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ersten Mal wieder ungefähr Friedenshöhe erreicht, ist im Aus­lande eine große Nachfrage nach Schweizer Franken entstanden. Die Frankenstände durch die fremden Ferienreisenden waren von scher für die schweizerische Zahlungsbilanz wichtig.

Selbstmord eines Richters. Die Selbstmordepidemie gras­siert in Wien noch immer fort. Im Gebäude des Wiener Landgerichts hörte inan eines Vormittags einen Schuß fallen und, als man der Schußrichtung nacheilte, sah man einen Mann am Fensterkreuz hängen. Ein hoher Richter des Stras- Lanüesgerichts, Hofrat Camillo Loos, hatte sich zuerst an einer Gardinenschnur erhängen wollen und sich dann aus einem Re­volver eine Kugel durch den Mund gejagt. Er wurde in schwerverletztem Zustand ins Spital geschafft.

Ein Grabstein für einen deutschen Matrosen in Schweden. In Nyköping wurde dieser Tage über dem Grab eines deut­schen Matrosen ein Gedenkstein errichtet, der in einem Gefecht zwischen einem deutschen Hilfskreuzer und russischen Seestreit­kräften während des Weltkrieges den Tod gefunden hatte. Am Grab paradierte die Besatzung des deutschen Torpedojägers G 8 die -den Grabstein nach Schweden gebracht hatte. Am Grabe sprachen der Diakonus von Nyköping, früherer Pastor in Kiew, H. Junger, und der Befehlshaber des deutschen Tor- pedvjägers.

Massenmörder Haarman».

Hannover, 21. Juli. Auf Antrag des Staatsanwalts ist am Samstag die Voruntersuchung gegen Haarmann und Grans eröffnet worden. Sie richtet sich gegen Haarmann we­gen Mordes in 17 Fällen. Weitere acht Fälle bedürfen noch der polizeilichen Aufklärung.

Ein ausländischer Journalist, S. D. Meyer, hat sich die Wohnung des Hannoverschen Massenmörders Haarmann ange­sehen und berichtet darüber:Bei einer Untersuchung des Zimmers in der Wohnung Hannover, Neue Straße 8, wo Haarmann eine zeitlang gehaust hat und wo er viele seiner Opfer umbrachte, wurde eine eigenartige und für die Beurtei­lung von Haarmanns Psyche hochwichtige Entdeckung gemacht, lieber der Tür zu -der in Holz eingebauten Kleiderkammer, worin H. die Leichen feiner Opfer aufbewahrte, war ein Aln- miniumschild angenagelt, welches einen Totenkopf darstellte, mit den dahinterstehenden Buchstaben: M. W. H. Auf diese zynische, kaltblütige Weise hatte der Massenmörder die Toten­kammer signiert. Unter dieser Kammer führte eine Treppe zum Keller, welche sämtliche Mitbewohner -des Hauses ständig benutzten, ohne daß einer von ihnen jemals geglaubt hätte, daß unmittelbar Mer ihnen Haarmann sein bestialisches Hand­werk trieb. Die Entdeckung dieses Schildes dürste eine ent­scheidende Rolle bei der Feststellung über die Zurechnungsfähig­keit des Massenmörders spielen."

Hände! und Verkehr.

Stuttgart, 21. Juli. (Landesproduktenbörse.) Die Stimmung ist etwas ruhiger geworden bei festem Grundton: die Preise haben aber keine nennenswerte Veränderung erfahren. Es notierten je 100 Kilo: Weizen 20 21 (am 17. Juli: 19,521), Sommergerste 17-17,5 16,517,25), Hafer 15,5 -lö,25 (unv.), Weizenmehl 32,75 bis 33,75 l32 - 33.5, Brotmehl 28,75-29,75 (28-29), Kleie 8,75 bis 4,50 (8,75-9,25), Wiesenhcu 4 5 (unv.), Kleeheu 5,5 - 6,5 (unv.), drahtgepreßtes Stroh 3,54,25 (unv) Mark.

Rangendingen (Hohenz.), 21. Juli. (Biehmarkt.) Der letzte Viehmarkt war sehr gut befahren. Die Nachfrage war gering, die Preise gedrückt. Für die schönsten Kalbinnen wurden 300 350 Mk. geboten. Die meisten Bauern mutzten betrübten Herzens ihr Vieh wieder heimnehmen.

NerreM MKchvkchre?».

Stuttgart, 21. Fuli. Der Abg. Mergenthaler hat eine Anfrage an das Stoaisministerium gerichtet, worin als kleiner Dank des Vaterlandes für die Studierenden, die Kriegsteilnehmer waren, die frühere Ermäßigung (Hälfte der Kolleggelder und sonstigen Hoch- schulgcbühren) und zwar auch für das laufende vommersemester ver­langt wird.

Stuttgart, 21. Juli. Der Abg. Göhring hat eine Kleins Anfrage gestellt, worin er Auskunft darüber wünscht, welche Ursachen zu der Verzögerung in der Behandlung der Frage des Wiederaufbaues des Neuen Baues in Ulm geführt haben und ob geplant ist, noch in diesem Jahre unter Verwendung der Brandentschädigungsgelder mit der Wiederausbauarbeit am Neuen Bau zu beginnen, oder was mit den noch erhaltenen Baucesten geschehen soll, um sic vor dem völligen Zerfall zu schützen.

Stuttgart. 2l. Fall. Wie wir Horen, ha! der Staatspiäsidem gegen die Beseitigung der würit Ortssteuerümter beim Reichsfinanz­minister, schon vor dem Antrag Schees und Genossen, schriftlich und mündlich nachdrücklich Vorstellung erhoben und nun auch noch den Gesandten beauftragt, in dieser Richtung in Berlin tätig zu sein.

Tübingen, 21. Juli, lieber -die nationalen Aufgaben der studentischen Jugend sprach im Festsaal der Universität der frühere Reichskanzler Dr. Michaelis. Er berührte auch -die Londoner Konferenz und betonte, daß Dinge, -die gegen die Ehre und Würde Deutschlands gehen, nicht angenommen wer den dürfen. Wenn -aber andererseits -das Gutachten unter Be rücksichti-gung von Ehre und Würde die Möglichkeit zu einer Atempause gebe, Geld vom Ausland und die Fixierung unserer Verpflichtungen in Aussicht stelle, daun müsse unterschrieben werden. Mancher solide Unternehmer begebe sich in -dieser Notzeit unter Geschüstsaufsicht. Das Eigentumsrecht, die Di- rektton, behalte er doch. So liege der Fall auch Lei Deutsch- land. Es sei nicht notwendig, daß cs zu einem Krieg komme, um Deutschland seine Weltgeltung wiederzubringen. Das könne sich -auch auf friedlichem Wege vollziehen. Der Redner wandte sich -dmm -gegen dre Abneigung -der studentischen Jugend gegen- nn-d gegen -die Nichtzulassung -eines japani­schen Offiziers ^-uw Studium an der Tübinger Universität. Gerade um dre Ausländer müssen wir uns bekümmern und mit ihnen Gedan.eii-Mistausch pflegen, damit sie erkennen, daß un­sere Medizin nicht Mitleid, sondern Gerechtigkeit heißt. Wei­ter wandte sich der Redner -gegen den lärmenden Patriotismus. Man müsse mehr schweigen lernen. Nicht Gefühlspolitik bringe uns vorwärts, -sondern nützliche praktische Arbeit Die Stu dentenschast sollte alles vermeiden, was den Klassenkamvi enr fache. Die Zeit sei -eine neue und große. Sie Lre aber nicht ohne -die Jugend reifen und die Studentenschaft müsse von be­sonderer Art sein, von einer Reinheit, die sich fcrnhalte von dem, was -den Menschen beschmutze. Das Vaterland brauche eine große, männlich starke und reine Jugend. Die Wacht am Rhem wollen wir nicht nur singen, sondern auch halten Der Vortrag fand lebhaften Beifall.

München. 21. Juli. Am Chiemsee sind gleichzeitig zwei Moid- mten aufgedeckt worden. Ans dem See wurde die mit Steinen beschwerte Leiche der Di'enstmogd Katharina Stocke geborgen, die Mch einem winterlichen Tanzvergnügen von einigen Bäuernbur'schen vergewaltig- und ertrankt worden ist. Verhaftet wurden ferner der Forstmeister Biringer und seine Frau, die ihr vierjähriges Mädchen umgebrach nd im Torfmoor vergraben haben. Der Mord ist erst W, nach vier Fohren, durch eine unvorsichtige Aenßernnq einer mteren Tochter des Ehepaars aufgedeckt worden.

. München, 21. Juli. Bor dein Schwurgericht standen der Ar- vener Straß, der Bergmann Misse und die Mutter des ersteren, Frau » siw- Anstiftung der Frau hatte» die beiden erstgenannten m Ehemann Strutz, der gegen Frau und Kinder sehr gewalttätig war, ermordet. Das Urteil lautete gegen alle drei auf Todesstrafe. ..-.unchen, 22. Fuli. Der Mord an dein Berliner Studienrat

Dr. Merz in Berchtesgaden steht vor der Aufklärung. Es scheint sich zu bestätigen, daß der Mord nicht aus Raublust, sondern ur­sprünglich aus anderen Motiven geschah. Der Tat dringend ver­dächtig ist ein 17jähriger Gymnasiast Keßler, der nach München flüchtete, wo er von der Kriminalpolizei gesucht wird.

Dresden, 21. Juli. Nach dem Beschluß des Gesamtmimsteriums wurde auf Grund des rechtskräftig gewordenen Gerichtsurteils gegen den früheren Ministerpräsidenten Zeigner dem.Antrag auf Einleitung eines Verfahrens vor dem Disziplinargericht gegen Zeigner statt­gegeben Mit der Ausübung der staatsanwaltschaftlichen Funktionen wurde Ministerialrat Dr. Rauschenbach im Justizministerium be-j anftragt.

Berlin, 21. Juli Heute fand im Reichsministerium des Innern eine Konferenz über die Frage der Einheitskurzschrift statt, woran die interessierten Ressorte des Reichs und der Länder mit Ausnahme Bayerns und einiger kleinerer Staaten teilnahmen. Preußen er­klärte sich bereit, unter bestimmten Bedingungen auf den Boden des Freysichen Einigungsentwurfes zu treten. Da aber eine Eini­gung über diese Bedingungen nicht herbeizuführen war, konnte ein Ergebnis zunächst nicht erzielt werden. Das Reichsministerium des Innern wird die Angelegenheit weiter verfolgen.

Berlin, 21. Juli. Im Prozeß Rahardt und Gen. wurde heute das Urteil gefällt. Der frühere Präsident der Berliner Handwerks­kammer erhielt wegen schwerer Untreue. Anstiftung zu schwerer Un­treue, aktiver Bestechung, Betrugs, Preistreiberei und Kettenhandels eine Gesamtstrafe von 39» Fahren Gefängnis und 3000 G.M. Geldstrafe. Sein Sohn Erich Rahardt wurde zu einer Gesamtstrafe von 39» Jah­ren Gefängnis und 10000 Goldmark Geldstrafe verurteilt. Die übri­gen Angeklagten erhielten Freiheitsstrafen von I bis 2 Jahren Gefäng­nis und Geldstrafen von 2000 bis 6000 Goldmark.

Berlin, 22. Juli. Der volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichstags befaßte sich geistern mit -der Frage der Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für Erwerbslose. Ministerialrat Wei­gert erklärte, die Zahl der ausländischen Arbeiter sei gegen­über der Vorkriegszeit auf ein Viertel zurückgogangen. Das Arbeitsministeri-um bezweifle -durchaus, daß der Finanz-minister 500 Millionen für die Erwerbslosenfürsorge zur Verfügung stellen könne. Nach einem Ueberblick über die bisherigen Lei­stungen auf dem Gebiete der Erwerbslosenfürsorge betonte der Redner, daß öffentliche Mittel nur noch für wirklich volks­wirtschaftlich wertvolle Arbeiten, namentlich für die Volkser- nährung, aufgewandt werden sollen. Er teilte schließlich mit, daß die Unterstützungen mit den Zuschlägen bis zu 80 und 85 Prozent der Tariflöhne erreichen.

Prag, 21. Juli. Die tschechische Regierung beabsichtigt nach einer Meldung derNarondny Politika", die Gemeindevertre­tung der Hauptstadt Schlesiens Troppau aufzulösen und der Stadt das alte Privilegium des eigenen Statuts zu entziehen. Obwohl Troppau von 22000 Deutschen und nur 8000 Tschechen, die vorwiegend Staatsangestellte sind, bewohnt wird, soll auf Wunsch dieser Tschechen die Stadt bis zu den Neuwahlen von einer gleich­mäßig aus 20 Tschechen und 20 Deutschen zusammengesetzten Ver­waltungskommission geleitet werden.

Prag, 20. Juli. Dieser Tage wurden der Tschechoslovakei von deutscher Seite die letzten Schiffe übergeben, die durch den Friedensvertrag der Tscheche " ° ^

ganzen erhielt die Tschechoslovakei 12 Schleppdampfer, 74 Fracht­kähne und 8 Lagerschiffe, mit denen die Tschechoslovakei den Verkehr auf der Oder ausrecht erhält. Gestern wurde aus Er­suchen der Wittkowitzer Eisenwerke beschlossen, eine Anzahl Schleppdampfer und Schleppkähne in Auftrag zu geben, -um den Verkehr auf -der Oder wegen seiner Billigkeit gegenüber dem Eisenbahnverkehr noch weiter ausdehnen zu können.

Rom, 21. Füll. Senator Berganini vomGiornale d'Italia" und der ehemalige republikanische Abgeordnete Massolani wurden am Samstag nachmittag den Mördern Matteottis gegcniibergestellt, um evtl, in ihnen die Urheber der beiden Ueberfälle auf die ge­nannten Politiker zu erkennen. Während der Senator Berganini unschlüssig blieb, erkannte Massolani und seine Frau Dumini sofort als denjenigen, der es versuchte, Matteotti aus seinem Hause zu locken.

Paris, 21. Fuli. Der sozialistische Abgeordnete Renaudel hat gestern in Brignoles eine Rede gehalten, in der er erklärte, bei dem Wiederzusammentritt der Kammer im Oktober werde die 18monati'ge Dienstzeit beseitigt und durch die einjährige ersetzt werden.

London, 21. Juli. Die Kriminalpolizei wurde von Newyork verständigt, daß in England und in den Vereinigten Staaten für über 5 Millionen gefälschte Dollaraktien von Schmindelgesellschasten verkauft worden seien. Der Führer der Schwindlerbande soll sich in London aufhalte«.

London, 21. Fuli. Wie Reuter aus Teheran meldet, ist der Anschlag gegen den amerikanischen Konsul inmitten einer großen Menschenmenge verübt worden. Obwohl zahlreiche Polizeikeamte und Soldaten Zeugen waren, wurde kein einziger Schuß zur Be­freiung des Konsuls abgegeben. Der Konsul wehrte sich tapfer, war aber machtlos, da sich eine wilde Soldatemnenge an dem Anschlag beteiligte. Der Kopf des Konsuls iveist Säbelhiebe auf. Das diplo­matische Korps hat eine ernste Note cm die persische Regierung ge­richtet.

London, 21. Fuli. Infolge des Totschlages an dem amerikanischen Konsul, Major Imbrie, ist über ganz Persien der Belagerungszustand verhängt worden. Die persische Regierung, die nach Washington den Ausdruck ihres tiefsten Bedauerns über den Vorfall gedrahtet hat, hat eine eingehende Untersuchung des Vorfalles cingeieitet und schon verschiedene Verhaftungen vornehmen lassen.

Athen, 21. Fuli. Fn der letzten Sitzung der griechischen Natio­nalversammlung, in der, wie bereits gemeldet, die Regierung ihren Rücktritt ankündigte, kam es insbesondere während einer Rede des Kriegsministers Pangolef zu stürmischen Szenen. Pangolef beschäf­tigte sich in seiner Rede in einer Art und Weise mit der Person Benizelos, daß auf verschiedenen Seiten des Hauses hochgradige Erregung hcrvorgerusen wurde. Einige Abgeordnete richteten sogar den Revolver auf den Kriegsminister.

Johannesburg, 2!.2uli. Der Burenführer Maritz, der während des Krieges den Versuch unternahm, in Südafrika einen Aufstand herbcizufähren, wurde heute in Freiheit gesetzt.

Washington, 21. Fuli. Die amerikanische Regierung ließ dem General Tostando, der nach dem Aufstande zum Präsidenten von Monduras ernannt worden ist, zur Kenntnis bringen, daß sie keine Regierung anerkennen werde, deren Haupt der Leiter der Revolution gewesen sei.

Tokio, 22. Fuli. Der FrachtdampferMatsujama Marn" ist am I I. Juli ans der Höhe der Goto-Inseln gescheitert. 57 Personen sind dabei ums Leben gekommen.

Eine Rede des Staatspräsidenten.

Trossingen, 21. Juli. Staatspräsident Bazille wohnte trotz seiner vielseitigen Inanspruchnahme -dem hier gestern abgehal­tenen 15. Gauliederfest -des Schwarzwaldgaues des Schwab. Sängerbundes bei und hielt dabei eure Begrüßungsansprache, in -der er daran erinnerte, daß vor 10 Jahren Trossingen zum letztenmal einen -großen Sängertag hatte. Welche Fülle der gewaltigsten Ereignisse schließen diese 10 Jahre in sich! Freundlich lächelt der Himmel über -den. Feste, aber grau und schwer hängen -die Politischen Wolken über Deutschland. Mau sucht in London unser Schicksal auf Jahrzehnte hinaus zu be­stimmen. Wir sollen arbeiten für alle -anderen Völker Euro­pas und man spottet aller Erfahrungen und der -göttliä-en Lei­tung der Well, wenn -die anderen Nationen glauben, sie könn­ten auf Jahrzehnte hinaus -das -deutsche Volk zu Sklaven ma­chen. Niemand denkt bei uns an Krieg. Aber es ist kein Zwei­fel, daß es im Rate der Vorsehung nicht beschlossen ist, daß wir ans Jahrzehnte büßen sollen, was die anderen an Deutsch land -gesündigt haben (lebhafter ReiiaM R

wie vor 10 Jahren, sondern wehmütig klingt in uns das Lied Deutschland, Deutschland über alles", mit dem Deutschlands Jugend in die Schlacht zog. Wir müssen noch manchen harten Gang gehen, stehen einsam unter den Völkern und sind im In­nern zerrissen und zerspalten. Ein Mittel, das deutsche Volk zur Freiheit zu bringen, ist das deutsche Lied (Bravo!), das Volkslied, aus dem am reinsten all das fließt, was der deutschen Seele -gehört. Auch die Freiheit gehört zu den Bedürfnissen der deutschen Seele. Was wir wollen, keine Weltherrschaft, klingt in -allen Liedern: Recht und Freiheit im Vaterland. Das wird uns niemand auf die Dauer nehmen können. Wenn die so stark zerrissenen Teile des deutschen Volkes sich im Liede einigen, dann geschieht damit auch etwas politisches: In die Herzen senkt sich der Wunsch nach deutscher Freiheit und in den Herzen entzündet sich die Freude der Liebe zum Vaterland. (Stürmischer Beifall.) Trossingen zeigt, was der Fleiß eines wurzelfeisten, kräftigen und trotzigen Volksstamm-es zu leisten vermag. Selbständig nimmt das deutsche Volk in allen seinen Teilen seinen Weg. Nur ein Volk wie Las deutsche konnte mit seinen Kräften so lange diese -beispiellose Heimsuchung ertra­gen. Die Schöpferkraft des deutschen Volkes gibt uns die Ge­währ, daß Deutschlands Freiheit vermutlich nicht mehr lange auf sich warten läßt. Die Hoffnung unserer Gegner, Deutsch­land dauernd auszuschalten, wird eines Tages zu schänden Werden.

Zusammentritt des Reichstags.

Berlin, 21. Juli. Der Reichstag nimmt am Dienstag seine Arbeiten wieder auf. Da sich aber zur Zeit Las Gesamtinteresse auf die Londoner Konferenz konzentriert, wird bis zu dem Au­genblick, in dem diese internationale Frage vor das Parlament kommt was bei normalem Verlauf etwa Anfang der näch­sten Woche der Fall sein dürfte, mit der Einbringung der Ausführnn-gsgesetze zum Gutachten nicht allzuviel geschehen. Der Reichstag wird sich damit begnügen, anwesend zu sein. Er wird am Dienstag morgen vielleicht vom auswärtigen Ausschuß eine gedrängte Ue-bersicht Mer die -gegenwärtige Loge bekom­men, sich -dann aber mit eigenen Angelegenheiten beschäftigen. Zunächst bietet die kommunistische Beschwerde Mer die Haus­suchung Gelegenheit zu ausgiebiger Erörterung, die sich viel­leicht auch aus das allgemeine Gebiet der inneren Politik hin­überspielen läßt. Ueberraschungen sind -da -Mer vor der Hand kaum zu gewärtigen, obwohl unverkennbar ist, daß die Sozial­demokratie sich bereit macht, in die Opposition abzumarschieren. Auf der anderen Seite haben die Deutschnationalen ihre Stel­lung zur Regierung sehr stark -gewandelt. Sie haben die Ent­schließung ihrer -Fraktion zu dem Gutachten dem Reichsautzen- minister Dr. Stresemann persönlich überreicht. Dabei hat sich eine weitgehende Üebereinstimmung ihrer Meinung mit der auswärtigen Politik der Regierung herausgestellt, die bei nor­malem Verlauf der Londoner Konferenz dazu führen könnte, daß wenigstens ein großer Teil der deutschnationalen Frak­tion in der Schlußabstimmung Wer die Ausführungsgesetze für die Regierung stimmt.

Italiens Interesselosigkeit.

Rom, 21. Fuli. Die innere Spannung ist in Italien sehr groß und zieht alles ernste Interesse -von der Londoner Konfe­renz ab. Aller Augen sind in -dieser Woche auf das Auftreten Mussolinis im großen Rat der Faszistenpartei gerichtet. Man erwartet von ihm eine entscheidende Wendung in der italieni­schen Innenpolitik. Neber die Londoner Konferenz berichten die italienischen Blätter voller Befriedigung, daß volle Einig­keit unter den Alliierten, besonders zwischen England und Ita­lien herrsche, ohne -dabei zu bedenken, ob Deutschland ein glat­tes Diktat annehmen muß. Als entscheidendes Blatt zitiert der Messagero" als deutsche Acußerung -eine NotizDer Welt am Montag", die -natürlich den Konferenzbedingungen zusttnnnt. Das ganze Interesse der italienischen Oeffentlichkeit gehört aber der Rede Mussolinis am Dienst^

Der Stand der Verhandlungen.

Berlin, 2i. Juli. Zu dem angeblichen französischen Plan, trotz der sonstigen Liquidation der Regie 4000 französische und belgische Eisenbahner im Betrieb der rheinischen Eisenbahnen zurück zu lassen, wird uns in Eisenbahnfachkreisen erklärt, die­ser Plan sei sicher nicht aus einem Bedürfnis der Praxis ent­standen, da die Interessen der alliierten Truppen durch das Rheinlandabkommen und die Ordonnanzen der Rheinland­kommission sicher-gestellt seien und vor der Ruhraktton für die alliierten Truppen Schwierigkeiten sich nie gezeigt hätten. Der Plan gebe aber auch Mer den Versailler Vertrag und das Dawes-Gutachten hinaus, das die wirtschaftliche und admini­strative Souveränität Deutschlands wieder Herstellen und das gesamte Eisenbahnnetz als wirtschaftliche Einheit nach den Grundsätzen höchster Wirtschaftlichkeit betrieben sehen wolle. Vorbedingung dafür sei, daß Reibungen und Störungen, wie sie bei der Anwesenheit von 4000 Franzosen und Belgiern un­vermeidlich seien, gerade im rheinischen V-erkehrszentrum aus­geschlossen würden, das erfahrungsgemäß für den Betrieb des üblichen Reichsbahngebiets bestimmend sei.

Paris, 21. Juli. Der Abgeordnete Renaudel streifte in seiner Rede in Brignoles die internationale Lage und die Frage der Ruhrbesetzung. Er erklärte darüber, Frankreich wolle von einer Jsolierungspolitik nichts mehr wissen und wünsche um keinen Preis, in sie zurückzuverfallen. Um zur Räumung des Ruhrgebets zu gelangen, müßte andererseits unbedingt zugegeben werden, daß diese Frage sowohl außerhalb der Reparationsfrage als auch -der Frage der nationalen Si­cherheit stehe. Es wäre aber töricht, wenn die Sozialisten, die keine Demagogie betrieben, erklären wollten, sie seien für die sofortige Räumung des Ruhrgebictes schlechthin, ohne daß die Partei als Ganzes dazu Stellung -genommen und ohne daß eine unerläßliche Prüfung vorgenommen worden wäre. Dazu hätten sich denn doch während der Dauer der Besetzung zuviel Interessen und .Schwierigkeiten ineinander verflochten. Es müßte deshalb die notwendige Zeit für die Operation von so großem Stile gewährt und Kredite für die Ruhrbesetzung aus­genommen werden.

London, 22. Juli. In hiesigen politischen Kreisen wird gegenüber der in -der deutschen Oeffentlichkeit erhobenen Kri­tik wegen des bisherigen Ausschlusses Deutschlands von den Verhandlungen der Londoner Konferenz darauf hingewiesen, daß das Hauptziel der englischen Regierung die Durchführung des Dawes-Berichts sei und daß diesem Ziel vorläufig alle anderen Erwägungen untergeordnet werden müßten. Beson­ders wird englischer seits Wert darauf gelegt, ein Uebcreiu- kom-men zustande zu bringen, das Bestand lmt und Aussicht bietet, von der öffentlichen Meinung der übrigen Länder Un­terstützung zu erhalten, die eine Gewähr für die Dauerhaftig­keit der in London erzielten Re -e'nng gibt. Es wird der Meinung Ausdruck gegeben, daß angesichts der Tatsache, daß Deutschland sich zum Tawes-Be )t bekannt habe, wenig Ein­wände dagegen erhoben werden könnten, wenn ein von den Alliierten erzieltes Uebereinkommcn den deutschen Vertretern zur Billigung und zu etwaigen Rückäußernngcn unterbreitet werde, und man ist in englischen Kreisen der Ansicht, das; dadurch die Mitwirkung Deutschland- bei der Durchführung des Dawesplanes in der einen oder anderen Weise verbürgt sei. Ans englischer Seile wird das

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