Einladung Deutschlands nach London.
London, 2. Aug. Die bereits angekündgte Einladung an Deutschland ist dem deutschen Botschafter in London in Form eines von Maodonald als dem Präsidenten der interalliierten Konferenz Unterzeichneten Briefes übergeben worden.
Berlin* 2. Aug. Die Einladung zur Londoner Konferenz, die heute abend in Berlin eingetroffen ist, Hot folgenden Wortlaut: „Als Präsident der jetzt in London versammelten interalliierten Konferenz habe ich die Ehre, Eure Exzellenz zu ersuchen, der deutschen Regierung eine Einladung zu übermitteln, Vertreter zu ernennen, um mit der Konferenz die besten Methoden für die Inkraftsetzung des Dawes-Berichts vom 9. April 1924 zu erörtern, den die Alliierten ihrerseits als Ganzes angenommen haben, und der von der deutschen Regierung in ihrem Schreiben an die Rsparationskommilsion vom 16. April angenommen worden ist. Ich wäre dankbar, wenn Eure Exzellenz mir sobald als möglich die Namen der deutschen Vertreter und den Zeitpunkt ihrer Ankunft Mitteilen würden, die. wie ich hoffe, nicht später als Montag, den 4. August, erfolgen wird." Die deutsche Regierung hat die Einladung angenommen. Die deutsche Delegation wird voraussichtlich am Montag von Berlin abreisen.
Berlin, 2. Aug. Die deutsche Delegation für London setzt sich wie folgt zusammen: Bevollmächtigte Delegierte: Reichskanzler Dr. Marx, Reichsminister Dr. Stresemann, Reichsminister Dr. Luther. Generalsekretär der Delegation ist Ministerialdirektor von Schubert. Ausserdem werden der deutschen Delegation noch 13 Vertreter der deutschen Behörden und Büropersonal augehören._
Aus Stadl* Bezirk und Umgebung.
— Der Herr Staatspräsident hat das Forstamt Wild- b aü dem Forstmeister Hofmann in Ringingen übertragen.
Neuenbürg, 3. Aug. Zur Gedenkfeier für die Opfer des Weltkriegs hatten die staatl. und verschiedene Privatgebäude geflaggt. Beim Kriegerdenkmal das gärtnerischer Schmuck zierte, sammelten sich um 11 Uhr Kommunal- und städtische Beamte, Gemeinderäte sowie die Mitglieder des Reichsbunds der Kriegsbeschädigten, -Hinterbliebenen und ehemaliger Kriegsteilnehmer. Krieger-Verein und Turnverein waren mit Fahne erschienen. In der Denkmals-Anlage hatten weiter Platz genommen Angehörige -der Gefallenen. Ein zahlreiches Publikum hatte sich in der Wildbader Straße und auf dem Turnplatz eingefunden. Die Feier wurde eingeleitet durch Glockengeläute, hierauf spielte die Feuerwehrkapelle Beethovens „Die Himmel rühmen". Schulrat Keck gedachte in formvollendeter. Packender Rede -der vielfachen Opfer des Weltkriegs, der tapferen Helden, die unter Einsatz von Gut und Blut ihr Leben dein Vaterland zum Opfer brachten, des Kampfes um den Rhein. An die Lebenden richtete er ernstmahnende Worte ihrer aus diesem Geschehen für sie ergebenden Pflichten als Staatsbürger. Wir werden die Rede, die sichtlichen Eindruck machte, in der morgigen Nummer im ungefähren Wortlaut nachtragen. Anschließend daran trug die Sängervercinigung „Freundschaft" das Lied „Der schwarze Husar" mit tiefem Empfinden vor. Daran schloß sich das von der Feuerwehrkapelle gespielte Lied „Wie sie so sanft ruhn". Mit dem Grenadiermarsch „Fridericus Rex" fand die eindrucksvolle Feier ihren Abschluß.
Neuenbürg, 4. Aug. Sonntag nachmittag wollte ein Motorradfahrer aus Pforzheim namens Otto Pfeiffer, Inhaber eines Zigarrengeschäftes, der in übermäßig raschem Tempo durch die Stadt fuhr, in der Kurve bei der Eisenbahnbrücke am Hwuptbahnhos ein in gleicher Richtung fahrendes Auto überholen. In demselben Augenblick kam aus entgegengesetzter Richtung -das Auto -des Fabrikdirektors Neundörffer aus Steinbach in Hessen. Bei -dein nach Lage der Sache unvermeidlichen Zusammenstoß wurde der Motorradfahrer gegen die Schutzscheibe des Autos geschleudert und erlitt hierbei schwere Verletzungen an Kopf und Fuß. Das Motorrad wurde stark beschädigt, ebenso das Auto. Die Insassen des letzteren kamen mit dem Schrecken davon. Pfeiffer wurde von einem anderen Auto in -das Bezirkskrankenhaus und später auf seinen Wunsch im Krankenauto nach Pforzheim verbracht. Wie uns von berufener Seite mitgeteilt Wird, nimmt -das Treiben der Sonntagsfahrer auf Motorrädern und Autos, namentlich in der regelwidrigen Ueberholuug in Kurven, Formen an, die in ihrer Rücksichtslosigkeit als grober Unfug -bezeichnet werden muffen und geeignet sind, wie der -gestrige Fall zeigt, -beide Teile in Lebensgefahr zu bringen. Es wäre zu wünschen, daß der -gestrige
Fall, bei welchem den Verletzten allein die Schuld trifft, andern Waghalsigen zur Warnung dienen möge. Schließlich hat man -doch nur ein Leben zu verlieren
Dennach, 3. Aug. Die Gedenkfeier für die Opfer des Weltkriegs wurde auch hier würdig begangen durch gemeinsamen Kirchgang. an welchem sich das Gemeindekollegium, sowie der Militär- und der Turnverein beteiligten. Schülergesang trug zur Verschönerung bei.
Loffenau, 4. August. Gestern fand unter Leitung von Oberamtmann Wagner die Ortsvorsteherwahl statt. Dabei wurde Schultheiß Keim von Iesingen O.-A. Kirchheim u. T. mit 394 von 555 gültig abgegebenen Stimmen gewählt. Von den weiteren Bewerbern erhielt Schultheiß Bosch von Neckargröningen 156 Stimmen und Obersekretär Godel in Ludwigsburg 5 Stimmen.
WÜNteEverg
Stuttgart. 2. August. (Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche.) Der Verwaltungsousschuß der Zentralkasse der Biehbe- sitzer hat in der Sitzung am 15. Juli beschlossen, sofern nach Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in einem Gehöft die Schutzimpfung des vorhandenen Rinderbestandes unter Verwendung von Maul- und Klauenseucheserum durchgeführt wird, bis auf weiteres die Kosten des Serums auf die Zentralkasse der Viehbesitzer zu übernehmen. Das Erforderliche ist bereits eingeleitet.
Stuttgart, 2. August. (Konkurse und Geschäftsaufsicht.) Neue Konkurse: Kaufmann Hans Junge in Ludwigsburg: Reklame- und Handelsgesellschaft m. b. H. in Stuttgart: Johanna Ziegler und Hans Neuhirl, Handel und Textilwaren in Stuttgart: Fritz Kl iß, Pferdehändler in Aufhausen O.-A. Heidenheim: Kaufmann Wilhelm Haderte jung in Stuttgart: Fa. Schellenberger u. Eo., Fahr- und Motorradbau in Bückingen O.-A. Heilbrann: Kaufmann Wilhelm Horn in Ebingen: Felix Kapp, Buchhändler in Freudenstadt: Fa Gebr. Moser, Holzhandlung in Freudenstadt. Geschäftsaufsicht: Fa. Wilhelm Beuerlen sen., Inh. Alfred Beuerlen in Kirchheim u. T.: Fa. Autogenawerke in Cannstatt, Inh. Ernst Stahl in Stuttgart.
Stuttgart, 2. August. (Lohnabbau oder Betriebsstillegung.) Die Maschinenfabrik Eßlingen, Werk Mettingen und Cannstatt (3000 Mann Belegschaft- hat nach einer Blättermeldung mit der Entlassung von 30 Prozent der Beamten und Angestellten begonnen. Den Arbeitern ist das Ultimatum gestellt worden: Entweder 10 Prozent Lohnabbau oder Betriebsstillegung. Am Freitag mittag haben die Arbeiter darüber abgestimmt und mit 90 Prozent Mehrheit den Lohnabbau abgelehnt. Die Elektco-Motorenfabrik „Elektron" in Cannstatt hat an ihre Belegschaft die gleiche Forderung gestellt.
Stuttgart, 2. August. (Erhöhung der Brotpreise.- In Auswirkung der Mehlpreissteigerungen erhöhen sich die Brotpreise vom 4. August ab. Es kostet l Kilo Schwarzbrot 28 Psg., 1 Kilo Halbweiß- und Noggenorot 35, 1 Kilo Weißbrot 46 Psg.
Stuttgart, 3. August (Totengedenkfeier der Olga-Grenadiere.) Eine stattliche Zahl ehemaliger Angehöriger des Grenadier-Regiments Königin Olga versammelte sich Sonntag früh vor der Teilnahme der öffentlichen Gedenkfeier in den Anlagen am Regrmentsdenkmal, dem Grenadierlöwen. Der Vorsitzende der Olga-Bereinigung, Oberstleutnant van Halüenma-ng, legte als Ausdruck tiefsten Dankes einen Eichenkranz mit den Farben der schwäbischen Heimat und mit dem Namenszug des Regiments am Denkmal nieder, das zugleich das heimatliche Grab der in fremde Erde gebetteten Qlgagrenadiere ist. Nur ihre Namen bergen diese Steine,
Der Helden» die fürs Vaterland gefallen,
In fernen Landen ruhen die Gebeine,
Und dennoch ist's ein heiliger Trost uns allen.
Daß ihr Gedenken uns nun hier vereine Wie Freunde, die zu ihren Gräbern wallen,
Daß, unsere Hand mit Dankeskrän-zen ziere Den Denkstein miserer Olgagrenadiere!
Stuttgart, 3. Aug. Gejlügelausstellnng beim 77. Landw. Hauptfest.) Mit dem 77. Laudw. Hauptfest' aus dem Cannstatter Wasen in der Zeit vom 26.—30. September ist auch eine Gestügel- ausstellung verbunden, die insofern Neues bieten wird, als zum erstenmal im Reiche überhaupt, außer in-, den saust üblichen Klassen die Tiere auch in einer Leistungsklasse in Wettbewerb treten. Die Ausjtelluiigsbedingungeu und Anmeldeformulare können ovn der Württemberg. Landwirtschaftskammer wllütgart unentgeltlich bezogen werden.
Heilbrvnn, 3. Aug. Abtreibung ruck Betrug.) Die im Funi d. 2. vom Schwurgericht wegen versuchten Mords an ihrem Manne verurteilte Bauersehefrau Anna Schreker von Hölzern OA. Weiirs- berg wurde vom Schöffengericht wegen Abtreibung (die Leibesfrucht war im Herd verbrannt worden) zu einer Zusatzstrase von sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Wegen Betrugs in Verbindung init dem Fall Schicker wurde die Bautaglöhnersfrau Anna Wiedmaier von Hellbraun zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Die Schtossers-
ehefrau Lreszentia Strudel bekam wegen Beihilfe zu der Abiteibrina 10 Monate Gefängnis. ^
Ritttweil, 3. August. (Warnung vor einem Schwindler.) Lin Betrüger hat in letzter Zeit versucht, falsche Zwanzigmarkslücke mit dem Bildnis Kaiser Wilhelm II., die in Broschüren oder Anhänger gefaßt sind, bei Wareneinkäufen zum Goldwert in Zahlung zu- geben. Die Münzen sind vorzüglich nachgeahmt. Sie bestehen aus vergoldetem, minderwertigen Metall: Gefaßt sind sie deshalb, damir man den unedlen Klang nicht merkt.
Gmünd, 2. Aug. (Selbstmord.) Ein verwitweter, 61 Jahre alter, stellenloser Goldschmied von hier Hst seinem Leben durch Vergiftung ein Ende gemacht. Die Beweggründe zu dieser Tat sind noch nicht geklärt.
Ulm, 2( Aug. (Festgenoinmene Pfarrchofdiebe.) In den letzten Monaten sprach ein 23 jähriger Lagerist mit seiner gleichaltrigen Geliebten, beide aus München, in verschiedene» Gegenden Bayerns und Württembergs in Pfarrhöfen vor mit dem Borgeben, sich in der betreffenden Gemeinde trauen zu lassen. Die beiden benützten dann eine günstige Gelegenheit zu Diebstählen. Zuletzt entwendeten sie in. Mühldorf 700 Mark. Die Polizei hat die Diebe, deren Auftreten aus Ulm, Friedrichshofen, Fürth und anderen Städten gemeldet wurde, nun festgenommen.
Dietenheim, O.-A. Laupheim, 2. Aug. (Hochwasser.) Die Iller hat weite Teile der wiirttembergischen Markung unter Wasser gesetzt. Im Ortsinnern drang das Wasser in sehr viele Keller, teilweise auch in Wohnungen ein. Mehrfach inußte das Vieh aus dem Stalle gebracht werden. Ein beträchtlicher Teil der Ernte ist vernichtet. Die Eisenbetvnbrücke in Dornweiler ist eingestürzt, so daß der Fuhrmerks- oerkehr nach Illertissen vorerst gesperrt ist. In Unterbalzheim hat das Hochwasser am Sägwerk den Fallenstock weggerissen.
Unterschwarzach, O.-A. Waldsee, 2. August. (Gut abgelausen.) Der Knecht des Landivirts Seb. Heine von Friediiugs fuhr mit einem mit vier Pferden bespaunten Wagen ins Ried, um Torfstreu zu holen. Beim Passieren einer sog. Bengelbriicke über den Kanal drängte eines der vorderen Pferde etwas zur Seite, die ganz? Last der schweren Tiere konzentrierte sich auf diese Stelle, die Brücke brach ein und die beiden Pferde stürzten in den mit Wasser augefüllten Kanal, sanken in dem schlammigen Moorboden bis an dis Köpfe ein und vermochten sich nicht mehr herauszuarbeiten. Zum Glück hatte der Knecht die Geistesgegenwart, die Deichsel der vorderen Pferde schnell auszuhängen, sonst wäreu die Hinteren Pferde und wohl auch der Wagen mit in den tiefen Kanal gerissen worden und alle vier Tiere darin elendiglich umgekommen. So aber gelang es, rasch Hilfe herbeizuholen und den vereMteu Kräften von 20 herbeigeelltsn Personen aus der Nachbarschaft gelang es mit vieler Mühe,, die beiden wie festgewurzelt in dem Schlamm steckenden Pferde herauszuschaffen und aufs Trockene zu bringen, ohne daß die Pferde nennenswerte Verletzungen erlitten hätten.
Hall, 2. August. (Kleine Ursachen - große Wirkungen.) Am Donnerstag abend brach sin morscher elektrischer Leitungsmast und stürzte auf ein kleines Haus hinter der Volksschule. Die Folge war zunächst Kurzschluß und ein Brand in dem durchgeschlagenen Dach des Hauses. Die Feuerrvehr, auch die Motorspritze rückten aus, konnten aber bald wieder abrücken, da das Feuer keine große Ausdehnung gewinnen Konnte. Der gestürzte Leitungsmast hatte aber weiterhin zur Folge, daß in der BiigeleisenfabriK von Groß am Freitag nicht gearbeitet werden konnte, weil die Stromzuführung vom lieber landwcrk Qehrmgen her unterbrochen ist und der Besitzer des beschädigten Hauses die Aufstellung des LeitNngsmastes vor seinem Eigentum aus leicht begreiflichen Gründen nicht mehr gestatten will.
Baden.
Gaggenau, 2: Aug. Die Lurch Karlsruher ZeituugsLepe- schenburoaus verbreitete Nachricht, die als vermutliche Ursache für das in Ler Nacht zum 31. Juli bei Len Benzwerken einge- trcteue Hochwasser das Oeffnen einer Schleuse beim Murgtal-, werk in Forbach angrbt, steht, wie uns von zuständiger Seite, mitgeteilt wird, in keinerlei Zusammenhang mit dem Murgwerk, sondern wurde durch überaus heftige Regenfälle im oberen Murgtal verursacht. So stieg z.. B, die Wasserführung der- Murg oberhalb des Murgwerkes in- der Zeit von 10 bis 11.30 Uhr abends,, also in 1)4 Stunden, von 17 auf 70 cbm-sec.
Berghaupten bei Offenburg, 2. Aug. (Die eiserne Hochzeit.) Altadlerwirt und dessen Ehefrau Sevaphinc, ged, Brü- derl, feierten heute ihre eiserne Hochzeit. Das greise Paar, das zusammen 173 Jahre zählt, ist geistig und verhältnismäßig auch körperlich noch rüstig. Während ihnen der Tod längst ihre Leiden Söhne und beide Schwiegersöhne entriß, blickt-das. hochbetagte Paar auf Enkel und Urenkel zurück.
Bühlertal, 2. Aug. In der Nacht zum Montag wurde ein von auswärts kommender Mann, der in Begleitung zweier er-
Der Tanz um das goldene Kalb
56 - Don Erica Grupe-Lörcher
,(Nachdruck verboten.)
Aon dieser Stunde an ließ das Mißtrauen gegen den Diener Zyria keine ruhige Stunde mehr. Das Grauen vor diesem Manne, die Angst, sich ihm aus geliefert zu sehen, wo er im gleichen Hause, wo er ständig um sie herum war, wurde riesengroß. Aber sie durfte die Kranke nichts merken lassen, hatte auch im Augenblick gar keinen Beweis für ihre Empfindung. Aber in diesem Moment, in dem der Diener sich völlig unbeobachtet wähnte, war ihr ein Abgrund von Schlechtigkeit aufgegangen. ' Es war ein schlechter Mensch! Ein Mann, der dunkle Hintertreppenwsge ging. Der sich zweifellos bereichern würde, wenn seine Herrin die Augen schloß und dies alles im reichen Hause herrenlos und besitzer- llos wurde. - .
' Vor den Augen des Dieners, der noch die Fensterläden schloß und die elektrische Schirmlampe für die Nachtwache tiessrsrellte. nahm Zyria den Schmuckkasten der alten Dame vom Bett und trug ihn, ohne ihn in scheinbarer Vergeßlichkeit zu schließen, in das nebenl-iegende Toilettezimmer. Dort stellte sie ihn auf einen Nebentisch und verließ die Zimmer, nachdem sie der Kranken eine gute Nacht gewünscht. Dann zog auch sie sich gleich zur Ruhe und suchte das Bett auf. Sie wollte den Diener auf die Probe stellen.
Am andern Morgen war James beschäftigt, neue Zufuhren von Kohlen im Keller zu überwachen. So wußte Zyria ihn unten. Als sie den Schmuckkasten öffnete, legte sie behutsam ein Stück nach dein andern heraus. Obenauf fehlte nichts. Sie hatte sich sehr genau gemerkt, wie' alles am Abend von Fräulein Werner ihr zurückgegeben und dann auf die verschiedenen kleinen Kiffen aus mattgelber Seide in den Kasten geordnet worden war. Es kam die zweite Schicht Schmucksachen im Kasten. Auch hier fehlte nichts. Aber daun, unter! in der dritten Lage, fehlte eine klenre goldene, Nadel n,,c einer Perle, um ein Mchu sdsr eine Kieiderraffnng festzchtecken. Es fehlte eine der Radeln! Scheinbar kein großer Wert. Er hätte wertvollere Mücke an sich nehme« lärmen. Aber dazu war er zu klug. Das wäre auigefalien. Nack einer derartigen kleinen goldenen Nadel forschte niemand. Ähr Fehlen merkte niemand!
lind doch mar der Diebstahl bezeichnend! Er bestätigte
ihre Vermutung! Wenn James kleine Sachen nahm, stahl er auch größere und Wertvolleres!
Es legte sich ihr wie ein Alp auf die Seele. Aber in vollendeter Selbstbeherrschung hielt sie sich vor der Kranken und besonders auch vor dem Diener zurück und scheinbar unbefangen. Sie ging durch die schonen Zimmer und es wurde ihr klar, wie vieles der ungetreue Diener stehlen und auf die Seite schaffen würde, so wie sich ihm die Möglich kek hierzu bot und eine Ueberwachung fehlte. Jedes einzelne Stück der Einrichtung war ein Wertgegenstand, war vielleicht sogar ein Kunstwerk! Die Wäsche hatte Zyria stets unter festem Verschluß. Auch das zahlreiche und kostbare Silberzeug Aber wer bürgte ihr, daß James sich nicht Nachschlüssel verschaffte und hinter ihrem Rücken stehlen würden wenn einmal —?
In ihrer Ratlosigkeit und Beklommenheit schW-e sie am Frühnachmittag einen kurzen Ausgang vor und begab sich zu Dr. Forgiß. Bei ihm wollte sie sich Rat holen. Der erste Sekretär kannte sie. Der Herr Vormund sei im Augenblick noch nicht im Büro. Er würde bald kvnnnm. Ob sie solange Platz nehmen wolle? Und so führte er das junge Mädchen nicht in das allgemeine, nüchterne Wartezimmer, sondern in einen kleineren und schmuckeren Raum zwischen Sprechzimmer und dem Büro. Es war für die vornehmeren Klienten des Rechtsanwaltes.
Bei ihrem Eintritt richtete sich eine Herrengestalt, die. auf einem der grünen Plüschfeffel gesessen, um etwas auf und sah ihr erstaunt entgegen. Anscheinend bereit» ein Ment, der hier völlig in Gedanken versunken gewarret hatte.
„Zyria!"
Er hatte sie erkannt. Es war Frank Barry.
Im ersten Augenblick war es ihr, als ob sie einen Schlag arffs Herz erhielte. Sie vermochte kaum zu atmen. Dann zwang sie sich zur Ruhe.
„Guten Tag, Frank! Wartest du auf Dr. Forgiß?"
„Ja.' Und du?" Willst du irgend etwas Persönliches mit ihm besprechen?, dann kaffe ich dir den Vortritt, wenn er kommt!"
„Nein, eigentlich nichts Persönliches. Es handelt sich um einen Diebstahlsverdacht-"
„Da hast du immerhin'eine angenehmere Sache, als mich herführt!" Er stockte. Sie fragte nicht und gab ihm keine .Erleichterung, weiter zu sprechen. Aber s- schien sich eins Bergsslcist vom Herzen reden zu muffen. So spracy er weiter. Halblaut. Mit bedrückter, halb erzürnter"Stimms.
„Ich bin wegen meiner Frau hier! Meiner Frau! Ich
weiß selbst nicht, ob ich ihr diese Bezeichnung noch Aeoen darf-"
Es wurde ihr fürchterlich zumute. Was sprach N da? Am liebsten hätte sie ihm gemehrt, weiter za crzähleik Was ging seine Ehe sie an? Er hatte gewählt. Sein Herz verkauft um des Reichtums willem, War über seine eigene Neigung- zu Zyria, wie er selbst Ängestanden, hinweggeschxitten um sich ein gutes Leben im, Reichtum seiner Frau, M gönnen.
Hatte mit Zyria gespielt-- Was ging seine ikhe sie an?
Mochte er sich zurechtfinden,-wie er es verdiente!
„Es ist eine überaus peinliche Sache. — Lftbe Zyria, du hast recht behalten — —" Sie sah ihm jetzt zum ersten Male voll ins Gesicht. Halb war es Ablehnung, halb Ueberraschunz und Frage, was in ihren Zügen stand.
„Du sagtest 'damals im Jagdhäuscheu aust dem Sommerfest bei GeheimraÄs, weißt du noch.-^ als ich dir zuerst
meine Verlobung mitteilte.-du fragtest: ob ich sicher sei,
daß Virginia ihre Beziehungen zu dem jungen Bonvivant auflösen würde? Und ich wehrte das entrüstet ab. -—Aber nun stellte es sich heraus, daß sie jenen wirkt ch lieber hat als mich! Daß sie schon kurze Zeit nach unserer Hochzeit mit ihm wieder an gebändelt hat --"
Er stockte. Die Empörung, die Wut. der Genasführte zu sein, schien ihm die Kehle zuzupresssn. Zyria wehrte ab. — „Laß das doch alles, Frankl Ich will es ja gar nicht wissen! Behalte deine Eheerfahrungen für dich! Besonders, wenn sie so bitter sind!"
Aber Frank taute ttmertich in ihrer Nähe auf. Die alte Zurwigung »y ihr war doch groß gewesen! War einst ge- waWml»« seiner Verblendung von chsti emgesargt! Und nun wuchs sie Meder empor, wo er sie unvermutet wieder-
sah-1 Ee tat ihm wohl, jemandem sein Elend sagen zu
können, an dem er jetzt würgte und litt --!
„Oh, bitte, hör« mir Mi Ich weiß, wie du über mich gedacht hast, Zyria. Aber ich habe das alles gebüßt! Es war em großer Irrtum. — Run, lassen wir das jetzt. Um von Virginia zu sprechen. Ich bekam bald eine Ahnung, daß die Sache zwischen den beiden immernoch weiter ginge. Es wurde mir immer klarer, trotzdem n<ich Virginia in ganz raffiniert«: Weise zu hm-tsrgchen wußte? Oh,, sie ist ja so durchtrieben! So raffiniert! Alles, was ich damals an ihr iuter- effant und apart, und ich weiß nicht, was' sanft noch alles,, fand, --alles chfenbart sich mir jetzt Äs ganz infame Be
rechnung urch Kunst imUlebsrftftenl"
(Fortsetzung folgt,)
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