Begeisterung sich widmete, nichts auszusetzen fand. Zum Schluß ließ er sich den Paß vorweisen; er verglich das Lichtbild auf dem Paß mit dem Original und gab der Erkenntnis, daß das Lichtbild einen viel jüngeren Eindruck mache, sehr scharfen Ausdruck. Darauf meinte der Reisende bescheiden:Verzeihen Sie, ich bin sicherlich nur während der Revision so gealtert!"

Familientragödie in Steglitz. Eine in ihren Motiven noch nicht aufgeklärte Tragödie spielte sich in Steglitz ab. Die in der Sedanstraße wohnende 45 Jahre alte Frau Elise Cohn , sowie deren 21jähriger Sohn Fritz werden in der mit Gas erfüllten Wohnung im Badzimmer tot aufgefunden. Die Frau Cohn war schwer nervenleidend. Ihr Sohn hing mit inniger und rührender Liebe an ihr und nur so ist es zu verstehen, daß der lebenslustige Sohn sich schließlich bereit fand, mit der Mutter in den Tod zu gehen. Die Tat muß 'bereits am Montag abend passiert sein, denn schon am Dienstag bemerkten Hausbewohner Gasgeruch, konnten aber nicht feststellen, woher er stammle. Erst als am Mittwoch der Geruch sich verstärke, drang man in die Wohnung ein und fand die beiden Leichen.

Falschmünzer mit Radio-Apparat. Durch Beamte des Lan- des-Kriminalamts in Weimar und durch die örtlichen Sicher­heitsorgane in Allstedt wurde in Allstedt ein Münzfälscherpaar festgenommen, ein dritter Beteiligter in Leipzig. Neben dem gesamten Material, das zur Herstellung des Falschgeldes diente, wurde eine Anzahl gefälschter I-Billionen-Scheine mit dem Ausgabe-Datum vom 1. November 1923 beschlagnahmt. Eben­so wurden Platten, die zur Herstellung von 2-Billionen-Schei- nen Verwendung finden sollten, sichergestellt. Das Haupt der Bande wurde bereits vor dem Kriege wegen Münzverbrechens bestraft und wird auch jetzt anderweitig wegen Münzverbrechens gesucht. Die reisenden Verbrecher führten eine Radioempfangs- vorrichtung bei sich.

Warnung vor Auswanderung nach der Türkei. In letzter Zeit mehren sich die Klagen von deutschen Landsleuten, die nach der Türkei in der Hoffnung ausgewandert sind, dort ihr Fortkommen zu finden und nach schweren Enttäuschungen in große Not geraten sind. Es ist meist trotz aller Bemühungen unmöglich, den Betreffenden auskömmliche Arbeit zu beschaffen. Diese Versuche scheitern fast immer an der augenblicklich schwe­ren Wirtschaftslage in der Türkei. Es kann aber nicht ein­dringlich genug vor einer Auswanderung nach der Türkei ohne feste Lebensstellung oder ohne gesicherte geschäftliche Beziehun­gen gewarnt werden. Wie die Erfahrungen gezeigt haben, ge­nügt eine Anstellung auch nicht zur Sicherung der Existenz. Es ist vorgekommen, daß Deutsche in der Türkei zwei bis drei

> Monate in Arbeit standen und dann infolge ungenügender Ent- j lohnung nicht mehr die Mittel zu einer Rückreise besaßen.

! Ein Radikalmittel gegen geisteskranke Verbrecher. Der Fall Haarmann hat von neuem gezeigt, welche furchtbare Gefahr für die menschliche Gesellschaft dadurch heranfbeschworen wird daß man geisteskranke Verbrecher frei herumlaufen läßt. Auch dieser grausigste Mörder hat sich eine zeitlang im Irrenhaus befunden, und nach seiner Freilassung hat er seine furchtbaren Mordtaten begangen. Eine Radikalkur gegen solche gefähr­liche und unheilbare Geisteskranke schlägt der Berner Abgeord­nete Dr. Hauwirth vor. Er brachte bei dem Berner Großen Rat ein Gesetz ein, daß unheilbare Geisteskranke auf schmerz­losem Wege aus den: Leben befördert werden sollen. Die Ir­renhäuser sind im Kanton Bern, wie auch anderwärts überfüllt und deshalb können selbst gefährliche Geisteskranke nicht ausge­nommen werden. Hauwirth führte zahlreiche Fälle an, in de­nen Irrsinnige, die aus den Anstalten entlassen oder gar nicht in eine Anstalt ausgenommen worden sind, schwere Verbrechen begangen haben.Wenn man nicht dafür sorgt, daß alle gefähr­lichen Geisteskranken in Anstalten untergebracht werden, dann ist das einzige vernünftige Mittel, diejenigen Geisteskranken, die nie wieder geheilt werden können, zu beseitigen. Das ist auch gar nichts Neues. Die alten Griechen haben auf der Höhe ihrer Kultur nicht gezögert, unheilbare Geisteskranke zu töten, und sie haben darin recht gehandelt." Von einer besonderen Grausamkeit könne keine Rede sein, denn es sei nur menschen­freundlich, die Leiden eines Irrsinnigen zu beenden, der nie­mals für seine Handlungen verantwortlich sein kann und im­stande ist, neue Irre in die Welt zu setzen oder schreckliche Un- > taten zu begehen. Mit Chloroform und Morphium kann von einem Arzt ein schmerzloser und schneller Tod herbeigeführt werden.

Eine schwierige Ausquartierung. Ein früherer österrei­chischer Staatsangehöriger namens Szabo, der naturalisierter Franzose ist, wurde unter aufregenden Umständen aus seiner an der Magdalenenkirche in Paris gelegenen Wohnung Heraus­getrieben. Szabo empfing den Gerichtsvollzieher, der ihm di« Ausweisung aus seiner Wohnung wegen fortdauernder Nicht­bezahlung der Miete bekanntgeben wollte, mit einem Revolver. Er bedrohte mit seiner Waffe auch die Polizei, die seine Türe aufgebrochen hatte. Die Polizisten versuchten dann, ihn durch betäubende Gase unschädlich zu machen. Szabo aber öffnete alle Fenster der Wohnung und und die Gase drangen zum Test ins Treppenhaus und 'bedrohten die Polizisten. Schließlich drangen zwei Polizisten mit Gasmasken und Schutzpanzern in die Wohnung ein und verhafteten Szabo, der sich nun we­gen Beamteübedrohung verantworten muß.

Im Schnee eingeschloffen. In der Solvay-Hütte, gegen 4000 Meter hoch auf dem Matterhorn, sind 11 Bergsteiger durch Schneemassen eingeschloffen. Eine Hilfsexpedition ist von Zer­matt abgegangen.

Der gute 24er in Frankreich. Ein besonders gutes Wein­jahr steht für die Hauptweingegenden Frankreichs, für die Ge­biete von Bordeaux und Burgund, in Aussicht. Alle bekann­ten Weinberge verheißen eine reiche Ernte von hervorragender Qualität. Unter den Bordeaux-Weinen erwartet man bei den berühmtesten Marken einen vortrefflichen Ertrag, besonders bei den Weißen Sauternes-Weinen. Die bekannten Burgunder- Weinberge versprechen eine vorzügliche Saison. Der Wein ist bisher dank unaufhörlicher Vorsorge allen Gefahren entgangen, und auch die Hagelfälle, die das Burgunder Gebiet heimsuchten, haben wenig Schaden getan. Wenn man in den nächsten Wo­chen noch viel Sonne hat, so dürfte der 1924er den allerbesten Jahrgängen beigezahlt werden. In Portugal hat die andau­ernde Trockenheit den Weinbergen sehr geschadet, und man wird mit einer kleinen Ernte portugiesischer Weine rechnen müssen.

Handel und Verkehr

Stuttgart, 25. August. (Landesproduktenbörse). Die amerika­nischen Notierungen waren in den letzten Tagen etwas niedriger, aber trotzdem hält die feste Stimmung auf dem Getreidemarkt an. Gute effektive Ware ist knapv und das neueingeerntete Getreide ist mehr oder weniger durch Regen beschädigt. Es notierten je 100 Kilogramm gesunde trockene Ware: Weizen 22 - 24 tunv.), Sommer­gerste 2022,5 (uno.), Roggen 1718,5 (unv.), Hafer 17,518 (um,.), Weizenmehl,Nr. 0 35,536,5 (unv.), Brotmehl 29,530,5 (unv.), Kleie 1111,5 (10,75-11), Wiesenheu 55,4 l4,25-5,25), Kleeheu 6 6,4 (5,25-6ch5) Mark.

Tübingen, 25. August. (Fruchtpreise.) Es kosteten der Zentner Dinkel 9 9,25, Haber 10-11, Roggen 8,60, Weizen 1114, Gerste 11-12 Mark.

Balingen, 25. August (Schweinepreise.) Zugeführt waren 183 Milchschweine, die bei schleppendem Handel alle verkauft wurden zum Preis von 4060 Mark für das Stück.

Wetuversteigerungen. Bei über Erwartem starkem Besuch und recht lebhaftem Gebot fand in Bad Dürkheim in den letzten Tagen eine Weinversteigerung der Vereinigten Weinbergsbesitzer Weisenheim a. B. statt. Erzielt wurden folgende Preise: Für 1922er Weißweine 390, 420, 425, 430, für 1923er Weißweine 450, 470, 490

4 Ich Hab dich lieb.

Roman von Erich Eben st ein.

Urheberschutz durch Stuttgarter Romauzentrale C. Acker­mann, Stuttgart.

Wieder war es füll im Gemach. Und doch redeten bei­der Herzen laut, und ohne Worte oder Gelöbnisse wußten sie plötzlich, daß sie einander gut waren. Fühlten es, daß diese Stunde ihrer beiden Schicksale mit festem Band um- woo.

Mt einem letzten heißen Blick in ihre braune Samt­augen riß Berend Haller sich endlich los.

Ich muß nun gehen! Aber <Ae haben mir ver­ziehen?"

Alles! Alles! Von ganzem Herzen!"

Und, wenn wir uns Wiedersehen, ist alles zwischen uns wie sonst? Nein schöner viel schöner" ... setzte er leise hinzu und zog ihre schmale Mädchenhand inbrünstig s» die Lippen.

Maja nickte nur. Das Herz war ihr so voll Seligkeit» daß sie keinen Laut über die Lippen brachte.

ll.

Als sie wieder drüben in ihrem Boudoir war, kkt es sie auf keinem Stuhle. Stumm lächelnd schritt sie hin und her, da und dort wie liebkosend über einen Gegenstand streichend.

So fremd erschien ihr alles und doch so Ueb vertraut!- Ihr war, als sei in ihrer Brust ein Quell aufgesprungen und ströme nun fort und fort. Ein Quell von Licht und Wärme, der alles verklärte wie die Sonne.

Plötzlich klopfte es an ihre Tür. ' '

Darf ich herein, Maja?"

Und ehe noch Antwort kam, schob sich ein lachender Dnü. von wuschliqem Schwarzhaar umrahmt, herein.

Gretl Du?"

Jawohl. Und gottlob habe ich mich umsonst geäng- stigt, wie ich sehe! Du bist ja ganz wohlauf!"

Hat denn jemand gesagt, ich sei krank?"

Nein. Aber ich fürchtete es beinahe, da du so knall und fall von Hellschmidts verschwandest. Ohne uns auch nur adieu zu sagen! Ich dachte, der Schlag träfe mich, als mir der Diener sagte, du seiest schon über eine Stunde lang fort und ganz allein! Nachher ließ es mir keine Ruhe mehr. Leo meinte auch, ich sollte doch noch nach dir sehen. Was ist dir denn nur eingefallen? Warum bist du fort?"

Ich . . . mir . . . mir war nicht ganz Wohl. Die Hitze, die vielen Menschen, weißt du . . ."

Gott, das bist du doch gewohnt!?"

Ja. Aber diesmal mochte es mir plötzlich Kopf­schmerz und Schwindel. Da ging ich eben."

Grell Klaudy betrachtete die Freundin mit mißtraui­schem Mick.

Komich! Man steht dir nämlich gar nichts an. Im Gegentest. Du strahlst ja förmlich in Rcffenglut und Frische! Nein, wirklich, Maja! Oder macht das nur die­ses entzückende Kleid?"

Möglich", lächelte Maja. '

Aber lege doch ab, Gretl. Oder mutzt Kelch wie­der fort?"

Eigentlich nicht. Mama und Pspa sind im Theater, und-Leo hat wieder einmal einen Bortrag im Juristen- verein zu halten. Ich bin also solo daheim."

Wie ch. Tante Madeleine hat sich ins Bett zurück­gezogen und läßt ihren Fuß mit Dampfumschlägen kurie­ren."

Famos, dann bleibe ich bei dir, und wir plaudern! Das beißt, wenn dn mich nicht binanswirfst!"

Aber Gretl!! Warte, ich will Fanny gleich sagen, daß sie uns das Abendbrot hier servieren soll. Mache dir's inzwischen bequem."

Zehn Minuten später saßen sie beide behaglich in der Kaminecke vor einem Tischchen, das Fanny rasch gedeckt hatte.

Gretl, in deren unregelmäßigem, aber anziehendem Gesicht alles vor Leben und Beweglichkeit zuckte, bohrte die kleinen Füße ungeduldig in das Weiße Eisbärenfell.

Ich habe dir auch so rasend viel zu erzählen, Maja", sagte sie mit einem Seitenblick auf das eben eintretende Stubenmädchen, das eine Platte mit verschiedenen Gerich­ten brachte.

Du weißt schon, gelt?"

Maja verstand und gab dem Mädchen einen Wink.

Stellen Sie nur alles her, Fanny. Wir bedienen uns selbst. Ich klingle Ihnen später."

Nun", sagte sie dann, als Leide allein waren.

Es handelt sich Wohl um Heinz Werffen?"

Natürlich. Denke dir, der arme Kerl ist ganz desperat und ich mit ihm! Sein reicher Onkel auf Glumotfchan, von dem er Pekuniär ganz abhängt, hat sich in den Kopf gesetzt, ihn standesgemäß zu verheiraten! Du verstehst: mindestens acht bis zehn tadellose Ahnen! Der Alte sucht bereits teils in Gotha, teils in der Nachbarschaft, und , Heinz, soll schleunigst nach Glumotfchan kommen, um ihm dabei behilflich zu sein."

O weh, arme GreÜ, das ist freilich hart für dich! Wie wirst du die Trennung ertragen?"

Die Trennung? Ja, glaubst du denn, Heinz ginge? Noch dazu unter solchen Umständen?"

Gretls lachende Schwarzaugen funkelten plötzlich vor Entrüstung.

(Fortsetzung folgt.)