X Birkenfeld, 28. März. In den Löwen hier WEN einige Pforzheimer Ausflügler gekommen. Nach ihrem Weggehen wurde im Eisschrank ein rollierter Nierenbraten vermißt. Der Verdacht lenkte sich auf die Weggegangenen. Sofort wurde die Polizei hiervon in Kenntnis gesetzt. Dem Schutzmann Becky ist es denn auch gelungen, den Dieb ausfindig zu machen und ihn zu verhaften. Derselbe sieht nun seiner verdienten Strafe entgegen. Wahrlich ein versalzener Nierenbraten!
Birkenfeld, 29. März. Erster Fußballklub Birkenfeld 1905 und Sportklub Freiburg veranstalten Sonntag nachmittag ", Uhr auf dem Sportplatz bei der Sonne rin Bezirksaufsticgipiel, das für jeden Sportfreund Interesse bieten dürste. (Siehe Inserat.)
Apollo-Lichtspiele Calmbach. Ab heute Samstag bis einschließlich Montag, den 31. März, wird in den Apollo-Licht- spielen in Calmbach das längst angekündigte Filmwerk
I. N.R.J., ein Film der Menschlichkeit (Das Leben Jesu), mit besonderer religiöser Musikbegleitung (eigens engagierte Musikkapelle) vorgeführt. Der Film umfaßt fast alle Hauptszenen des Neuen Testanijents von der Krippe unseres Heilands in Bethlehem und seinen Wundern, bis zu seinem Tode am Kreuz. Der biblische Film wird mit einem modernen Vorspiel eingeleitet, in dem ein reuiger Verbrecher das Werk der Barmherzigkeit sieht. Auch ohne dieses Vorspiel würde der Film stärkste Wirkung üben. — Es ist dem Inhaber der Apollo- Lichtspiele, Herrn Rudolf Roller, ganz besonders zuzuschreiben, daß er den I. N. R. J.-Film troß gewaltiger Kosten für Calmbach und Umgebung zur Vorführung gewonnen hat, da es eine neueste imd beste Schaffung getreuester Wiedergabe der Christus-Geschichte ist. Für Alt und Jmrg jeglichen Standes ist der Besuch dieser Ausführungen ganz besonders zu empfehlen und dürste auch gar niemand Liese Gelegenheit versäumen. Alles Nähere stehe Inseratenteil!
Handel «nd Verkehr.
Herrenberg, 28. März. (Biehmarkt.) Zufuhr: 3 Ochsen, 92 Kühr und Kalbinnen und 123 Stück Jungvieh. Der Verkauf ging schleppend. Lrlöst wurde für 1 Paar Ochsen 1100 Mk., für trächtige Kühe 450—550, für Milchkühe 380—520, für Schlachtkühe 200 bis 350, für Kalbinnen 430—660, für ein Stück Jungvieh 110—430 Mk. — Auf den Schweinemarkt waren 220 Milchschweine und 90 Läufer gebracht. Die Milchschweine wurden bis auf einen kleinen Rest zum Paarpreis von 50—70 Mk. verkauft. Bei den Läufern ging der Pandel flau. Es wurde kaum die Hälfte zum Paarpreis von 80 bis 130 Mk. verkauft.
Neuest« Nachricht««
Stuttgart, 28. März. Das Staatsministerium hat am 27. März auf Grund des Ermächtigungsgesetzes drei Verordnungen erlassen. Durch die erste wird das Körperschastspensions- gesetz in dem Sinne geändert, daß im Zusammenhang mit der nunmehrigen Gehaltsrejgelung einzelne Verwaltmigsgcschäste bei der Pensionskasse vereinfacht werden, womit eine Verminderung des Verwaltungsauswands verbunden ist; ferner wird eine Besserung der Einnahmen der Kasse, sowie ein Abbau und eine vereinfachte Bildung ihres Verwaltungskörpers her- beigeführt. Die zweite Verordnung ermächtigt das Ministerium des Innern in Abweichung von den geltenden Gesetzesbestimmungen Vorschriften zu erlösten, am Grund deren die der Aufsicht des Ministeriums des Innern unterstehenden öffentlichen Körperschaften von der Amstellung eines Voranschlags für das Rechnungsjahr 1923 absehen können. Die dritte setzt die Amtskörperschastsbeiträge zu den Gehalten der Oberamtstierärzte mit Wirkung vom 1. Januar 1924 an bis auf weiteres auf 400 Goldmark jährlich fest.
Ludwigshafen, 28. März. Wie die Blätter zuverlässig erfahren, steht nunmehr endgültig fest, daß die Wahlen zum bayr. Landtag in der Pfalz gemeinschaftlich mit den Reichstagswahlen am 4. Mai stattfinden werden.
Leipzig, 28. März. Nach den Schlußworten des Angeklagten Dr. Zeigner wurde die Urteilsverkündung auf Samstag mittag 12 Uhr festgesetzt.
Berlin, 28. Mürz. Die Reichsregierung wird bei der Ankunft der Leiche des in Saint Martin de Re verstorbenen Ruhrgefangenen Willy Dreyer auf dem Anhalter Bahnhof in Berlin einen Kranz am Sarge niederlegen, um zugleich dem Toten, der Feldzugsteilnehmer war, militärische Ehren erweisen zu lasten. Den Vereinigten Vaterländischen Verbänden, denen Dreyer angehörte, ist eine ihren Wünschen entsprechende Beteiligung bei der Trauerfeierlichkcit zuge- fichert worden.
Berlin, 29. März. Bei den gestrigen Wahlen wurden zum Betriebsrat auf den Schachtanlagen des Ruhrgebiets nach den bisher vorliegenden Ergebnissen auf 19 Schachtanlagen für die Union (Kommunisten) 5736, für den alten Verband (Sozialisten) 2330 und für den Gewerkverein christlicher Bergarbeiter 2177 Stimmen abgegeben. Das bisherige Ergebnis stellt einen gewaltigen Stimmenzuwachs für die Kommunisten dar, während der alte Verband mehr als die Hälfte seiner Stimmen verloren hat. Die Stimmenzahl der christlichen Gewerkschaften hält sich ungefähr auf der bisherigen Höhe.
Berlin, 28. März. Die Rcichsregierung hat Italien zu der Unwetterkatastrophe am Golf von Salerno ihr Beileid ausgesprochen. Die Zahl der Opser, die bei der Katastrophe ihr Leben einbüßten, beträgt 90. Deutsche befinden sich nicht darunter.
- Berlin, 23. März. Bei der gestrigen Besprechung der Sechserkommission der Bergbauoereine mit der Reichsregierung wurde von Vertretern des Bergbaus dargelegt, daß der Bergbau die jetzigen Micumverträge über den 15. April hinaus nicht verlängern kann, da die finanzielle Lage der Werke die kostenlose Lieferung der Re- parationsmengen nicht mehr zuläßt.
Bremen, 29. März. Nachdem von beide» Seiten der Vermittlungsvorschlag im Metallarbeiterstreik angenommen worden ist, ist die Arbeit gestern überall wieder ausgenommen worden. Der Streik ist damit beendet.
Paris, 28. März, Nach einer Havas-Meldung aus Washington hat Senator Borah eine Resolution in Vorschlag gebracht, in der Präsident Coolidge aufgefordert wird, die Nationen, an die er sich zu wenden für nötig halte, zur Beschickung einer Konferenz einzuladen, die in Washington stattfinden soll und gleichzeitig die Ab- rllstungs- und die Regelung der wirtschaftlichen Fragen zum Gegenstand hätte. Eie würden sich insbesondere mit der Beschränkung des U-Bootbau» beschäftigen. Als Höchsttonnage für U-Boote seien 10000 Tonnen vorgeschlagen.
Honolulu, 28. März. Ein amerikanisches Bombenflugzeug ist abgestürzt und verbrannt. Drei Militärflieger fanden den Tod, ein vierter wurde verletzt.
Nationale Würdelosigkeit.
Stuttgart, 28. März. Die Mg. Frau Klotz (BP.) hat folgende Kleine Anfrage eingebracht: Von der Internationalen Frauenliga für Friede und Freiheit werden in Deutschland Sammlungen von Geld und Schmucksachen veranstaltet, die zum Aufbau der zerstörten Gebiete tn Nordfrankreich dienen sollen. Das deutsche Volk in seiner Gesamtheit kann nicht verstehen, daß in der Zeit, in der das haßerfüllte Frankreich uns bewußt bis zum Weißbluten ausprcßt, damit Hunderltausende bei uns verhungern, unter staatlicher Erlaubnis deutsche Gelder und Schmucksachen als Liebesspenden in die Hände dieser unserer erbitterten Feinde gesandt werden. Es ist nicht bekannt, welche Behörde des Reiches oder Landes die Erlaubnis zu dieser Sammlung erteilt hat. Wohl aber hat der ehemalige sozialdemokratische Reichssinanzminstter Hilferding eine Verfügung herausgegeben, auf Grund derer die gesammelten Gelder von den deutschen Banken als „Versöhnungsovfer des
deutschen Volkes an das französische Volk", trotz des Kapitalsluchtgesetzes ohne jede Genehmigung des zuständigen Finanzamts nach Frankreich überwiesen werden konnten. In Württemberg erschienen in der Ludwigsburger pazifistischen Zeitschrift „Die Frau im Staat" Aufrufe sür möglichst große Spenden. Eine Sammelstelle für Gaben befindet sich ebenfalls in Ludwigsburg. Hat das württ. Staatsministerium hievon Kenntnis? Welche Reichsstelle hat Erlaubnis zu dieser Sammlung gegeben? Hat das württ. Staatsministerium diese Erlaubnis und die zur Ausfuhr des Geldes ebenfalls gegeben? Ich begnüge mich mit einer schriftlichen Antwort.
Der Stand des Eisenbahnerstrriks.
Stuttgart, 28. März. Die' Reichsbahndirektion teilt mit: Nach dem Stand von heute vormittag streiken die Arbeiter in Bietigheim bei der Bahnmeisterei, in Ludwigsburg bei der Station, Güterstelle und Bahnmeisterei, in Kornwestheim bei der Station und Bahnmeisterei, beim Bahnbetriebswerk und der Eisenbahnbausektion, in Feuerbach bei der Station, in Stuttgart Hauptbahnhof bei der Station, Güterstelle, Gepäck- stellc, beim Bahnbetriebswagenwerk und bei der Bahnmeisterei, in Stuttgart Nordbahnhos und Westbahnhof je bei den Stationen; ferner beim Bahnbetriebswerk Sinttgart-Rosenstein, in Untertürkheim bei der Station, Güterstelle und Bahnmeisterei, in Ulm Lei der Station, in Heilbronn Nordbahnhof und Rangierbahnhof bei der Station und in Plochingen bei der Umladestelle. — Die drei am Streik beteiligten Gewerkschaften haben ein Flugblatt verteilt, wonach der Streik vorläufig auf die Betriebe in Stuttgart imd Umgebung begrenzt werden soll. Der Streik der Rangier- und Stationsarbeiler in Ulm und Heilbronn gehe weiter. In demselben Blatt werden die Beamten zum Ungehorsam aufgefordwt, indem ihnen angeraten wird, strikte Neutralität zu üben, und keine Arbeit zu verrichten, die bisher von Arbeitern ausgesührt wurde. Ter Betrieb ist bisher überall ausrecht erhalten. Störungen sind nicht eingetreten. — Aus Anforderung der Reichsbahndirektion Stuttgart ist seit gestern in Stuttgart, Feuerbach, Ludwigsburg, HeilLronn, Bietigheim und Kornwcstheim auf den Güterschuppen und in den Betriebswerkstätten die Technische Not- Hilfe mit insgesamt 147 Leuten eingesetzt. . Sicherheitsmaßnahmen für de« Tag der Urteilsverkündigung im Hitler-Prozeß.
München, 28. März. In Erwartung- der Urteilsiällung am Dienstag macht sich jetzt schon eine gewisse Nervosität bemerkbar. Seit einigen Tagen sollen die illegalen nationalsozialistischen Organisationen sich wieder stark rühren. Die Polizei hat sestgestellt, daß zahlreiche geheime Versammlungen stattgefunden haben, und bereits Maßnahmen getroffen, um eine etwa beabsichtigte Störung der Urteilsverkündung durch Hitlers Anhängerschaft zu verhindern. Die gesamte Polizei wird für Dienstag in erhöhtem Alarmzustand versetzt. Die in München anwesende Reichswehr wurde angewiesen, sich in Bereitschaft zu halten, um etwaigen Störungen der Ordnung durch die nattonal-sozialistischen Verbände aus Anlaß der Urteilsverkündung zu begegnen. — Die beiden völkischen Organe Münchens, „Großdeutsche Zeitung" und „Deutsche Presse" sind wegen Slufforderung zu Gewalttaten, zusammenhängend mit den Strafanträgen im Hitlevprozeß, au- eine Woche verboten worden.
Wie in hiesigen unterrichteten Kreisen mir Bestimmtheit verlautet, werden Kahr, Lossow und Seiner zusammen mit ihren Familien demnächst eine Erholungsreise nach Korfu gemeinsam antreten. Das Ermittelungsoc. fahren gegen sie ist zwar noch nicht endgültig niedergeschlagen, doch soll nach Auffassung der Staatsanwaltschaft keine Veranlassung bestehen. Las Verbleiben der drei Herren in München zu fordern.
Frankreichs Neutralität am Rhein.
Man schreibt aus der Pfalz: In wahrhaft erschreckender Weise häufen sich die Berichte über bestialische Mißhandlungen, welche die Franzosen an den von ihnen in Hast Genommenen verüben. Es schaudert einen, das Innerste bäumt sich auf, wenn man die aus den französischen Gefängnissen Entlassenen erzählen hört. Eine erschütternde Sprrche redet das Schicksal des Studenten Ludewigs aus Mannheim, der, obwohl nur wegen unerlaubter Grenzüberschreitung verhaftet, mit Prügeln bearbeitet wurde, bis der Stuhl, auf dem er festgebunden war, unter ihm zusammenbrach. Das Festbindsn der Opser ist überhaupt beliebt geworden, seitdem es vorgekomme.r ist, daß ein Verhafteter die .Hand des Gendarmen, die gegen ihn zum Schlage ausholte, ergriff und festhielt. Andere, die man unter den fadenscheinigen Vorwänden monatelang hatte hinter Ker- kermmrern schmachten lasten, sind zeitlebens menschliche Ruinen. Der Fall des kürzlich entlassenen jungen Mannes, dem die täglich verabreichten Fußtritte ein dauerndes Nierenleiden (Wanderniere) eingetragen haben; ist typisch. Aber es ist ja das französische „Friedensprogramm", uns nicht nur wirtschaftlich und politisch, sondern auch körperlich und geistig unschädlich zu machen. „Es gibt 20 Millionen Denn che zuviel!" Es wird gut sein, sich diesen Spruch unauslöschlich einzuprägen. — Was sagen die Herren Poincare, TirarL> de Metz, von deren Mund die Phrasen von der französischen Zivilisation, der Vorkämpferin der Menschlichkeit und des Rechts, nur jo triefen, zu jenen Schandtaten ihrer Henkersknechte? Sie leugnen sie einfach ab. Man sorgt schon dafür, daß man hübsch unter sich ist, wenn so ein „verdammter Deutscher" am Marterpfahl hängt. Und man versteht es so gut, den Opfern zu allem noch auch den Mund zu verschließen. Wehe den Angehörigen, den Frauen, Kindern, Eltern oder Geschwistern, wenn ein Gepnnigter cs wagen sollte, die ansgestandenen Qualen hinauszuschreien in alle Welt, wehe ihm vor allem selbst, wenn er seinen Peinigern Wieder in die Hände fallen sollte!
Urteil gegen einen Verräter.
Leipzig. 28. März. Der Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik verurteilte den jugendlichen Reisenden Simons aus Wickrach im Rheinland wegen Hochverrats und Spionage zu fünf Jahren Zuchthaus, 500 Mark Geldstrafe und 5 Jahre Ehrverlust. Der Staatsgerichtshof sah als sestgestellt an, daß der Angeklagte im Frühjahr 1923 mit Leuten der L-mectsvartei in Verbindung gestanden hat. Er hat sich Vertraucnsmän- nerkarten dieser Partei ausstellen lassen, um damit Verbindung mit Belgien zu erhalten und Spionagedienste zugunsten Belgiens zu leisten. In Oberkassel wollte er sich Geheimbesehle und Geheimnisse der Reichswehr verschaffen. Mit der gleichen Absicht trat er an den Bürgermeister in Wickrach und an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf heran. Außerdem klebte er Plakate an, die bekanntmachten. Laß Leute Lelohnr werden sollten, die für separatistische Interessen arbeiten. Die Tat des Angeklagten fällt unter die Verordnung des Reichspräsidenten vom 23. März 1923.
Vom Parteitag der Deutschen Bolkspartei. ^ __
Hannover, 28. März. Vor Beginn der öffentlichen Sitzung des Parteitages der Deutschen Volkspartei trat heute der Zentralvorstand der Partei hier zu einer Sitzung zusammen. Reichsminister des Avußern Dr. Strefemann erstattete als Vorsitzender >des Zentralvorstandes ein kurzes Referat über die politische Lage und die Politik der Partei. Zur Gründung der nationalliberalen Vereinigung wurde gegen einzelne Stimmen folgender Beschluß gefaßt: Der Zentralvorstand stellt fest,
daß politische Organisationen und ähnliche Verbindungen von Mitgliedern innerhalb der Partei nur möglich sind, soweit die Satzungen dies gestatten oder die zuständigen Parteiinstanze« sie ausdrücklich genehmigen. — Die Anwesenden der National- liberalen Vereinigung erklärten, daß sie Lei ihren Freunden für die Ausführung des Beschlusses cintreten würden. Diese Einmütigkeit zeigte sich auch bei der einstimmigen Annahnie des Wahlaufrufes.
Das Ministerium Poincare neugebildet.
Paris, 28. März. Havas gibt folgende Liste des »nm» Ministeriums Poincare bekannt: Vorsitz und Aeutzeres Poin care; Finanzen: Francois Marsal; Krieg: Maginot; öffentliche Arbeiten: le Trorquer; Hygiene und Arbeit: Daniel Vincent; öffentlicher Unterricht: Henry de Jouvenel; Kolonien: Oberstleutnant Fabrh; Inneres: George Leygues (noch nnbe. stimmt); Justiz und stellvertretender Vorsitzender: Abgeordneter Borrier; Marine: Bokanowski; Landwirtschaft: Generalintendant Rimbert; Unterstaatssekretarrat für die befreiten Gebiete: Louis Marin; Handel: Louchenr.
Aus dem angeblichen Inhalt des Sachverständigenberichts.
Nach dem „Matin" besteht über die Höhe der Reparationssummen nach Ablauf -des Moratoriums einstweilen kein Einvernehmen unter den Sachverständigen, weil hierüber erst noch Beschluß gefaßt werden soll, wenn mau die Bestimmungen kenne, die sür eine interalliierte Anleihe erfüllt werden mußten. Nach Ablauf des Moratoriums würde aber Deutschland in der Lage sein, ungefähr 2>L Milliarden Goldmark zu bezahlen. Aber auch diese Summe stehe noch nicht fest, weil sie von dem Ueberschuß, den -der Reichshaushalt in den nächsten Jahren aufweisen werde, abhänge. Diese 2X- Milliarden würden aus folgende Weise zustande kommen: Die Ergebnisse der Zölle und -der alten und neuen Steuern, von denen einzelne direkt der Rsparationskasie übergeben werden würden, sollen 1Z Milliarden Goldmark erbringen. Der „Aiatin" fügt hinzu, diese Ziffer stehe noch nicht fest. Aus das deutsche industrielle und landwirtschaftliche Eigentum würde eine Hypothek von 10 Milliarden Goldmark gelegt werden, die R-ü Millionen Goldmark Zinsen einbrächte. Endlich würde die Anleihe, welche mit Hilfe der Eisenbahnen erzielt würde, jährlich eine Milliarde ergeben, zusammen also 2F Milliarden Goldmark. Die Industrie- und Landwirtichastshypothek von 10 Milliarden würde von einer Gesellschaft ausgenommen werden, diese würde Schuldverschreibungen ausgeben, die während 40 Jahren mit 6 Prozent verzinst würden (5 Prozent Zinsen und 1 Prozent Tilgungszahlung). Von den 10 Milliarden würden 6 Milliarden der ReparationSkrmnnifsion übergebe« werden, die diese Schuldverschreibungen entweder behalten und die jährlichen Zinsen von 300 Millionen Goldmark cinkasfie- ren könnte, oder sie verkaufen könnte, wodurch sie sofort etwa 6 Milliarden Goldmark erzielen könnte. Es werde ferner eine deutsche Eisenbahngcsellschaft mit einem Kapital von 20 Milliarden Goldmark geschaffen werden. Von diesen würden 2 Milliarden Vorzugsaktien der Reichsregicrung übergeben werden, für 2 weitere Milliarden Vorzugsaktien der Reparations- kommisfion, 11 Milliarden gewöhnliche Aktien würden der Reichsregiernna übergeben werden und weitere 11 Milliarden bevorrechtigte Obligationen der Reparationskommission. Auch für diese würden 5 Prozent Zinsen und 1 Prozent Amortisation bezahlt werden. Zinsen und Amortisation flössen der Reparationskommission zu. Die Eisenbahnkonzessionen würde» 50 Jahre lausen, die ReparationskommiMon könnte die ihr übergebenen Schuldverschreibungen behalten und die 660 Millionen Ziu«, welche sie tragen werden, jedes Jahr einkassieren, oderWMkömtte diese Schuldverschreibungen begeben und auf diese Weist: ungefähr 10 Milliarden Goldmark erzielen. Ltußerdem werde die Reparationskommission die Ergebnisse einer Transportstcuer erhalten, die nnt 360 Millionen Goldmark pro Jahr veranschlagt werde.
Berlin, 29. März. Die Angaben des „Matin" und des „Petit Parisien" über die angeblichen Beschlüsse der Sachverständigen werden von den Blättern mit allem Vorbehalt wie- dergegcben. Mit größter Entschiedenheit bringen die Blätter zum Ausdruck, daß -der ganze von den Pariser Zeitungen veröffentlichte Plan derart nngebeuerlich ist, daß er kür jede deutsche Regierung, die nicht Lurch die Volksstimmung hnüveg- gefegt werden soll, überhaupt nicht diskutierbar ist. Das „Berliner Tageblatt" erklärt, daß die Leursche Wirtschaft nicht im Stande ist, die in dem ang-Älichen Plan erwarteten Summe» auszubringen. Der „Berliner LÄkalanzeiger" stellt fest, daß Las angebliche Ergebnis der Sachverständigenarbeiten nichts weiter als das berüchtigte Londoner Ultimatum bedeuten würde, dessen Unerfüllbarkeit von allen wirklich ernst zu nehmenden Autoritäten längst erkannt worden iei.
Sprechfaal.
(Für die unter dieser Rubrik enthaltenen Eingesandt übernimmt
die Schristleitung nur die preßgesetzliche Verantwortung.)
Auf den Sprechsaalartikel in Nr. "3 des Enztäh-rs stellen wir fest:
1. Nach dem Standpunkt, welchen Regierung und Gerichte in der Aufwertungsfrage noch eingenommen haben, als der weitaus größte Teil der Hypotheken an die Sparkasse bereits znrückbezahlt war (der Reichsjustizminister hat im März >923 erklärt, daß eine Auswertung nicht in Frage kommen könne, die Mehrzahl der Gerichte hat bis gegen Ende 1923 ebenso entschieden), mutzte die Sparkasse annehmen, daß ein Vorbehalt bei Annahme von Darlrhensrückzahlungen wertlos lei. Sie und ihre Beamten haben also, wie Einender zum Schlüsse ja auch selbst zugeben muß, nichts versäumt und verdienen keinerlei Vorwurf.
2. Es ist nicht richtig, daß es die Sparkassen an Proteste» gegen die Regelung -der Auswertung, wie sie die Verordnung vom.14. Februar 1924 darstellt, haben fehlen lassen. Die Bemühungen des deutschen Sparkassenoerbands in dieser Richtung, die heute noch fortgesetzt werden, sind, nur nicht an die breitere Öffentlichkeit gerungen.
3. Ein Eingreifen der Amtskörperscha-t in dem vom Einsender gewünschten Sinne kann nicht m Frage kommen, bevor die gesetzlichen Bestimmungen über die Auswertung vollständig und endgültig vorliegen. Zu bedenken muß aber jetzt schon gegeben werden, daß die Amtskörperschait die Mittel hiezu im Steuerweg aufbringen und dazu entsprechende Bcstcuerungs- rechte haben muß.
Niemand kann mehr Verständnis und Mitgefühl für die Leiden der geschädigten Sparer haben als die Sparkasse und ihre Beamten. Daß ein Teil der Geschädigten aber dem Nn- nrut über seine Verluste durch Vorwürst gegen die Sparkasse Lust macht, können wir nicht verstehen. Nicht die Mißwirl-
auf den täglich erscheinenden „Enztäler" werden fortwährend von alle« Postanstalten, Agenturen und «usaren Austräger« entgegenaenommsn.
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