Zweite«

Blatt.

Der Enztäler.

Zweite»

Blatt.

.1/ 103.

Reuenbürg, Freitag, den 2. Mai 1924.

82. Jahrgang.

Bon den Wahlen, den Spartanern und allerlei.

Stärkend und gesunde Wörtlein von Martinus Michel.

Wenn der geneigte Leser e!in belesener Mann ist kann auch ein belesen Weiblein sein so kennt er schon das Wört- jein von der Wahl, die eine Qual schafft oder ist auf die Letzte gar selbst schon mal ein solcher Qualhans gewest, wo hat sollen wählen und sich entscheiden für ein oder anderes und hat nit aus noch ein gewußt. Da ists denn just kein Wunder, wann Heuer, wo ein ganzes Volk sollzur Wahlurne schreiten", wie fie's fürnehm heißen, selbigem ganzen Volk der Schädel brummt item so mancher nit weiß : gehst du oder hott oder garnit? Nämlich wählen. Denn die klugen Leute sagen alle: Weiß man's denn? 's kommt oft anders als bei der sel. Frau. Wie man's macht, ist's verkehrt und was «dich nit brennt, das blase nit und was solche Trostwörtel mehr sein, womit sich die Leut über ihre selbsteigene Feigheit und Faulheit trösten wol­len. Solchen und ihresgleichen möcht der Erzähler denn doch sagen, daß die Leut die Sparta liegt heut noch in der zu­sammengekleisterten Republik Griechenland ein Gesetz hat­ten, daß jeder Bürger bestraft würde, wenn er sich nicht einer Partei, sei es, welche es wolle anschließen tat. Das zum ersten, zum zweiten aber möcht er der Erzähler die Leut mt schlecht hören schimpfen, wann fie's Wahlrecht nit hätten oder dürften's ausüben. Da hört er schon Len Hans Jockele, den Peter Veit und die anderen all 's Maul aufreißen und auf Gott und die Welt maledeien nit schlecht. Nun sie's aber haben, das Wahlrecht, sollen sie's auch brauchen, denn das Wahlrecht ist auch eine Wahlpflicht. Und darum soll zum dritten kein solcher Drückeberger sich damit entschuldigen wollen, auf deine eine lausige Stimme kommts fein nit an. Du Heuochs du, lreuzdämlicher, gerade auf dich kommt's an am meisten, denn gerade deine Stimme fehlt vielleicht noch zum Siege, drum schnell die Pfeife aus der Pfote und den Stimmzettel hinein, find ja ganz neumodsche heut, wirst aber -doch wohl aus ihnen klug werden und nun hin ins Wahllokal und -deinen Zettel an­gebracht, hernacher kannst dich meinetwegen wieder hinter den Ofen setzen, deine Schuldigkeit hast tan gehört sich aber auch so. Denn wer -diesmal und Heuer nit mitmacht, wo's aufs Ganze geht, -der verrät sein Volk und sein Vaterland, wer heut «och fein zu Haus bleibt und Gott einen guten Mann sein läßt, anstatt selbst Hand mit anzulegen, der verdient es nit besser, wamn's ihm hernach schlecht geht, denn er gehört zu

dorre Leut, von Lenen schon Christus gesagt hat: O, daß du kalt oder warm wärest! Das sind die Lauen, die Auchchristen, Auchdeutschen, und von denen gibts leider schon wieder eine ganze Menge, die sich einreden, sie seien Wer den Parteien, sie seien neutral und sind doch nur zu feige und zu faul zum mittun. Und ihnen will der Erzähler auf's letzte noch ein Sprüchel sagen, können stch's in's Stammbüchel schreiben oder hinter die Ohrwatscheln wird Wohl Platz genug dort vor­handen fein selbiges Sprüchel aber heißt:

Du sollst bei deinem Volke stehn.

In Glück und Unglück mit ihm gehn

Nicht vornehm dich zur Seite schleichen.

Wir alle sind heut deinesgleichen!-

Württemberg»

Eßlingen, 30. April. (Unglücksfall.) Als am Sonntag abend Rechtsanwalt von Bagnato auf der Rückfahrt von einer Versammlung begriffen war, in der er das Referat hatte, kam er beim Umsteigen auf dem Unterboihinger Bahnhof durch Ausgleiten auf einer hingeworfenen Orangenschale so unglück­lich zu Fall, daß er eine schwere Verletzung an der inneren Schulter davontrug, die seine Verbringung in das Eßlinger Krankenhaus notwendig machte. Der Fall ist eine ernste War­nung vor der Unsitte, Orangenschalen auf die Gehwege zu werfen, wie man es leider häufig steht.

Untertürkheim, 1. Mai. (Teurer Wein.) Der letzte Wein­verkauf der Weingärtnergesellschaft ist doch nickst ergebnislos verlausen. Von Liebhabern wurden nachträglich zirka 80 Hek­toliter zum Preise von 220 Mark pro Hektoliter verkauft.

Tübingen, 1. Mai. (Meineid.) Das Schwurgericht hat die 21jährige Ennlie Günther von Stammheim OA. Calw we­gen Meineids in einer Alimentensache zu 9 Monaten Gefäng­nis verurteilt.

Rottweil, 1. Mai. (Schwurgericht.) Vor dem Schwur­

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gericht hatten sich der Kreuzwirt Josef Vogel von Schömberg und der Gipser Adolf Geiger von dort, ersterer wegen Kör­perverletzung mit nachgefolgtem Tode, letzterer wegen gefähr­licher Körperverletzung zu verantworten. Es handelte sich um die an der Fastnacht in Schömberg erfolgte Schlägerei, wobei der 26 Jahre alte Karl Rindlinger von Schömberg sein Le­ben lassen mußte. Die Verhandlung endigte mit Ser Verur­teilung des Vogel zu 3 Monaten Gefängnis und des Geiger zu 1 Monat Gefängnis.

Ratzenried OA. Wangen, 1. Mai. (Abnormität.) Eine Kuh der Landwirtin Schupp von Berg brachte ein Kalb zur Welt mit zwei vollständig normal ausgewachsenen Köpfen, drei Vorderfüßen und zwei Schwänzen. Das abnormale Tier verendete während der Geburt, die durch tierärztliche Mithilfe unter äußerst schwierigem Verlauf vollzogen werden mußte.

Jsnh, 1- Mai. (Den Verletzungen erlegen.) Das vor ei­nigen Wochen gemeldete Unglück in der ehemaligen Schuler- schen Filtriersteinfabrik, bei dem durch Explosion einer Schmier­gelscheibe drei Arbeiter verletzt wurden, hat nachträglich ein Todesopfer gefordert. Der 38jährige Schlossermeister Stöcke- ler, ein fleißiger Familienvater, erlag im Krankenhaus Len Folgen des Unglücks.

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Der 4. Mai ist der Schicksalstag des deutschen Volkes.

Maßlos ist die Hetze der Reaktionäre und der Schwerindustrie gegen Republik, Arbeiterschaft und Sozialdemokratie. Mehr als 300 Morde an Führern der Republik und der Arbeiterbewegung zeugen davon. Die Unglückswahlen von 1920 sind ein Produkt dieses verbrecherischen Treibens.

Jetzt hält die Reaktion die Stunde für gekommen, die Alleinherrschaft in Deutschland an sich zu reißen.

Dieselben Kreise, die durch maßloses nationalistisches Geschrei und unersättliche Profitgier uns in den Krieg hineingestoßen und einen erträglichen Frieden verhindert haben, suchen jetzt das furchtbare Unglück des deutschen Volkes für sich auszunutzen.

Sie möchten ihre eigenen Sünden der Republik aufbürden. Sie haben an der Inflation ungeheure Reichtümer verdient. - Sie haben den Mittelstand ent­eignet und die Arbeiter verelenden lassen, die sozialen Errungenschaften vernichtet, die Opfer des Kriegs und der Arbeit der Armenfürsorge überwiesen und Orgien des Wuchers und Schiebertums gefeiert. Alle bürgerlichen Parteien waren dabei ihre willfährigen Diener.

Und diese Leute versuchen mit verlogenen sozialen Phrasen das Volk an sich zu locken. Das Mittel dazu ist ihnen

die völkisch-antisemitische Bewegung.

die mit Gummiknüppel und Pistole gegen die eigenen Volksgenossen wütet. Damit wollen sie den berechtigten Zorn der Masten ablenken von sich selbst und ihren eigenen Verfehlungen.

Einziges Ziel der Reaktion ist die Erlangung der Macht im Staate zur Versklavung der Arbeiterschaft und Aussaugung des Mittelstandes.

Wahl-Aufruf!

Lüge ist ihr Gerede von nationaler Freiheit und Würde. Auch die Deutschnatronalen und die Deulschvölkischen wissen, daß es kein anderes Mittel gibt, zur Lockerung der Fesseln von Versailles als die Erfüllungspslitik. Auch sie sind von der Unmöglichkeit überzeugt, durch einen neuen Krieg die nationale Freiheit zu erringen.

Die entfesselten Leidenschaften aber und das großmäulige Geschrei unverantwortlicher Kreise werden uns trotzdem »n neue Abenteuer stürzen.

Der Verlust der besetzten Gebiete, die Zertrümmerung des Deutschen Reiches, ein neues Meer von Blut und Tränen, ein zweites Versailles

wären die Folgen.

Die Reaktion arbeitet den französischen Militaristen in die Hände, erhält die Herrschaft Poincares, stört die Friedenspolitik Macdonalds und vernichtet jede Aussicht auf Erleichterung der Lasten des Versailler Vertrages.

Nur auf dem Boden der sozialen Republik kann der Arbeiter ein menschen­würdiges Leben führen, wird der Beamte ein freier Staatsbürger, erhält die Fra« ihre Gleichberechtigung, erkämpft sich der Mittelstiiudler eine gesicherte Existenz, gedeiht der kleine Landwirt und Gewerbetreibende.

Nur die demokratische Republik kann eine Politik des Friedens und der Derständiguug nach außen treiben, die allein imstande ist, das deutsche Volk und die deutsche Wirtschaft am Leben zu erhalten und zu neuer Blüte emporwachsen zu lasten.

Wer bürgerlich wählt, schädigt sich und seine Kinder, bringt sein Land und sein Volk in Gefahr.

Wer kommunistisch wählt, bereitet den Boden für das Gedeihen der Reaktion.

Darum fort mit jeder Politik der Kriegsfpielerei, des Putschis­mus und der Ausbeutung.

Tretet ein für Republik, Völkerversöhnung und sozialen Geist.

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Keine Zersplitterung! Keine Uneinigkeit! Gebt eure Stimme dem Wahloorschlag des

Muern- nnd Weingartnerlilln-es!

Bauern, denkt an eure unerträglichen Steuerlasten. Kämpft gegen das Unrecht der letzte« 4 Jahre mit dem Stimmzettel, denn

Wahltag itt Zahltag!

Wähler und Wahlerinve«!

Macht das Wahlkreuz nur an die Namen der erprobten und tüchtigen Männer des

Ballern- nnd Wein-örtnerbnndes!

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GaistalHerreualb.

Hochzeits-Einladung. W

Wir beehren uns. Verwandte, Freunde und W Bekannte zu unserer am

Sountag, den 4. Mai 1924,

im Hotel »Sonne*

stattfindenden

Kochzsits-Ieier

freundlichst einzuladen und bitten, dies als besondere Einladung annehmen zu wollen.

August Bauer,

Sohn des Christian Bauer von Aufkirchen.

Anna Weiß,

Tochter des Zimmermeisters Jukob Weiß. Kirchgang 10 Uhr.