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82 . Jahrgang.

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Stuttgart, 28. Mai. Dem Vernehmen nach wird de» Land- «g zur Besprechung der Regierungsbildung in Württemberg voraussichtlich nächsten Dienstag wieder zusammentreten.

Stuttgart, 28. Mai. Wenn der Landtag bis zum 15. Zuni Ä. Is. keinen Beschluß faßt, wird die Verordnung, nach er das Landgericht Hall sowie die Oberämter und Amtsge­richte Spaichingen, Sulz, Brackenheim, Weinsberg, Welzheim, Keresheim und Blaubeuren aufgehoben sind, zur Durchfüh­rung kommen. Man wird aber nicht damit rechnen können, zaß im Landtag sich die erforderliche Mehrheit für die Auf­hebung dieser Oberämter findet. Zum wiederholten Male » gesagt werden, daß die hiervon erwarteten Ersparnisse nicht im Verhältnis zu den Nachteilen stehen, die die Ange­hörigen dieser Oberamtsbezirke und deren Oberamtsstädte da­durch erleiden werden. Vielmehr wären Ersparnisse zu er­zielen, wenn das Ministerium des Innern daran gehen und feststellen würde, ob die Zahl der Beamten an den Oberämtern feit dem 1. August 1914 sich nicht unverhältnismäßig erhöht hat. In der Tat würde sich ergeben, daß dank dem Nachgeben des Landtags die Zahl der oberamtlichen Beamten sich beinahe verdoppelt hat. Abgebant hat man davon noch keine.

Stuttgart, 28. Mai. Schon im Jahre 1912 hat man sich in Württemberg mit der Frage der Aufhebung der Gesandt­schaften beschäftigt. Nachdem nun durch die Reichsverfassung von 1919 die Staatsgeschäfte wesentlich zentralisiert worden sind, württembergische Beamte Mitglieder des Reichsrats in Berlin sind und zudem in wichtigen außerpolitischen Angele­genheiten die Staatspräsidenten der Länder zur Beratung nach Berlin berufen werden, kann man mit allem Ernst der Frage der Aufhebung der Wohl entbehrlichen württ. Gesandt­schaft in Berlin näher treten.

München, 28. Mai. Nach einer Blättermeldung haben die am 25. Mai bei einer Sitzung in München verhafteten Kom- imnuisten gegen ihre Verhaftung Beschwerde erhoben Da die i Polizeidirektion die Beschwerde verzögerte, traten sämtliche » Verhafteten mit Ausnahme von Dr. Frank gestern in den Hungerstreik.

München, 28. Mai. Wie die Korrespondenz Hofsmann erfährt, ist gegen die am 25. Mai verhafteten 62 Kommuni­sten, die sich sämtlich noch in Haft befinden, die Voruntersu­chung wegen Fortführung der in Bayern verbotenen Partei eröffnet worden,- Zuständig zur Aburteilung ist das Schwur- gericht, das auch über die Fortdauer der Haft zu entscheiden hat.

Barmen, 28. Mai. Der Schlichter hat gestern nachmittag über die Lohnfrage in der Solinger Industrie folgenden Schiedsspruch gefällt: Die Entscheidung über die vorliegenden Anträge auf Lohnerhöhung wird ausgesetzt, bis die allgemeine wirtschaftliche Lage, insbesondere die Kreditverhältnisse sich gebessert haben. Den Gewerkschaften wird anheim gestellt, zu gegebener Zeit ihre Anträge zu erneuern. Bis zur endgülti­gen Entscheidung bleibt es bei den bisherigen Lohnsätzen.

Esten, 28. Mai. Die Krupp'sche Friedrich-Alfredhütte in Rheinhausen gibt bekannt, daß mit Rücksicht auf den Brenn­stoffmangel die Fortführung des Betriebes in dem bisherigen Umfange nicht mehr möglich ist.

Chemnitz, 28. Mai. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in Werdau auf vier Stahlhelmleute ein ge­meiner Ueberfall ausgeführt. Sie wurden auf dem Heim­wege von einigen Kommunisten angerempelt und in der gröb­lichsten Weise belästigt. Nachdem sich ungefähr 20 Gleichge­sinnte in der Nähe des Volkshauses znsammengefunden hatten, wagten sie es, tätlich gegen die Stahlhelmleute vorzugehen. Die Bedrängten wurden in das Volkshaus geschleppt, dort entkleidet und verprügelt. Einen hinzukommenden weiteren Stahlhelmmann erreichte dasselbe Schicksal. Als die fünf Mann wieder das Freie erreichten, kam es abermals zur Schlägerei und man versuchte, sie in die Pleiße zu werfen. Schließlich gab einer der Stahlhelmleute in höchster Bedräng­nis drei Schüsse aus einem Revolver ab, durch die ein Kom­munist in Herz und Lunge getroffen wurde. In Hoffnungs­losem Zustande liegt er im Krankenhaus darnieder. Der Stahl­helmmann wurde verhaftet.

Berlin, 28. Mai. In dem Prozeß wegen des Attentats­planes gegen General von Soeckt wurde heute Justizrat Claß als Zeuge vernommen. Der Zeuge gab zu, mit dem Ange­klagten Dr. Grandl, bei dem er den Eindruck eines ruhigen und besonnenen Menschen gewonnen hatte, in politische Ver­bindung gestanden zu haben. Er habe Dr. Grandl für die Abwehr der separatistischen Aktion am Rhein wiederholt Gel­der gegeben. Auch über den General vonSeeckt habe er so­wohl mit Dr. Grandl, als auch mit anderen Gesinnungsge­nossen gesprochen. Er habe über sie geurteilt je nach der Lage und je nach Lessen Tätigkeit. Einzelheiten darüber könne er aber nur unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geben. Der Zeuge bestritt dann, daß er von General von Seeckt hinausge­worfen worden sei. Eine Begegnung zwischen dem Zeugen und dem General habe nie stattgefunden. Auf Antrag des Staatsanwaltes wird dann General von Seeckt als Zeuge ge­laden, der am Freitag vormittag an Gerichtsstelle erscheinen wird. Die Vernehmung des Zeugen Claß wird in Verbindung der Vernehmung des General von Seeckt am Freitag fort­gesetzt werden.

Berlin, 28. Mai. DasBerliner Tageblatt" hört, daß die EUner politische Polizei heute vormittag bei verschiedenen Kommunisten Haussuchungen abgehalten habe. Ein kommuni- mscher Abgeordneter, besten Name noch nicht bekannt gewor- Aw sei, sei verhaftet worden. Die Beamtenspitzenorganisa- uonen haben gestern bei den Fraktionen im Reichstag Ein- wwlch gegen die neue Besoldungsordnung erhoben.

«rel, 28. Mai. Die Stadtverordnetenversammlung erklärte gestern auf Grund des sozialdemokratischen Antrages die

Stadtverordnetenwahlen in Kiel für ungültig, da Verstöße ge­gen das Wahlgesetz vorgekommen seien.

WeiterErquickliches" «ms -er erster, Reichstagssttzung.

Sofort nach der Eröffnung setzen die Kommunisten mit einem ftcrchtbaren Lärm ein. Sie schreien im Chor:Heraus mit den politischen Gefangenen". Die Kommunistenfrauen (!) schlagen mit den Fäusten auf den Tisch. Auf einmal ertönt aus den Kommunistenreihen schrilles Pfeifen. Die Abgeord­neten der übrigen Parteien sehen staunend diesem Treiben zu. Als einige lachen, schreien die Kommunisten:Wir werden Euch das Lachen eintränken, schlagt sie in die Fresse". (An­haltender minutenlang tosender Lärm, Protestrufe bei den übrigen Parteien.) Der Alterspräsident dringt mit seiner schwachen Stimme nicht durch. Plötzlich tritt der kommuni­stische Abgeordnete Katz, ehe noch der Reichstag konstituiert ist, und ehe er das Wort erhalten hat, auf die Rednertribüne und verliest einen Antrag, der die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen fordert. (Lebhafter Widerspruch bei den übrigen Parteien.) Es herrscht minutenlang Lärm. Die Kommunisten schreien und toben. Die Vertreter der anderen Parteien rufenSchluß". Der Abgeordnete Katz verlangt, seinen Antrag sofort auf die Tagesordnung zu setzen. Als er geendet hat, klatschen die Kommunisten stürmisch Beifall. Der Alterspräsident stellt fest, daß er Las älteste Mitglied des Hauses ist, La er am 28. April 1846 geboren ist. Er über­nehme das Amt mit dem lebhaften Wunsche, daß die ans den neu gewählten Reichstag gesetzten Hoffnungen sich erfüllen mögen. (Stürmische Lächerei bei den Kommunisten.) Zu Schriftführern werden ernannt: der Abgeordnete Philipp (Deutschnational), Frau Teusch (Zentrum), Frau Agnes (Soz.), Eichhorn (Kommunist). Sie nehmen am Präsidenten­tisch Platz und der Namensaufruf beginnt. Wenn ein kom­munistischer Abgeordneter aufgerufen wird, der sich in Hast befindet, rufen die Kommunisten stürmisch:Heraus mit den politischen Gefangenen!" Als Dr. Breitscheid (Soz.) sich nicht meldet, rufen die Kommunistenauf Geschäftsreisen be­findlich". (Heiterkeit.) Bei Namensaufruf des Abgeordneten Emminger (Bayerische Volkspartei) rufen sieJustizverbre­cher". Als ein weiterer kommunistischer Abgeordneter aufge­rufen wird, der in Haft ist, rufen die Kommunisten:Er sitzt im Gefängnis und Ludendorff sitzt im Reichstag". Bei dem Namen Ludendorff erheben die Kommunisten einen ohrenbe­täubenden Lärm. Die Nationalsozialisten antworten mit Heilrufen. Ludendorff lächelt und verneigt sich spöttisch zu den Kommunisten. Der Abgeordnete Scholem (Kommunist) hebt eine blaue Brille hoch, die er dann auf den Tisch des Hauses niederlegt. Das Halloh dauert längere Zeit an. Als der Kommunist Scholem aufgerufen wird, antwortet er,Ich werde Euch schon noch aufregen". (Gelächter.) Der Name Severing wird von den Kommunisten mit dem RufePfui! Nieder mit dem Verräter! Bluthund!" begrüßt. Beim Na­men Solmann ruft Scholem:Sind Sie noch nicht drüben bei den Deutschvölkischen." Als von Tirpitz aufgerufen wird, verführten die Kommunisten ein Pfeifkonzert auf den Fingern. Die Abgeordneten, die beim ersten Aufruf nicht antworteten, werden zum zweiten Mal ausgerufen. Hierbei wiederholen sich immerfort die lauten Ruse der Kommunisten:Im Ge­fängnis! Im Zuchthaus!" usw. Ms bei dem Namen Grie­bel auch einige Nationalsozialisten antworten:Im. Gefäng­nis", rufen die Kommmunisten ihnen zu:Ihr kennt das noch nicht, Ihr müßt das noch lernen." (Heiterkeit.) Als der Namensaufruf beendet ist, rufen die Kommunisten:Da ist ein schöner Stall beisammen".

DerVorwärts" über Sie Eröffnungssitzung des Reichstags.

Berlin, 28. Mai. lieber die gestrige Eröffnungssitzung des Reichstages schreibt derVorwärts . Die Roheit der Kommunisten hat umso beschämender gewirkt, als sie sich ge­gen den Alterspräsidenten des Reichstages, den im 79. Le­bensjahr stehenden Abgeordneten Bock, richtete. Während die Kommunisten ihr Theater vorbereiteten, beschäftigte sich die sozialdemokratische Reichstagsfraktion in ernster Beratung mit der Tatsache, daß ein Mitglied der völkischen Fraktion und 5 Mitglieder der Kommunisten durch Haft von den Reichs- tagsverhandlungen ferngehalten werden. Es gibt nur eine Meinung darüber, daß der Reichstag in Wahrung des Par­lamentarischen Prinzips bei der ersten sich geschäftsordnungs­mäßig bietenden Gelegenheit die Freilassung seiner in Haft befindlichen Mitglieder beschließen muß. Käme es den Kom­munisten wirklich darauf an, die inhaftierten Abgeordneten freizubekommen, so müßten sie sich der Geschäftsordnung fü­gen und den sozialdemokratischen Vorschlag unterstützen. Die Kommunisten wollen aber nicht die Freilassung, sondern den Skandal. Es bleiben nur 8 Möglichkeiten übrig. Die erste ist, daß sich die Mittel der Geschäftsordnung als stark genug erweisen, um die Arbeitsfähigkeit des Reichstags hcrzustellen und die Kommunisten zur Vernunft zu bringen. Die zweite ist, daß der Reichstag aufgelöst wird und die Arbeiter noch einmal vor die Frage gestellt werden, ob sie Lausejungens oder Arbeitervertreter in den Reichstag schicken wollen. Hilft auch das nicht, dann ist der Parlamentarismus für Deutsch­land vorläufig erledigt. Dann kommt die Diktatur. Aber Westen Diktatur? Gewiß nicht die von Werner Scholem und Ruth Fischer, sondern eme ganz andere, hei der die Kommu­nisten ihr blaues Wunder erleben werden.

Wahl der Reichstagspräsidenten.

Berlin, 28. Mai. In der heutigen Sitzung des Reichs­tags wurde der Deutschnationale Abgeordnete Walraff mit 227 Stimmen gegen 151, welche auf Loebe fielen, zum Reichstags- Präsidenten gewählt. Zum 1. Vizepräsidenten wurde der So­zialdemokrat Dittmann gewählt mit 200 Stimmen gegen 58 auf den Abgeordneten Loebe entfallende Stimmen. Zum zwei­ten Vizepräsidenten wurde durch Zuruf der Zentrumsabge­

ordnete Dr. Bell gewählt, die Wahl des dritten Vizeprästden. ten steht noch aus. Von volksparteilichcr Seite wurde Dr. Rießer in Vorschlag gebracht, während die Kommunisten Katz

der in der ersten Reichstagssitzung ein so erstaunliches Bei­spiel parlamentarischer Sabotagekunst zum besten gab zu dieser Würde erheben wollen. Das hohe Haus lehnt aber ab, den Bock zum Gärtner zu machen und wählt mit 212 Stimmen den volksparteilichen Abgeordneten Dr. Rießer. Nach der Wahl der Schriftführer, die keine Erregung verursacht, kom­men die Anträge ans Haftentlassung zur Beratung, die von Len Kommunisten und Nationalsozialisten gestellt sind. Itach einer langen und nicht immer friedlichen Geschäftsorünnngs- debatte wird beschossen, über die Haftentlassungsanträge ge­meinsam abzustimmen. Das hat zur Folge, daß bei dem not­wendig werdenden Hammelsprung sich 189 Stimmen und 14S Stimmen für die Haftentlassung ergeben, die Anträge also abgelehnt sind. Die Kommunisten rufen Pfui! und Schmach und Schande! Aber Herr Loebe weiß zum zweitenmal die Gemüter zu beruhigen, indem er die Hastentlassungsanträge wieder aufnimmt und ihre Ueberweisung cm den Geschästs- ordnungsansschuß beantragt, Fehrenbach- unterstützt den Vorschlag und Präsident Wallraf beraumt zur sofortigen Er­ledigung des Antrages es ist inzwischen ^9 Uhr geworden

eine neue Sitzung, die dritte an diesem Tage, an. In die­ser werden ohne Debatte einstimmig, dem Anträge LoebeS entsprechend, sämtliche Haftenlassungsanträge dem Geschästs- ordnungsausschuß überwiesen, der am Freitag nachmittag Zu­sammentritt. Um )49 Uhr vertagt sich das Haus. Dem Prä-

' sidenten wird die Anberaumung der nächsten Sitzung und die Aufstellung der Tagesordnung überlasten.

Um die Reichsfarben und das Wahlalter.

Die Deutsche Volkspartei hat im Reichstag den Antrag eingebracht, den Artikel 3 der Reichsverfassung durch folgen­den Wortlaut zu ersetzen:Die Reichsfarben sind schwarz­weiß-rot!" Ferner beantragt die Fraktion, in Art. 22 der Reichsverfassung das Wahlalter von 20 auf 25 Jahre zu er­höhen. In einem weiteren Antrag wird die Einsetzung eines Ausschusses des Reichstags von 28 Mitgliedern gefordert, der den Auftrag erhalten soll, die Reichsverfassung mit Rücksicht auf die in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen, insbeson­dere hinsichtlich der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen Reich und Ländern auf dem Gebiete der Gesetzgebung und Ver­waltung, einer Nachprüfung zu unterziehen.

Kabinettsbildung durch Marx auf breitester bürgerlicher

Grundlage.

Berlin, 28. Mai. Der Reichspräsident hat den bisherigen Reichskanzler Marx erneut mit der Kabinettsbildung beauf­tragt. Marx hat den Auftrag angenommen. Reichskanzler Marx wird nunmehr versuchen, ein Kabinett auf breitester bürgerlicher Grundlage zu bilden.

Ausland.

Brüssel, 38. Mai. Der Schweizer Ingenieur Lehmann wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er angeb­lich ein Fabrikationsverfahren der belgischen Industrie an Deutschland verraten habe.

London, 28. Mai. In der englisch-russischen Konferenz ist die Frage der russischen Vorkriegsschnlden infolge unüber­brückbaren Gegensatzes einstweilen zurückgestellt worden.

London, 28. Mai. In einer von Reuter ansgegebenen Mitteilung heißt es, verantwortliche Kreise Londons hofften, daß in Deutschland eine Regierung ans Ruder gelangen werde, welche den Dawesbericht annehmen und durchführen werde. Die Alliierten hofften und glaubten alle, daß der Sachverständigenplan eine Regelung des Reparationsproblems ermöglichen werde. Man sei daher der Ansicht, daß es ver­hängnisvoll sein werde. Wenn diese Gelegenheit, eine Lösung zu erzielen, versäumt würde.

Abschiebung von Hitlerleute« aus Tirol.

Innsbruck, 28. Mai. In der gestrigen Sitzung des Land­tages beantwortete der Landeshauptmann die von den Sozi­aldemokraten gestellte Anfrage betreffend den Aufenthalt des am Hitlerputsch führend beteiligt gewesenen Hauptmanns Göhring in Innsbruck dahin, daß dieser im November v. Is. mit ordentlichem Paß nach Tirol gekommen sei und wegen einer schweren Verwundung in Spitalpslege genommen wer­den mußte. Nach seiner Genesung sei er angewiesen worden, das Land zu verlassen. In Anbetracht der mittlerweile ein- getretenen Reiseunfähigkeit seiner Gattin sei ihm auf Grund eines ärztlichen Gutachtens eine weitere Aufenthaltsverlän- gernng zugestanden worden. Nach Wegfall dieses Hinder­nisses habe man ihn neuerlich aufgefordert, das Land zu ver­lassen, was er auch getan habe. Zwei weitere am Hitlerputsch beteiligt gewesene Personen, die nach Tirol gekommen seien, seien sofort, nachdem die Behörden von ihrer Anwesenheit Kenntnis erhalten hatten, aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Auch sie hätten dieser Forderung entsprochen. Der deutsche Schriftsteller Meentze, der in Innsbruck naturwis- ,en,chastliche Vorträge gehalten hat und wegen dessen Abschie­bung die Sozialdemokraten gleichfalls angefragt haben, sei abgeschoben worden, west seine Papiere nicht in Ordnung ge­wesen seien.

Französisches Urteil über die erste Reichstagssitzung.

Paris, 28. Mai. Die Zwischenfälle in der gestrigen Si­tzung des Reichstages sind in Frankreich nicht unbeachtet ge­blieben, obwohl das Hauptinteresse die Parteiverhandlungen über die Kabinettsbildung in Anspruch nehmen. Sie geben insbesondere den grundsätzlichen Gegnern des Parlaments Anlaß zu neuen Angriffen. So schreibt derGaulois": Wie kann man noch die mindeste Achtung vor einer Einrichtung haben, die, wenn sie nicht gerade Unheil anrichtete, das Schau­spiel einer ebenso lächerlichen wie schändlichen Komödie bietet?